Die demografische Entwicklung und deren Auswirkungen sind seit langem bekannt und erfordern, dass sich die Gesellschaft und die Unternehmen langfristig und nachhaltig darauf vorbereiten.
Die Bindung der Mitarbeiter an das Unternehmen („Retention-Management“) gewinnt mehr und mehr an Bedeutung. Die Ressource menschliche Arbeitskraft rückt in der Wertschöpfungskette, die hauptsächlich auf Wissen und Know-how aufbaut, immer mehr ins Zentrum der Begehrlichkeiten der Unternehmen. Deren Bindung an das Unternehmen spielt neben der Gewinnung von Fachkräften eine immer größere Rolle. Die Wahrnehmung, Akzeptanz und Nutzung von Unterschieden („Diversity-Management“) spielen hierbei eine zentrale Rolle.
Derzeit befinden sich drei Generationen im Arbeitsleben. Ziel eines Unternehmens sollte es sein, deren unterschiedliche Wertvorstellungen und Bedürfnisse zu berücksichtigen mit dem Ziel, die Wechselmotivation gering zu halten und damit den Erfolg eines Unternehmens zu stabilisieren.
Die Bedeutung von Mitarbeiterbindungsprogrammen als Maßnahme zur Senkung der Fluktuation gerät mehr und mehr in den Fokus. Auch hier sind Energien, Zeit und finanzielle Mittel notwendig.
Das Kostendenken für Aufwendungen zur Mitarbeiterbindung in eine andere Perspektive zu bringen und deren tiefgehende Bedeutung für das Unternehmen darzustellen, ist Ziel dieser Arbeit. Ein Konzept zur Bewältigung der demografischen Entwicklung und der Veränderung von Wertesystemen soll die Grundlage vom Kostendenken hin zum Investitionsdenken bilden.
Es existieren zahlreiche wissenschaftliche Ausarbeitungen zum Umgang mit der demografischen Entwicklung. In dieser Arbeit wird diese Betrachtungsweise um die Perspektive des Wertewandels erweitert.
Zur Veranschaulichung der aktuellen Situation und bestehender Handlungsfelder dient ein Experteninterview.
Der Hauptteil beinhaltet ein Konzept zur Mitarbeiterbindung als Führungsaufgabe unter Berücksichtigung der finanziellen Möglichkeiten eines Unternehmens. Wichtige Parameter zur Ist-Analyse der Altersstruktur werden vorgestellt und im Folgenden Möglichkeiten zur Bewältigung der Herausforderungen der demografischen Entwicklung und des Wertewandels für Führungskräfte, Unternehmen und Mitarbeiter entwickelt.
Ein Ausblick auf die sogenannte Y-Generation in der Rolle einer Führungskraft rundet die Arbeit ab.
Inhaltsverzeichnis
1 Einleitung und Zielsetzung
1.1 Mitarbeiterbindung als nachhaltige Investition
1.2 Zielsetzung der Arbeit
1.3 Aufbau der Arbeit
1.4 Relevanz des Themas
2. Begriffsdefinitionen und Erläuterungen
2.1 Demografische Entwicklung in Deutschland
2.2 Wertewandel
2.3 Die Unternehmensführung
2.3.1 Positionsbestimmung
2.3.2 Personelle Träger der Unternehmensführung
2.3.3 Unternehmensstrategie
2.3.4 Unternehmensstruktur
2.3.5 Unternehmenskultur
2.4 Führung
2.4.1 Personalführung
2.4.2 Führungsstile
2.5 Motivation als Bindungselement
2.5.1 Grundlagen
2.5.2 Motivationstheorien
2.6 Menschenbilder
3. Die Ressource Mensch als Arbeitskraft
3.1 Auswirkungen der demografischen Entwicklung
3.2 Generationen im Arbeitsleben
3.3 Bestehende Unternehmenskulturen
3.3.1 Bedeutung von Unternehmensleitbildern
3.3.2 Personalmanagement
3.4 Anforderungen an die Führungskraft
3.4.1 Fachliche Anforderungen
3.4.2 Persönliche Anforderungen
3.5 Experteninterview
3.6 Bewertung und Interpretation des Experteninterviews
4 Konzepterstellung zur nachhaltigen Mitarbeiterbindung
4.1 Ziel des Konzeptes
4.2 Aufbau des Konzeptes
4.3 Darstellung des Konzeptes
4.3.1 Altersstrukturanalyse
4.3.2 Personenbezogene Aspekte
4.3.3 Führung unterschiedlicher Generationen
4.3.4 Handlungsfelder für die Unternehmensführung
4.4 SWOT-Analyse zum Konzept
4.5 Strategieentwicklung anhand der SWOT-Analyse
5. Herausforderungen und Ausblick
