Leseprobe
Gliederung
I. Vorbemerkung
II. Der moderne Fundamentalismus in Ed Husains The Islamist
III. Die Konzeption des britischen Fundamentalismus in Ed Husains The Islamist (2007)
IV. Ausblick
V. Der Terrorismus des 21. Jahrhunderts
VI. Die Darstellung des islamischen Fundamentalismus nach 9/11 – John Updikes Terrorist (2006)
VII. Schlussbemerkung
VIII. Literatur
I. Vorbemerkung
Die gängige Meinung, dass der islamische Fundamentalismus ein Phänomen der Moderne ist muss als schlichtweg falsch angesehen werden. Der Islam als jüngste der drei großen Offenbarungsreligionen wurde wie das Juden- und Christentum immer wieder von fundamentalistischen Strömungen begleitet oder geprägt.[1] Gemeinsam war und ist allen religiösenAnsätzen der Versuch, Glauben radikal, eben fundamental zu leben. Als ein Nebenprodukt dieser radikalen Lebensführung entwickelt sich ein dualistisches Weltbild, das Andersgläubige ausgrenzt und die eigenen Anhänger im Sinne einer Elite markiert und dabei
sozial wie religiös ausgrenzt. Das Phänomen eines radikalen Islam lässt sich in europäischen Ländern wie Frankreich oder Großbritannien nicht nur als innerislamische Strömung festmachen, sondern wird hier von zwei weiteren Kräften beeinflusst. Die eine Ursache der massiven Zunahme radikaler Strömungen muss im Phänomen der Globalisierung gesehen werden, das Identitäten und Nationen auflöst und Religionen mit Migrationsbewegungen exportiert. Das Ergebnis ist neben einer Identitätsverunsicherung die Schaffung einer Diaspora- oder Exodus-Situation, beides ideale Nährböden für radikale Strömungen. Eine zweite Ursache für die Faszination eines radikalen Islam liegt im Verhältnis Westen I Islam, das seit Jahrhunderten unter enormen Spannungen leidet und seitens des Islam durch viele traumatische Einschnitte geprägt war. Darunter fallen die Kreuzzüge, der europäische Kolonialismus und die gegenwärtige militärische und wirtschaftliche Überlegenheit des Westens, die sich durch die rasante Dynamik der Globalisierung noch verstärkt hat. Der Fundamentalismus britischer Prägung erweist sich heute als Produkt von vielen Teilaspekten, wobei vier historische Begriffe immer wieder genannt werden. Diese sind Conquest, Commerce, Civilization und Christianity, die - betrachtet man sie neutral - allesamt heute noch aktiv sind. Es ist diese Mischung von historischen wie aktuellen Elementen, unter denen man Ed Husains Werk The Islamist (2007) und John Updikes Terrorist (2006) lesen muss. Durch den autobiografischen Hintergrund wirkt besonders The Islamist nicht nur sehr überzeugend, sondern dem Leser gelingt auch der (seltene ) Einblick in die islamische Seele vieler junger Moslems in England, die ihr Leben in der Spannung der Entscheidungsfrage positionieren müssen, die da lautet: Are we Muslims in Britain or British Muslims? John Updikes Roman Terrorist ( 2006) und Ed Husains Erstlingswerk The Islamist (2007) trennen und verbinden viele Elemente. Unterschiede lassen sich zunächst im Handlungsort (hier Amerika, da England) und den sich dort vorfindenden sozialen und politischen Rahmenbedingungen festmachen. Verbindendes findet sich im Grundansatz beider Werke, die die Entwicklung junger Männer zum militanten Islam und zum Terrorismus in den Fokus stellt.
Diese Entwicklung steht im zeitlichen Rahmen nach den Terroranschlagen des 11. September 2001 und wird bei Husain als Ein- und Ausstieg beschrieben, wahrend Updike die Entwicklung zum Fundamentalismus in den Mittelpunkt seiner Charakteranalyse stellt und die Option des Ausstiegs immer nur vage bleibt. Beide Werke überzeugen aber in der Darstellung dieser Entwicklung, da sie autobiografisch (The Islamist) und literarisch (Terrorist) packend geschrieben sind. Beiden Autoren gelingt so nicht nur ein Charakterprofil junger radikaler Moslems, sondern auch eine gesellschaftliche Reflexion des islamischen Fundamentalismus im Westen und besonders für Amerika und Großbritannien. Die Gefahr des radikalen Islam wird in diese beiden Nationen eingearbeitet und bleibt stringent vorhanden und als 'clash of civilizations' skizziert, was angesichts der weltpolitischen Entwicklung der letzten zehn bis zwölf Jahre als durchaus realistisch angesehen werden muss.
