Veränderung des Einkaufsverhaltens bei übergewichtigen Personen

Eine empirische Studie zum Nutzen von präventiver Aufklärung über Einsatz von Neuromarketing-Verkaufsstrategien am Point of Sale


Thèse de Bachelor, 2012

103 Pages, Note: 1,0


Extrait


Inhaltsverzeichnis

Abstract

Danksagung

Abbildungsverzeichnis

Tabellenverzeichnis

Abkürzungsverzeichnis

1. Einleitung

2. Theoretische Grundlagen
2.1. neurowissenschaftliche Definition von Verhalten
2.2. Aspekte des Einkaufsverhaltens bei übergewichtigen Konsumenten
2.2.1. Ernährungsgewohnheiten und Produktpräferenzen
2.2.2. Zugrunde liegende Kaufentscheidungsprozesse
2.2.3. Einfluss von „Food Addiction“ auf Kaufentscheidungen
2.3. Wirkung von Neuromarketing auf suchtinduziertes Kaufverhalten
2.3.1. begriffliche Grundlagen und Bedeutung im Einzelhandel
2.3.2. Förderung von habituellem und impulsivem Kaufverhalten
2.3.3. Implikationen zur Gestaltung der Einkaufssituation
2.4. „Food Addiction“ in der Einkaufssituation
2.4.1. sozial-kognitive Theorie des Rückfalls
2.4.2. situativ wirkende Einflussfaktoren
2.5. Methode: konzeptionelle Überlegungen zum Schulungskonzept
2.5.1. Schulungsziele und -didaktik
2.5.2. Transfermethode und Techniken
2.6. Präzisierung der Zielsetzung

3. Methode
3.1. Methodische Vorüberlegungen
3.2. Fragestellung und Hypothesen
3.3. Untersuchungsdesign
3.3.1. Variablen
3.3.2. statistische Vorgehensweise
3.3.3. Versuchsanordnung
3.4. Kontrolle von Störvariablen
3.5. Generalisierbarkeit der Ergebnisse
3.6. Stichprobe
3.7. Treatment
3.8. Erhebungsinstrument
3.9. Versuchsablauf

4. Ergebnisse
4.1. Fehlende Werte
4.2. Beschreibung der Stichprobe
4.3. Deskriptive Werte
4.4. Hypothesenprüfung
4.4.1. Hypothese 1: Mehrkäufe
4.4.2. Hypothese 2: Einkaufsdauer
4.4.3. Hypothese 3: Zeitspanne von letzter Mahlzeit bis Einkaufsbeginn
4.4.4. Hypothese 3a: Hungergefühl

5. Diskussion
5.1. Kritische Betrachtung der Methode
5.2. Beobachtungen während des Treatments
5.3. Interpretation der Ergebnisse über Hypothesen
5.4. Agglomeration der Ergebnisse
5.5. Einordnung der Ergebnisse in den Präventionskontext
5.6. Ausblick

6. Literaturverzeichnis

7. Anhang

Abstract

Die vorliegende Arbeit geht der Möglichkeit nach, eine Problemstellung aus dem medizinisch-therapeutischen Fachbereich, der Behandlung von Übergewicht, mit Wissen aus einem diametral entgegengesetzten Fachbereich zu bearbeiten: Marketing & Sales, genauer gesagt, Neuromarketing am Point of Sale. Der Theorieteil dieser Arbeit erschließt das Einkaufsverhalten von Übergewichtigen unter anderem auf Basis von neurobiologischen Erkenntnissen des National Institute on Drug Abuse (NIDA), Stichwort „Food Addiction“, und setzt diese in Beziehung zu Verkaufsstrategien des Neuromarketing, wie von Scheier & Held veranschaulicht. Die Empirie zeigt Effekte, dass Wissen über diese Strategien übergewichtige Personen bei der Bewältigung der täglichen Einkaufssituation unterstützen kann. Ein Kernelement ist der erlebnisorientierte Schulungsansatz, der sich auf das neurodidaktische Verständnis von prominenten Vertretern wie G. Roth, G. Hüther und J. Bauer, stützt.

Der Impuls zu dieser Arbeit entstand im Verlauf der langjährigen Tätigkeit in beiden Fachbereichen. Der Gewinn liegt in der multidisziplinären Problem-Lösungs- Beziehung.

Schlagworte: Adipositas, Einkaufsverhalten, Food Addiction, Prävention, Neurobiologie, Neurodidaktik, Neuromarketing, Übergewicht, Wissen

Danksagung

An oberster Stelle gilt mein Dank Herrn Prof. Dr. Axel Koch, dessen Förderung, konstruktive Betreuung und empathische Ermutigung mich durch alle Höhen und Tiefen während der Umsetzung meines Thesis-Vorhabens begleitet haben.

Ich danke meinen Studien-Teilnehmerinnen für Ihr Vertrauen und Ihren Mut, trotz des gesellschaftlich negativ behafteten Themas teilzunehmen. Ihre Erfahrungen und Sichtweisen haben mich sehr bereichert.

Ich danke herzlichst meinen Kolleginnen, für ihr Verständnis und ihren Zuspruch.

Petra Schraufstetter

Was man vergisst,

hat man im Grunde nicht erlebt. Ernst R. Hauschka

Abbildungsverzeichnis

Abbildung 1: Vergleich der Dopaminkurven im NAc bei Gabe von Nahrung und Amphetaminen. (Volkow, N. D. / Wise, R.A.: 2005, in Anlehnung an Bassareo, V. / Di Chiara, G.: 1999) .

Abbildung 2: Belohnungssystem (Nestler, E. J. / Malenka, R. C.: 2006, S.73)

Abbildung 3: neurobiologischer Suchtschaltkreis und subjektives Erleben

Abbildung 4: bewusste und unbewusste Wahrnehmung (nach Storch, M.: 2009, S.209 Schleier, C. / Held, D: 2010, S.53ff) ...

Abbildung 5: Limbic Map mit Motivlagen für habituelles / impulsives Kaufverhalten. (nach Häusel, H.-G., 2008, S.44)

Abbildung 6: Zeitliche Verlaufskurve von Bewusstheit und Verhalten im Einkaufsprozess

Abbildung 7: Relapse-Modell mit Betrachtungsradius der Arbeit (Marlatt, G. A. / Gordon, J. R., 1985)

Abbildung 8: Relapse-Modell um Einflussfaktoren erweitert (nach Marlatt, G. A. / Gordon, J. R., 1985)

Abbildung 9: Grundstruktur von Ressourcen (nach Grawe, K: 1998)

Abbildung 10: Kommunikation zwischen Fettzellen, Opioid- und Dopaminsystem (nach Shippenberg, T. S. / Chefer,V. I.: 2003, S.107ff Badman, M. K. / Flier, J. S.: 2007, S.2103-2115)

Abbildung 11: Schema: Zweigruppenvergleich mit einer Post-Messung

Abbildung 12: Versuchsphasen in chronologischer Abfolge

Abbildung 13: Parallelisierung des Bildungsniveaus zwischen den Gruppen

Abbildung 14: Gruppenverteilung: Einkaufsende innerhalb Ladenöffnungszeit

Abbildung 15: Werte Experimentalgruppe in Relation zur Vergessenskurve (nach Ebbinghaus, H. In: Nolting, H.-P. / Paulus, P.: 1999)

Abbildung 16: Verteilung Nicht-Käufer (grün) und Käufer (gelb/rot) der Gruppen

Abbildung 17: Boxplot zu Lage und Streuung: Zeitspanne zur letzten Mahlzeit

Abbildung 18: Präventionskonzepte in Beziehung zum Untersuchungsgegenstand

Tabellenverzeichnis

Tabelle 1: Übersicht häufig angewandter Heuristiken

Tabelle 2: Multicodierte Markenkommunikation am Beispiel Schokolade

Tabelle 3: Übersicht Variablen

Tabelle 4: Versuchsablauf nach Meilensteinen

Tabelle 5: Materialliste zur Durchführung des Treatments

Tabelle 6: Artikelliste zum Testeinkauf, mit Informationswerten

Tabelle 7: Versuchsablauf nach Phasen und Arbeitsschritten ..