5.1 Mitarbeiterbindung als Bestandteil der Unternehmenskultur
5.2 Mangel an Fachkräften
5.3 Die Y-Generation als Führungskraft
6. Fazit
Anhang
Literaturverzeichnis
Abbildungsverzeichnis
Abbildung 1: Geburten in Deutschland 20128
Abbildung 2: Managementpyramide
Abbildung 3: Das 7-S-Modell26
Abbildung 4: Führungskontinuum nach Tannenbaum/Schmidt
Abbildung 5: Führungsformtypen
Abbildung 6: Maslows Bedürfnishierarchie, eigene Darstellung
Abbildung 7: Motivationstheorie von Porter/Lawlor
Abbildung 8: Generationsbetrachtung
Abbildung 9: Studie zum demografischen Wandel
Abbildung 10: einfache Altersstrukturanalyse eines Beispielunternehmens mit 205 Mitarbeitern per August 2013
Abbildung 11: erweiterte Altersstrukturanalyse einer Berufsgruppe des Beispielunternehmens mit 49 Mitarbeitern per August 2013, eigene Darstellung
Abbildung 12: einfache prognostizierte Altersstrukturanalyse eines Beispielunternehmens mit 188 Mitarbeitern per August, eigene Darstellung
Abbildung 13: prozentuale Aufteilung der Gesamtbelegschaft in Generationen per August 2013, eigene Darstellung
Abbildung 14: prozentuale Aufteilung der Führungskräfte in Generationen per August 2013, eigene Darstellung
Abbildung 15: interner Leitfaden AGG, eigene Darstellung
1 Einleitung und Zielsetzung
1.1 Mitarbeiterbindung als nachhaltige Investition
„Wenn Manager Mitarbeiter als eine leicht einsetzbare und leicht ersetzbare Ressource behandeln, so ist es nur folgerichtig, dass die Mitarbeiter das Arbeitsverhältnis ebenfalls als eine leicht ersetzbare Beziehung behandeln“ [1]
Die Fluktuation von Mitarbeitern stellt für Unternehmen eine große Herausforderung in der Nachbesetzung dar. Je länger ein Mitarbeiter in einem Unternehmen beschäftigt war, desto größer ist der Verlust von Know-how. Es kostet viel Energie, Zeit und nicht zuletzt Geld, entsprechendes Personal zu finden und einzuarbeiten.
Die Berücksichtigung von Mitarbeiterbindungsprogrammen als Maßnahme zur Senkung der Fluktuation gerät mehr und mehr in den Fokus. Auch hier sind Energien, Zeit und finanzielle Mittel notwendig. Jedoch sind diese Aufwendungen als Investition zur Aufrechterhaltung des Unternehmenswertes zu betrachten.
Die demografische Entwicklung in Deutschland zeigt eine alternde und schrumpfende Entwicklung. Die Folge des damit verbundenen Fachkräftemangels zwingt Unternehmen zunehmend, vorhandene Arbeitskräfte in ihrer Leistungsfähigkeit zu halten und gleichzeitig durch entsprechende Arbeitgeberattraktivität junge Nachwuchskräfte zu finden und zu binden.[2]
Derzeit befinden sich drei Generationen im Arbeitsleben. Ziel eines Unternehmens sollte es sein, deren unterschiedliche Wertvorstellungen und Bedürfnisse zu berücksichtigen mit dem Ziel, die Wechselmotivation gering zu halten und damit den Erfolg eines Unternehmens zu stabilisieren.
1.2 Zielsetzung der Arbeit
Das Kostendenken für Aufwendungen zur Mitarbeiterbindung in eine andere Perspektive zu bringen und deren tiefgehende Bedeutung für das Unternehmen darzustellen, ist Ziel dieser Arbeit. Ein Konzept zur Bewältigung der demografischen Entwicklung und der Veränderung von Wertesystemen soll die Grundlage vom Kostendenken hin zum Investitionsdenken bilden. In diesem Konzept spielt die Führungskraft eine entscheidende Rolle bei der Mitarbeiterbindung. Zum einen ist sie diejenige, die mit den Instrumenten umgehen können muss, aber auch diejenige, die direkt die Auswirkungen des Wertewandels und der demografischen Entwicklung erlebt. Somit ist sie auch in der Verantwortung, Bedürfnisse ihrer Mitarbeiter zu erkennen und entsprechend reagieren zu können. Aber auch die Führungskraft ist ein Mitarbeiter, der entsprechend motiviert und mit dem Unternehmen „verbunden“ werden muss. Sie prägt stärker als der Mitarbeiter die Wirkung des Unternehmens nach innen und außen.
