Ist Burnout vermeidbar? Zusammenhänge zwischen Coping-Stil und Burnout-Dimensionen

Eine Querschnittuntersuchung


Masterarbeit, 2013

68 Seiten


Leseprobe


Inhaltsverzeichnis

Tabellen

Abbildungen

Vorwort

Literaturverzeichnis

1. Geschichte des Burnout

2. Definition Burnout

3. Stress und Coping nach Lazarus & Folkman
3.1 Stress
3.2 Cognitive Appraisal Process
3.2.1 Personen Faktoren die das Appraisal beeinflussen
3.2.2. Situations Faktoren die das Apparaisal beeinflussen

4. Das Salutogenese Konzept von Antonovsky
4.1. Salutogenese
4.2. Das Kohärenzgefühl (SOC)
4.3 Kohärenzgefühl und Gesundheit

5. Burnout nach Maslach

6. Burnout nach Cherniss

7. Burnout nach Golembiewski

8. Burnout nach Burisch

9. Burnout auf einen Blick
9.1 Ursachen von Burnout
9.2 Verlauf von Burnout
9.3 Krankheitsvertändnis
9.4 Symptome von Burnout
9.5 Wirkungen von Burnout
9.6 Prävention von Burnout

10. Coping
10.1. Definition
10.2. Lazarus & Folkman
10.3. Antonovsky
10.4. Maslach
10.5. Cherniss
10.6. Golembiewski
10.7. Burisch
10.8. Pressedienst des Berufsverbandes Deutscher Psychologinnen und Psychologen E.V
10.9. Sense of Life Worth Living (Ikigai)

11. Forschungsstand

12. Untersuchungsdesign / Projekt

13. Auswertung

14. Diskussion

Tabellen

1 Dynamischer wechselseitiger Zusammenhang der SOC-Komponenten

2 Burnout - Phasen - Modell von Golembiewski

3 Correlate of Burnout: possible causes

4 Burnout - Symptomatik

5 Overview of Burnout interventions

6 A Six-Box Model of Coping at Work

7 Vier Modi der Stressbewältigung

8 Pearson

9 Positive/Negative Adaption Burnout

10 Korrelation Coping – Burnout

Abbildungen

1 Transaktionales Stressmodel Lazarus

2 The Salutogenic Model of Health (Antonovsky)

3 Burnout nach Cherniss

4 Gestörte Handlungsperiode nach Burisch

5 Ungestörte Handlungsperiode nach Burisch

6 Vier Muster arbeitsbezogenen Verhaltens und Erlebens

VORWORT

Seit Freudenberger ist Burnout ein Konstrukt, das viele beschäftigt, Fachleute, Betroffene, Journalisten und die Allgemeinheit. In dieser Arbeit wird der Frage auf den Grund gegangen, inwieweit Coping – Stile, Bewältigungsstile (wir werden diesen Ausdruck nicht mehr benutzen), einen Einfluss auf Burnout haben können. In Kapitel 1 wird deshalb kurz auf die Geschichte des Burnout eingegangen. In Kapitel 2 Wird eine Übersicht über die verschiedenen Definitionen von Burnout gegeben. In Kapitel 3 wird zuerst auf die Stressforschung und hier auf die Arbeit von Lazarus & Folkman eingegangen. In Kapitel 4 beschäftigen wir uns mit dem Konzept der Salutogenese von Antonovsky. Kapitel 5 bis 9 stellen verschiedene Burnout – Konzepte dar, von Maslach über Cherniss, Golembiewski zu Burisch. Kapitel 9 gibt eine kurze Zusammenfassung von Burnout wieder. Kapitel 10 beschäftigt sich mit Coping. Kapitel 11 geht kurz auf den Forschungsstand ein. In Kapitel 12 wird das Forschungsprojekt vorgestellt und das Untersuchungsdesign erläutert. In Kapitel 13 werden die Resultate der Untersuchung präsentiert und in Kapitel 14 diskutiert.

Der Einfluss der Coping – Strategien auf den Verlauf des Burnouts wird nicht geprüft.

Ebenfalls wird nicht auf die Kosten von Burnout eingegangen, ebensowenig auf die gesundheitlichen Folgen.