II. Der moderne Fundamentalismus in Ed Husains The Islamist
Die Darstellung des modernen britischen Fundamentalismus wird in Husains Werk an die Frage islamischer Identität in Großbritannien gekoppelt und fungiert im Roman als literarisches Leitmotiv.
Diese zentrale Frage wurde durch die Terroranschläge im Jahr 2001 national wie global neu definiert.
Die Ereignisse des 11. September 2001 und die sich daraus ergebenden politischen
Entwicklungen können durchaus als (vorläufig negativ anzusehende) Wendepunkte im Verhältnis Islam-Westen angesehen werden, da sie die gesamtpolitische Weltlage beeinflusst
haben. Die traumatischen Momente, die dieses Datum für Amerika beinhalteten, können für Großbritannien mit den Attentaten auf die Londoner U-Bahn und den Flughafen am 7. Juli 2005 verglichen werden, da die Angriffe auf zivile Objekte zunächst unerwartet kamen, jedoch als Spiegel und Reaktion auf die innen- und außenpolitische Rolle beider Staaten angesehen werden müssen.
Die Reaktion auf das aggressive Verhalten britischer Moslems reichte auf englischer wie islamischer Seite von Ohnmacht bis Verständnis und kann somit sowohl als Indiz für ein angespanntes und nie geklärtes Verhältnis beider Bevölkerungsgruppen als auch für eine
gescheiterte Integrationspolitik gelten.
In dieser Polarität muss Ed Husains autobiographisches Werk The Islamist angesiedelt werden und der sensationelle Verkauf des Buches mit über 50 000 verkauften Exemplaren im ersten Jahr lässt sich ebenfalls nur unter diesem Gesichtspunkt sehen.
Die Kritiker überschlugen sich mit Lob, was sich auch in den Buchrezensionen von Observer, The Daily Mail und The Daily Telegraph niederschlug.
Der Einfluss des Buches lässt sich aber noch besser an einer weiteren Reaktion festmachen. Diese eine findet sich in der kritischen Reflexion vieler Regierungskreise in Bezug auf den politischen Umgang mit der islamischen Minderheit und deren Radikalisierung im Sinne eines ’ home grown terrorism ‘.
Husain gelang mit seinem Buch nicht nur der Anstoß zu einer gesamtgesellschaftlichen
Diskussion, sondern er verschaffte gerade dem westlichen Leser einen Einblick in die gesellschaftliche Parallelwelt des Islam, die durch Radikalisierung besticht. Der Autor liefert dem Leser so einen authentischen, weil autobiografischen Zugang, der von objektiven Fakten begleitet wird.
Die Technik des Rückblickes und der kritischen Distanz des Autors zu seiner islamischen Vergangenheit muss aber in einem subjektiven Rahmen gesehen werden, der das Gesamtwerk bestimmt. Erinnerungen oder Memoiren bestehen literarisch auf zwei subjektiven Ebenen. Das eine ist das erzählende Ich, das von der Gegenwart in die Vergangenheit reist , das andere ist das erzählende Ich , das sich selbst radikal von dem Teil seiner selbst unterscheidet, der das Beschriebene erfahren hat. The Islamist fällt genau unter diese Kategorie der Ich-Erzählung, auch wenn sich beide Seiten immer wieder zusammenfügen und verbinden, um dann wieder auseinanderzufallen.
