Warum eine Heranführung an den Kapitalismus als Wirtschafts- und Sozialsystem mit dem Fokus auf dessen neoliberale Ausgestaltung in einer sozialpädagogischen Arbeit? E. Altvater folgend, impliziert die Auseinandersetzung mit dem Kapitalismus nicht zwangsläufig eine wirtschaftswissenschaftliche bzw. kapitalismustheoretische Betrachtung. Sondern eben auch eine Beschreibung des real existierenden Kapitalismus – als soziales System und dessen individuellen und kollektiven Auswirkungen: „Denn mit der Abhängigkeit vom Marktgeschehen wird soziale Unsicherheit zum Begleiter des Lebens der sozialen Klasse der Lohnabhängigen. Eine gewisse Sicherheit ist nur durch Geld- und Kapitalvermögen, nicht durch Arbeitsvermögen zu erreichen, es sei denn durch sozialstaatlichen Schutz.“
Diese Arbeit folgt den Ausführungen Wilhelm Heitmeyers bzw. Elmar Altvaters, dass soziale als auch politische Prozesse eng mit ökonomischen Notwendigkeiten verwoben sind – und zwar jenen, die der real existierende Kapitalismus als soziales System definiert. Folglich wird der Ökonomie in dieser Arbeit ein zentraler Platz eingeräumt. Gesellschaftliche Prozesse und gesellschaftliche Veränderungen, bis hin zu ihren Ausformungen im Subjektiven bzw. Individuellen, können nur erläutert werden, wenn die ökonomischen Rahmenbedingungen, in denen sie gebettet sind, in diesem Fall die des Kapitalismus, mitgedacht werden. Folgende Fragestellungen führen daher durch die Arbeit:
Welche wirtschaftlichen Mechanismen und Intentionen sind vor dem Hintergrund einer globalisierten Ökonomie erkennbar und wie wirken sich diese auf die Instanzen gesellschaftlicher Integration, Arbeitswelt und soziale Sicherungssysteme aus?
Welche Logiken bestimmen die Organisation und die Ausrichtung der sozialen Sicherungssysteme, welche die der Arbeitswelt? Hierbei wird beachtet, dass beide Instanzen als zentrale Integrationsbereiche in Gesellschaft verstanden werden können.
Welche Lebensrealitäten schaffen die in bzw. die durch Arbeitswelt, Gesellschaft und in den sozialen Sicherungssystemen etablierten bzw. eingeforderten Wertemuster und wie wirken sich diese auf kollektive und subjektive Einstellungen aus?
Inhaltsverzeichnis
- Abkürzungsverzeichnis
- Einleitung
- Der Keynesianismus und die Etablierung des modernen Sozialstaates
- Das Ende des Wachstums - das Erstarken des Neoliberalismus
- Exkurs: Die neoliberale Ideologie
- Der Markt hat System
- Das neoliberale Gesellschafts- und Menschenbild
- Das neoliberale Staatsverständnis
- Wohlfahrtsstaat und Neoliberalismus
- Fazit und Auswirkungen
- Die neoliberale Globalisierung
- Die ökonomische Globalisierung
- Zwei Makrotrends der Globalisierung
- Entgrenzung
- Fragmentierung
- Kontrollverluste
- Die Arbeitswelt im globalisierten Kapitalismus
- Die Neuorganisation der Arbeitsverhältnisse
- Normalerwerbsbiografie und atypische Beschäftigungsverhältnisse
- Der Kontroll- und Machtmechanismus in Produktions- und Arbeitsverhältnissen des neuen Kapitalismus
- Sozialpolitik und die sozialen Sicherungssysteme
- Sozialpolitik im Schatten der Globalisierung
- Die Agenda 2010
- Die Sozialgesetzgebung der Agenda 2010
- Die Hartz I — IV Gesetzgebung
- Fazit
- Der Geist des neoliberalen Kapitalismus
- Die gesellschaftliche Dominanz ökonomischer Normen
- Deutsche Zustände — Aspekte der Gruppenbezogenen Menschenfeindlichkeit
- Die Mitte — Studien: Die Erosion der Mitte
- Die gesellschaftliche Dominanz ökonomischer Normen
- Schlussbetrachtung
- Literatur- und Quellenverzeichnis
Zielsetzung und Themenschwerpunkte
Die vorliegende Arbeit untersucht die desintegrativen Mechanismen des neuen Kapitalismus, die aus der Dominanz ökonomischer Normen resultieren. Sie analysiert die gesellschaftlichen Auswirkungen dieser Entwicklungen, insbesondere auf die Arbeitswelt und die sozialen Sicherungssysteme in der Bundesrepublik Deutschland. Die Arbeit greift dabei auf die Theorien des Neoliberalismus und der Globalisierung zurück, um die Ursachen und Folgen der aktuellen Entwicklungen zu erklären.