Es existieren zahlreiche wissenschaftliche Ausarbeitungen zum Umgang mit der demografischen Entwicklung. In dieser Arbeit wird diese Betrachtungsweise um die Perspektive des Wertewandels erweitert.
1.3 Aufbau der Arbeit
Im theoretischen Teil werden Begrifflichkeiten wie Wertewandel, demografische Entwicklung, Unternehmensstrukturen, Formen der Führung und Arten von Motivationen geklärt. Im zweiten Teil erfolgen Betrachtungen der aktuellen Situation der arbeitenden Generationen sowie die damit verbundenen Anforderungen an die Führungskräfte. Ein Experteninterview veranschaulicht die aktuelle Situation und Handlungsfelder der Führungskräfte. Der Hauptteil beinhaltet ein Konzept zur Mitarbeiterbindung als Führungsaufgabe unter Berücksichtigung der finanziellen Möglichkeiten eines Unternehmens. Wichtige Parameter zur Ist-Analyse werden vorgestellt und im Folgenden Möglichkeiten zur Bewältigung der Herausforderungen der demografischen Entwicklung und des Wertewandels für Führungskräfte, Unternehmen und Mitarbeiter entwickelt. Eine SWOT Analyse[3] wird das Konzept systematisch zusammenfassen.
Im vierten Teil erfolgt die Betrachtung eines aktuellen Beispiels für fehlendes Bewusstsein der bestehenden Herausforderungen sowie Risiken und Möglichkeiten im Umgang mit dem Fachkräftemangel. Ein Ausblick auf die sogenannte Y- Generation in der Rolle einer Führungskraft rundet die Arbeit ab.
1.4 Relevanz des Themas
Der deutsche Bundespräsident a.D. Horst Köhler formulierte am 02.04.2009: „Unternehmen entdecken, dass es sich auszahlt, die familiären Belange der Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter im beruflichen Alltag mitzubedenken. Immer mehr Arbeitgeber bieten betriebliche Kindergartenplätze und werben mit ihrer Familienfreundlichkeit um gute Arbeitskräfte. ... auch festgestellt, dass die Unternehmen mehr in die Weiterbildung ihrer Mitarbeiter investieren, seitdem die Frühverrentungsprogramme abgebaut wurden. Das ist ein gutes Zeichen. Da kann ich nur sagen: Weiter so!“ [4]
Die demografische Entwicklung und deren Auswirkungen sind seit langem bekannt und erfordern, dass sich die Gesellschaft und die Unternehmen langfristig und nachhaltig darauf vorbereiten. Für die im September 2013 bevorstehende Bundestagswahl haben die Parteien die Themen Renteneintrittsalter, Zuwanderungspolitik sowie Förderung von Familien und Bildung in die Programme aufgenommen. Damit sollen Rahmenbedingungen zur Bewältigung der Problematik der demografischen Entwicklung geschaffen werden.
In den Unternehmen ist dieses Bewusstsein ebenfalls gewachsen. Die Bindung der Mitarbeiter an das Unternehmen („Retention-Management“) gewinnt mehr und mehr an Bedeutung. Die Ressource menschliche Arbeitskraft rückt in der Wertschöpfungskette, die hauptsächlich auf Wissen und Know-how aufbaut, immer mehr ins Zentrum der Begehrlichkeiten der Unternehmen. Deren Bindung an das Unternehmen spielt neben der Gewinnung eine immer größere Rolle. Der damit verbundene Wettbewerbsvorteil wurde erkannt. Unternehmen müssen ihre Werte und Visionen definieren und hinreichend kommunizieren. Die Wahrnehmung, Akzeptanz und Nutzung von Unterschieden („Diversity-Management“) spielt hierbei eine zentrale Rolle. Angesichts der bevorstehenden Entwicklung auf dem Arbeitsmarkt ist es für jedes Unternehmen lebenswichtig, frühzeitig mit der Schaffung von Rahmenbedingungen sowie mit der konstruktiven Auseinandersetzung der eigenen Firmenphilosophie zu beginnen.