Die Studie ergab, dass die Nullhypothese verworfen werden kann und die Hypothese akzeptiert. Mit anderen Worten, Copingstile beeinflussen das Burnout. Wenn auch in dieser Population nur die Negativ-Stile eine Korrelation mit den Burnout – Dimensionen nachgewiesen werden kann. Keine der Subkategorien, die zu den Positiv-Strategien gezählt werden, zeigen eine signifikante Beziehungen zu den Burnoutdimensionen.

Ist Burnout also vermeidbar? Wie wir gesehen haben, Ja, Burnout ist vermeidbar. Durch die Anwendung von positiven und die Vermeidung von negativen Coping – Strategien ist Burnout vermeidbar.

WIDMUNG

Ich widme diese Arbeit meinen Eltern, Eduard Kipfer (30.07.1925 - 23.09.1995) und Susanne Kipfer.

Zürich, 31. Mai 2013 Markus H. Kipfer

1. GESCHICHTE DES BURNOUT

Herbert Freudenberger hat 1974 das erste Mal detaillierte Fallbeschreibungen mit dem Ausdruck „Burnout“ versehen. Er gilt als der Vater der Burnout – Forschung (Burisch, M. 2010).

Dies, obwohl der Begriff schon vorher benutzt wurde und der Zustand beschrieben wurde, zum Beispiel von Arthur Miller im „Tod eines Handlungsreisenden“ 1949 mit seiner Figur Willy Loman.

George M. Beard hat 1869 den Zustand des Ausbrennens, den er „Neurasthenie“ nannte, beschrieben. Freud nannte es „Aktualneurose“. Gemäss Burisch (1994) hat Graham Green, als weiterer Schriftsteller neben Arthur Miller, in „A Burnt-Out Case“ 1961 den Zustand des Burnout beschrieben. Der Begriff „Cronique Fatique Syndrom (CFS)“ wurde auch schon für Burnout benutzt. (Lanz, C. 2009). CFS hat aber gemäss ICD-10 andere Symptome.

Fast gleichzeitig mit Freudenberger, nämlich 1976, tritt Christina Maslach auf die Bühne. Sie beginnt sich mit ihrem Team für die emotionale Erschöpfung von Spitalpersonal zu interessieren. Um die Forschung voranzutreiben, entwickelt sie mit Jackson den „Maslach Burnout Inventory (MBI)“. Dieser ist auch heute noch der Standard – Fragebogen für die Erfassung von Burnout.

Diese Arbeit beschränkt sich auf einige wenige grosse Namen. Es würde den Rahmen dieser Arbeit sprengen, alle, die sich mit der Stress-, Burnout – und Coping – Forschung beschäftigt haben, im Detail zu behandeln.

2. DEFINITION BURNOUT

Es sind sich alle Autoren einig, es gibt keine einheitliche und allgemein gültige Definition von Burnout. Trotzdem versuchen alle, eine Definition zu finden. Hier eine kleine Auswahl.

Maslach definiert Burnout als ein Syndrom mit den zentralen Dimensionen 1a: emotionale Erschöpfung (Emotional Exhaustion), 1b: Physische Erschöpfung 2: Dehumanisierung (Depersonalisation) und 3 Terminales Stadium / Leistungszufriedenheit (Personal Accomplishment).

Cherniss seinerseits definiert Burnout als „ein Prozess, in dem sich ein ursprünglich engagierter Mitarbeiter von seiner Arbeit zurückzieht, als Reaktion auf Beanspruchung und Belastung im Beruf“ (Cary Cherniss, 1980).

Und Burisch definiert Burnout als „Ich sehe Burnout in Gang gesetzt durch Autonomieeinbussen in gestörten Auseinandersetzungen des Individuums mit seiner Umwelt, genauer: durch die innere Repräsentation solcher Interaktionen als gestörter und das Scheitern bei ihrer Bewältigung. (...) werde ich eine relativ grobkörnige Handlungstheorie einführen.“ (Burisch, 2010, S. 148-149).

Während Schaufeli & Enzmann sagen „Burnout ist ein Dauerhafter, negativer, arbeitsbezogener Seelenzustand ‚normaler’ Individuen. Er ist in erster Linie von Erschöpfung gekennzeichnet, begleitet von Unruhe und Anspannung (distress), einem Gefühl verringerter Effektivität, gesunkener Motivation und der Entwicklung disfunktionaler Einstellungen und Verhaltensweisen bei der Arbeit. Diese psychische Verfassung enwickelt sich nach und nach, kann dem betroffenen Menschen aber lange unbemerkt bleiben. Sie resultiert aus einer Fehlpassung von Intentionen und Berufsrealität. Burnout erhält sich wegen ungünstiger Bewältigungsstrategien, die mit dem Syndrom zusammenhängen, oft selbst aufrecht“ (Schaufeli & Enzmann, 1998, S. 36).