Tabelle 8: Lage und Streuung des BMI innerhalb der Gruppen

Tabelle 9: Aufschlüsselung der Artikelkäufe nach Produktgruppen

Tabelle 10: Häufigkeit: Artikelkäufe pro Person

Tabelle 11: Maße der zentralen Tendenz: Artikelkäufe

Tabelle 12: Maße der zentralen Tendenz: Einkaufsdauer

Tabelle 13: Maße der zentralen Tendenz: Zeitspanne zu letzten Mahlzeit

Tabelle 14: Häufigkeit: Einstufung des Hungergefühls

Tabelle 15: Maße der zentralen Tendenz: Hungergefühl

Tabelle 16: Vierfeldertafel: beobachtete Werte für Nicht-Käufer und Käufer

Tabelle 17: Vierfeldertafel: Extremwerte für Nicht-Käufer und Käufer

Tabelle 18: t-Test für Artikelkäufe

Tabelle 19: t-Test für Einkaufsdauer

Tabelle 20: t-Test für Zeitspanne zur letzten Mahlzeit

Tabelle 21: t-Test für Hungergefühl

Abkürzungsverzeichnis

Abbildung in dieser Leseprobe nicht enthalten

1. Einleitung

Übergewicht ist ein globales Problem im Spannungsfeld zwischen Gesellschaft, Medizin und Wirtschaft. Laut dem OECD-Gesundheitsbericht01 2010 ist jeder zweite Bürger der Mitgliedsstaaten übergewichtig. Die Entwicklung in Deutschland korrespondiert mit dem internationalen Trend. 51% der erwachsenen Bevölkerung sind betroffen. Knoll & Hauner02 ermittelten für das deutsche Gesundheitssystem Gesamt- behandlungskosten von 13 Mrd. Euro, sowie Produktivitätsverluste von rund 500.000 Erwerbsjahren jährlich für die Wirtschaft. Entsprechend epidemiologischer Prognosen der WHO03 ist in Deutschland bis zum Jahr 2020 einen Anstieg der Behandlungskosten auf 25,7 Mrd. Euro zu erwarten. Die negative Prognose basiert auf aktuellen Rückfallquoten. Übergewichtige bauen Ihr Ursprungsgewicht nach Gewichtsreduktion innerhalb von 5 Jahren wieder auf. 33 - 50 % des Gewichts werden meist innerhalb des ersten Jahres wieder erreicht04.

Moderne Behandlungkonzepte05 begegnen der Problematik multidisziplinär, primär über Veränderung des Ernährungs- und Lebensstils, Verhaltenstherapie (VT) und Bewegung. Im Rahmen der VT werden unter anderem Einkaufstrainings zur Vermittlung von Wissen über Inhaltsstoffe und Lebensmittel-Kennzeichnung durchgeführt. Primäres Ziel ist, kurzfristige klinische Erfolge durch die Veränderung des Einkaufsverhaltens in den Alltag zu verlängern. Die vorliegende Arbeit greift die Frage nach der täglichen Bewältigung der Einkaufssituation auf, jedoch nicht über Produktwissen Was wird eingekauft? , sondern über die Einkaufssituation, situativ- reaktivem Wissen Wie wird eingekauft? .

Die Wahl des Untersuchungsgegenstandes basiert auf dem Kernproblem der diametral entgegengesetzten Zielsetzung von Marketing und Prävention. Moderne neuromarketing06 -basierte Verkaufskonzepte zielen darauf ab, die Stimuluskontrolle der Konsumenten subliminal zu unterwandern, während moderne Behandlungskonzepte von Übergewicht darauf abzielen, die Stimuluskontrolle zu erhöhen. Beide Bereiche greifen dabei auf die gleiche Datenbasis zurück, Erkenntnissen aus der Hirnforschung.

Aktuelle Studien07 des National Institute on Drug Abuse (NIDA) belegen das Suchtpotenzial von Nahrung und stützen Annahmen, dass Sucht das Einkaufsverhalten beeinflusst. Ein sensibilisiertes Reizverarbeitungssystem erschwert Übergewichtigen den kontrollierten Einkauf. Untermauert wird die Problemstellung durch Ergebnisse der Universität Mannheim. Nur 30% der Kaufentscheidungen sind überlegt, 70% entstehen spontan, während des Einkaufs08.

Vor diesem Hintergrund wird im Rahmen einer empirischen Untersuchung beleuchtet, ob Wissen zu neuromarketing-basierten Verkaufsstrategien am Point of Sale (POS) geeignet ist, das Einkaufsverhalten von Übergewichtigen positiv zu beeinflussen. Das Thema schließt eine Diskussion zu Werbemaßnahmen und Verkaufszahlen hinsichtlich Einfluss und Anzahl von Werbekontakten aus. Der Umfang der Arbeit begrenzt die Detailtiefe auf zentrale, neurobiologische Zusammenhänge, sowie die für das Problemverständnis notwendigen Funktionsbereiche einzelner Gehirnareale.

Die Arbeit baut wie folgt auf: Eingangs wird das derzeitige Verständnis von Verhalten entlang des aktuellen Stands der Forschung abgebildet (2.1.). Dem folgt eine Analyse des Einkaufsverhaltens, bei Betrachtung der Reizverarbeitung von Übergewichtigen gegenüber Stimuli am POS (2.2.). Dem werden Strategien des Neuromarketing zur subliminalen Beeinflussung des Einkaufsverhaltens am POS gegenüber gestellt (2.3.). Beide Ansätze führen zur vertiefenden Betrachtung der Einkaufssituation (2.4.). Vor diesem Hintergrund wird der Schulungsrahmen definiert (2.5.) und die Zielsetzung geschärft (2.6.). Die Fragestellung wird methodisch im Zweigruppenvergleich bearbeitet. Für den Aufbau der Empirie impliziert dies folgende Logik: zu Beginn erfolgen konzeptionelle Vorüberlegungen (3.1.). Erst dann wird die Zielsetzung in Forschungsfrage und Hypothesen überführt (3.2.). Das Versuchsdesign (3.3.) stellt Schema, Variablen, Versuchsanordnung und statistisches Vorgehen als Basis zur Konstruktion der Messinstrumente vor. Der Prozess der Gruppenbildung erfasst Störvariablen (3.4.), Repräsentativität (3.5.) und Stichprobenziehung (3.6.). Dem folgt die Vorstellung von Treatment (3.7.) und Messinstrumenten (3.8.). Die einzelnen Schritte werden im Versuchsablauf zusammen geführt (3.9.). Die Ergebnisse (4) werden in der Diskussion (5) durch Daten des Treatments und Methodenkritik ergänzt und im Kontext zur Forschungsfrage interpretiert. Die Arbeit schließt mit der Einordnung der Ergebnisse in den Präventionsbereich, sowie einem Ausblick.

2. Theoretische Grundlagen

Der theoretische Teil der Arbeit stellt alle wesentlichen, wissenschaftlichen Grundlagen und Erkenntnisse zum Einkaufsverhalten von Übergewichtigen, deren Beeinflussung in der Einkaufsstätte und zur Durchführung der Studie vor. Basierend auf definitorischen Grundlagen wird das Einkaufsverhalten von zwei Seiten erschlossen: die Bedeutung von Sucht als Kaufmotiv im Kaufentscheidungsprozess bei Übergewichtigen, gegenüber modernen, absatzfördernden Strategien des Handels zur Beeinflussung des Einkaufsverhaltens. Methodisch wird das Schulungskonzept als Treatment vorgestellt.

2.1. Neurowissenschaftliche Definition von Verhalten

Einkaufs- wie Suchtverhalten sind in erster Linie Verhalten. Aus diesem Grund werden aktuelle, wissenschaftliche Erkenntnisse zu Aufbau, Struktur und Aktivierung von Verhaltensmustern den vertiefenden Betrachtungen vorangestellt.

Koukkou & Lehmann sehen das Gehirn als Überlebensorgan mit der zentralen Aufgabe, für das psychobiologische Wohlbefinden zu sorgen. Das Gehirn wird als ein mit der Umwelt interagierender Wissensspeicher von Erfahrungen betrachtet09. Jedes Verhalten ist als spezifische Wissensstruktur zu verstehen, elementar organisiert in neuronalen Netzen (Erregungsmustern). Die Verhaltens-Etikettierung wiederholen oder vermeiden entsteht im situativen und motivationalen Kontext. Der Mensch wird mit evolutionär verankerten Verhaltensmustern geboren, die er im Laufe des Lebens durch Erfahrungen, Modelllernen10, konditioniertes Lernen11 u.a. Lernformen modifiziert und erweitert.