Die Zeitspanne, der der größte Teil dieser Auseinandersetzung mit einem islamischen Fundamentalismus gewidmet ist, beträgt rund 10 Jahre. Sie setzt um 1980 ein und endet um 1990. Husain selbst unterteilt diesen Zeitraum in drei Entwicklungsphasen. Die erste ist durch Kontaktaufnahme mit dem radikalen Ableger des Islam gekennzeichnet sowie durch das Eintauchen in diese Welt. Die zweite Zeitspanne beinhaltet den Prozess der kritischen Sichtweise und Distanz zum Fundamentalismus, die letzte Phase beinhaltet die Abkehr von dieser Entwicklung selbst. Sie gipfelt letztlich in der Position, dass Fundamentalismus (die religiöse Radikalisierung des Islam) und Islamismus (politische Radikalisierung des Islam) als Virus beschrieben werden, die das britische Staatsgefüge befallen haben, um es zu zerstören. Der Hinweis, dass staatlich tolerierte Vereinigungen wie die Young Muslims Organization UK (YMOUK) , The Islamic Society of Britain (ISB) , The Muslim Association of Britain (MAB), The Muslim Council of Britain (MCB) oder The Islamic Foundation (TIF) aktiv daran beteiligt sind, den Staat zu attackieren, zeigt die Gefährlichkeit einer islamischen Radikalisierung britischer Moslems, die auch für die Durchsetzung der Sharia (islamisches Recht) kämpfen und bereits über ein islamisches Parlament verfügen, das eine islamische Gesetzgebung forciert, um einen religiösen Gottesstaat zu gründen.
Husain selbst versteht sein Werk als Warnung gegenüber dem Westen vor einer Entwicklung, die bereits in vollem Gange ist und die bisher zu oft ignoriert wurde.
Im Folgenden wird nun der Versuch gestartet, einen Einblick in dieses Werk zu bekommen, wobei verschiedene Teilaspekte, die sowohl die islamische wie die englische Seite
einschließen, Antworten geben sollen. Neben einer Begriffsbestimmung der Terminologie 'islamischer Fundamentalismus' und 'britischer Fundamentalismus' wird ein zweiter Schwerpunkt die hybride Grundkonstellation vieler Anhänger des 'homegrown terrorismus' beleuchten.[2]
Den Abschluss bildet eine Art Ausblick, der mögliche Schlussfolgerungen zieht. Für den Aufbau meiner Analyse ergibt sich hieraus folgende Vorgehensweise. In einem ersten Schritt werde ich die religiösen und politischen Grundlagen von The Islamist analysieren. Diese liegen in einer Reflexion der Entwicklung des religiösen Fundamentalismus. Ein zweiter Schritt reflektiert das Umfeld des Buches und die Konzeption des britischen Fundamentalismus. Ziel ist wichtige Hintergrundinformationen zum Buch selbst zu bekommen. Ein letzter Schritt schließlich stellt eine kritische Analyse des Buches dar und verweist auf seine Stärken wie Schwächen.
III. Die Konzeption des britischen Fundamentalismus in Ed Husains The Islamist (2007)
"My generation of young British Muslims was torn between two cultures“(Husain, 2007, S.69). Mit dieser Aussage wird ein typisches Merkmal der jungen englischen Fundamentalisten aufgezeigt. Ihre Anhänger sind meist junge Männer der zweiten und dritten Einwanderergeneration. Sie sind in Großbritannien geboren und aufgewachsen, durch Kindergärten und Schulen sozialisiert und besitzen zum Großteil eine universitäre Laufbahn. Husain selbst benutzt für diesen Hintergrund den Satz 'Made in Britain' (TI: l) eine Aussage , die ebenfalls von Skinheads benutzt wird. Er verweist mit dieser provokanten Terminologie auf den Einfluss und die Mitschuld der englischen Gesellschaft und Politik , die die muslimischen Einwanderer nie integriert haben und eine Politik der assimilation u nd nicht die einer ehrlichen integration favourisierten. Hierzu Husain zu Anfang seines Werkes:
“My earliest memories are fond recollections of school trips to the green, serene English countryside. I remember the uninhibited joy of walking along the coast in Upnor, being invited aboard cheerful anglers' small boats, and devouring fish and soggy chips together. I recall a visit to the New Forest, removing mud from our Wellington boots at streams, swimming in rivers, and drinking hot chocolate together at night around the hearth of an old, creaky floor-boarded hut. Our teachers would read from Roald Dahl's Big Friendly Giant or Kipling's Jungle Book and then send us off to sleep for the night in rows of bunk beds inside large wooden dormitories set in a forest clearing. Often Susie Powlesland, our elegant head teacher complete with a disciplinarian streak and half-moon reading glasses, would come to tuck us in, dispensing goodnight kisses as required” (TI: 1).