Die nachfolgenden Kapitel gehen in Medias Res. Zu Deutsch, beschäftigen sich mit der Stresstheorie von Lazarus, die als die Grundlage aller Stress- und Burnout –Forschungen bezeichnet werden muss.

3. STRESS UND COPING NACH LAZARUS & FOLKMAN

3.1 Stress

Lazaruses und Folkmans Definition geht auf die Beziehung von Person zur Umgebung ein. Sie zieht auf der einen Seite die Charakteristiken (traits) der Person in Rechnung, und auf der anderen Seite die Natur der Umgebungsereignisse. Den selben Ansatz hat auch das moderne Konzept von Krankheit, das nicht nur die äusseren Einfllüsse sondern auch die inneren Einflüsse berücksichtigt.

In der selben Art kann auch der psychologische Stress nur im Zusammenspiel von äusseren Einflüssen und Eigenschaften der betroffenen Person angeschaut werden.

Psychologischer Stress ist also das Verhältnis zwischen der Person und der Umgebung, die von der betroffenen Person beurteilt bzw. eingeschätzt (appraisal) wird. Das Appraisal beurteilt die Umgebung als seine Resourcen übersteigend und gefährdet damit sein Wohlbefinden. Das ist dann Stress. Die Beurteilung durch die individuelle Person, die ein Ereignis als Stress einschätzt, ist „Cognitive Appraisal“ oder Kognitive Einschätzung (Lazarus & Folkman, 1984, p 21).

3.2 Cognitive Appraisal Process

Eine phenomenologische Tradition in der Psychologie sagt, dass das Meaning eines Ereignisses für eine Person seine Emotionale und behavioral Reaktion beeinflusst. Das Konzept des Cognitive Appraisals von Lazarus basiert auf einem evaluierenden kognitive Prozess, der zwischen Begegnung und Reaktion interveniert. Durch den Cognitive Appraisal Process evaluiert das Individuum die Signifikanz des Ereignisses für sein Wohlbefinden.

Lazuaruses und Folkmans Stress – Theorie ist Phenomenological. Persönlichkeitsfaktoren beeinflussen die Wahrnehmung, aber Appraisals sind normalerweise eng mit der Realität verbunden.

Lazarus und Folkman haben drei Arten von kognitivem Appraisal identifiziert. Nämlich Primary (erst), secondary (zweit) und reappraisal (wiedereinsachätzung). Primary Appraisal fällt das Urteil ob das Ereignis für das Individuum Irrelevant, positive oder stressig ist. Stressige Ereignisse können dann als harm / loss (Schaden/Verlust), threat (Bedrohung) oder als challenge (Herausforderung) eingeschätzt werden. Harm/Loss bezieht sich auf einen Schaden die das Individuum schon erlitten hat, Threat auf einen zu erwartenden Schaden/Verlust und Challenge ist ein Ereignis, das die Möglichkeit des Erfolges bzw. der Überwindung der Situation beinhaltet. Threat und Challenge können, obwohl sie eigene unabhängige Konstrukte sind, gleichzeitig auftreten und hängen auch zusammen.

Das secondary Appraisal beurteilt, was in dieser Situation gemacht werden könnte und gemacht werden kann. Es beinhaltet die Evaluation, ob eine bekannte Coping Option das erwartete Ziel, die Stress-Situation zu beseitigen, erreichen kann. Ob man eine oder mehrere Strategien effizient einsetzen kann. Und gleichzeitig die Beurteilung darüber, was die Strategie/n für Konsequenzen haben. Und zwar im Kontext von internen und externen Anforderungen und Einschränkungen.

Mit Reappraisal meinen Lazarus und Folkman, ein verändertes Appraisal (Einschätzung) durch neue Informationen oder einer sich verändernden Situation. Diese können von der Umgebung und vom Individuum kommen. Der Unterschied von Appraisal und Reappraisal besteht nur darin, dass das zweite nach dem Appraisal kommt. Wenn das Reappraisal die Folge eines Copings ist, nennen Lazarus und Folkman es defensive Appraisal (Defensive Einschätzung). Diese sind aber schwer vom Appraisal zu unterscheiden.