Verhalten als neuronales Netz bildet sich als Ergebnis von Reiz-Reaktions-Mustern. Die einzelnen Muster teilen Komponenten, was zu einer Netzstruktur führt, Stichwort: „Reentrant Mapping“12. Neuronale Netze können sensorische, kognitive, emotionale und somatische Komponenten haben. Sie sind somit multicodiert13. Für die Aktivierung eines Reiz-Reaktions-Musters genügt das Antriggern einer Komponente. Aktivierung kann unbewusst oder bewusst erfolgen, wobei bewusste Prozesse die Beteiligung des assoziativen Cortex (Kognition) bedingen. Unbewusste Prozesse werden dem limbischen System (Emotionsbildung) zugeordnet14. Analog zur Achse bewusst / unbewusst können Lernprozesse in explizite und implizite Prozesse gegliedert werden15.

Entsprechend dieser Erkenntnisse ist auch der psychische Apparat als Wissensspeicher von Erfahrungen definiert. Unerwünschtes Verhalten ist mit einer kontextuell ineffektiven bzw. unvollständigen Wissensstruktur gleichzusetzen. So definiert Grawe psychische Störungen nicht als krank, sondern als Produkte, Gedanken und/oder Emotionen und/oder Handlungen [ ] der wissens- und kontextgesteuerten informationsverarbeitenden Hirnprozesse, denen maladaptives Wissen zu Verf ü gung steht 16. Im Umkehrschluss ist wohladaptives Verhalten als kontextuell-funktionelles Wissen im Sinne einer Ressource zu verstehen. Entlang dieser Definition von Psyche und Verhalten basiert jede Änderung, ob Modifizierung alter oder Bildung neuer Muster, auf der Erweiterung von Wissensstrukturen, kurz: Lernen.

2.2. Aspekte des Einkaufsverhaltens bei übergewichtigen Konsumenten

Dieser Teil der Ausführungen erschließt das Einkaufsverhalten von Übergewichtigen über Produktpräferenzen, Kaufentscheidungen und -motive. Der Einbezug von aktuellen, neurobiologischen Erkenntnissen führt zum Ansatz über zugrunde liegende Motivlagen im Kaufentscheidungsprozess.

2.2.1. Ernährungsgewohnheiten und Produktpräferenzen

Kaum ein Krankheitsbild wird interdisziplinär stärker diskutiert und genießt mehr öffentliches Interesse als Übergewicht und Adipositas (Fettsucht). In der evidenzbasierten Leitlinie der AWMF17 werden als primäre Ursachen genetische Dispositionen, Familie, Milieu, Bildung, Ernährungsgewohnheiten, Lebensstil, Stress, Essstörungen (nach ICD10), Medikationen und endokrine Erkrankungen genannt. DDG und DAG heben innerhalb des Ursachenpools jedoch klar die Bedeutung der Ernährungsgewohnheiten hervor18. Bei 97% der Übergewichtigen wird Fehlernährung als eine der Hauptursachen benannt, mit dem expliziten Vermerk, dass selten übermäßige Nahrungsaufnahme, sondern vielmehr die minderwertige Qualität der verzehrten Nahrungsmittel ursächlich ist. Die Berliner Charité untermauert diese Aussage im Rahmen einer Studie19, die losgelöst vom Zusammenspiel einzelner ursächlicher Faktoren, eine ung ü nstige Energiebilanz als maßgeblich für die Entstehung von Übergewicht ausweist. Folglich reguliert der Organismus seine Nahrungszufuhr nicht über die Energiedichte der Nahrung. Eine dauerhaft positive Energiebilanz von +1% über 30 Jahre kann bis zu 27kg mehr Gewicht führen. Das Else-Kröner-Fresenius Institut der LMU München stuft Lebensmittel mit einer Energiedichte20 von 1,5-2,5 kcal/g als bedenklich und ab 2,5 kcal/g als zu vermeidende Lebensmittel ein.

Die genannten Kriterien werden häufig von Produkten mit hohem Kohlehydrat- (Zucker) und/oder Fettanteil erfüllt. Folglich sind die Produktgruppen S üß waren (und Getr ä nke21 ), Fast Food und hochverarbeitete Fertigprodukte als kritisch einzustufen.

2.2.2. Zugrunde liegende Kaufentscheidungsprozesse

Welches Kaufverhalten liegt diesen Produktgruppen zugrunde? Epidemiologie und Ätiologie von Übergewicht korrespondieren mit der Entwicklung der Umsatzzahlen22 der kritischen Produktgruppen. In der Gruppe der hochverarbeiteten Fertigprodukte wird z.B. Tiefkühlpizza von 70% der Haushalte regelmäßig gekauft. 2010 wurden über 1 Mrd. Euro erwirtschaftet (Verdopplung des Umsatzes seit 1998).

Welche Motive f ü hren zum Kauf dieser Produkte? Die Produktgruppen verbindet das motivationale Merkmal Zeit . Die Produkte sind weitgehend verzehrfertig, was die Zeitspanne zwischen Kauf und Verzehr verkürzt. Zutatenauswahl und Zubereitung der Mahlzeit entfallen. Das Zeitmanagement markiert den Lebensstil. Ebenso der Entstehungszeitpunkt der Kaufentscheidung. Die Produkte werden kaum oder nicht geplant gekauft. Der Kaufimpuls entsteht erst in der Einkaufsstätte (POS). Im Handel werden die Produkte dementsprechend habituellem und impulsivem Kaufverhalten23 zugeordnet und als low-involvement-produkte 24 klassifiziert. Charakteristisch für habituelle und impulsive Käufe ist ein geringer Informationsbedarf, schwache kognitive Repräsentation (Unbewusstheit) und eine emotional-reaktive Verhaltensaktivierung. Habitualisierung entsteht durch Wiederholung des impulsiven Verhaltens.

2.2.3. Einfluss von „Food Addiction“ auf Kaufentscheidungen

Die mehrheitlich impulsiv und habituell entstehenden Kaufentscheidungen für die kritischen Produktgruppen korrespondieren mit wissenschaftlichen Erkenntnissen zum Suchtpotenzial von Nahrung.

Chemische Analogien zwischen den kritischen Produktgruppen und Alkohol stützen die Annahme. Die biochemische Basis bilden Kohlenhydrate. „Süß“ als eine Grundqualität des Geschmackssinns identifiziert unter anderem Zucker. Bei Zucker handelt es sich um Oxidationsprodukte mehrwertiger Alkohole, die als Saccharide in der Gruppe der Kohlenhydrate (Glykobiologie)25 klassifiziert werden. Dies erklärt auch den Drang zu zuckerreicher Nahrung bei Alkoholabhängigen im Entzugsprozess. Bei der Grundqualität „Umami“ reagieren die Geschmacksrezeptoren auf Glutamat26. Industriell dient dieser ursprünglich körpereigene, neuronale Botenstoff als Geschmacksverstärker.

Evolutionsbiologische Aspekte 27 untermauern die Annahme von suchtinduziertem Verlangen als latentes Kaufmotiv weiter. Verlangen nach Befriedigung ist gleichsetzbar mit Belohnung. Das limbische „Belohnungszentrum“ im Gehirn zählt zu den ältesten Systemen, der Wurzel jeden Verhaltens. Belohnung ist ein evolutionär verankerter Motivationsmechanismus, der den Mensch als Säugetier klassifiziert. Lust und Befriedigung durch fett- und kohlenhydratreiche Nahrung sicherte über Äonen das Überleben. Die Speicherung eines „Nahrungs-Flashs“ zusammen mit situativen Signalreizen wie Geruch, Farbe u.a. (Multicodierung) diente zum Erinnern / Wiedererkennen von Situationen, in denen die Nahrung gefunden wurde, als Voraussetzung zur Wiederholung. Zudem ist Nahrung von Geburt an mit sozialer Zuwendung verbunden, was die Verbindung von Nahrung mit Emotionen verstärkt.

