Am 3. Juli 2001 veröffentlichte die Europäische Kommission ihre Entscheidung, die geplante Fusion
der US-Unternehmen General Electric (GE) und Honeywell für unvereinbar mit dem Gemeinsamen
Markt zu erklären1. Nach der Bekanntgabe als auch schon im Vorfeld der Entscheidung regte sich auf
beiden Seiten des Atlantiks harsche Kritik am Vorgehen der EU-Behörde2, insbesondere da die
Kommission damit erstmalig3 ein von der zuständigen Antitrust-Abteilung des US-amerikanischen
Justizministeriums (DoJ) bereits unter geringen Auflagen genehmigtes Vorhaben4 untersagte.
In der daraufhin entstandenen Diskussion vertreten viele Autoren die Meinung, diese Entscheidung
der Kommission stelle einen Wendepunkt von der bislang angestrebten europäisch-amerikanischen
Kooperation in der Fusionskontrollpraxis dar oder entblöße bislang übersehene fundamentale
Unterschiede zwischen den jeweiligen rechtlichen Regelungen5, obwohl doch auf allen Seiten
Einigkeit über die Notwendigkeit der Konvergenz besteht6.
Diese Arbeit soll die Hintergründe und tatsächliche Bedeutung des Konfliktfalls beleuchten und
klären, welche Konsequenzen sich daraus für die Entwicklung der bilateralen Kontrolle von
Unternehmenszusammenschlüssen ergeben. Zunächst soll ein sehr knapper Überblick über die
Ansätze und Ursprünge sowohl der US-amerikanischen als auch der europäischen Fusionskontrolle
das Verständnis der Argumentationen erleichtern. Daran anschlie ßend folgt eine Gegenüberstellung
der Ergebnisse der jeweiligen Wettbewerbsbehörden und eine Herausarbeitung der wesentlichen
Unterschiede und ihrer theoretischen Hintergründe, deren Bedeutung im Licht der verschiedenen
Meinungen und Analysen der Literatur reflektiert wird. Abschließend soll der Versuch gemacht
werden, auf Basis dieser Ergebnisse die direkten Konsequenzen des GE/Honeywell-Konflikts für die
(nahe) Zukunft der transatlantischen Zusammenarbeit einzuschätzen.
1 Vgl. Europäische Kommission (2001a).
2 Vgl. Reynolds/Ordover (2002) : S.171; Condomines (2001): S.1; Vgl. Platt Majoras (2001): S.2
3 Vgl. Schmitz (2002): S.326.
4 Schon am 2. Mai 2001 - Vgl. Platt Majoras (2001): S.3
5 Vgl. Horton/Schmitz (2002): S.21, 24; Evans (2002): S.1; Patterson/Shapiro (2001): S.1f.; Reynolds/Ordover
(2002): S. 172.
6 Vgl. James (2001): S.5;
Inhaltsverzeichnis
- Einleitung / General Electric/Honeywell als historischer Konfliktfall?