Das Konzept der Vulnerabilität (concept of vulnerability) ist eng mit dem kognitive Apprails verbunden. Vulnerabilität ist als Coping Ressourcen konzeptionalisiert. Eine vulnerable Person ist eine, deren Coping Ressourcen ungenügend sind. Vulnerabilität ist auch durch das Commitment (Einsatz) definiert, der in einer Begegnung gezeigt wird. Die Beziehung von Stress und Vulnerabilität ist relational.

Kognitive Appraisals sind nicht unbedingt bewusst. Und der Zweck/Plan/Sinn (Agenda) des Appraisals ist auch nicht immer zugänglich und verständlich. (Lazarus & Folkman, 1984, p 52 - 54).

3.2.1 Personen Faktoren die das Appraisal beeinflussen.

Die wichtigsten Faktoren, die das Appraisal beeinflussen, sind Commitment (Bekennen, Verpflichten, Einsatz) und Beliefs (Einstellung, Glauben, nicht nur religiös zu verstehen). Diese zeigen, was für eine Person wichtig ist, und sie beeinflussen die Auswahl des Individuums. Sie haben auch die lebenswichtige motivations-qualität. Commitment beeinflusst das Appraisal auch durch ihren Einfluss auf die Vulnerabilität. Je mehr Commitment desto grösser das Potential für Threat und Challenge. Gleichzeitig kann der Grad des Commitments das Individuum auch zu verbessernden (ameliorative) Aktionen führen und dadurch Hoffnung aufrechterhalten.

Beliefs bestimmen auch, wie eine Person eine bestehende oder kommende Situation evaluiert.

Beliefs sind schwer zu beobachten. Sie kommen meist beim Verlust eines Beliefs oder bei der Konversion zu einem anderen glauben. Beliefs über persönliche Kontrolle und existentielle Beliefs sind sehr wichtig für die Stresstheorie.

Beliefs über die persönliche Kontrolle könne sowohl generell wie auch Situationsbezogen sein. Generelle Beliefs, die den Grad der Kontrolle und des Einflusses auf ein Ereignis die eine Person denkt, die sie auf ein wichtiges Ereignis hat, werden meist bei mehrdeutigen Situationen angewendet. Je eindeutiger eine Situation ist, des eher wird der situationsbezogene Belief verwendet. Situationsbezogene Kontroll - Appraisal beziehen sich sowohl auf die Situation wie auf die eigenen Fähigkeiten, eine Situation zu bewältigen.

Research zeigt, dass die Einschätzung eines Ereignisses als kontrollierbar den Stress reduziert. Es kann aber auch die Gefahr (Threat) erhöhen, wenn das Ereignis als nicht kontrollierbar eingeschätzt wird. Bzw. wenn sie nicht mit einer bevorzugen Coping - Strategie einhergeht bzw. in Konflikt mit anderen Commitments und Zielen tritt. Wie dem auch sei, situationsbezogenes Apprasal der Kontrolle beeinflussen Coping und Emotionen. Existentielle Beliefs ermöglichen es dem Individuum, Sinn (Meaning) zu kreieren und Hoffnung in schwierigen Situationen zu erhalten. Auf sich allein gestellt, können Beliefs nicht allzu viel beeinflussen. Sie müssen mit situationellen Faktoren zusammenarbeiten, um das Appraisal zu ermöglichen (Lazarus & Folkman, 1984, p 80-81).

3.2.2. Situations Faktoren die das Apparaisal beeinflussen

Situationale Faktoren, die ein Appraisal beeinflussen sind unter anderem wenn die Situation komplett neu und unbekannt ist (Novelty), Voraussehbarkeit (Predictability) und Ereignis - Unsicherheit (event uncertainty). Eine neue Situation wird nur als Bedrohung (threat) beurteilt, wenn ein Teil davon schon vorher Schaden angerichtet hat. Bei der Voraussehbarkeit des Ablaufes der Situation ergibt sich ein positiver Einfluss, wenn der Ablauf wirklich abgeschätzt werden kann. Bei der Ereignisunsicherheit spielt die Wahrscheinlichkeit eine entscheidende Rolle.