N eurobiologische Belege 28 zum Suchtpotenzial von Nahrung existieren seit dem Jahr 2005 durch das US National Institute on Drug Abuse (NIDA). Studienreihen mit bildgebenden Verfahren29 zeigen gemeinsame, neuronale Erregungsmuster von Suchterkrankten und Übergewichtigen. Am NIDA verwendet man den Begriff „Food Addiction“. Auch Versuchsreihen mit Ratten30 zeigen, dass die Tiere bei kohlenhydrat- und fettreicher Nahrung Suchtverhalten entwickeln. Bei zuckerreicher Nahrung entsteht zudem körperliche Abhängigkeit. Mit diesen Ergebnissen kann die bis dato kontrovers diskutierte Annahme eines zentralen Sucht-Schaltkreises untermauert werden. Deutsche Forschungsteams31 gehen mit den aktuellen Erkenntnissen des NIDA konform. Abb. 1 veranschaulicht die bestehenden Analogien.

Abbildung in dieser Leseprobe nicht enthalten

Abb. 1: Dopaminkurven im NAc bei Gabe von Amphetaminen und Nahrung

Quelle: Volkow, N. D. / Wise, R.A.: 2005, in Anlehnung an Bassareo, V. / Di Chiara, G.: 1999

Neurobiologisch entsteht Suchtverhalten im Belohnungssytem, dem meso-limbischen Dopaminsystem. Der zentrale Schaltkreis besteht zwischen Nucleus Accumbens (NAc) und ventralem Tegmentum (VTA). Die Areale kommunizieren über den Neurotransmitter Dopamin. Die St ä rke der Aussch ü ttung des Transmitters ist der Gradmesser daf ü r, wie sehr das gezeigte Verhalten lohnt . Der Prozess der Verhaltensspeicherung beginnt in der Amygdala, die Reiz-Reaktions-Muster durch emotionale Bewertung in positive oder negative Erfahrung (wiederholen/vermeiden) teilt. Diese Emotionen sind Pr ä - und Basismotive . Die Erinnerbarkeit der Muster entstehen durch Kopplung zum Hippocampus. Die Auswahl des Verhaltens aus den verfügbaren, gespeicherten Verhaltensmustern erfolgt im präfrontalen Cortex (PFC). Der gedächtnisbildende Prozess wird zwischen den Arealen über den Botenstoff Glutamat kommuniziert. Die Verhaltensauslösung (Bewegungskontrolle und Gewohnheitsbildung) entsteht im Striatum. Der verhaltenspsychologisch korrespondierende Prozess wird als Konditionierung bezeichnet. Das Gehirn lernt, positive Emotionen mit den auslösenden Konditionen (Rahmenbedingungen) zu verknüpfen. Dabei bildet sich ein Kreislauf aus Erwartung, Suche und Genuss (Abb. 2).

Abbildung in dieser Leseprobe nicht enthalten

Abb.2: Belohnungssystem

Quelle: Nestler, E. J. / Malenka, R. C.: 2006, S.73

Der Sprung vom evolutionär sinnvollen Belohnungssystem zum Suchtverhalten baut sukzessiv auf. Die suchtauslösende Prozess32 wird bei Genuss einer Substanz durch eine Dopaminschwemme vom VTA zum NAc eingeleitet. Es entsteht ein emotionales Hochgefühl, das multicodiert gespeichert wird. Toleranzbildung, die erste Stufe der Suchtentwicklung, entsteht durch körpereigene Regulationsmechanismen. Die Dopaminflut im NAc aktiviert die Bildung des Proteins CREB, das die Dopaminbildung im VTA schwächt. Die hemmende Rückkopplung führt zur Drosselung des natürlichen Dopaminhaushalts. Der Körper verlangt wieder nach der Substanz. Ein weiteres charakteristisches, körpereigenes Regulationsmerkmal bei Drogen- und Esssüchtigen sind Ihre verminderten D2-Rezeptoren. Der Sprung von der zeitlich instabilen Toleranz (wenige Tage) zur zeitstabileren Sensitivität (mehrere Monate) wird mit der Bildung des Proteins delta-FosB im NAc in Verbindung gebracht. Die hohe Konzentration im NAc besteht über Monate und reichert sich so bei chronischem Genuss immer mehr an (wirkt positiv bestärkend auf Verhalten). Für dauerhaftes Suchtverhalten mit latenter Rückfallgefahr wird die vermehrte, zeitstabile Bildung von dendritischen Dornen im NAc verantwortlich gemacht. Die Signalsensitivität, und damit die Aktivierung anderer Areale wächst. Die Dopaminflut verändert die Empfindlichkeit des NAc auf den Botenstoff Glutamat. Ein sensibilisiertes Reizbewertungssystem bei Übergewichtigen führt zu extrem emotionalen Substanzgenuss-Erfahrungen (Abb.3).

Abbildung in dieser Leseprobe nicht enthalten

Abb.3: neurobiologischer Suchtschaltkreis und subjektives Erleben

Eigene Darstellung

An dieser Stelle wird der Suchtprozess um Gedanken der Wissenschaftler Roth und Damasio erweitert: Roth sieht eine elementare Beziehung zwischen Fühlen und Handeln: „Emotionen greifen in die Verhaltensplanung und -steuerung ein, in dem sie bei der Handlungsauswahl mitwirken und bestimmte Verhaltensweisen befördern. Als Wille „energetisieren“ sie die Handlungen bei ihrer Ausführung“33. Damasio widmet sich der physiologischen Komponente von Emotionen als handlungsbeeinflussenden Faktor: „Wenn das unerwünschte Ergebnis, das mit einer Reaktionsmöglichkeit verknüpft ist, in Ihrer Vorstellung auftaucht, haben Sie, und wenn auch nur ganz kurz, eine unangenehme Empfindung im Bauch“34. Sucht funktioniert umgekehrt.

Nach diesem neurobiologischen Verständnis von Sucht ist craving im Kontext zu „Food Addiction“ das Verlangen, den Genuss des konditionierten Nahrungsmittels (z.B. Lieblings-Schokolade) zu wiederholen. Das Verlangen entsteht originär als Verlangen nach Dopamin. Die Sensorik ist sensibilisiert auf die Erfassung aller Reize, die in Zusammenhang mit dem Genuss-Erlebnis gespeichert wurden. Der unvermittelte Kontakt mit einem offenen oder subliminalen Schlüsselreiz kann Verlangen aktivieren.

Der Kontakt wird von somatischen Markern begleitet, z.B. einem angenehmen Bauchgefühl, und leitet die Handlungsauswahl. Der Wille zum wiederholten Genuss erhält Energie. Die Folge sind Verlangen und Kontrollverlust im Einkaufsprozess.

2.3. Wirkung von Neuromarketing auf suchtinduziertes Einkaufsverhalten

Dieser Teil der Ausführungen isoliert Stimuli, die in der Einkaufssituation suchtmotiviertes Einkaufsverhalten fördern. Eingangs werden begriffliche Grundlagen und Nutzen von Neuromarketing im Lebensmitteleinzelhandel vorgestellt, gefolgt von neurobiologischen Fakten als Gestaltungsbasis für stimulierende Einkaufssituationen.

2.3.1. begriffliche Grundlagen und Bedeutung im Einzelhandel

Der Begriff Neuromarketing ist in der Literatur nicht eindeutig definiert. Originär ist er mit der psychologischen Marktforschung35 von Bedürfnissen und Kaufmotiven des Konsumenten verknüpft und methodisch eng verwandt mit der Neuroökonomie36, einer Disziplin, die über Erkenntnisse der Neurowissenschaft der Frage nachgeht, wie Menschen wirtschaftliche Entscheidungen fällen. Den gemeinsamen Nenner bildet die Betrachtung von Aufmerksamkeit, Wahrnehmung und Reizverarbeitung in Kaufentscheidungsprozessen, entlang des neobehavioristischen S-O-R37 Modells. Neuromarketing erweitert den Radius um wissenschaftliche Erkenntnisse aus Disziplinen wie Entwicklungspsychologie, Ökonomie, Kulturwissenschaft, Neurobiologie, u.a. Somit ist Neuromarketing nicht als direkt anwendbares Verfahren zu verstehen. Der Gewinn liegt in der empirisch gesicherten Erschließung des Konsumentenverhaltens für die Marketingpraxis.