- Einführung in die Grundlagen der europäischen und US-amerikanischen Fusionskontrolle
- Fusionskontrolle in den Vereinigten Staaten
- Historische Entwicklung und rechtliche Grundlagen
- Institutionen und Verfahren
- Fusionskontrolle in der Europäischen Union
- Historische Entwicklung und rechtliche Grundlagen
- Institutionen und Verfahren
- Entwicklung der europäisch-amerikanischen Kooperation
- Der Fall General Electric/Honeywell
- Details und zeitlicher Ablauf
- Marktabgrenzungen
- Produktmärkte
- Geographische Märkte
- Die Entscheidung der US-Behörde
- Marktstruktur vor der Fusion
- Angebote der Unternehmen
- Fazit
- Die Entscheidung der EU-Kommission
- Marktstruktur vor der Fusion
- Märkte für Strahltriebwerke
- Märkte für Triebwerkanlasser
- Märkte für Avionik
- Folgen der Fusion
- Märkte für Strahltriebwerke
- Märkte für Triebwerkanlasser
- Märkte für Avionik
- Angebote der Unternehmen
- Fazit
- Einschätzung der unterschiedlichen Ergebnisse
- Theoretische und politische Kritik
- Efficiency Defense
- Range- bzw. Portfolio-Effects und die Bundling-Hypothese
- Der Einfluß von GE Captial
- Der GECAS-Hebel
- Marktausschlusstheorien
- Industrie- und Strukturpolitik
- Rechtliche, institutionelle und Verfahrensunterschiede
- Unterschiedliche Personalstrukturen
- Effektivität der „Checks and Balances“
- Transparenz
- Bewertung der Divergenzen und Reaktionen der Behörden
- Exkurs: Die Reform der europäischen Fusionskontrolle
- Fazit / Konsequenzen für die europäisch-amerikanische Fusionskontrolle
Zielsetzung und Themenschwerpunkte
Diese Arbeit befasst sich mit dem Konfliktfall der Fusion zwischen General Electric (GE) und Honeywell im Jahr 2001, der einen Wendepunkt in der europäischen und US-amerikanischen Fusionskontrollpraxis markierte. Die Arbeit analysiert die unterschiedlichen Ergebnisse der Wettbewerbsbehörden in den USA und der EU und beleuchtet die theoretischen und rechtlichen Unterschiede, die zu diesen Divergenzen führten.
- Die historisch gewachsenen Unterschiede in der europäischen und US-amerikanischen Fusionskontrollpraxis
- Die unterschiedlichen Entscheidungen der US-amerikanischen und europäischen Wettbewerbsbehörden im Fall GE/Honeywell
- Die theoretischen und politischen Hintergründe der divergierenden Entscheidungen
- Die Auswirkungen des GE/Honeywell-Konflikts auf die zukünftige Entwicklung der transatlantischen Zusammenarbeit in der Fusionskontrolle
- Die Bedeutung des Falls GE/Honeywell für die Diskussion über die Reform der europäischen Fusionskontrolle
Zusammenfassung der Kapitel
- Die Einleitung stellt den Fall GE/Honeywell als historischen Konfliktfall in der europäisch-amerikanischen Fusionskontrollpraxis vor und skizziert den Aufbau der Arbeit.
- Das zweite Kapitel bietet einen Überblick über die Grundlagen der europäischen und US-amerikanischen Fusionskontrolle, indem es die historische Entwicklung und rechtliche Grundlagen sowie die Institutionen und Verfahren beider Rechtsräume darstellt.
- Kapitel drei fokussiert auf den Fall GE/Honeywell. Es werden die Details des Zusammenschlusses, die Marktabgrenzungen, die Entscheidungen der US-amerikanischen und europäischen Wettbewerbsbehörden sowie deren Begründung und Hintergründe präsentiert.
- Kapitel vier beleuchtet die unterschiedlichen Ergebnisse der Entscheidungen und analysiert die theoretischen und politischen Kritikpunkte sowie die rechtlichen, institutionellen und verfahrensmäßigen Unterschiede zwischen den beiden Rechtsräumen.
Schlüsselwörter
Die Arbeit befasst sich mit den Themen Fusionskontrolle, Wettbewerbspolitik, transatlantische Zusammenarbeit, General Electric, Honeywell, US-amerikanische Fusionskontrolle, europäische Fusionskontrolle, Marktstruktur, Marktmacht, Efficiency Defense, Marktausschlusstheorien, Portfolio-Effects, Bundling-Hypothese, GECAS, Checks and Balances, Transparenz, Reform der europäischen Fusionskontrolle.
- Citar trabajo
- Grischa Pollmeier (Autor), 2002, Das Fusionsvorhaben General Electric/Honeywell als Konfliktfall zwischen US-amerikanischer und europäischer Fusionskontrolle, Múnich, GRIN Verlag, https://www.grin.com/document/26738