Weitere, temporale Faktoren sind Unmittelbarkeit (imminence), Dauer (duration) und temporale Unsicherheit (temporal uncertainty).

Je unmittelbarer (imminent) ein Ereignis, desto intensiver und notwendig ein Appraisal. Je weiter weg, desto komplexer der Appraisal – Process. Die Dauer bezieht sich auf die Dauer des Ereignisses. Die Forschung ist hier durch Seyle’s Konzept des „General adaptatiton Syndrome“ beeinflusst, der eine Alarmreaktion, einen Wiederstand und Erschöpfung beinhaltet. Letztere ist nicht zwingend. Temporale Unsicherheit (Temporal Uncertainty) bezieht sich darauf, dass das Individuum nicht weis, wann das Ereignis eintritt. Dieses Phänomen generiert Coping -Aktivitäten, die Stress reduzieren.

Mehrdeutigkeit (Ambiguity) ist ein charakteristischer Faktor in vielen Ereignissen des täglichen Lebens. Je mehr Mehrdeutigkeit desto mehr haben persönliche Faktoren Einfluss auf das Appraisal. Je nach Personen Faktoren kann Mehrdeutigkeit Bedrohung, Herausforderung oder harmlos als Einschätzung generieren.

Der Zeitpunkt eines stressigen Ereignisses auf dem Lebensabschnitt kann also Einfluss auf das Appraisal haben. Nach Neugarten sind Ereignisse stressig wenn sie während der „off time“ d.h. unerwartet auftreten. Versteckte stressige Ereignisse wie die männliche Menopause sind ebenfalls wichtig für den life cycle in Sachen Stress und Coping. Das Auftreten von Ereignissen im Zusammenhang mit anderen Ereignissen hat auch Einfluss.

Nicht zu vergessen ist, dass persönliche und situative Faktoren zusammenhängen und dass ihre Bedeutung im kognitiven Prozess entstehen. (Lazarus & Folkman, 1984, p 115 - 116).

Hier die Darstellung des Stressmodells nach Lazarus in einer Übersicht:

Abbildung in dieser Leseprobe nicht enthalten

Abbildung 1 (Schmid, 2003, S55, in Kramis-Aebischer, 1996, S. 41)

Da das Thema Coping einen zentralen Teil dieser Arbeit ausmacht, wird der Teil Coping des vorliegenden Konzeptes in Kapitel 10 ausführlich behandelt.

Als nächstes das Gesundheitskonzept von Antonovsky.

4. DAS SALUTOGENESE - KONZEPT VON ANTONOVSKY

Antonovsky, der Überlebende aus den KZ´s untersuchte, konzentrierte sich auf die generalisierten Widerstandsressourcen als „Schlüssel“ zum Verständnisse der Gesundheit und fand heraus, dass „heilsame Faktoren“ vorhanden sein müssen. Er entwickelte das Konzept des Kohärenzgefühls welches Vertrauen ausdrückt dass 1 Stimuli von außen und innen strukturiert, vorhersehbar und erklärbar sind 2 Ressourcen da sind, die die gestellten Anforderungen bewältigen können 3 die Anforderungen das Engagement lohnen. Das Kohärenzgefühl ist lt. Antonovsky eine generelle Lebenseinstellung mit den Komponenten 1 Verstehbarkeit 2 Handhabbarkeit und 3 Sinnhaftigkeit / Bedeutsamkeit (vgl. Paterson, C. (2007), Quellen seelischer Entwicklung und Gesundheit. Resilienzforschung und Jungsche Psychologie.)

Aaron Antonovsky kreierte in den 70er Jahren das Model der Salutogenese. Es steht im Gegensatz zur vorherrschenden Pathogenese die fragt „Warum bleiben Menschen – trotz vieler potentiell gesundheitsgefährdender Einflüsse – gesund?“ (Bengel, 2001, S. 24;zitiert nach Tameling, 2004, S. 40 – 70).

Antonovsky sieht sein Konzept der Salutogenese als Gesundheitskonzept und als eine Gegenposition zum traditionellen Pathogenen Ansatz. D. H. Anstatt herauszufinden, wieso eine Person Krank ist, will das salutogenetische Konzept herausfinden, wieso eine Person Gesund ist.

