Eine Betrachtung des Heimkehrermotivs im Roman "Deutscher Sohn"


Hausarbeit, 2013

18 Seiten, Note: 1,7


Leseprobe


Inhalt

1. Einleitung

2. Erzähltextanalyse des Romans Deutscher Sohn nach Martínez/Scheffel

3. Das Heimkehrermotiv
3.1 Problematik von Heimkehr
3.2 Das Motiv und seine Spielarten
3.3 Das Heimkehrermotiv in deutscher Literatur in Verbindung mit den Weltkriegen

4. Das Heimkehrermotiv im Roman Deutscher Sohn
4.1 Tonis Lebensumstände vor und nach dem Bundeswehreinsatz
4.2 Tonis Unterbewusstsein
4.3 Tonis Verhältnis zur Bundeswehr
4.4 Fazit

5. Literaturverzeichnis

1. Einleitung

Während beider Weltkriege waren deutsche Soldaten fernab ihrer Heimat und ihrer Familien im Kriegseinsatz und den Schrecken der Kampfhandlungen ausgesetzt. Viele Heimkehrer haderten nach Ende eines Krieges mit der vorgefundenen Situation zu Hause. Denn beide Seiten entwickelten sich für die Zeit der Trennung voneinander unabhängig. Und während die Familien ihre Vater, Männer oder Söhne wiederhaben wollten, verfolgte diese das Erlebte. In Folge dessen reflektierten einige ihre Erlebnisse und militärische Vergangenheit. So wurde der sogenannte „Heimkehrerroman“ in Deutschland populär, in dem das Erlebte verarbeitet wurde, und in welchem sich das Heimkehrermotiv wiederfindet.

Nach Jahrzehnten ohne größeren Kriegseinsatz mit deutscher Beteiligung, war Deutschland nach der Jahrtausendwende wieder stärker in militärischen Einsätzen involviert. Dies führte zu einer Rückkehr des Themas Krieg und somit auch der Heimkehr von Soldaten in zahlreichen Berichten und Romanen, so wie auch in Deutscher Sohn der beiden Autoren Ingo Niermann und Alexander Wallasch aus dem Jahr 2010. Aus literaturwissenschaftlicher Sicht ist es nun von Interesse, wie das Heimkehrermotiv in Verbindung mit dem Thema Krieg in zeitgenössische Literatur Eingang gefunden hat.

So liegt dieser Arbeit nun Niermanns und Wallaschs Roman zu Grunde und sucht darin nach Beispielen für das Motiv des Heimkehrer bzw. Kriegsheimkehrers.

Zu Beginn erfolgt eine Erzähltextanalyse nach Martínez/Scheffel.

Anschließend daran soll das Heimkehrermotiv in seiner Geschichte und seinen verschiedenen Spielarten untersucht werden. Es soll auch auf den speziell deutschen Heimkehrerroman in Zusammenhang mit den Weltkriegen eingegangen werden.

Im zweiten Teil dieser Hausarbeit soll der Roman Deutscher Sohn unter dem Aspekt des Heimkehrermotivs untersucht und Details herausgearbeitet werden. Zum Schluss soll ein Fazit erfolgen, das herausstellt, ob der Roman in erster Linie als Heimkehrerroman gesehen werden kann, in dem das Heimkehrermotiv als vornehmliches Thema überwiegt.

2. Erzähltextanalyse des RomansDeutscher Sohn nach Martínez/Scheffel

Die Erstauflage des Romans Deutscher Sohn der beiden Autoren Ingo Niermann und Alexander Wallasch erschien 2010 im Blumenbar Verlag.[1]

Erzählt werden die fiktiven Ereignisse aus Sicht der Hauptfigur Harald „Toni“ Heinemann[2], einem Kriegsheimkehrer der in Afghanistan für die Bundeswehr im Einsatz war. Dort wurde er bei einem Anschlag verletzt und kehrt deshalb verwundet in die niedersächsische Provinz zurück. Ausgehend von seiner schlecht heilenden Wunde, die physische sowie psychische Gebrechen nach sich zieht und somit seinen Alltag bestimmt, verändert sich Tonis Leben drastisch.