- Die Transformation der Arbeitswelt im globalisierten Kapitalismus
- Die Erosion des Sozialstaates und die Einführung des aktivierenden Sozialstaates
- Die Auswirkungen der neoliberalen Globalisierung auf gesellschaftliche Integrations- und Desintegrationsprozesse
- Die Verbreitung von Gruppenbezogener Menschenfeindlichkeit (GMF) als Folge der ökonomischen Dominanz
- Die Erosion der „Mitte" der Gesellschaft und das Erstarken von antidemokratischen Einstellungen
Zusammenfassung der Kapitel
Die Einleitung stellt die Relevanz des Themas durch die Analyse der aktuellen Entwicklungen der Einkommens- und Vermögensverteilung in Deutschland dar. Sie zeigt auf, dass die wachsende Schere zwischen Arm und Reich ein zentrales Problem der Gesellschaft darstellt, das im Zusammenhang mit dem neuen Kapitalismus zu sehen ist.
Kapitel 2 behandelt die Etablierung des modernen Sozialstaates im Rahmen der keynesianisch-fordistischen Kapitalismusära. Es wird die Rolle des Staates bei der Stabilisierung der Wirtschaft und der Integration der Massen in die Gesellschaft erläutert. Die hohe Akzeptanz des Systems in den Nachkriegsjahrzehnten ist auf die hohen Wirtschaftswachstumsraten und die Umverteilung von Wohlstand durch den Sozialstaat zurückzuführen.
Kapitel 3 beleuchtet die neoliberale Ideologie als Reaktion auf die Krise des keynesianischen Modells in den 1970er Jahren. Es werden die zentralen Theorien von Friedrich August von Hayek, Milton Friedman und Gary S. Becker vorgestellt, die dem Markt eine zentrale Rolle bei der Lösung ökonomischer und sozialer Probleme zuschreiben. Der Staat soll sich im neoliberalen Verständnis auf die Sicherung des Ordnungsrahmens für den freien Markt konzentrieren.
Kapitel 4 behandelt die neoliberale Globalisierung als einen Prozess der ökonomischen Integration und Deregulierung. Es werden die Auswirkungen der Globalisierung auf die Rolle des Nationalstaates und die Funktionsweise der sozialen Sicherungssysteme analysiert. Die Globalisierung führt zu einer Entgrenzung und Fragmentierung der Gesellschaft, was zu Kontrollverlusten und sozialen Desintegrationsprozessen führt.
Kapitel 5 untersucht die Arbeitswelt im globalisierten Kapitalismus. Es wird die Neuorganisation der Arbeitsverhältnisse durch Flexibilisierung, Prekarisierung und die Zunahme atypischer Beschäftigungsverhältnisse beschrieben. Die Auswirkungen dieser Entwicklungen auf die Normalerwerbsbiografie und die Entstehung eines neuen Macht- und Kontrollmechanismus werden analysiert.
Kapitel 6 beleuchtet die Sozialpolitik und die sozialen Sicherungssysteme im Schatten der Globalisierung. Es werden die Reformen der Agenda 2010 und die Einführung der Hartz-Gesetze als Ausdruck der neoliberalen Umgestaltung des Sozialstaates dargestellt. Die Folgen dieser Reformen für die Leistungsempfänger und die Finanzierung der sozialen Sicherungssysteme werden analysiert.
Kapitel 7 beschreibt den Geist des neoliberalen Kapitalismus und dessen Auswirkungen auf die Gesellschaft. Es werden die Ergebnisse der Deutschen Zustände-Studien und der Mitte-Studien vorgestellt, die aufzeigen, wie die ökonomische Dominanz zu Gruppenbezogener Menschenfeindlichkeit und dem Erstarken rechtsradikaler Einstellungen führt.
Schlüsselwörter
Die Schlüsselwörter und Schwerpunktthemen des Textes umfassen den Neoliberalismus, die ökonomische Globalisierung, die Transformation der Arbeitswelt, die Prekarisierung, die Erosion des Sozialstaates, die Agenda 2010, die Hartz-Gesetze, die Gruppenbezogene Menschenfeindlichkeit (GMF) und die Erosion der „Mitte" der Gesellschaft. Die Arbeit analysiert die desintegrativen Mechanismen des neuen Kapitalismus, die aus der Dominanz ökonomischer Normen resultieren und die Auswirkungen dieser Entwicklungen auf die Arbeitswelt und die sozialen Sicherungssysteme in der Bundesrepublik Deutschland.
- Citation du texte
- Jens Wolfer (Auteur), 2013, Die desintegrativen Mechanismen des neuen Kapitalismus, Munich, GRIN Verlag, https://www.grin.com/document/267507