Diese eine Seite ihrer Biographie wird kontrastiert durch ein islamisch geprägtes Umfeld, durch direkte oder indirekte Erfahrung mit Rassenvorurteilen und einer gesellschaftlichen
Isolation:[3]
“Growing up in Britain in the 1980s was not easy. Looking back, I think Ms Powlesland was trying to create her own little world of goodwill and kindness for the children in her care. We grew up oblivious of the fact that large numbers of us were somehow different – we were 'Asian'. The warmth of the English fishermen inUpnor didnot exist in the streets of east London. 'Pakis! Pakis! F- off back home!' the hoodlums would shout. The National Front was at its peak in the 1980s. I can still see a gang of shaven-headed tattooed thugs standing tall above us, hurling abuse as we walked to the local library to return our books. Ms Powlesland and the other
teachers raced to us, held our hands firmly, and roared at the hate-filled bigots” (TI: 2).
[...]
[1] Das Schlagwort des Fundamentalismus tauchte erstmals 1920 in der Baptisten-Zeitung Watchman – Examiner auf. Es diente hier als Beschreibung einer Sammelbewegung im nordamerikanischen Protestantismus und wird mit dem Namen Curtis Lee Laws assoziiert (Barr 1981, S. 26). Die terminologische Verbindung zwischen islamischem Fundamentalismus und christlichem Protestantismus sieht auch Watt (2002), wenn er sagt:
„... ´Fundamentalismus` bezeichnet in erster Linie bestimmte Formen des christlichen Protestantismus. Eine ähnliche Tendenz im römischen Katholizismus wird im Französischen intégratism genannt. Keiner dieser Begriffe passt jedoch für die islamische Bewegung. Besser wäre es, von Traditionalismus zu sprechen. Er umfasst viele unterschiedliche Gruppen, von denen einige hoffen, dass eine Rückkehr zum frühen Islam mit friedlichen Methoden zu erreichen sei, andere jedoch setzen auf militante politische Programme. Und dann gibt es noch weitere Gruppen, für die keiner dieser Begriffe angemessen ist“ (ebd., S. 127). Einen differenzierten Ansatz verfolgt hier Roy (2010a) . Für ihn gibt es keine Rückkehr des Religiösen, sondern eine durch „Deterritorialisierung“ und „Dekulturation“ bedingte „Veränderung des Religiösen“ (ebd., S. 26). In dieser Konstellation ist der Fundamentalismus die religiös-militante Neuformulierung in einem weltlichen Raum, die dem Religiösen seine Autonomie gegeben hat.
Religiöse Systeme, Glaubensgemeinschaften und alle großen Religionen finden sich im Zuge der Globalisierung nicht nur in einer Konkurrenzsituation, sondern in einer neuen Ausgangslage. Globalisierung und Migration haben eine Dimension eröffnet, nämlich die dauerhafte Loslösung von Religionen, Territorien, Gesellschaften und Staaten . In diesem Vakuum konnten Religionen mehr Autonomie erlangen, was besonders fundamentalistischen Gruppierungen zugute kam. Fundamentalismus als charismatische Religiosität ignoriert gesellschaftliche und politische Zwänge und trennt das Religiöse von der Kultur: „Somit ist der Fundamentalismus zugleich ein Faktor und ein Produkt der Globalisierung“ (ebd., S. 226). Diese Vorstellung des Fundamentalismus als Produkt der Moderne sieht auch Berger (2010). Für ihn ist Fundamentalismus neben Relativismus einer der beiden Hauptkräfte der aktuellen Kulturdebatte und im Zuge der weltweiten Migration „a modern phenomenon“ (ebd. S. 7). Die eigentliche Gefahr im Zuge von Migration und Globalisierung besteht in der Verstädterung, die höchst unterschiedliche Bevölkerungsgruppen intensiv und eng zusammenleben lässt, was unter religiösen Rahmenbedingungen gefährlich werden kann. Die heutige Welt, so Berger, ist deshalb „the scene of enormous explosions of religious passion“ (ebd. S. 3). Der religiöse Fundamentalismus erweist sich somit als kein einheitliches oder klar zu definierendes Phänomen (Allesch, 2011, S. 27). Er steht aber allgemein für eine Revitalisierung von Religion(-en), die einen kulturellen, intellektuellen und einen politischen Fundamentalismus nach sich zieht.