Die zeitliche Ordnung innerhalb des Romans ist dissonant und immer wieder durch Analepsen geprägt. So entdeckt Toni z.B. Bilder seiner Bekanntschaft Katja. Kurze Zeit danach wechselt die zeitliche Ordnung und somit die Erzählung in diese Situation, als sei diese Gegenwärtig um danach wieder in die Gegenwart zu springen.[3]

Ähnlich verhält es sich, als Toni vom Anschlag in Afghanistan berichtet, während er vorher im Hamburger Militärkrankenhaus hypnotisiert wird.[4]

Hier liegt zudem eine die zeitliche Dauer betreffende Besonderheit vor. Während der gesamte Roman innerhalb weniger Tage bzw. maximal weniger Wochen spielt, findet hier je nach Interpretation des Rezipienten ein Bruch in der Erzählung statt. Vor der Hypnose[5] ist die Erzählzeit kürzer als die erzählte Zeit, während sich das Verhältnis ab diesem Punkt umkehrt, da die eigentliche Hypnose nur kurz, also wenige Stunden andauern kann.

Doch es werden weitere Spielarten eingestreut. So findet sich neben szenischem, zeitdeckendem Erzählen wie beim Bundwehrtransport nach Afghanistan[6], auch zeitdehnendes Erzählen z.B. bei der Beschreibung von Personen[7], zeitraffendes Erzählen beim Auslassen von Ereignissen[8] oder aber Zeitsprünge.[9]

Im Bereich der Frequenz ist das Erzählen hauptsächlich singulativ. Jedoch ist die Phrase „der große Bäng“ repetitiv und findet sich mehrmals innerhalb des Romans wieder.[10] Dies unterstreicht somit die Bedeutung dieses Ereignisses, das man als Dreh- und Angelpunkt für alle weiteren Geschehnisse bezeichnen kann.

Im Bereich Modus kann bei Deutscher Sohn von einer internen, fixierten Fokalisierung gesprochen werden. Der Erzähler entspricht Toni, so dass er immer nur so viel bzw. so wenig wie dieser weiß. Man kann von Mitsicht sprechen.

Die Distanz findet sich sowohl im dramatischen, als auch narrativen Modus wieder. Dabei sind Passagen im dramatischen Modus spärlicher gesät und immer dann zu finden, wenn eine Szene beschrieben und ein Vorgang, meist mit direkter Rede, wiedergegeben wird. So zum Beispiel im Flugzeug beim Truppentransport nach Kabul.[11]

Der narrative Modus überwiegt eindeutig. Toni der gleichzeitig als Erzähler fungiert, leistet eine spürbare Erzählleistung. Er kommentiert und reflektiert ganz seine Umwelt und das Geschehen. Sehr deutlich wird dies gleich zu Beginn, als Toni eine Ausgangssituation schildert.[12] Hier wird in aller Breite die erzählerische Instanz bemerkbar.

Der Zeitpunkt des Erzählens in der Kategorie der Stimme ist hauptsächlich durch gleichzeitiges Erzählen gekennzeichnet. Erzähltes und Erzählen fallen zusammen, da Toni das Erlebte direkt wiedergibt. Ausnahmsweise kommt es zu eingeschobenem Erzählen, nämlich immer dann, wenn Toni zu seinen Träumen mit Toni Schumacher wechselt.[13]

Der Ort des Erzählens ist bis zur bereits zuvor erwähnten Hypnose extradiegetisch, es handelt sich also um einfaches Erzählen. Danach jedoch, wenn Toni aus der Hypnose heraus erzählt – unter der Prämisse, dass man die Lesart teilt, dass er sich eigentlich körperlich im Krankenhaus befindet – handelt es sich um intradiegetisches Erzählen.

Die Stellung des Erzählers zum Geschehen ist autodiegetisch, da dieser alles als Hauptfigur miterlebt.

3. Das Heimkehrermotiv

3.1 Problematik von Heimkehr

Eine Rückkehr in die Heimat nach längerer Zeit bietet die Ausgangslage für literarische Stoffe seit jeher. Der Reiz dürfte in der konfliktreichen Situation liegen, dass eine Person aus bestimmten Gründen abwesend war, und nun an alter Wirkungsstätte zurückkehrt.

