John Rawls über Gerechtigkeit als (sozial-)demokratisches Grundprinzip


Trabajo de Seminario, 2013

16 Páginas, Calificación: 1,0


Extracto


Inhaltsverzeichnis

1 Einleitung

2 Eine Charakterisierung von John Rawls Theorie der Gerechtigkeit
2.1 Gerechtigkeit als Fairness
2.1.1 Der Begriff der Gerechtigkeit
2.1.2 Der Hauptgedanke
2.2 Der Urzustand
2.3 Die Grundsätze der Gerechtigkeit
2.3.1 Die Grundsätze
2.3.2 Die Begründung der Wahl
2.3.3 Der Gegenstand der Grundsätze
2.3.4 Wieso Utilitarismus keine Alternative darstellt und Altruismus im Urzustand keinen Platz hat
2.4 Aristoteles Gerechtigkeitsbegriff im Kontrast zu Rawls Prinzipien

3 Resümee

4 Literaturverzeichnis
4.1 Primärliteratur
4.2 Sekundärliteratur

5 Abkürzungsverzeichnis

1 Einleitung

Die vorliegende Proseminararbeit trägt den Titel „John Rawls über Gerechtigkeit als (sozial-)demokratisches Grundprinzip.“ Der erste Teil und Schwerpunkt der Arbeit liegt auf der Darstellung der Theorie von Gerechtigkeit als Fairneß, die John Rawls in seinem 1971 veröffentlichten Werk „A Theory of Justice“1 darlegt. Hierbei wird mit allgemeinen Definitionen begonnen und über den gedanklichen Ansatz versucht, eine Brücke zu seiner Vorgehensweise, dem Urzustand, zu schlagen. Der Herleitung der Gerechtigkeitsgrundsätze schließt sich eine Begründung sowie Erläuterung an, die in 2.4. mit einer kritischen Auseinandersetzung mit dem Utilitarismus und Altruismus ihren Abschluss findet. Darauf folgt eine vergleichende Darstellung von Aristoteles Ansichten zum Begriff der Gerechtigkeit aus dem fünften Buch der Nikomachischen Ethik. Hierdurch soll unter anderem gezeigt werden, inwiefern sich John Rawls Theorie von vorherrschenden philosophischen Lehren unterscheidet. Das dritte Kapitel stellt eine wertende Zusammenfassung der im Verlauf geschilderten Informationen sowie gewonnenen Ergebnisse dar und bildet den Schlussteil der Arbeit.

2 Eine Charakterisierung von John Rawls Theorie der

2.1 Gerechtigkeit als Fairness

2.1.1 Der Begriff der Gerechtigkeit

Gerechtigkeit ist eine Tugend, doch wen oder was betrifft sie? Kann eine Sache an sich gerecht sein oder bezieht sich diese Eigenschaft nur auf menschliches Handeln? John Rawls lehnt letzteres nicht ab, doch für ihn besitzt die Gerechtigkeit innerhalb einer Gesellschaft eine andere Rolle. Er sieht sie als die „erste Tugend sozialer Institutionen, so wie die Wahrheit bei Gedankensystemen.“2 Ihr ist das höchste Gewicht zuschreiben, sie bildet die zentrale Grundstruktur von kooperativen Gebilden. Nur eine gerechte Gesellschaft kann letztlich auch stabil sein.3 Doch bleibt zunächst fraglich welche Tatsachen dazu führen, dass auch Instabilität herrschen kann.

Den Grund hierfür sieht Rawls in einem Interessenkonflikt begründet, der der menschlichen Natur entspringt und in jeder Gemeinschaft eine zentrale Rolle spielt. Zwar sind sich die Menschen grundsätzlich darin einig, dass ihre Verbindung der Förderung des gemeinsamen Vorteils dient, jedoch findet diese Interessenharmonie bei spätestens einem Punkt ein Ende: der Verteilung von Gütern und Pflichten. Jeder versucht einerseits so viele Güter wie möglich für sich zu beanspruchen, gleichzeitig aber auch jegliche Form von Pflichten von sich zu weisen. Selbstverständlich besitzen die Beteiligten unterschiedliche Ansichten darüber wem wie viel zusteht, was einen Konsens letztlich unmöglich macht. Genau aus diesem Grund erachtet Rawls unabhängige Grundsätze für notwendig, die eine gerechte Verteilung ermöglichen.4 Er legt dies mit folgenden Worten dar: „[...] sie [die Grundsätze] ermöglichen die Zuweisung von Rechten und Pflichten in den grundlegenden Institutionen der Gesellschaft, und sie legen die richtige Verteilung der Früchte und Lasten der gesellschaftlichen Zusammenarbeit fest.“5