Die steigende Bedeutung von Neuromarketing im Lebensmitteleinzelhandel erklärt sich über die Markentwicklung und daraus resultierenden, aktuellen Problemstellungen. Noch vor 30 Jahren fand der Konsument eine übersichtliche Einkaufssituation vor. Qualität und Preis waren adäquate Differenzierungsmerkmale, der Einzelhandel Hauptbezugsquelle (POS). Globalisierung und mediale Vernetzung öffneten den Markt für Importeure, was zu Wettbewerbsdruck, unübersichtlichen Produktlandschaften, sowie Einkaufskanälen führte. Die aktuelle Marktsituation wird als turbulent 38 eingestuft. Konsumenten erleben den Wettbewerbsdruck über die Kontaktfrequenz: rund 3000 Werbebotschaften täglich, was zu Customer Resistance39 führt. Angesichts der Problemstellungen postulierte der Vorstandsvorsitzende von Procter & Gamble, Alan G. Lafley: „Wir müssen unsere Methode, wie wir den Kunden ansprechen überdenken und ein neues Modell entwerfen“40.

Vor diesem Hintergrund begann der Ausbau der Marke als Alleinstellungsmerkmal. Die Marke erhält menschliche Attribute, baut eine Beziehung zum Konsumenten auf. Der Kunde erkennt, favorisiert und sucht (s)eine Marke im Regal. Der Paradigmenwechsel bedingt jedoch ein tieferes Verständnis für das Erleben und Verhalten des Konsumenten - und begründet den Trend zum Neuromarketing.

2.3.2. Förderung von habituellem und impulsivem Kaufverhalten

Habituelle und impulsive Käufe sind wirtschaftlich attraktiv. So wird beispielsweise mit Süßwaren im Kassenbereich bei 1,5 % der Ladenfläche 5% des Gesamtumsatzes41 erwirtschaftet. Entsprechend forciert man die Förderung. Wie in Punkt 2.2.2. erläutert, kennzeichnet beide Verhaltensmuster ein hoher Grad an Unbewusstheit. Das Unbewusste weicht neurobiologisch erfasst von der Freudschen Lehre ab. Wilson & Roth verstehen das Unbewusste als modular aufgebautes Prozess-System42 mit angeborenen Elementen, die im Laufe des Lebens erweitert werden. Funktionell ist das „adaptive Unbewusste“ als Automatisierungs-Prozess zu begreifen: zuverlässig, schnell, energiesparend. Bewusste Prozesse ins Unbewusste überführen zu wollen, ist evolutionär im Menschen angelegt (siehe auch 2.2.3).

Die unbewusste Aufnahme von Umweltreizen ist ein zentraler Ansatzpunkt im Neuromarketing. Die Psychologen Scheier & Held übersetzen die Mechanismen für Marketingzwecke ins Autopilot/Pilot-System43. In Informationseinheiten (Bit) erfasst, besitzt das adaptive Unbewusste (Autopilot) eine sensorische Reizaufnahmekapazität von 11*106 Bit/s, das Bewusste (Pilot) dagegen nur 40-50 Bit/s. Die situativen Attribute „neu“ und „wichtig“ regeln die Aktivierungsstärke (Abb.4).

Abbildung in dieser Leseprobe nicht enthalten

Abb4: bewusste und unbewusste Wahrnehmung eigene Darstellung in Anlehnung an Storch, M.: 2009, S.209 in Kombination mit Scheier, C. / Held, D: 2010, S.53ff

Das adaptive Unbewusste greift auf emotionales Wissen zurück, das emotionale Erfahrungsgedächtnis.

Für suchtinduziertes Einkaufsverhalten folgt daraus, dass alle im Zusammenhang mit den präferierten Nahrungsmitteln wahrgenommenen Reize als „wichtig“ markiert sind (Multicodierung), was zur Aktivierung des emotionalen Erfahrungsspeichers (adaptives Unbewusste) und damit verbundenen Verlangen und Verhaltens-Automatismen führt.

Entsprechend hoch ist die Bedeutung der Emotionen im Neuromarketing. Grundsätzlich befähigen Emotionen zur Produktwahl ohne bewusst wahrnehmbare Unterschiede in Preis oder Qualität. Die Neurologen Bechara & Damasio44 stellten fest, dass Patienten mit Schädigungen des präfrontalen Cortexes unfähig waren, zwischen Kaufalternativen zu wählen. Kaufentscheidungen bedingen der emotionalen Bewertung. Zur Erfassung von Emotionen existieren verschiedene Ansätze nebeneinander. Nach der James-Lange-Theorie45 repräsentieren Emotionen die Wahrnehmung eigener Körperzustände. Bsp.: „ich habe nicht Lust auf Kuchen, weil ich verärgert bin, sondern weil ich Lust auf Kuchen habe, bin ich verärgert“. Erklärungslücken führten zu kognitiven Emotionstheorien46, der gedanklichen Bewertung von Körpersignalen. Bsp.: „weil ich meine Situation als stressig bewerte, empfinde ich mein Bauchgefühl als Lust nach Kuchen und bin verärgert“. Die Theorie der somatischen Marker47 postuliert den Ausdruck von Emotionen in körperlich wahrnehmbaren Zuständen. Weitere Studien belegen auch reflexive Emotionsbildung48. Im Prozessmodell werden die Ansätze durch Einbezug der Neuheit eines Ereignisses und auslösende Bewertungsprozesse ergänzt. Das aktuelle Mehrkomponentenmodell49 fusioniert die Theorien: Emotionen haben eine physiologische Komponente (z.B. Herzrasen), aktivieren Verhaltensmuster (vermeiden/wiederholen), sind erlebbar, k ö nnen mit gedanklichen Inhalten gekoppelt sein und haben intentionalen Objektbezug. Der Psychologe H.-G. Häusel machte die Erkenntnisse für das Marketing über seine „Limbic Map“50 (Big3) nutzbar. Kaufmotive und Emotionen sind darin nach neurobiologischen Systemen kartographiert (Abb.5).

Balance-System

Motive: Gefahr meiden, Stabilität, Areale: Amygdala /Septum, Neurotransmitter: Serotonin/GABA Auswirkungen: Gewohnheiten, Traditionen, Garantieversprechungen

Dominanz-System

Motive: Überleben, Vorteile sichern, sozialer Status Areale: Amygdala, Hippocampus, Hirnstamm Neurotransmitter: Testosteron, Glutamat, Dopamin Auswirkungen: Status, Exklusivität

Stimulanz-System

Motive: Neugierde, Lust, Befriedigung Areale: Hypothalamus, ATV, NAc Neurotransmitter: Dopamin

Auswirkungen: motiviert zum Kauf von Genussmitteln, fördert Suchtverhalten

Abbildung in dieser Leseprobe nicht enthalten

Abb.5: Limbic Map mit Motivlagen für habituelles/impulsives Kaufverhalten

Eigene Darstellung, in Anlehnung an Häusel, H.-G.: 2008, S.44

Die Integration des Kaufentscheidungsverhaltens (rote Kreise in Abb.5) in die Limbic Map bildet neurobiologische bzw. motivationale Unterschiede ab. Impulskäufe sind dem Stimulanz-System zuzuordnen. Zur Aktivierung ist Verlangen mit Spiel oder Neugierde gekoppelt. Habituelle Käufe sind dem Balance-System zuzuordnen. Die Aktivierung von Gewohnheiten erfolgt über Qualität, Sicherheit oder Preis. Wie rational sind dann noch Kaufentscheidungen? Der Konsument empfindet sich während des Preisvergleichs als rational handelnd. Die Psychologen Kahnemann und Tversky widerlegten jedoch in Studien zum Entscheidungsverhalten den reinen „Homo Oeconomicus“ und postulierten, dass der Mensch die Komplexität seiner Umwelt reduziert und auf Basis von vereinfachenden Schemata bzw. Heuristiken urteilt51. Studien zu Preisschwellen zeigten, dass Kaufangebote unterhalb der individuellen Preisschwelle über das Belohnungszentrum laufen und erst bei Übertreten der Schwelle die anteriore Insula (Vermeidung) aktiviert wird. Die Annahme einer Ersparnis schaltet weitere Preisprüfungen aus. Die Systeme Belohnung (BAS) und Vermeidung (BIS) werden entsprechend subliminaler Schwellen aktiviert bzw. deaktiviert52. Heuristiken finden sich in vielen Variationen als komplexreduzierendes Instrument im Einkaufsverhalten wieder. Ein durchschnittliches Warenhaus besitzt ein dynamisches Sortiment von bis zu 63.000 Artikeln. Der Konsument muss vereinfachen. Tab. 1 stellt die häufigsten Heuristiken im Zusammenhang mit Balance- und Stimulanz-System vor.