Doch es stellt sich die Frage, weshalb diese Konstellation Konfliktpotenzial birgt. Aufschlussreich dürfte da ein Blick in die Soziologie sein, die gruppendynamische Prozesse und Folgen menschlichen Zusammenlebens untersucht:

„Der Heimkehrer erwartet, in eine vertraute Umgebung zurückzukehren, um die er vormals »intimes« Wissen besaß und in der er – so seine Annahme – sich aufgrund dieses Wissens problemlos bewegen kann.“[14] Der Reiz liegt nun im erlebten »Schock«[15], denn der Heimkehrende unternimmt den Versuch, sich aufgrund von „Erinnerungen an eine vergangene Zeit“[16] an seiner alten Wirkungsstätte einzufinden. Diese Bestrebung ist jedoch zum Scheitern verurteilt, da sich beide Seiten unabhängig voneinander entwickelt haben. Die Daheimgebliebenen nehmen zwar keine Veränderung an sich selber war, da ein „kontinuierlicher und daher eher unbemerkter Wandel“[17] stattfand. Für den Heimkehrer werden die Änderungen von Zielen, Relevanzen und Sinndeutungen[18] jedoch in geballter Form ersichtlich. Doch auch dieser hat sich verändert. Und so liefert die soziologische Erklärung auch einen Hinweis, weshalb das Motiv des Heimkehrers in der Literatur ein gern genutztes ist. Denn es ist „ein schwieriger Prozess der Anpassung“[19] und „schwer bis unmöglich, die Erlebnisse des anderen nachzuvollziehen.“[20]

3.2 Das Motiv und seine Spielarten

Das Heimkehrermotiv ist in der Literatur kein neuzeitliches Phänomen. Schon in der Antike lässt es sich bei Homer ausfindig machen, der Odysseus bei dessen Heimkehr vor veränderte Strukturen und Tatsachen stellte.[21] Die Heimat, die eigentlich vertraut sein sollte, ist nach seiner Rückkehr unbekannt bzw. in Gefahr. Besitztümer liegen brach, und die eigene Frau wird in ihrer Einsamkeit von Nebenbuhlern mit Blick auf die mächtige Position umworben.[22]

[...]


[1] Vgl. Martínez/Scheffel: Einführung in die Erzähltheorie.

[2] Im weiteren Verlauf nur noch „Toni“ genannt.

[3] Vgl. Niermann/Wallsch: Deutscher Sohn, S. 33-49.

[4] Vgl. ebd., S. 57f.

[5] Vgl. ebd., S. 7-57.

[6] Vgl. ebd., S. 59.

[7] Vgl. ebd., S. 163.

[8] Vgl. ebd., S. 40.

[9] Vgl. ebd., S. 89.

[10] Vgl. Niermann/Wallsch: Deutscher Sohn, S. 97, S. 126, S. 239, S. 243.

[11] Vgl. ebd., S. 59.

[12] Vgl. ebd., S. 7f.

[13] Vgl. ebd., S. 73f.

[14] Fischer: Phänomenologische Soziologie, S. 61.

[15] Ebd.

[16] Ebd., S. 62.

[17] Ebd.

[18] Vgl. ebd.

[19] Ebd., S. 63.

[20] Ebd.

[21] Vgl. Frenzel: Motive der Weltliteratur, S. 329.

[22] Vgl. ebd.

Ende der Leseprobe aus 18 Seiten

Details

Titel
Eine Betrachtung des Heimkehrermotivs im Roman "Deutscher Sohn"
Hochschule
Universität zu Köln  (Institut für Deutsche Sprache und Literatur)
Note
1,7
Autor
Jahr
2013
Seiten
18
Katalognummer
V266275
ISBN (eBook)
9783656563914
ISBN (Buch)
9783656563884
Dateigröße
594 KB
Sprache
Deutsch
Schlagworte
deutscher sohn, erzähltextanalyse, niermann, wallasch, niermann wallasch, ingo niermann, alexander wallasch, feuchtgebiete, heimkehrer, heimkeherermotiv, motiv heimkehrer, heimkehrerroman
Arbeit zitieren
Andreas J. Moj (Autor:in), 2013, Eine Betrachtung des Heimkehrermotivs im Roman "Deutscher Sohn", München, GRIN Verlag, https://www.grin.com/document/266275

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