2. Begriffsdefinitionen und Erläuterungen
2.1 Demografische Entwicklung in Deutschland
Der Begriff Demografie wird vielfach mit Bevölkerungswissenschaft synonym verwendet, bezeichnet im Deutschen aber mehr die quantitativen Verfahren der Bevölkerungswissenschaft. Bevölkerung (Bevölkerungsstand) bezeichnet die Anzahl von Menschen auf einem begrenzten Gebiet zu einer bestimmten Zeit. Sie bildet eine strukturierte Ganzheit, die nach demografischen, räumlichen, kulturellen und administrativen Merkmalen zu gliedern ist. Die Bevölkerungswissenschaft ist die Lehre von den Verlaufsformen der Bevölkerungsbewegung, ihren Ursachen und Folgen. Ihnen liegt ein Zusammenwirken der Bevölkerungsvorgänge (Geburten, Sterbefälle, Wanderung) zugrunde, das mit eigenen Instrumenten, Methoden und Theorien analysiert wird.[5]
Sinkende Geburtenraten und die steigende Lebenserwartung verschieben die Altersstrukturen in Deutschland.[6] Die steigende Lebenserwartung beruht im Wesentlichen auf der Verbesserung der medizinischen Versorgung sowie einer verbesserten Hygiene. Die Lebenserwartung vor ca. 100 Jahren (Geborene 1910/1911) betrug bei Männern 47,41 Jahre und bei Frauen 50,68 Jahre. Bei Geburten zwischen 2009 und 2011 beträgt die durchschnittliche Lebenserwartung bei den Männern bereits 77,72 Jahre und bei den Frauen 82,73 Jahre.[7]
Die Ursachen für den Rückgang der Geburtenzahlen sind hingegen wesentlich komplexer. Das Bundesamt für Statistik nennt zum einen, dass mit zunehmender Bildung die Zahl der geborenen Kinder abnimmt. Hierbei wird der Bildungsstand in hoch, mittel und niedrig auf Basis der international vergleichbaren Klassifikation formaler Bildungsabschlüsse „International Standard Classification of Education“ (ISCED) klassifiziert. Hoher Bildungsstand beinhaltet einen akademischen Abschluss oder Fachhochschulabschluss. Berufsqualifizierende Abschlüsse oder das (Fach-)Abitur bilden den mittleren Bildungsstand und alle übrigen Abschlüsse werden der Kategorie niedriger Bildungsstand zugeordnet.
Fast ein Viertel der erwerbstätigen Frauen ist kinderlos. Die folgende Grafik detailliert diese Aussage nach Berufsgruppen in Deutschland.
Abbildung in dieser Leseprobe nicht enthalten
Abbildung 1: Geburten in Deutschland 20128[8]
Die durchschnittliche Kinderzahl ist jedoch seit circa 30 Jahren in Deutschland relativ stabil. In 2008 hatten etwa 30 % der Mütter zwischen 35 und 64 Jahren ein Kind, fast jede zweite Mutter zwei und jede fünfte drei oder mehr Kinder.[9]
Für die Gesellschaft bedeutet dies ein Nebeneinander von zwei unterschiedlichen Lebensweisen. Auf der einen Seite Familien mit mehreren Kindern und auf der anderen Seite kinderlose Paare oder Singles ohne Kind.
Eine weitere Ursache für den Rückgang der Geburten ist die gesellschaftliche und soziale Anerkennung von unverheirateten Lebenspartnerschaften. Sie führt statistisch zu weniger Kindern. So ist die Wahrscheinlichkeit, Kinder zu haben, bei verheirateten Frauen am höchsten.[10]
Neben der Lebenserwartung und der Geburtenrate gilt die Wanderung als dritter Einflussfaktor auf die demografische Entwicklung. Die Wanderung beschreibt Zuzüge und Weggänge einer geografischen Einheit. Laut statischem Bundesamt sind in 2012 vorläufig 1.081.000 Menschen nach Deutschland zugezogen. Dem gegenüber stehen 712.000 Weggänge. Das macht einen vorläufigen Wanderüberschuss von 369.000 Personen, der höchste Wert seit 1995. Bei einem Bevölkerungsstand von 81,8 Millionen in 2011 ist die Wanderungsquote mit 0,45% zwar ein Einflussfaktor zur demografischen Entwicklung, jedoch in ihrer Größenordnung weniger ausschlaggebend als die beiden anderen Genannten.
2.2 Wertewandel
Seit Ende der sechziger Jahre vollzieht sich in den hochentwickelten Industrienationen, so auch in Deutschland, ein gesellschaftlicher Wertewandel.[11] Die Ursachen sind vielfältig. Neben technologischer Entwicklung, sozialer Veränderungen (zum Beispiel Gleichberechtigung von Frauen) sind es zwei Dimensionen, die hier als relevant genannt werden.
