Produkttests mit Conjoint Measurement


Seminararbeit, 2004

29 Seiten, Note: 1,0


Leseprobe


Inhaltsverzeichnis

1. Einleitung
1.1. Die Problematik der optimalen Produktgestaltung
1.2. Die Conjoint-Analyse als Möglichkeit zur Präferenzmessung

2. Der Begriff der Präferenz

3. Anwendungsgebiete der Conjoint-Analyse
3.1. Produkgestaltung
3.2. Preisbildung
3.3. Marktsegmentierung

4. Entwicklung und Aufbau der Datenanalyse
4.1. Festlegung der Merkmale und Merkmalsausprägungen
4.1.1. Relevanz der Merkmale
4.1.2. Beeinflussbarkeit durch das Unternehmen
4.1.3. Unabhängigkeit der Merkmale
4.1.4. Begrenzung von Stimuli
4.2. Entscheidung für ein Erhebungsdesign
4.2.1. Die Profilmethode
4.2.2. Die Trade-Off-Methode
4.3. Datenerhebung
4.4. Schätzung der Nutzenwerte
4.5. Aggregation der individuellen Ergebnisse

5. Probleme beim Conjoint Measurement und Fazit

Anhang

Literaturverzeichnis

1. Einleitung

Produkte und Dienstleistungen unterliegen wie auch Lebewesen dem „Gesetz des Werdens und Vergehens“.[1] Ihre Lebensdauer ist zeitlich begrenzt und durchläuft den so genannten „Produktlebenszyklus“, der durch verschiedene Phasen charakterisiert wird.[2] Dieses schon fast als „Naturgesetz“ zu verstehende Prinzip ist unabhängig von der Produktlebensdauer und kann sich über Jahrzehnte (z.B. bestimmte Markenwaschmittel wie “Persil“), Jahre (z.B. Automobiltypen), Monate oder aber nur Wochen (z.B. Fernseh-Castingshows) erstrecken. Unternehmen können mit Hilfe von geschicktem Marketingmanagement, die „Lebenszeit“ ihrer Produkte positiv beeinflussen. Zunehmend zeigt sich dabei das „Conjoint-Measurement“ als Wegweiser bei Produkttests. Die folgende Ausarbeitung soll zeigen, wie das Conjoint-Measurement umgesetzt werden kann, welche Vorzüge es bietet, aber auch welche Aspekte dabei besonders kritisch zu sehen sind.

1.1. Die Problematik der optimalen Produktgestaltung

Durch das fortlaufende Zusammenwachsen nationaler Marktwirtschaften entsteht ein globaler Wettbewerb der den Konkurrenzdruck auf die einzelnen Unternehmen verstärkt. Diese sind daher gezwungen, ihr Leistungsprogramm ständig in Frage zu stellen und ältere Produkte rechtzeitig durch Innovationen zu ersetzen, bzw. die Produktlebensdauer durch modifizierte Produktgestaltung möglichst zu verlängern.[3] Dies erweist sich in der Praxis als ein komplexer Prozess der viel Zeit und Arbeitsaufwand beansprucht. Das Risiko, einen Misserfolg zu landen ist dabei sehr hoch, was die hohe Versagerquote von Neuprodukteinführungen belegt.[4] Die Hauptgründe für das Scheitern von Produkteinführungen sind meist mangelhafte Orientierung an den Wünschen und Bedürfnissen der Konsumenten, sowie ihre unzureichende Differenzierungsfähigkeit.[5]

Es stellt sich daher für jedes Unternehmen zwangsläufig die Frage, wie es seine Produktgestaltung so nah und individuell wie möglich an den Kundenbedürfnissen orientiert und umsetzt, um durch die so gewonnenen Wettbewerbsvorteile dauerhaft am Markt zu bestehen. Um das Risiko von Fehlentwicklungen zu reduzieren, bzw. die Erfolgswahrscheinlichkeit von Produktinnovationen zu erhöhen, empfiehlt es sich, abnehmer- und konkurrenzbezogene Informationen bereits in den Frühphasen einer systematischen Produktkonzeptentwicklung zu integrieren.[6]

1.2. Die Conjoint-Analyse als Möglichkeit zur Präferenzmessung

Hierzu eignet sich die Conjoint-Analyse[7], die als Methode der Dependenzanalysen kategorisiert ist.[8] Mit ihr kann untersucht werden, wie einzelne Merkmale bzw. Merkmalsausprägungen (unabhängige Variablen) eines Produktes zum Gesamtnutzen (abhängige Variable) dieses Produktes für die Kunden beitragen. „Ziel der quantitativen Analyse ist es, insbesondere ausgehend von der Präferenzmessung die Erfolgsaussichten alternativer Produktkonzepte auf dem Markt (Prognose des Marktpotentials) zu bestimmen.“[9]