Das Kernstück seiner Theorie ist das SOC ( Sence of coherence ) oder Koheränzgefühl mit dem Gesundheitskontinuum. Ebenso wie die generalisierten Widerstandsressourcen (GRR Generalized Resistance Resources and SRR Specific Resistance Resources) – und Defizite und der Unterschied zwischen Spannungszustand und Stressoren.

4.1. Salutogenese

Antonovsky lehnt die traditionelle Sichtweise ab die besagt, dass man entweder krank oder gesund ist. Für Antonovsky liegen Krankheit und Gesundheit auf einem Kontinuum (health ease / dis-ease continuuum) und man bewegt sich kontinuierlich auf diesem Kontinuum in Richtung der Pole Krankheit oder Gesundheit.

„Warum bleiben Menschen – trotz vieler potentiell gesundheitsgefährdender Einflüsse – gesund? Wie schaffen sie es, sich von Erkrankungen wieder zu erholen? Was ist das Besondere an Menschen, die trotz extremster Belastungen nicht krank werden?“ (Bengel, 2001, S. 24;zitiert nach Tameling, 2004, S. 40 – 70). Diese Fragen stellte sich Antonovsky, nachdem er Überlebende des KZ’s untersuchte, die trotz der erlittenen Leiden in einem guten physischen und psychischen Zustand waren. Daraus entstand das Modell der Salutogenese.

4.2. Das Kohärenzgefühl (SOC)

Das wie ist laut Antonovsky das Kohärenzgefühl (SOC). Das Kohärenzgefühl ist die Grundeinstellung zum Leben des Individuums und erklärt wieso eine Person gesund oder krank wird. Genauer „Das SOC ist eine globale Orientierung, die ausdrückt, in welchem Ausmass man ein durchdringendes, andauerndes und dennoch dynamisches Gefühl des Vertrauens hat ...“ (Antonovsky, 1997, S. 36, Herv. Im Original). Das Ausmass an Vertrauen sorgt also für die Stabilität (mehr oder weniger), die es dem Individuum ermöglicht, mit den Anforderungen der Welt umzugehen.

Vertrauen, Erfahrung und Kohärenzgefühl beeinflussen sich lt. Antonovsky gegenseitig. Allerdings sagt Antonovsky, dass das Kohärenzgefühl des Individuums mit 30 steht und nicht mehr, oder fast nicht mehr, verändert werden kann. Eine Aussage, die man so zumindest in Frage stellen muss.

Zu Vertrauen, Erfahrung und Kohärenzgefühl kommen die Widerstandsressourcen und die Widerstandsdefizite hinzu, die wiederum die obenerwähnten Faktoren beeinflussen bzw. von ihnen beeinflusst werden (vgl. Antonovsky, 1997, S. 43 f.). Das Kohärenzgefühl gibt der Person also den Eindruck, dass das Leben Sinn macht und sie es als zusammenhängend erleben und betrachten kann.

Und nun zu den Komponenten, die das Kohärenzgefühl bilden.

Nach Antonovsky setzt sich das Kohärenzgefühl aus den Gefühlen der Verstehbarkeit, der Handhabbarkeit bzw. Bewältigungsbarkeit und der Sinnes bzw. Bedeutsamkeit zusammen.

Unter dem Gefühl der Verstehbarkeit (sense of comprehensibility) versteht Antonovsky „ ... Stimuli, die sich im Verlauf des Lebens aus der inneren und äusseren Umgebung ergeben, strukturiert, vorhersehbar und erklärbar sind ...“ (Antonovsky, 1997, S. 36). Und damit ...“nicht mit Reizen konfrontiert zu sein bzw. zu werden, die chaotisch, willkürlich, zufällig und unerklärlich sind.“ (Bengel, 2001, S. 29; zitiert nach Tameling, 2004, S. 40 – 70).

Das Gefühl der Handhabbarkeit bzw. Bewältigbarkeit (sense of manageability) besteht darin, dass das Individuum den Eindruck hat dass ihm „... die Ressourcen zur Verfügung stehen, den Anforderungen, die diese Stimuli stellen, (...) begegnen...“ (Antonovsky, 1997, S. 36) zu können bzw. sie zu seinen Gunsten bewältigen zu können. Antonovsky nennt den 'sence of manageability' auch instrumentelles Vertrauen und definiert es als Ausmass, in dem man wahrnimmt, dass man die Ressourcen besitzt, um eine Situation bewältigen zu können (vergl. Bengel, 2001, S. 29). Antonovsky erweitert den Kreis der Ressourcenlieferanten um den Glauben der Unterstützung durch andere Personen und einer höheren Macht, die dem Individuum helfen können.