Zum einen die Berücksichtigung der politischen Dimension. Theodor W. Adorno (1903 - 1969) galt als Hauptvertreter der „Frankfurter Schule“ und der Kritischen Theorie. Es war die feste Überzeugung Adornos, dass die Weitergabe von Wertvorstellungen von den Eltern an die Kinder in Deutschland unterbrochen werden müsste. Er sah im „autoritären Erziehungsstil“, der sich während des Nationalsozialismus zutrug, eine Ursache. Um eine Wiederholung dieser zu verhindern, glaubte Adorno, dass sich die Kinder-Generation von der ElternGeneration absetzen muss. Mit Unterstützung von Schule und Medien sollte die Übertragung von Wertvorstellungen aufgebrochen werden. Entsprechende Provokationen, insbesondere Ende der sechziger Jahre, waren ein Folge davon. Ziel war die Schaffung einer neuen, besseren Gesellschaft. „Die Faszination von Utopie, Gerechtigkeitsversprechen, Gleichheit ergriff Menschen und besonders Intellektuelle in der ganzen Welt“.[12]
Die zweite Dimension ist die Kombination der demografischen Entwicklung mit der Tertiärsierung des Arbeitsmarktes. Die Zunahme von wissensbasierten Tätigkeiten bei gleichzeitiger Verknappung der entsprechenden Arbeitskräfte bewirkt den tiefgehenden Wandel vom Arbeitgebermarkt zum Arbeitnehmermarkt. Kennzeichnend ist hier der Übergang von materialistischen zu postmaterialistischen Werthaltungen. Ronald Inglehart formulierte dies 1970 in seiner Hypothese „Theorie des Wertewandels“. Diese basiert auf zwei Schlüsselhypothesen:
Die Mangelhypothese, deren Grundlage Maslows Bedürfnispyramide ist. Hierbei werden den Dingen den größten subjektiven Wert beigemessen, die relativ knapp sind. Die Prioritäten des Menschen reflektieren so sein sozio-ökonomisches Umfeld. Bei der Sozialisationshypothese hingegen ergeben sich die Wertprioritäten nicht unmittelbar aus der sozio-ökonomischen Umwelt. Es kommt zu einer Zeitverschiebung, „denn die grundlegenden Wertvorstellungen eines Menschen spiegeln weiterhin die Bedingungen wider, die in seiner Jugendzeit vorherrschend waren [13]
2.3 Die Unternehmensführung
Das folgende Kapitel beschäftigt sich mit der Frage, worauf sich Unternehmensführung richtet, welche ihre Träger sind und innerhalb welchen Rahmens und mit welchen Kompetenzen Führung innerhalb eines Unternehmens erfolgreich bewältigt werden kann.
2.3.1 Positionsbestimmung
Führung als Ausgangspunkt folgender Darlegungen beschreibt das zielgerichtete Einflusshandeln und bezieht sich auf Menschen und Organisationen.
Die Führung von Menschen wird üblicherweise als Personalführung bezeichnet und bildet damit einen Teil der Personalwirtschaftslehre.[14] Wirtschaftsorganisationen bzw. Unternehmen bilden dabei das Umfeld. So ist die Führung innerhalb dieses Umfeldes eine interpersonelle Angelegenheit, das bedeutet, dass es auf der einen Seite einen Führenden (Vorgesetzten) und auf der anderen Seite mindestens einen zu Führenden (Mitarbeiter) gibt. Personalführung ist somit Synonym für zielgerichtete soziale Einflusshandlungen.
Führung von Organisationen haben in den meisten Fällen wirtschaftliche Ziele. Der Führungsanspruch beinhaltet somit die Gestaltung, Steuerung und Entwicklung des Gesamtsystems „Unternehmen“. Unternehmensführung steht somit für institutionelles Einflusshandeln. Träger der Organisationsführung ist das sogenannte Management, welches in der Literatur in Top- und Spitzenmanagement bzw. unteres, mittleres und oberstes Management unterschieden wird.
2.3.2 Personelle Träger der Unternehmensführung
Hier ist es angebracht, zwischen den Fragen
- wer führt ein Unternehmen und
- wer führt in einem Unternehmen
zu unterscheiden.
Hinsichtlich der zweiten Frage sind dies alle Mitglieder einer Organisation, die mit Entscheidungs- und/oder Weisungsbefugnis ausgestattet sind. Dieser Personenkreis schließt die Geschäftsführung, das mittlere Management bis hin zum Teamleiter ein. Je höher der maßgebliche Einfluss auf die Gestaltung, Steuerung und Entwicklung wird, desto genauer wird die erste Fragestellung beantwortet. Mitglieder einer Organisation mit hohem Einfluss auf Grund ihrer hierarchischen Position oder aus faktischen Gegebenheiten führen nicht nur in einem Unternehmen, sie haben auch maßgeblichen Einfluss auf die Führung des Unternehmens.
Als Rahmenbedingung gilt die Unternehmensverfassung. Diese legitimiert den Handlungs- und Gestaltungsspielraum sowie strategische Entscheidungen.
Schwerpunktmäßig liegt der Verantwortungsbereich der an der Unternehmensspitze stehenden Personen bei Entscheidungen über die zu verfolgenden Strategien, Festlegung der zum Einsatz kommenden strukturellen Reglungen sowie die Prägung der Unternehmenskultur.