Der Erfolg oder Nichterfolg eines neu zu entwickelnden Produktes ist daher abhängig von den – für jeden Konsumenten individuellen – Bedeutungsgewichten der durch den Anbieter im Rahmen der Produktgestaltung zu bestimmenden Produkteigenschaftsausprägungen. Die Verwirklichung des Zieles der optimalen Produktgestaltung fordert also die Erlangung von Kenntnissen über die Höhe dieser Bedeutungsgewichte, die der einzelne Verwender den einzelnen Ausprägungen der Produkteigenschaften beimisst.[10]

Definiert wird die Conjoint-Analyse als eine „Reihe von multivariaten Untersuchungsansätzen, die auf unterschiedlichen Wegen versuchen, den Zusammenhang zwischen der Gesamtbeurteilung von Objekten und den sie definierenden Objektmerkmalen zu bestimmen.“[11]

Im Zusammenhang mit Marketing wurde die Conjoint-Analyse erstmals 1971 durch Green / Rao erwähnt und seit dieser Zeit für eine Vielzahl von Problemstellungen angewendet.[12] Gerade durch die seitdem stark angestiegenen Möglichkeiten dieses Verfahren auch durch Computergestützte Programme anzuwenden, macht die Conjoint-Analyse für Unternehmen zu einem wertvollen und praktikablen Marktforschungsinstrument.

2. Der Begriff der Präferenz

Zentraler Bestandteil der Conjoint-Analyse ist die Messung von Kundenpräferenzen hinsichtlich verschieden möglicher Produktvariationen. Eine Präferenz ist eine von einer Person, aus zwei oder mehreren Möglichkeiten, bevorzugte Alternative.[13] Natürlich sind diese Präferenzen subjektiv geprägt und schwanken in der Regel stark zwischen den Individuen. Die Präferenzen der Kunden werden durch bestimmtes Entscheidungsverhalten, aber auch durch deren Äußerungen offenbart. Man spricht in diesem Zusammenhang auch von den „Indikatoren“ der Kundenpräferenz. Dementsprechend misst man die Präferenz auch durch Beobachtung von Entscheidungsverhalten oder wie bei der Conjoint-Analyse durch die Befragung.

Unterscheiden lassen sich Präferenzen in drei Kategorien, denen in der Fachliteratur drei so genannte „Nutzenmodelle“ zugrunde gelegt werden.

Mit dem „Idealpunktmodell“ wird unterstellt, dass es eine optimale Ausprägung gibt.[14] Beispielsweise ein bestimmter Anteil Kohlensäure bei einem Mineralwasser. Das Extrem ist hier jeweils von Nachteil, zumindest für die Mehrzahl der Personen.

Das „Idealvektormodell“ beinhaltet die Aussage, dass umso mehr einer Ausprägung als umso besser empfunden wird.[15] Als Beispiel kann hier die Motorleistung oder die Sparsamkeit im Benzinverbrauch bei einem Kraftfahrzeug genannt werden. Die Unterstellung eines linearen Verlaufs bildet allerdings eine grobe Vereinfachung, die nur in einem begrenzten Bereich zulässig ist.[16]

Das „Teilnutzenmodell“ ist hingegen flexibel aufgebaut. Bei diesem Modell kann kein bestimmter Funktionsverlauf zwischen den Merkmalsausprägungen und den Teilnutzenwerten unterstellt werden.[17] Jede Merkmalsausprägung kann unterschiedliche Präferenzwirkungen der Individuen hervorrufen. Dies ist vor allem der Fall bei nominal skalierten Merkmalen, wie zum Beispiel bei Markennamen. Aber auch bei diskreten und stetigen Merkmalen anwendbar.[18] Allerdings führt diese Flexibilität der Präferenzen zu einer hohen Zahl zu schätzender Parameter.[19]

3. Anwendung der Conjoint-Analyse

Die Ergebnisse, die aus der Befragung von Testpersonen mittels der Conjoint-Analyse erzielt werden, können Marketingentscheidungen in vielen Bereichen unterstützen:

3.1. Produktgestaltung

„In der neueren Marketingliteratur hat sich weitgehend die Auffassung durchgesetzt, Produkte als Bündel von Eigenschaften zu definieren, die ein Anbieter zusammenstellt, um damit die Wünsche und Bedürfnisse tatsächlicher oder potentieller Abnehmer zu befriedigen.“[20]

Wie bereits erwähnt, erleichtert die Conjoint-Analyse die Entscheidungsfindung für die optimale Gestaltung von Neuprodukten, sowie für die Überarbeitung (Relaunches) von bereits bestehenden Produkten. Im Mittelpunkt der Überlegungen steht dabei die Zusammenstellung aller Produkteigenschaften zu einem, für den Konsumenten möglichst hohen Gesamtnutzen.