Abbildung in dieser Leseprobe nicht enthalten

Tab. 1: Übersicht häufig angewandter Heuristiken Eigene Darstellung

So kann z.B. ein BIO-Siegel als „BIO = gesund = schlank“ interpretiert werden, da suchtveränderte Reizverarbeitungssysteme sensibel auf Antriggerung des emotionalen Erfahrungsspeichers reagieren, und dem damit gekoppelten adaptiven Unbewussten.

2.3.3. Implikationen zur Gestaltung der Einkaufssituation

Wie werden die Erkenntnisse des Neuromarketing praktisch umgesetzt? Welche Probleme ergeben sich f ü r Konsumenten mit sensibilisiertem Reizverarbeitungssystem?

Die Förderung von habituellen und impulsiven Kaufentscheidungsprozessen53 findet subliminal über die Gestaltung von POS und Markenkommunikation statt. Der POS ist selbst als Marke zu verstehen, da auch Handelsunternehmen zueinander im Wettbewerb stehen, z.B. Tengelmann und Edeka. Handelskonzepte fokussieren die emotionale Färbung Ihrer Konzepte, aufgrund mangelnder Differenzierbarkeit von Handelskonzepten aus Sicht des Konsumenten. Die Gestaltung des POS basiert auf dem Dominanz- und Balance-System. Dies impliziert zwei Ziele:

1) Wohlf ü hlen (= Sicherheit) ist die Bedingung zur Aktivierung des Autopiloten. 2) je wohler sich der Konsument f ü hlt, umso offener und l ä nger wird er einkaufen , was habituelle und impulsive Käufe fördert. Aktuelles Beispiel für die werbliche Umsetzung ist der TV-Spot der Unternehmensgruppe Edeka. Der Spot suggeriert Menschlichkeit, ähnlich dem Tante-Emma-Laden, und triggert Vertrauenswürdigkeit an.

Die Raumgestaltung54 ist dem Handelskonzept angepasst (z.B. Discounter, Supermarkt). Das Dominanz-System wird durch breit angelegte, überschaubare Gänge und Laufrichtung entgegen dem Uhrzeigersinn angesprochen, das Balance-System durch leise Musik (nach Uhrzeit an Zielgruppe angepasst, Takt am Ruhepuls (~75 bpm)) sowie 19°C Raumtemperatur). Der Konsument wird über die Positionierung der Warengruppen durch den Verkaufsraum gelotst. Die Einkaufszeit für Artikel des täglichen Bedarfs verlängert sich, da z.B. Wurst oftmals im hinteren Teil des Verkaufsraums platziert ist, dagegen z.B. Hygieneartikel in Eingangsnähe. POS- Konzepte mit integriertem Bäcker nutzen den Duft der Waren zur olfaktorischen Aktivierung, indem komplementäre Artikel wie Kaffee und Marmelade standortnah platziert oder der Duft per Rohrsystem zu den Regalen geleitet wird (olfaktorische Aktivierung). Auf Zucker konditionierte Personen, mit sensibilisiertem Reizverarbeitungssystem, verspüren bereits an dieser Stelle Verlangen. Das Stimulanz- System wird im letzten Teil des Verkaufsraums angesprochen, in Kassennähe. Der Konsument ist im Wohlgefühl, die Aufmerksamkeit sinkt weiter durch das absehbare Ende des Einkaufs (Abb.6, S.24). Deutsche Verbraucher stehen oft bis zu 7 Minuten in der Kassenschlange. Die dort angebotenen Süßwaren, in kleinen Abpackungen, stellen eine direkte Reiz-Konfrontation dar.

Neuere Anpassungen auf Basis von Neuromarketing sind bei Neubauten beobachtbar (z.B. Edeka). Die Regalhöhe vor der Kasse wurde gesenkt. Der Raum ist hell, das Blickfeld frei auf das gesamte aufgebaute Süßwarenangebot. Vermehrt wird auch die Abschirmung von Mobilfunknetzen bautechnisch berücksichtigt, damit der Konsument nicht im „Wohlfühlen“ unterbrochen wird.

Abbildung in dieser Leseprobe nicht enthalten

Abb.6: Zeitliche Verlaufskurve von Bewusstheit und Verhalten im Einkaufsprozess Eigene Darstellung

Markenkommunikation ist auf das „the-winner-takes-it-all“-Prinzip ausgerichtet. Kurz: ist die favorisierte Marke im Regal, entfallen weitere Produktvergleiche. Die Wirkung von Image bzw. Beliebtheit als Kaufmotiv wurde 2004 in einer Studie55 mit Coca-Cola und Pepsi-Cola belegt. In der Blindverkostung präferierten die Probanden Pepsi-Cola. Bei identifizierter Verkostung wählten gesunde Probanden dagegen überwiegend CocaCola. Nur Patienten mit Schädigung des ventromedialen präfrontalen Cortex (VMPFC, auch Punkt 2.2.3) blieben bei Ihrer Entscheidung. Folglich steuern Emotionen prim ä r Wahrnehmung und sekund ä r die Kaufentscheidung.

Eine Marke wirkt komplexitätsreduzierend, kommuniziert Kaufmotive wie Sicherheit bzw. Vertrauen, Qualität, Geschmack. Erfahrung und Erwartung interdependieren. Neurowissenschaftlich spricht man von einer kortikalen Entlastung56. Die Verankerung einer Marke in der Wahrnehmung des Konsumenten (ähnlich Heuristik oder Automatismus), bedeutet, den emotionalen Erfahrungsspeicher zu aktivieren. Die Marken-Multicodierung erfolgt über Sprache, Geschichten, Symbole und Sensorik57. Je stärker das neuronale Netz zur Marke ausgeprägt ist, umso einfacher und subtiler ist der Abruf58 (Priming-Effekt). Der Vergleich zweier Schokoladen-Marken soll die gezielte Ausrichtung demonstrieren (Tab.2, S.25).

Abbildung in dieser Leseprobe nicht enthalten

Tab.2 : Multicodierte Markenkommunikation am Beispiel Schokolade Eigene Darstellung

2.4. „Food Addiction“ - Analyse der Einkaufssituation

Die Ausführungen der Punkte 2.2. und 2.3. ergeben in summa ein erhöhtes Risiko für Übergewichtige in der Einkaufssituation, leichter zu habituellem und impulsivem Kaufverhalten aktivierbar zu sein. Die nachfolgend gewählte Theorie von Marlatt & Gordon dient der vertiefenden Betrachtung der Einkaufssituation als Risikosituation.

2.4.1. sozial-kognitiv Theorie des Rückfalls

Die sozial-kognitive Theorie des Rückfalls59 (Relapse-Modell) von Marlatt & Gordon gilt als etabliertes Prozess-Modell in der Rückfallprävention bei Suchterkrankungen. Kernannahme ist, dass kritische Situationen nur bewältigt werden können, wenn auch geeignete behavioral-kognitive Strategien vorhanden sind. Zudem wird postuliert, dass punktuelles Scheitern nicht zwangsläufig zum Rückfall führen muss. Im Rahmen der Problemstellung der Arbeit ist der Betrachtungsradius jedoch auf Situation und Bewältigungsstrategie begrenzt (Abb.7, S. 26). Marlatt definiert high-risk-situation als „ any situation that poses a risk or threat to the individual s perception of control60. Körkel 61 pointiert weiter, dass bestehende dysfunktionale Muster ein Problem bei der Bewältigung von kritischen Situationen darstellen, was einer maladaptiven Wissensstruktur entspricht (siehe Punkt 2.1.).

Übertragen auf das Einkaufsverhalten von Übergewichtigen ist die bestehende Wissensstruktur von Übergewichtigen nicht zur Bewältigung der Einkaufssituation geeignet. Bewältigung (coping) definiert sich dabei als Vermeidung von habituellen und impulsiven Käufen. Im Umkehrschluss führt ein funktionales Verhaltensmuster zu Einkaufsverhalten ohne habituelle und impulsive Käufe (Abb.7).