Eine Gerechtigkeitsvorstellung soll demnach Frieden schaffen und es den Menschen ermöglichen, ihre Ziele und Interessen mit denen anderer abzustimmen.

2.1.2 Der Hauptgedanke

Es scheint somit nachvollziehbar, dass Grundsätze gefunden werden müssen, die einer Gesellschaft zu Gerechtigkeit und damit letztlich auch zu Stabilität verhelfen. Doch bleibt vorerst unklar, wie diese lauten sollen. Um eine Antwort auf diese Frage zu finden entwickelt Rawls eine Strategie. Er geht davon aus, dass Menschen in ihrer jetzigen Situation zu keinem Konsens gelangen können. Jeder würde in gewissem Maß, ob bewusst oder unbewusst, die Grundsätze wählen, die seinen eigenen Interessen förderlich wären.6 Es muss also ein Weg gefunden werden, der Neutralität bei der Wahl gewährleistet. Rawls schildert seinen Ansatz wie folgt: „Es sind diejenigen Grundsätze, die freie und vernünftige Menschen in ihrem Interesse in einer anfänglichen Situation der Gleichheit zur Bestimmung der Grund-verhältnisse ihrer Verbindung annehmen würden. […] Diese Betrachtungsweise der Gerechtigkeitsgrundsätze nenne ich Theorie der Gerechtigkeit als Fairness.“7 Wirklich gerechte Grundsätze können also nur durch 'faire' Bedingungen geschaffen werden. Die Wahl müsste nach logischer Schlussfolgerung daher bereits vor oder spätestens mit der Gründung einer Gesellschaft stattfinden, damit alle die gleiche Ausgangssituation haben. Da eine solche Situation in der Realität praktisch nicht erzeugt werden kann, muss sie fiktiv nachgestellt werden. Um dies zu erreichen, bedient sich Rawls zweier Modelle. Er kombiniert Elemente der, unter anderem von Hobbes und Kant entwickelten, Vertragstheorie mit der modernen Spieltheorie, welche die wahrscheinliche Argumentation gedanklich nachbilden soll.8

2.2 Der Urzustand

„Welche Prinzipien der Gerechtigkeit würden freie und rationale Personen unter fairen Bedingungen wählen, wenn sie in einem ursprünglichen Zustand der Gleichheit über die Grundstruktur und die fundamentalen Normen ihrer zukünftigen Gesellschaft zu bestimmen hätten […]?“9 Wie bereits besprochen richtet Rawls sein Vorgehen nach diesem Gedanken aus. Es muss eine Verfahrensgerechtigkeit etabliert werden, die unter anderem Neutralität, Transparenz und Einstimmigkeit bei der Entscheidung gewährleistet. Um dies zu erreichen, versieht er eine fiktive Situation, die er als den Urzustand bezeichnet, mit bestimmten Eigenschaften: erstens setzt er voraus, dass alle Beteiligten die gleiche Beschaffenheit aufweisen und jeder über die gleichen Rechte in der Abstimmung verfügt. Zweitens besitzen alle Abstimmenden einen Gerechtigkeits- sinn und wissen, dass ihn auch die anderen innehaben und befolgen. Drittens legt er fest, dass sich die Anwesenden in einem „Schleier des Nichtwissens“10 befinden. Es herrscht zwar allgemeines Wissen, eingeschlossen der Problemstellung um die Verteilung gesellschaftlicher Güter, doch niemand weiß über das Bescheid, was seine jetzige und spätere Identität betrifft.. Dies erstreckt sich von der kommenden Stellung in der Gesellschaft über körperliche Merkmale bis zu persönlichen Vorlieben oder Ängsten. So soll maximale Neutralität bei der Abstimmung gewährleistet und Benachteiligung unterbunden werden. Als letztes Kriterium schildert er das Verhältnis der Abstimmenden untereinander. Er charakterisiert sie zwar als vernünftig, schreibt ihnen jedoch gegenseitiges Desinteresse zu. Die Vernünftigkeit bezieht sich vor allem auf das Wissen um die Bedeutsamkeit der zu verteilenden Güter für das eigene Streben.11