Die Sinnhaftigkeit / Bedeutsamkeit (sense of meaningfulness) heisst also, dass für das Individuum die „ ... Anforderungen Herausforderungen sind, die Anstrengung und Engagement lohnen“ (Antonovsky, 1997, S. 36). Bzw. zeigt das „ ...Ausmass, in dem man das Leben als emotional sinnvoll empfindet: Dass wenigstens einige der vom Leben gestellten Probleme und Anforderungen es wert sind, dass man Energie in sie investiert, dass man sich für sie einsetzt und sich ihnen verpflichtet, dass sie eher willkommene Herausforderungen sind, als Lasten, die man gerne los wäre“ (Antonovsky, 1997, S. 36).

Diese drei Komponenten stehen in einer gegenseitigen Wechselwirkung und die Kombination der drei sagt aus, wie stark das Kohärenzgefühl einer Person ist. Wie in der nachfolgenden Tabelle dargestellt.

Abbildung in dieser Leseprobe nicht enthalten

Tabelle 1 Dynamischer wechselseitiger Zusammenhang der SOC-Komponenten (Antonovsky, 1997, S. 37)

Die Komponente der Sinnhaftigkeit ist lt. Antonovsky die wichtigste der drei. Gefolgt von der Verstehbarkeit.

Und wie entsteht bzw. verändert sich das SOC? Nach Antonovsky entwickelt es sich aufgrund der Erfahrungen und Erlebnisse in der Jugend. Jeder der drei Faktoren Verstehbarkeit, Handhabbarkeit und Sinnhaftigkeit entwickelt sich in die hohe oder niedrigere Ausprägung je nach den Erfahrungen, die der Jugendliche gemacht hat. Die Entwicklung hängt also sowohl vom Individuum wie auch von der Gesellschaft ab. Gemäss Bengel (2001, S. 31; zitiert nach Tameling, 2004, S. 40 – 70) entwickelt sich das SOC in Kindheit und Jugend.

Mit den Aussagen „Als ich sagte, dass das SOC des Erwachsenen eine tief verwurzelte, stabile dispositionale Einstellung einer Person ist, wollte ich nicht implizieren, dass es auf rigide Weise fixiert ist und sich nur graduell in Reaktion auf grosse Änderung der Muster von Lebenserfahrungen verändert“ (Antonovsky, 1997, S. 118) fixiert er dann eben genau diese Aussage. Das SOC kann sich also, wenn überhaupt, beim Erwachsenen über 30 nur aufgrund von radikalen Ereignissen verändern. Auch Therapie sieht Antonovsky nicht als sehr erfolgsversprechend.

Die schon erwähnten Widerstandsressourcen (general resistance resources GRR) und Widerstandsdefizite (general resistance deficit GRD) haben einfluss auf das SOC.

Widerstandsressourcen haben den Zweck „ ...prägen kontinuierlich die Lebenserfarungen und ermöglichen (...), bedeutsame und kohärente Lebenserfahrungen zu machen, die wiederum das Kohärenzgefühl formen“ (Bengel, 2001, S. 34; zitiert nach Tameling, 2004, S. 40 – 70). Also beeinflussen Widerstandsressourcen die Lebenserfahrungen die wiederum das Kohärenzgefühl beeinflussen. Oder wie Antonovsky sagt „...eine generalisierte Widerstandsressource (schafft) definitionsgemäss Lebenserfahrungen (...) und auf diese Weise ein starkes SOC ...“ (Antonovsky, 1997, S. 43 f.). „Generalisiert“ heisst überall einsetzbar und „Widerstand“ stabilisieren und stärken des Individuums. Dies sowohl auf individueller Ebene wie auch auf der Ebene des Organismuses und des sozialen Systems.

Fehlen, oder sind nur zum Teil vorhanden, also diese generellen Widerstandsressourcen (GRR) dann entstehen Stressoren, führen damit zu generalisierten Widerstandsdeffiziten (GRD) und somit letzlich zur Schwächung des Kohärenzgefühles. Das heisst, dass sowohl Ressourcen wie Defizite Einfluss auf die Entwicklung des Kohärenzgefühles haben können. Je mehr Ressourcen desto stärker das SOC, je mehr Defizite desto schwächer das SOC.