Abbildung in dieser Leseprobe nicht enthalten

Abb.7: Relapse-Modell mit Betrachtungsradius der Arbeit (farbig markiert)

Quelle: Marlatt, G. A. / Gordon, J. R., 1985

Marlatt s Taxonomie einer high-risk-situation entspricht „social pressure“, „negative emotional states“, „interpersonal conflict situations“ und „positive emotional states“. Die Einkaufssituation ist aufgrund der positiven, situativen Empfindungen den „ positive emotional states “ zuzuordnen. Ferner weist er darauf hin, dass eine high-risk-situation häufig unscheinbar wirkt und aus verdeckt wirkenden Dispositionen entsteht. Diese Dispositionen gruppiert er in mittelbare Faktoren covert antecedents und daraus resultierende, unmittelbar situativ wirkende Faktoren: urges and cravings 62.

Übertragen auf die Einkaufssituation impliziert dies die Notwendigkeit, ein Bewusstsein für die Einkaufssituation als high-risk-situation zu schaffen.

Bewusstheit ist als kognitives und phänomenales Bewusstsein63 zu verstehen. Das kognitive Bewusstsein umfasst intentionale Repräsentationen (was ist gerade?). Hierzu zählen auch Selbst-Bewusstsein und introspektives Bewusstsein, die komplexe Fähigkeit bewusster Repräsentation. Beispiel: „ich bin mir der Einkaufssituation bewusst, und dem Gedanken, dass Chips zu kaufen um Freunde zu bewirten, nur ein Kaufvorwand ist“. Das Bewusstsein (Qualia) liefert qualitative Repräsentationen (wie ist etwas?). Repräsentiert werden emotionale Bewertungen von sensorischen Erfahrungen. Beispiel: „die hellblaue Milchtüte wirkt frisch aufgrund der sensorischen Erfahrung, dass kaltes Wasser frisch und hellblau ist“.

Hieraus folgt: Erfahrungen pr ä gen unsere Erwartungen. Unsere Erwartungen steuern unsere Wahrnehmung. Unsere Wahrnehmung bestimmt unsere Realit ä t.

Konkret bedeutet das, die Selbsteinschätzung des Betroffenen als rational handelnder Konsument, zu relativieren (Punkt 2.3.2.). Ziel ist, übergewichtigen Konsumenten zu vermitteln, dass sie a) einen Autopiloten und einen Piloten besitzen b) Kaufentscheidungen vom Grad der Bewusstheit (Autopiloten) abhängen und c) Einflussfaktoren auf die Pilotensysteme wahrzunehmen. Bewusstheit ist ein fundamentaler Baustein zum Aufbau von wohladaptivem Einkaufsverhalten.

Der Psychologe D. Kahnemann pointierte den angestrebten Effekt treffend: „Die intensive Konzentration auf eine Aufgabe kann Menschen tatsächlich blind für Stimuli machen, die normalerweise Ihre Aufmerksamkeit erregen würden“64. Abb. 8 zeigt ein faktoriell erweitertes Relapse-Modell (in 2.4.2. näher erläutert).

Abbildung in dieser Leseprobe nicht enthalten

Abb.8: Relapse-Modell um Einflussfaktoren erweitert (farbig markiert) Eigene Darstellung, in Anlehnung an Marlatt, G. A. / Gordon, J. R., 198565

2.4.2. situativ wirkende Einflussfaktoren

Mittelbare Faktoren: Marlatt erfasst in „ covert antecedents “ verdeckte Faktoren wie Lebensstil und Gedanken. Für Wissen zur Einkaufssituation bedeutet das:

1) „lifestyle factors“ werden unter anderem über Stre ß niveau und Zeitmanagement operationalisiert. Somit ist Zeit als Kaufmotiv und stressreduzierendes Instruments zu reflektieren und neuromarketing-basierten Stimuli gegenüber zu stellen.
2) Razionalization bedeutet übertragen auf das Einkaufsverhalten die Verwendung von Heuristiken als komplexitätsreduzierendes Instrument bei Kaufentscheidungen. Preisverlockungen müssen reflektiert werden um Kaufgewohnheiten aufzubrechen.
3) Apparently irrelevant decisions (AIDs) umfassen im Kontext zum Einkaufs- verhalten diejenigen Kaufentscheidungen, die einer realen Grundlage entbehren. Bsp.: Kauf der „günstigeren“ Großpackung mit der Begründung: ich teil s mir ein . Rationieren ist wenig realistisch, womit die Ersparnis entfällt.

Unmittelbare Faktoren sind in „urges & cravings“ erfasst, als auftretende Impulse in high-risk-situations. Im Kontext zu Einkaufsverhalten am POS muss zwischen „urges“ als habituelle Kaufentscheidungen (Balance-System) und „cravings“ als Impulskäufe (Stimulanz-System) unterschieden werden. Wohladaptives Wissen beinhaltet hier:

1) positive emotional states entstehen in der Einkaufssituation über subliminale Stimuli, die die Entspannung während des Einkaufs fördern. Dem ist mit einem introspektiven Bewusstsein gegenüber Situation und Aufgabe entgegenzuwirken. Dabei arbeitet die Zeit im Einkauf gegen den Konsumenten, da der Pilot mehr Energie benötigt als der Autopilot (siehe Punkt 2.3.2.).
2) Urge im Sinne von habituellen Automatismen werden aufgebrochen über die Frage nach dem Realitätsgehalt von Vertrautheit, Tradition und Sicherheit einer Marke.
3) Craving im Sinne von Impulskäufen erfordert bewusste Wahrnehmung und Introspektion der Situation, sowie Reflektion gegenüber Produktpräferenzen. PrimingEffekte müssen behandelt werden.

2.5. Methode: konzeptionelle Überlegungen zum Schulungskonzept

Die Theorie begründet die Notwendigkeit der Bildung einer funktionalen Wissensstruktur zur Bewältigung der Einkaufssituation. Die Empirie prüft entsprechend das Präventions-Instrument „Aufklärung“ bzw. Wissen auf seine Wirksamkeit. Konkret erfolgt dies über die Veränderung der Wissensbasis der Experimentalgruppe im Rahmen einer Schulung vor Testeinkauf. Nachfolgend werden Vorüberlegungen zum Schulungsziel, Schulungsaufbau und Wissenstransfer vorgestellt.

2.5.1. Schulungsziele und -didaktik

Was genau soll eine Schulung ver ä ndern? Die Zielschärfung erfolgt über das Wirkfaktorenmodell66 von Grawe mit 4 psychoedukativen Wirkfaktoren: motivationale Klärung, Ressourcenaktivierung, Problembewältigung und Problemaktualisierung. Präventive Aufklärung ist dem Wirkprinzip der „Ressourcenaktivierung“ zuzuordnen. Für Grawe ist Wissen positives Potenzial zur Wahrnehmungssteuerung. Eine Veränderung der Wahrnehmung bedingt im ersten Schritt das Vorhandensein einer Problemperspektive (Problemaktualisierung). Gleichzeitig weist er auf die Gefahr der Negativität hin. D.h., das Erkennen einer „high-risk-situation“ kann Ressourcen aktivieren, aber auch als erkannte Gefahr hemmend wirken. Ferner attestiert er der Aktivierung von Ressourcen einen positiven Rückkopplungseffekt67 durch positive Emotionen und steigende Selbstkongruenz, was wiederum die Besserungserwartung stärkt. Die Vermittlung von Wissen ist als objektive Ressource zu verstehen, deren Wirkungsgrad in engem Zusammenhang mit subjektiver Bewertung und Verwendung steht (Abb.9).

Abbildung in dieser Leseprobe nicht enthalten

Abb.9: Grundstruktur von Ressourcen

Eigene Darstellung in Anlehnung an Grawe, K: 1998

Vor diesem Hintergrund ist das Schulungsziel, eine objektive Wissensbasis zu schaffen. Der Begriff Wissensstruktur umfasst Problemaktualisierung und Ressourcenaktivierung. Bei der Heranführung an die Problemperspektive ist zu beachten, dass die „high-risk- situation“ eine positive Tönung im Sinne eines Ansatzes zur Verbesserung erhält.

Wie aber vermittelt man Wissen ressourcenorientiert? Die Schulungsdidaktik hinterfragt die subjektive Verwendung über die motivationale und prozessuale Seite des Lernens.