Diese drei elementaren Bestandteile sind miteinander gekoppelt. Soll zum Beispiel die Strategie eines Unternehmens verändert werden, so bedarf es einer Anpassung von Strukturen, die sich mit hoher Wahrscheinlichkeit kulturprägend bemerkbar machen.
2.3.3 Unternehmensstrategie
Strategie bezeichnet einen zeitlich langen Weg zur Erreichung von Zielen. Folglich sind Strategien und Ziele nicht identisch. Zwischen ihnen besteht vielmehr eine Mittel -Zweck-B eziehung.
In der Fachliteratur wird der Strategieproblematik große Beachtung geschenkt. Eine einzige Interpretation ist dabei nicht zu erfassen. Dies liegt an der Komplexität und der enorm großen Bedeutung der Thematik.
Angelehnt an Henry Mintzberg werden die verschiedenen Perspektiven zur Strategieentwicklung „die zu einem großen Teil in der Managementpraxis ihren Niederschlag finden“[15] wie folgt (verkürzt) verdichtet:
- die Designschule als konzeptioneller Prozess
- die Planungsschule als formaler Prozess
- die Positionierungsschule als analytischer Prozess
- die Unternehmerschule als visionärer Prozess
- die kognitive Schule als mentaler Prozess
- die Lernschule als sich herausbildender Prozess
Zwischen diesen Perspektiven gibt es Überschneidungen. In ihrer Ausrichtung sind die Strategiekonzepte entweder präskriptiv (vorschreibend), deskriptiv (beschreibend) oder integrierend. Eine weitere Vertiefung dieser Theorien würde den Rahmen dieser Arbeit sprengen und erfolgt daher an dieser Stelle nicht. Ausgangspunkt einer Strategie ist eine Vision. Sie beantwortet die Frage „Wo wollen wir langfristig hin?“ mit wenigen Worten. Visionen dienen als wichtiges Führungsinstrument, da sie eine erhebliche Wirkung auf die Motivation der Organisationsmitglieder hat.[16]
Leitbilder setzen die Vision in allgemeine, idealisierte und relativ abstrakte Aussagen um. Sie beantworten die Frage „Wie wollen wir uns verhalten, um unsere Ziele zu erreichen?“ und sind somit gegenwartsorientiert.[17] Gelebt werden die Leitbilder innerhalb eines Unternehmens und auch nach außen durch vorgegebene formale Normen (Verhaltensstandards), Symbole und Rituale.
2.3.4 Unternehmensstruktur
Strukturentscheidungen betreffen die Unternehmensorganisation und stehen in Abhängigkeit zur Strategie. Der Wirtschaftshistoriker Alfred Chandler prägte in seinem Buch aus 1962 den noch heute oft verwendeten Leitsatz: „Structor follows strategy“.[18] Die Unternehmensstrategie bildet somit die Ursache zum Aufbau, Abbau bzw. Umbau von Strukturen innerhalb einer Organisation. Hauptzweck von Strukturen ist die Regelung des leistungsbezogenen Verhaltens der Mitglieder einer Organisation.
Der Begriff Organisation leitet sich aus dem griechischen Wort „organon“ (übersetzt „Werkzeug“) ab, und umfasst alle Regelungen eines Unternehmens, sowohl die personenbezogenen Verhaltensregeln als auch die maschinenbezogenen Funktionsregeln.[19]
Der Zusammenhang zwischen Organisation und Unternehmen lässt sich aus zwei Perspektiven betrachten.
Zum einen hat das Unternehmen eine Organisation. Diese instrumentale Betrachtung sieht Strukturen als generelle Regelungen zur Improvisation (i.S. von vorläufig) und Disposition (i.S. von fallweise). Dieses Substitutionsprinzip der Organisation beschreibt die zunehmende Tendenz zur generellen Regelung bei abnehmender Variabilität betrieblicher Tätigkeiten.[20] Diesem Prinzip folgend, können sich wiederholende Betriebsabläufe durch generelle Regelungen rationell gestaltet werden. Dies birgt jedoch auch die Gefahr fehlender Flexibilität und Einschränkungen von Entscheidungs- und Handlungsspielräumen. Ein Optimum an Regulierungen ist nur annähernd möglich, da die Organisation in sich komplex und dynamisch ist. In diesem Zusammenhang spielt die zweite Perspektive ebenfalls eine entscheidende Rolle.