Der Autor der vorliegenden Arbeit versieht den Begriff Fundamentalismus mit drei Prämissen, die einander bedingen und beeinflussen. Fundamentalismus ist hier gekennzeichnet durch:
1. ein Absolut-Setzen religiöser Überzeugungen verbunden mit der Bildung von Identitätsstrukturen
2. die Ausbildung von sich aus eins ergebenden Dominanzstrategien, die die religiöse Ebene der privaten und gesellschaftlichen überordnet
3. die Schaffung des Kontextes von eins und zwei durch eine grundlegende Politisierung aller Lebensumstände.
Fundamentalisten gehören damit zu einer Art sozialer Bewegungen, die neben dem Westen auch das Leben in der Moderne als feindlich ansehen.
[2] The Islamist wird im Folgenden mit TI abgekürzt.
[3] Dieses Gefangensein zwischen zwei Kulturen ist zunächst an die Frage der eigenen Identität gekoppelt. Die jüngste Einwanderergeneration lebt in einer „complex, post-national, post-9/11 society“ (Appleton 2005, S.171). Gerade die jungen männlichen Moslems sind gefangen zwischen einem Staat, der ihnen kritisch bis ablehnend gegenübersteht, und militanten islamischen Gruppierungen. Die zentrale Identitätsfrage für sie lautet: „Are we Muslims in Britain or Muslims of Britain?“ (ebd. S. 178). Schon für Salem (1994) stellt der politisch orientierte Islam ein wichtiges Identifikationsangebot für all diejenigen Moslems dar, die ihre sozialen und spirituellen Grundlagen im Westen verloren haben (vgl. auch Appiah, 2005, S. 321). Appleton (2005) erweitert diesen Verlustgedanken durch den bereits erwähnten Begriff ´Diaspora`, wenn er sagt: „The categorization of Muslims in Britain as part of a religious diaspora is a relatively recent phenomenon in the academic literature“ (ebenda, S. 179). Für ihn wie Nielson (1984) und Roy (2006) bieten Fundamentalisten die Identifikation mit der weltweiten heute vor allem virtuell existierenden umma, die in vielen kriegerischen Auseinandersetzungen mit dem Westen steht (Saggar, 2009, S. 84; S. 106-108; zur Kritik am Konzept der umma im Fundamentalismus ebd. S. 294). Die Hinwendung zum radikalen Islam impliziert jedoch eine Abkehr von allen Hybriden (Appleton, 2005, S. 180), da der Fundamentalismus keine Mischform zulässt. Der Islam erweist sich in dieser Form als eine Religion, die kollektive Identitäten weder zulässt noch fördert (Ashworth et al 2007). Ein Verhaftetsein im Hybriden sieht auch Abbas (2006), doch liegt für ihn ein Großteil der Verantwortung in den islamischen Gemeinden selbst. Seine Forderung „Rights plus responsibilities“ (ebd., S. 19) verdeutlicht dies. Als weitere Gründe für die Anziehungskraft des Fundamentalismus nennt die Forschung bei Moslems wie westlichen Konvertiten seit Jahrzehnten immer wieder die gleichen Gründe wie Depression, Frustration (Köse, 1996, S. 187-190; Sageman 2008), eine allgemeine Desillusionierung in der westlichen Kultur (Erikson 1962, S. 43), ein Versagen der Politik und der westlichen Aufklärung (Zebri, 2008, S. 159/160) sowie ein damit verbundenes Gefühl zu einer „new underclass“ (Khan, 2002, S. 18) zu gehören. Diesen Zusammenhang zwischen gesellschaftlichem Scheitern und der Faszination für einen Islam mit seiner Vermittlung von Stärke und Selbstbewusstsein betonen ebenfalls Kureishi, 2002, S. 216, Sheikh, 2003, S. 105 ff.; Roy, 2006, S. 301; Mc Roy, 2006; Kristiansen, 2007; Ulfkotte, 2009; Featherstone, 2009, sowie Roy, 2010a, S. 22).