Offensichtlich scheint dieses Szenario merkwürdig und auch gedanklich schwer nachvollziehbar. Rawls erkennt diese Tatsache an und äußert sich dazu wie folgt: „Man darf sich also durch die etwas ungewöhnlichen Bedingungen, die den Urzustand kennzeichnen, nicht irreführen lassen. Der Gedanke ist einfach der, uns die Einschränkungen lebhaft vor Augen zu führen, die für die Argumentation über Gerechtigkeitsgrundsätze und damit für diese selbst als vernünftig erscheinen.“12 Der Urzustand soll daher keine Handlungsanleitung für neutrale Abstimmungen darstellen, er soll lediglich die notwendige Neutralität bei den Überlegungen über die Gerechtigkeitsgrundsätze herstellen und den Menschen ihre Voreingenommen-heit nehmen.

2.3 Die Grunds ä tze der Gerechtigkeit

2.3.1 Die Grundsätze

Nachdem das Ziel und die Umstände der Abstimmung bekannt sind, versucht Rawls nun die passenden Grundsätze für eine gerechte Gesellschaft zu finden. Er unterteilt hierbei die Entscheidungen bei der Verteilung von Freiheiten und Rechten und die Verteilung materieller Güter sowie Ämter und Machtbefugnisse. Nach seiner Ansicht würden die Menschen bei ersterem wie folgt wählen: „Jedermann soll gleiches Recht auf das umfangreichste System gleicher Grundfreiheiten haben, das mit dem gleichen System für alle anderen verträglich ist.“13 Allen Menschen sollen also, unabhängig von jeglichen Voraussetzungen, die gleichen Freiheiten und Rechte zukommen.

Auch bei der Frage nach der Verteilung weiterer materieller und immaterieller Güter sollte nach Möglichkeit jeder einen gleichen Teil erhalten. Doch nach Rawls Ansicht würden sich die Menschen hier nicht für eine gänzliche Gleichverteilung aussprechen, da sie wohl um das Leistungsprinzip wissen und dadurch unterschiedlichen Ansprüche an die Entlohnung bestehen. Die Abstimmenden würden deshalb folgenden Grundsatz vorziehen: „Soziale und wirtschaftliche Ungleichheiten sind so zu gestalten, daß a) vernünftigerweise zu erwarten ist, daß sie zu jedermanns Vorteil dienen, und b) sie mit Positionen und Ämtern verbunden sind, die jedem offen stehen.“14 Wer sich also Vorteile erarbeiten und diese genießen will, dem soll dies auch zustehen. Vorausgesetzt ist jedoch die Beachtung des Differenzprinzips: „Soziale und ökonomische Ungleichheiten müssen [...] den am wenigsten begünstigten Angehörigen der Gesellschaft den größten Vorteil bringen.“15 Niemand soll also einen Vorteil erhalten, der auf Kosten anderer beruht. Selbst wenn die Lage Dritter komplett unberührt bliebe, wäre dies noch ungenügend. Nur wenn sich selbst die Situation des am schlechtesten Gestellten auch verbessern würde, ist eine Ungleichverteilung von Gütern zu akzeptieren. Im Bezug auf das Verhältnis der Grundsätze zueinander gilt eine lexikalische Ordnung. Der zweite Grundsatz darf nur dann Entfaltung finden, wenn der erste vollständig erfüllt ist. Freiheiten und Rechte müssen jedem gleich zustehen und dürfen nicht durch die Güterverteilung negativ beeinflusst werden.16