Das Unternehmen ist eine Organisation. Sie besteht aus Menschen mit individuellen Werten. Organisationen bilden somit ein zielgerichtetes soziales System und sind in diesem Sinne alle privaten und öffentlichen Institutionen wie Unternehmen, Behörden, Vereine und andere.[21]
Innerhalb von Organisationen gibt es verschiedene Arten von Einheiten, die als Elemente der Aufbauorganisation dienen.
Zur Visualisierung von Unternehmensstrukturen und Einheiten dienen beispielsweise Organigramme, Stellenbeschreibungen sowie Kompetenzmatrix. Eine grobe Einteilung von Ebenen zeigt folgende Abbildung der Managementpyramide.
Abbildung in dieser Leseprobe nicht enthalten
Abbildung 2: Managementpyramide[22]
Neben diesen formalen Beziehungen bestehen aber auch informale Beziehungen zwischen den Mitgliedern einer Organisation, die entscheidend zum Erfolg beitragen. Informale Beziehungen beruhen auf individuellen Zielen, Wünschen, Werten und Verhaltensmustern. Sie prägen die Kultur innerhalb einer Organisation und die Interaktion zur Unternehmensumwelt.
2.3.5 Unternehmenskultur
Die Geschichte der Kultur von Organisationen ist älter als die wissenschaftliche Betrachtung und Untersuchung.
Der Begriff „Kultur“ im Zusammenhang mit Unternehmensstrukturen wurde erstmalig 1951 durch Elliot Jaques in seinem Werk „The changing of culture of a factory“ verwandt.[23] In den folgenden dreißig Jahren wurde „Unternehmenskultur“ weitgehend durch die Betriebswirtschaftslehre ignoriert. [24]
Erst in den 1980er Jahren wurde dieses Phänomen wieder aufgegriffen. Zahlreiche Wissenschaftler setzten sich zunehmend mit der Thematik auseinander. Zu den Wegbereitern in Deutschland zählten Bleicher (1983), Matenaar (1983), Heinen (1985) sowie Ebers (1985). Die Erfolgswirkung der Berücksichtigung der Unternehmenskultur wurde vielfach empirisch nachgewiesen.[25]
Bis heute gibt es keine einheitliche Definition in der Wissenschaft. Betrachtungen aus den Bereichen Ökonomie, Psychologie, Philosophie oder Sozialwissenschaften bildeten entsprechende, nicht einheitliche Definitionen zur Kultur im Unternehmen. Die meisten von ihnen weisen jedoch auch Gemeinsamkeiten auf. So kann zwischen harten Faktoren wie Produkte, Firmenlogo oder organisierten Unternehmstrukturen und weichen Faktoren, wie Werte und Normen abgegrenzt werden. Nach innen wird das Unternehmen durch Denken, Entscheidungen, Handlungen und Verhalten der Organisationsmitglieder geprägt. Die Außenwirkung gestaltet sich durch die Art und Weise der Interaktion zwischen Organisation und Umwelt.
Die Organisationskultur, als Synonym zur Unternehmenskultur lässt sich gut am 7-S- Modell von McKinsey visualisieren:
Abbildung in dieser Leseprobe nicht enthalten
Abbildung 3: Das 7-S-Modell26 [26]
Zunehmend verstärkt sich die Überzeugung, dass eben diese weichen Faktoren die Identität eines Unternehmens prägen.
Organisatorische Maßnahmen werden grundsätzlich erforderlich, wenn die allgemeine Wandlung der gesellschaftlichen Wertvorstellungen erheblichen Auswirkungen auf Unternehmen und Mitarbeiter hat,sich die Unternehmenskultur prägenden Werte und Normen grundlegend ändern,das Unternehmen aus bestimmten Gründen eine neue Kultur anstrebt[27] Allein das Vorhandensein einer Unternehmenskultur entfaltet eine positive Wirkung auf die Prozesse des Aufbaus sowie der Nutzung von Kompetenzen und Ressourcen.[28]
2.4 Führung
Da das Handeln von Personen für das Erreichen bestimmter Ziele koordiniert werden muss, ergibt sich ein Bedarf an Führung.
„Führung wird allg. als psychologische und soziale Fähigkeit einer Person im Umgang mit Menschen betrachtet. Neben Persönlichkeitseigenschaften des Vorgesetzten haben weitere Faktoren wie die fachliche Autorität, die situativen Bedingungen, der Einsatz von Führungstechniken und die sozialen Beziehungen eine entscheidende Bedeutung für eine erfolgreiche Führung, die dadurch zu einem komplexen sozialen Prozess wird.“ [29]
Zu unterscheiden ist zum einen die Führung des Unternehmens als Gestaltung und Steuerung des Gesamtsystems, zum anderen die Personalführung als unmittelbares Verhältnis zwischen Vorgesetzten und ihren Mitarbeitern. Entsprechend ist die Personalführung ein Teilbereich der Unternehmensführung. Sie wird maßgeblich durch diese beeinflusst und gesteuert.[30]
Das folgende Kapitel beschäftigt sich ausführlich mit der Personalführung sowie bekannten Führungsstilen.