Lernmotivation , losgelöst vom Kontext einzelner Motivationstheorien, erklärt sich in der Urform durch die autopoietische68 Natur des Menschen als selbstreferentielles System, das flexibel auf seine Umwelt reagiert, um bestmöglich in Ihr zu bestehen.

[...]


01 Vgl. Organisation for Economic Co-operation and Developent (OECD) : 2010

02 Vgl. Knoll, K. P. / Hauner, H.: 2008, S. 204-210

03 Vgl. World Health Organisation (WHO) u.a.: 2002

04 Vgl. Wilson, G. T. / Brownell, K. D.: 2002, S. 524-528

05 Vgl. Else Kröner-Fresenius-Zentrum für Ernährungsmedizin: URL http://www.em-tum.de

06 Vgl. Scheier, C. / Held, D.: 2010

07 Vgl. Volkow, N. D.: 2005, S.1403ff

08 Vgl. Schneider W. / Hennig A.: 2010, S.25

09 Vgl. Koukkou, M. / Lehmann, D.: 1998a, S.328f

10 Vgl Meichenbaum, D. W.: 1995

11 Vgl Kiesel, A. / Koch, I.: 2012, S.21f

12 Vgl. Edelmann, G. M.: 1989, S.64ff

13 Vgl. Ratey, J. J.: 2001, S.173f

14 Vgl. Roth, G.: 2001, S.208f

15 Vgl. Schacter, D. L.: 1995, S.815-824

16 Vgl. Grawe, K.: 1998, S.176

17 Vgl. Arbeitsgemeinschaft d. Wissenschaftlichen Medizinischen Fachgesellschaften (AWMF): 2007, S.7

18 Vgl. Deutsche Adipositas (DAG) / Diabetes (DDG) Gesellschaft (2011), URL : www.ddg-dag.de

19 Vgl. Schütz, T.: 2010

20 Vgl. Else-Kröner-Fresenius-Zentrum (2012), Url: http://www.mri.tum.de

21 Vgl. Vartanian, L. R.: 2007, S. 667

22 Vgl. KPMG: Trends im Handel 2010 und Sortimentsmonitor 2006, S. 21ff

23 Vgl. Kuß, A. / Tomczak, T.: 2004, S. 101f

24 Vgl. Trommsdorff, V.: 2004, S. 55f

25 Vgl. Gabius, H. J.: 2009, S.233-236, S.347f, S.506

26 Vgl. Li, X., et al.: 2002, S.4692-4696

27 Vgl. Logue, A. W.: 1998, S.27-28, Volkow, N. D.: 2005, S.1403ff

28 Vgl. Volkow, N.D. et al.: 2004, S.557-569 und Volkow N.D / Wise, R. A.: 2005

29 Anm. Bildgebende Verfahren: fMRT und PET

30 Vgl. Kohnson, P. M. / Kenny, P. J.: 2010, S.635-641

31 Vgl. Kiefer F. / Grosshans, M.: 2009 und Spitzer, M.: 2011

32 Vgl. Nestler, E. J.: 2001, S.119ff Robinson, T. E. / Berridge, K. C.: 2001, S.103f

33 Vgl. Roth, G.: 2001, S. 7

34 Vgl. Damasio, A.: 1994, S.237

35 Vgl. Schenk, H.-O.: 2007, S-37ff

36 Vgl. Priddat, B. P./ Kabalak, A.:2008, S. 138-144

37 Vgl. Balderjahn, I. / Scholderer, J.: 2007

38 Vgl. Axel Springer AG (2011), URL: http://www.axelspringer-mediapilot.de

39 Vgl. Holland, H.: 2009, S.22ff

40 Vgl. Christensen, C. M. / Hall, T. / Cook, S.: 2006, S. 71

41 Vgl. EHI Retail Institute (2006), URL: www.ehi.org

42 Vgl. Storch, M.: 2009, S.207f

43 Vgl. Scheier, C. / Held, D.: 2010, S. 53ff

44 Vgl. Bechara, A. / Damasio, A. R.: 2005, S.336-372

45 Vgl. Ulich, D.: 2005, S.105ff

46 Vgl. Schachter, S. / Singer, J. in Ulich, D.: 2005, S.112f

47 Vgl. Damasio, A. R.: 1994

48 Vgl. LeDoux, J.: 2010, S.47ff

49 Vgl. Newen, A. / Zinck, A.: 2007, URL : http://www.phil-fak.uni-duesseldorf.de

50 Vgl. Häusel, H.-G.: 2011, URL: http://www.nymphenburg.de Häusel, H.-G.: 2008, S.17ff

51 Vgl. Kahnemann, D. / Tversky, A.: 2000, S.565ff

52 Vgl. Gray, J.A. in Hasselhorn, M. u.a.: 2006, S.307f

53 Vgl. Freundt, T. / Kirchgeorg, M. / Perrey, J.: 2005, S.30-33

54 Vgl. Schneider, W. / Hennig, A.: 2010, S.92ff

55 Vgl. Kenning, P. / Hubert, M.: 2004, S.14

56 Vgl. Scheier, C. / Held, D.: 2010, S. S.24-27

57 Vgl. Scheier, C. / Held, D.: 2010, S. S.66ff

58 Vgl. Fuchs, W. T.: 2009, S.36

59 Vgl. Marlatt, G. A. / Gordon, J. R.: 1985

60 Vgl. Marlatt, G. A.: 1985a, S.132

61 Vgl. Körkel, J.: 2001, S. 519ff

62 Vgl. Marlatt, G. A. / Gordon, J. R.: 1985, S.128ff

63 Vgl. Pacherie, É.: 2004, S.8f Delacour, J.: 2004, S.12f

64 Vgl. Kahnemann, D.: 2012, S.34

65 Vgl. Marlatt, G. A. / Gordon, J. R.: 1985, S.280ff

66 Vgl. Grawe, K: 1998, S.176ff

67 Anm.: Marlatt und Grawe haben in neueren Publikationen eine gemeinsame Schnittmenge. Grawe

fokussiert Konsistenz basierend auf neurobiologischen Erkenntnissen. Marlatt bezieht Konsistenzstreben über achtsamkeitsbasierte Techniken ein (Selbstwirksamkeitserwartung - Achtsamkeit -Konsistenz). Vgl: Grawe, K: 2004, S.381ff, S.423ff Marlatt, G.A. u.a.: 2012, S.55ff

68 Vgl: Maturana H. / Varela. F.: 1990

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Résumé des informations

Titre
Veränderung des Einkaufsverhaltens bei übergewichtigen Personen
Sous-titre
Eine empirische Studie zum Nutzen von präventiver Aufklärung über Einsatz von Neuromarketing-Verkaufsstrategien am Point of Sale
Université
University of Applied Sciences Riedlingen
Note
1,0
Auteur
Année
2012
Pages
103
N° de catalogue
V266223
ISBN (ebook)
9783656560548
ISBN (Livre)
9783656560531
Taille d'un fichier
1850 KB
Langue
allemand
Annotations
Der interdisziplinäre Präventionsansatz erschließt die Behandlung von Übergewicht mit Wissen aus einem diametral entgegengesetzten Fachbereich: Neuromarketing am Point of Sale. Das Einkaufsverhalten von Übergewichtigen wird u.a. über die Achsen Abhängigkeit, Neurobiologie und Umwelt erschlossen und in Beziehung zu Verkaufsstrategien des Handels gesetzt, deren Aufbau, Maßnahmen und Wirkung. Wahrnehmung ist hier ein Kernaspekt. Die Empirie prüft Effekte eines systemisch-erlebnisorientierten Ansatzes bei der Bewältigung der täglichen Einkaufssituation.
Mots clés
Adipositas, Adipositasprävention, Einkaufsverhalten, Food Addiction, Prävention, Neurobiologie, Neurodidaktik, Neuromarketing, Sucht, Marketing, Wahrnehmung, systemische Therapie, Zürcher Ressourcen Modell, ZRM, Rückfallmodell, Evolution, Verhältnisprävention, Handlungswissen
Citation du texte
Petra Schraufstetter (Auteur), 2012, Veränderung des Einkaufsverhaltens bei übergewichtigen Personen, Munich, GRIN Verlag, https://www.grin.com/document/266223

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