Décadence und Fin de siècle im Bezug auf den Dandysmus


Dossier / Travail, 2004

18 Pages, Note: 2+


Extrait


Inhaltsverzeichnis:

1. Einleitung

2. Der Begriff des Fin de Siècle
2.1 begriffsgeschichtlich und
2.2 kulturhistorisch erläutert

3. Décadence begriffsgeschichtlich erläutert

4. Die kulturhistorischen und literaturhistorischen Stufen der 7 Décadence die Décadenceliteratur
4.1 vor dem Fin de siècle
4.2 innerhalb des Fin de siècle
4.3 in Deutschland

5. Der Bezug der Décadenceliteratur zum Dandysmus

6. Schlussbetrachtung

7. Literaturverzeichnis

1. Einleitung

Die hier vorliegende Arbeit beschäftigt sich mit den Begriffen der „Décadence“ und des „Fin de siècle“ und wird diese jeweils kultur- und literaturhistorisch betrachten. Als Quellenangaben dienen hier größtenteils Lexikonartikel und Wörterbücher, bzw. Nachschlagewerke. Ein großer Teil der Arbeit wird der „Décadenceliteratur“ gewidmet und setzt hier die Schwerpunkte vor der Zeit des Fin de siècle und währenddessen. Hierbei wird ein besonderes Augenmerk auf die deutsche Décadenceliteratur geworfen.

Abschließend wird der Dandysmus und die daraus resultierende Literatur in den Kontext der Décadenceliteratur gebracht und dort werden einige Parallelen, aber auch Unterschiede herausgearbeitet.

2. Fin de siècle

2.1 Begriffsgeschichtlich erläutert

Als Fin de siècle wird die gesamteuropäische Epoche des Übergangs vom 19. zum 20. Jh. bezeichnet. Es herrscht eine gewisse Gleichheit von Endzeitstimmung und Modernitätsbewusstsein. Der Begriff ist nicht speziell auf die oder das letzte(n) Jahr(e) des 19. Jh. festgelegt, sondern bezieht sich auf die Zeit um die Jahrhundertwende.[1]

Es kommt von der lateinischen Formulierung „finis saeculi“, die das Ende der Weltzeit überhaupt meint. Dies ist um 1900 zwar nicht der Sinn der “Formel Fin de siècle“, aber das Wort empfängt von dieser Vorgeschichte her eine gewisse Aura, einen Beiklang von Weltuntergang, der nicht ernst gemeint ist, aber den Stimmungswert des Modeworts pathetisch erhöht.[2]

Der Begriff tauchte erstmals in seiner heute gebräuchlichen Form 1886 in Emile Zolas Roman „L`Euvre“ auf, und wurde im ersten Jahrgang der Zeitung „Le Décadent“ 1886 verwendet. Zuvor war er aber schon 1883 im Argotwörterbuch von Barrére aufgeführt, aber nicht als eigenständiger Begriff, sondern nur als Synonym mit Dandy.[3] Sogar in Gedichten von Arno Holz wurde der Passus verwendet, oder in Oscar Wildes „Dorian Gray“, daran sieht man, dass Fin de siècle nicht nur auf einen engeren Umkreis der literarischen Décadence beschränkt blieb.[4] Darauf wurde es zum Modewort und hatte sich bis 1894 durch ganz Europa verbreitet.

2.2 Die kultur- und literaturhistorischen Stufen der Décadence

Von Beginn an verbindet sich beim Fin de siècle die allgemeine Vorstellung vom Niedergang des ganzen Zeitalters, politisch, gesellschaftlich, kulturell und moralisch.

Auch in den vertretenen Kunstrichtungen des Fin de siècle lässt sich die Zwiegesichtigkeit dieser Epoche gut erkennen, da steht z.B. der Naturalismus (1880-1900)[5] dem Symbolismus oder Impressionismus (Gegenströme des Naturalismus 1890-1920)[6] gegenüber.[7] Eine dominierende Bedeutung in diesem Stilpluralismus wird jedoch dem Jugendstil zugesprochen.[8] Das Janusköpfige des Fin de siècle Phänomens erscheint auch noch in weiteren kontrastierenden Begriffspaaren, hier einige zur besseren Erläuterung:

Morbidität – Vitalismus

Fortschrittsglaube – Zukunftspessimismus

Realismus – Neuromantik, Lyrismus[9]

Die Künstler der Décadence Literatur wurden der Fin de Siècle Bewegung zugeordnet, Huysmans Roman „A Rebours“ gilt als das herausragende Standardwerk des Fin de siècle, und sein Protagonist als Dandy par exellence. Im Grunde befinden sich alle Romanfiguren Huysmans in einem besonderen Spannungsverhältnis zur Umwelt; sind auf der Suche nach etwas Neuem, ohne dabei aber eine Aktivität zu entwickeln. Die Selbstbeobachtung ist für alle bezeichnend und somit auch ein typisches Phänomen des Fin de siècle. Im Bereich der deutschsprachigen Literatur werden die Anregungen des französischen Fin de siècle zuerst durch Autoren des „Jungen Wien“ umgesetzt.[10] Als gemeinsames Credo der Literatur im Fin de siécle könnte man die folgenden Zeilen betrachten: „Ein künstliches Leben oder ein Leben in fernen Zeiten wirkt wie der Balsam, der über die schlechte Gegenwart hinweghelfen soll.“[11]

Bezeichnend für die Menschen um 1900 ist auch ein ständiges, immer wachsendes Bedürfnis, die eigene Gegenwart, ihre eigene geschichtliche Situation zu verstehen, um in ihrer Lebensgestaltung dem nahe kommen zu können, was „heute gefordert, was notwendig und zeitgemäß ist“. Am genauesten beschreibt Hugo von Hofmannsthal die Décadence des Fin de siècle in seinem Essay über d`Annunzio von 1893. Er beginnt mit der Erkenntnis, zu den „Spätgeborenen“ zu gehören, zu den nervenschwachen Söhnen lebenskräftiger Vorfahren. Sie genießen die vergangene Kunst und Schönheit, sehen aber in ihrer Gegenwart nur „öde Wirklichkeit“. Die Zweiwertigkeit des Fin de siècle ist repräsentativ für diese Epoche, erst beides zusammen, Endzeitstimmung und Aufbruchswillen macht die innere Struktur dieses Phänomens aus. Mit einer naiv anmutenden Ungeduld wurde das 20. Jh. erwartet, so als sei mit der wechselnden Datierung schon eine ganz neue geschichtliche Phase verwirklicht.[12]

3. Décadence

Das französische Wort Décadence ist abgeleitet vom lateinischen decadere und bedeutete dort zer- bzw. herabfallen; im deutschen Fremdwörterbuch wird ihm heute folgende Bedeutung zugesprochen: kultureller, sittlicher Verfall, Niedergang und Lasterhaftigkeit.[13] Daneben bezeichnete man seit dem 18 Jh. auch den Sonnenuntergang als Décadence, was im Hinblick auf die symbolische Bedeutung des Sonnenuntergangs in der Literatur um die Jahrhundertwende interessant erscheint.[14]

In französischen Texten ist das Wort als Substantiv bis 1413 zurückzuverfolgen, adjektivisch verwendet taucht es 1516 erstmalig auf. Der Begriff Décadence/Dekadenz hat bis in die heutige Zeit aber eine außerordentliche konzeptuelle Erweiterung erfahren, auf die später noch eingegangen wird.

Von Décadence war zuerst mit einem umfassenden Naturbezug und ohne Wertung die Rede, die Wurzeln dieses weiten Gebrauchs waren die antiken Zeitalter-, Niedergangs- und Kreislaufkonzeptionen. Der Naturbegriff war durch Verfalls- und Kreislaufvorstellungen strukturiert, d. h. Geburt, Wachstum, Alter, Tod. Die Décadence war also erst einmal mehrere Jahrhunderte zyklisch gefangen. Im 17. Jahrhundert konzentrierte sich die Bedeutung der Décadence auf den Verfall weltlicher Reiche und Macht. Erneut beschäftigten sich die Menschen mit dem Fall des römischen Reiches, und in diesem Zusammenhang spielt der Décadence Begriff eine zentrale Rolle. Dabei wird nur nicht der politische Verfall beklagt, sondern auch der moralische, ausgelöst durch übergroßen Luxus und sexuelle Ausschweifungen.[15] Etwa um 1780 war dann die Funktion von Décadence zur Strukturierung von Geschichte überholt, sie wurde fortan durch Epochenbegriffe gegliedert. Im kommenden Zeitalter des Fortschritts konnte der Verfall nicht mehr als etwas natürliches akzeptiert werden, fortan wurde die Zivilisation als ein widernatürlicher Zustand betrachtet und „als solcher mitsamt seinen kulturellen Errungenschaften, seiner Verfeinerung des Lebens, der Differenzierung der Formen, der Rationalisierung des Weltbildes und seiner Wissenschaftsgläubigkeit als Verfall bewertet. Dieser Kulturpessimismus, der durch die französische Revolution neue Nahrung erhält, ist für die inhaltliche Fülle des Begriffs Décadence von entscheidender Bedeutung.“[16] Die Décadence avancierte zu einem endgültigen Begriff – Modernisierung oder Verfall, Sein oder Nichtsein, dazwischen gab es keinen Spielraum mehr.