Die daraus gezogenen Kenntnisse können insbesondere dazu beitragen ein „Over-Engineering“ bei der Produktgestaltung zu vermeiden. Hiermit ist gemeint, dass Merkmale eines Produktes über den Punkt hinaus verbessert werden, ab dem weitere Verbesserungen keinen nennenswerten Kundennutzen mehr (wohl aber nennenswerte Zusatzkosten) bewirken.[21] Produkteigenschaften die vom Kunden nicht wahrgenommen werden, für ihn nicht als wichtig erachtet werden oder nicht dauerhaft erhalten werden können, werden zu keinem Wettbewerbsvorteil für das Unternehmen führen.[22]

Zur Verdeutlichung dieser Problematik dient die so genannte Wettbewerbsvorteilsmatrix[23], die beispielsweise auch zur Festlegung der in der Conjoint-Analyse zu untersuchenden Merkmalsausprägungen nützlich sein kann.[24] In dieser Matrix wird die eigene relative Leistung, also die eigene Produktleistung im Vergleich zum stärksten Konkurrenten, in Bezug gesetzt zu der relativen Wichtigkeit der einzelnen Produktmerkmale. Alle Angaben ergehen aus einer Kundenbefragung und spiegeln somit die subjektive Sichtweise des Konsumenten bezüglich seiner Produktanforderungen und wahrgenommener Leistung verschiedener Anbieter wider, die allerdings für dessen Kaufentscheidung die entscheidende ist. So entsteht ein Idealprofil, mit Produkteigenschaften die der Kunde als mehr oder weniger wichtig anerkennt. Ein Unternehmen sollte überlegene Leistungen bei wichtigen Kundenanforderungen erbringen, daraus entstehen strategische Wettbewerbsvorteile, die unterdurchschnittliche Leistungen in weniger wichtigen Faktoren akzeptabel machen. Einsparpotential besteht bei jenen Produkteigenschaften, die zwar als sehr qualitativ erachtet werden, denen vom Abnehmer aber keine größere Bedeutung beigemessen wird. Die Unternehmensleistung kann hier als „zu gut“ (weil zu hoher Unternehmensaufwand im Verhältnis zur geringen Attraktivität für Kunden) bezeichnet werden, dies ist der Fall des Produkt Over-Engineering. Konzentrieren sich Produktmerkmale die als wichtig erachtet werden unter den Qualitätsansprüchen des Kunden besteht für das Unternehmen ein strategischer Wettbewerbsnachteil und erhöhter Handlungsbedarf zur Qualitäts- und/oder Imageverbesserung. Ein Produkt ohne mindestens einen nennenswerten Wettbewerbsvorteil kann nicht dauerhaft am Markt bestehen.[25]

Durch die Conjoint-Analyse wird es möglich, die Veränderung des Kundennutzens abzuschätzen, wenn einzelne Produktmerkmale variiert werden, ohne dies auf dem Realmarkt austesten zu müssen. Ein Produkt kann also durch die Erkenntnisse der Conjoint-Analyse bereits vor der Markteinführung so gut wie möglich auf die Idealvorstellung des Kunden abgestimmt werden.

3.2. Preisbildung

Für die Preisgestaltung kann die Conjoint-Analyse ebenfalls wichtige Informationen liefern. Beispielsweise kann untersucht werden, wie viel mehr die Kunden bereit sind zu zahlen, wenn bestimmte Mehrleistungen erbracht werden, oder bestimmte (konkurrierende) Produkteigenschaften verändert werden.