2.3.2 Die Begründung der Wahl

Die Grundsätze der Gerechtigkeit sind somit dargestellt. Doch bleibt fraglich, wieso sich die Menschen ausgerechnet für diese Prinzipien entscheiden sollten. Schließlich könnten sie sich ebenfalls am klassischen Utilitarismus orientieren oder doch eine komplette Gleichverteilung wählen. Doch Rawls schätzt diese Chance als gering ein. Den Grund hierfür sieht er in der menschlichen Natur, demzufolge die Beteiligten im Urzustand bei der Wahl nach der Maximin - Regel verfahren würden. Da kein Beteiligter im Vorhinein wissen kann, in welcher Lage er sich später befinden wird (man könnte stets der am schlechtesten Gestellte sein), versucht zwangsläufig jeder seine Risikofaktoren rational zu minimieren. Die Angst vor unerträglichen Umständen würde der Vorstellung oder dem Wunsch nach einer privilegierten Stellung überwiegen. Alle Abstimmenden wollen letztlich selbst für den Fall, dass sie sich später tatsächlich in der schlechtesten Situation wiederfinden, trotzdem noch den größtmöglichen Teil an Gütern erhalten. Es gilt das Minimum zu maximieren.17

[...]


1 Rawls, John: Eine Theorie der Gerechtigkeit, 18. Auflage, Frankfurt am Main: Suhrkamp Verlag 2012, S.: Informationen zur Ausgabe Hinweis: Aufgrund der häufigen Verwendung wird diese Quelle im Folgenden mit 'TG' und den jeweiligen Seitenangaben abgekürzt

2 TG, S. 19

3 Hinsch, Wilfried: Das Gut der Gerechtigkeit, in: Höffe, Otfried (Hrsg.): John Rawls: Eine Theorie der Gerechtigkeit, 2. Aufl., Berlin: Akademie Verlag 2006, S. 254

4 Vgl. Schwaabe, Christian: Politische Theorie 2. Von Rousseau bis Rawls, 2. Aufl., Paderborn: Wilhelm Fink Verlag 2010, S. 149 - 150

5 TG, S. 20-21

6 Vgl. TG, S. 36

7 TG, S. 28

8 Vgl. ebd. (4), S. 150

9 Ebd. (4,8), S. 151

10 TG, S. 159

11 Vgl. Schroth, Jörg: Zu John Rawls' Eine Theorie der Gerechtigkeit, in: Texte und Materialien zur Ethik, online verfügbar unter: http://ethikseite.de/rawls-overview.html (2. Oktober 2013)

12 TG, S. 36

13 TG, S. 81

14 TG, S. 81

15 Rawls, John: Gerechtigkeit als Fairness. Ein Neuentwurf, Berlin: Suhrkamp Verlag 2006, S. 78

16 Vgl. Wallner, Jürgen: Freiheit und Gerechtigkeit. Entwurf eines Eschatologischen Liberalismus, Books on Demand 2001, S. 78 - 80

17 Vgl. TG, S. 177 - 178

Final del extracto de 16 páginas

Detalles

Título
John Rawls über Gerechtigkeit als (sozial-)demokratisches Grundprinzip
Universidad
Munich University of Policy
Curso
Grundbegriffe des Politischen
Calificación
1,0
Autor
Año
2013
Páginas
16
No. de catálogo
V266633
ISBN (Ebook)
9783656573722
ISBN (Libro)
9783656573647
Tamaño de fichero
573 KB
Idioma
Alemán
Notas
Die Seminararbeit behandelt John Rawls Gerechtigkeitskonzeption auf Basis der ersten Teils seines 1971 veröffentlichten Werkes "A Theory of Justice". Sie wurde, wie angegeben, vom zuständigen Professor mit 1,0 bewertet und erfüllt den Standart (politik-)wissenschaftlicher Arbeiten.
Palabras clave
John Rawls, A Theory of Justice, Eine Theorie der Gerechtigkeit, Politische Theorie, Aristoteles, Gerechtigkeit, Politik, Hochschule für Politik München
Citar trabajo
Fabian Heindl (Autor), 2013, John Rawls über Gerechtigkeit als (sozial-)demokratisches Grundprinzip, Múnich, GRIN Verlag, https://www.grin.com/document/266633

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