Gemäss Antonovsky sind die wichtisten Typen von Stressoren, die das SOC negativ beeinflussen chronische Stressoren, wichtige Lebensereignisse und akute tägliche Widrigkeiten (vgl. Antonovsky, 1997, S. 44). Wobei die täglichen Widrigkeiten gemäss Antonovsky nicht allzuviel Einfluss haben.

Weitere generalisierte Defizite sind geringe versus (vs) hohe Autonomie, geringe vs ausgegrägter Klarheit, starke vs geringe Kontrolle sowie Druck von Aussen. Antonovsky benutzt hier die Resultate einer Studie von Billings und Moos (1982 zur Auswirkung von Arbeits- und Familienressourcen in Beziehung zu Arbeitsstressoren und individueller Anpassung (vgl. Antonovsky, 1997, S. 46.).

Es seien hier noch die Arbeitsstressoren gemäss Antonovsky benannt. Diese sind hoher Arbeitsdruck, starke Kontrolle durch Vorgesetzte und fehlende Klarheit. Die Berufsinvolviertheit, Zusammenhalt unter Kollegen und Unterstützung durch Vorgesetzte werden von ihm als Ressoursen gesehen. Alle genannten Faktoren sind Subkategorien der Work Environment Scale. „...belegen tatsächlich, dass im Allgemeinen sowohl Ressourcen als auch Stressoren direkte (positive bzw. negative) Auswirkungen auf das persönliche Funktionieren haben. Darüber hinaus federn die Ressourcen die Wucht der Arbeitsstressoren ab“ (Antonovsky, 1997, S. 46, Herv. Im Original).

Zusammengefasst, Ressourcen und Defizite formen das Kohärenzgefühl. Und je stärker das Kohärenzgefühl ist, desto bessr kann das Indivisuum auf Ereignisse und Anforderungen reagieren. Je schächer das SOC desto unflexibler ist das Individuum. Speziell da ja die Ressourcen zur Bewältigung fehlen.

4.3 Kohärenzgefühl und Gesundheit

Antonovsky setzt die Kette Stressor – Spannungszustand – Stress fest. Gegenüber der traditionellen Stressforschung führt er den Zustand der Spannung hinzu. Für ihn kann eine Spannung sowohl positive wie negative Aspekte haben. Erst wenn der Spannungszustand nicht mit den GRR bewältigt werden kann wird er zu Stress der das Kohärenzgefühl schwächt und damit die Gesundheit negativ beeinträchtigt. (vgl. Bengel, 2001, S 32 – 37; zitiert nach Tameling, 2004, S. 40 – 70).

„Wenn (...) die äusseren Bedingungen vergleichbar sind, dann wird es (...) von der Ausprägung dieser invididuellen, sowohl kognitiven als auch affektiv-motivationalen Grundeinstellung abhängen, wie gut Menschen in der Lage sind, vorhandene Ressourcen zum Erhalt ihrer Gesundheit und ihres Wohlbefindens zu nutzen“ (Bengel, 2001, S. 28;zitiert nach Tameling, 2004, S. 40 – 70).

Fazit: je stärker das SOC, desto erfolgreicher der Umgang mit Stressoren und desto besser die Gesundheit und das Wohlbefinden des Individuums. Je schwächer das SOC, desto schwieriger der der Umgang mit Stressoren und damit ergibt sich ein negativer Effekt auf Gesundheit und Wohlbefinden.

[...]

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Details

Titel
Ist Burnout vermeidbar? Zusammenhänge zwischen Coping-Stil und Burnout-Dimensionen
Untertitel
Eine Querschnittuntersuchung
Hochschule
Bergische Universität Wuppertal  (Schumpeter School of Business and Economics)
Autor
Jahr
2013
Seiten
68
Katalognummer
V266175
ISBN (eBook)
9783656617501
ISBN (Buch)
9783656617471
Dateigröße
2654 KB
Sprache
Deutsch
Schlagworte
burnout, zusammenhänge, coping, stil, dimensionen, eine, querschnittuntersuchung
Arbeit zitieren
Markus H. Kipfer (Autor:in), 2013, Ist Burnout vermeidbar? Zusammenhänge zwischen Coping-Stil und Burnout-Dimensionen, München, GRIN Verlag, https://www.grin.com/document/266175

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