Bekanntlich ist die Preisfindung mittels direkter Kundenbefragung zwar einfach und kostengünstig, allerdings ist die Validität dieses Ansatzes eingeschränkt. Typisch für die direkte Befragung ist die Fragestellung nach dem wahrscheinlichen Verhalten in Verbindung mit bestimmten Preisansätzen. Weil die Hauptthematisierung der Fragestellung dem Preis gilt, der Produktnutzen jedoch in den Hintergrund gestellt wird, wird die Aufmerksamkeit des Kunden sehr stark auf den Preisaspekt gelenkt. Dies wird in den meisten Fällen ein atypisch hohes Preisbewusstsein hervorrufen und somit die Befragungsergebnisse verzerren.[26]

Durch Anwendung der Conjoint-Analyse kann die Preisbereitschaft des Konsumenten durch indirekte Befragung ermittelt werden. „Indirekt“ bedeutet hier, dass preisbezogene Aspekte im Kontext zu Leistungsmerkmalen des betrachteten Produktes erfragt werden. Der Preis ist also nicht mehr der zentrale Gegenstand der Untersuchung, vielmehr zielt die Fragestellung auf Produktmerkmale, als die preisbildenden Faktoren des Produktes.

[...]


[1] Meffert: Marketing (1998) S.328.

[2] Vgl. Abb. 1 im Anhang.

[3] Vgl. Tscheulin: Produktgestaltung (1992) S.1.

[4] Wird in der Fachliteratur mitunter bis zu 80% benannt; vgl. Tscheulin (1992), Meffert (1998); Urban / Hauser: Marketing and Design (1980).

[5] Vgl. Becker: Analysetechniken (1988) S.492.

[6] Vgl. Urban / Hauser: Design and Marketing (1980) S.42ff.

[7] Neben dem verbreiteten Begriff Conjoint-Analyse werden in der Literatur weitgehend synonym auch die Bezeichnungen Conjoint-Measurement, Verbund-Analyse, Verbund-Messung oder auch Konjunkte Analyse verwendet. Vgl. Green / Srinivasan (1978), S. 103; Bauer, H.H./Thomas, U. (1984), S.201; Green / Tull (1982), S.447; Brockhoff / Andresen (1986), S.779.

[8] Vgl. Abb. 2 im Anhang.

[9] Mengen: Konzeptgestaltung (1993) S.65.

[10] Vgl. Tscheulin: Produktgestaltung (1992) S.3.

[11] Schubert: Produktinnovationen (1991) S.132 f.; Backhaus: Analysemethoden (1989) S.345

[12] Vgl. Schubert: Produktinnovationen (1991) S.133; Green / Rao: Conjoint Measurement (1971) S.355 ff.

[13] Vgl. Hamman / Erichson: Marktforschung (2000) S.37.

[14] Vgl. Abb. 3 im Anhang

[15] Vgl. Abb. 4 im Anhang

[16] Vgl. Hammann / Erichson: Marktforschung (2000) S.387.

[17] Vgl. Abb. 5 im Anhang

[18] Vgl. Mengen: Konzeptgestaltung (1993) S.77; Schweikl (1985) S.29.

[19] Vgl. Green/Srinivasan: Conjoint Analysis (1990) S.4.

[20] Schubert: Produktinnovationen (1991) S.19; Die Idee, dass Konsumenten nicht Produkte (Güter), sondern Eigenschaftsbündel kaufen, wurde von Lancaster formuliert. Vgl. Lancaster: Consumer Demand, (1971), S.7.

[21] Vgl. Homburg / Krohmer: Marketingmanagement (2003), S.298.

[22] Vgl. Meffert: Marketing (1998), S.258.

[23] Vgl. Abb. 6 im Anhang.

[24] Mengen, Seminar „Unternehmensführung" (2003)

[25] Mengen, Seminarunterlagen „Unternehmensführung“ (2003).

[26] Vgl. Homburg / Krohmer: Marketingmanagement (2003) S.577; dazu auch Simon: Preismanagement (1992).

Ende der Leseprobe aus 29 Seiten

Details

Titel
Produkttests mit Conjoint Measurement
Hochschule
Hochschule Koblenz (ehem. FH Koblenz)
Note
1,0
Autor
Jahr
2004
Seiten
29
Katalognummer
V26703
ISBN (eBook)
9783638289580
Dateigröße
776 KB
Sprache
Deutsch
Anmerkungen
Die Ausarbeitung umfasst zum einen die theoretischen und mathematischen Grundlagen der Conjoint Analyse. Desweiteren wird der Aufbau als auch die verschiedenen Anwendungsgebiete ausführlich behandelt. Alle Ausführungen sind verständlich erläutert und logisch aufgebaut.
Schlagworte
Produkttests, Conjoint, Measurement
Arbeit zitieren
Timo Podgorski (Autor:in), 2004, Produkttests mit Conjoint Measurement, München, GRIN Verlag, https://www.grin.com/document/26703

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