Ab dem 17./18. Jh. wurde der zyklische Décadence Begriff auch für künstlerische Werke genutzt, quasi der erste Schritt in die Richtung eines ästhetischen Décadence Verständnisses. Ab ca. 1830 war Décadence dann als, - zwar immer noch negativer -, Stilbegriff anzusehen. Er wurde im Rahmen der Rhetorik verwendet und sein Hauptmerkmal war der Bruch mit dem Naturschönen und der Vernunft zugunsten einer überfeinerten Künstlichkeit.[17]

Von diesem Zeitpunkt an verlor sich immer mehr die ursprüngliche Bedeutung von Décadence und sie sollte in kürzester Zeit zum entscheidenden ästhetischen Stilbegriff einer bestimmten literarischen Epoche werden, den „Décadents“.

[...]


[1] Vgl. Reallexikon der dt. Literaturwissenschaft, Fin de Siècle S. 602

[2] Vgl. Rasch, W., Fin de Siècle, Zu Literatur und Kunst der Jahrhundertwende, S. 32

[3] Vgl. Schalk, F., Fin de Siècle. Zu Literatur und Kunst der Jahrhundertwende, S. 3

[4] Vgl. Rasch, E., Fin de Siècle. Zu Literatur und Kunst der Jahrhundertwende, S.30 ff.

[5] Daten dt. Dichtung, Band 2, S. 457

[6] Daten dt. Dichtung, Band 2, S. 483

[7] Vgl. Schmoll, J. A., Fin de Siècle. Zu Literatur und Kunst der Jahrhundertwende, S. X

[8] Vgl. Reallexikon der dt. Literaturwissenschaft, Fin de Siècle, S.604

[9] Vgl. Schmoll, J. A., Fin de Siècle. Zu Literatur und Kunst der Jahrhundertwende, S. X

[10] Vgl. Reallexikon der dt. Literaturwissenschaft, Fin de Siècle, S. 603-605
11 Vgl. Schalk, F., Fin de Siècle. Zu Literatur und Kunst der Jahrhundertwende, S.4-8

[12] Vgl. Rasch, W., Fin de siècle, Zu Literatur und Kunst der Jahrhundertwende, S.34-45

[13] Das große Fremdwörterbuch, S.153

[14] Vgl. Sendlinger, A., S.53

[15] Vgl. Sendlinger, A., S.53

[16] Sendlinger, A., S.54

[17] Vgl. Ästhetische Grundbegriffe, Band 2, Dekadent/Dekadenz, S.1-9

Fin de l'extrait de 18 pages

Résumé des informations

Titre
Décadence und Fin de siècle im Bezug auf den Dandysmus
Université
University of Bonn  (Germanistisches Seminar)
Cours
Dandysmus, Décadence, Kitsch. Literatur und Journalismus um 1900 / um 2000
Note
2+
Auteur
Année
2004
Pages
18
N° de catalogue
V26752
ISBN (ebook)
9783638289955
ISBN (Livre)
9783640389063
Taille d'un fichier
453 KB
Langue
allemand
Mots clés
Décadence, Bezug, Dandysmus, Décadence, Kitsch, Literatur, Journalismus
Citation du texte
Stefanie Breitzke (Auteur), 2004, Décadence und Fin de siècle im Bezug auf den Dandysmus, Munich, GRIN Verlag, https://www.grin.com/document/26752

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