2.4.1 Personalführung
Die moderne Führungsforschung befasst sich seit knapp fünf Jahrzehnten überwiegend mit folgenden Fragen:
Was ist Führung und mit welchen Merkmalen lässt sie sich charakterisieren Wie wirkt Führung, wie sind die jeweiligen Kategorien von Führungserfolg und wie lässt sich die Effizienz messen Was macht eine Person zu einem erfolgreich Führenden Wie ist das Verhalten dieser Personen Wovon hängt der Erfolg der Führung ab Angelehnt an Schreyögg und Türk beinhaltet die betriebliche Personalführung folgende Merkmale:[31]
- Sie erfolgt in einer direkten sozialen Beziehung in einem formalen Über- bzw. Unterstellungsverhältnis zwischen einem Vorgesetzten und einem oder mehreren Mitarbeitern.
- Aufgabe ist die zielgerichtete Einflussnahme auf die unterstellten Mitarbeiter entsprechend den Unternehmenszielen
- Als Steuerungsmittel existieren sogenannte „negative“ Mittel wie Sanktionen oder auch „positive“ Mittel wie Belohnungen zur Stimulierung
- Die Interaktion ist dynamisch, d.h. der Prozess der Führung entwickelt sich permanent und ist Veränderungseinflüssen unterschiedlichster Art ausgesetzt.
Diese Aufzählung erhebt nicht den Anspruch auf Vollständigkeit, da die Facetten der Führung zwischen Menschen unendlich groß sind.
Ausgehend davon, dass der Führende eine gewisse Macht- und Entscheidungsrolle einnimmt, hat Personalführung viel mit Macht zu tun. Je nach Persönlichkeit können folgende Machtquellen abgegrenzt werden:[32]
Die Positionsmacht umfasst Weisungs- und Sanktionsbefugnisse. Hier eng verbunden sind die sogenannten „coercive power“ (Macht durch Sanktionierung) sowie „reward power“ (Macht durch Belohnung).
Kenntnisse und Fähigkeiten einer Führungskraft lassen die Fachautorität (expert power) als Quelle der Macht lokalisieren. Eine dritte Abgrenzung ist die Persönlichkeitsautorität („referent power“), welche Ausstrahlung, Einfühlungsvermögen und die Fähigkeit, individuell auf Bedürfnisse eingehen zu können, beinhaltet.
2.4.2 Führungsstile
Die Art und Weise, wie sich Führungskräfte gegenüber ihren Mitarbeitern relativ konsistent und wiederkehrend verhalten, wird als Führungsstil bezeichnet.[33] Sie beruhen entweder auf Erkenntnissen empirischer Untersuchungen (Realtypen) oder auf theoretischen Ableitung (Idealtypen).[34] In der Fachliteratur wird eine Vielzahl an Führungsstilen differenziert. Im Folgenden werden diese entsprechend ihrer Dimension kategorisiert.
2.4.2.1 Eindimensionaler Ansatz
Grundlage dieser weit verbreiteten Typologisierung bildeten Experimente, die durch Lewin/Lippitt/White in den Jahren 1938 bis 1940 an der Child Welfare Station der University of Iowa an Kindern durchgeführt wurden (IOWA-Studies). Untersucht wurden unterschiedliche Führungsverhaltensweisen von Erwachsenen auf aggressives und feindseliges Verhalten von Kindern während Bastelarbeiten.
Die Unterscheidung der Führungsstile erfolgte in:[35]
a) Autoritäre Führung: Hier ist das Rollenverständnis der Führungskraft klar geregelt. Er gilt als Vorgesetzter, „Chef“. Dieser sieht seine Mitarbeiter als antriebslos und anleitungsbedürftig. Die Macht beruht auf der Position. Ziele werden vorgegeben und Aufgaben durch Anordnung zugewiesen. Entscheidungen werden allein durch den Vorgesetzten getroffen und die Kontrolle erfolgt engmaschig und beruht auf Misstrauen. Der Vorgesetzte besitzt einen erheblichen Wissensvorsprung, Kommunikation erfolgt entlang der Dienstwege. Das Klima ist eher kühl und es besteht eine große Distanz zwischen der Führungskraft und den Geführten.
b) Demokratische (kooperative) Führung: Hier wird der Mitarbeiter als kreativer und kompetenter Partner gesehen. Entsprechende Sachautorität und Qualifikationen bilden die Grundlage der Machtquelle. Ziele werden gemeinsam vereinbart und die Aufgaben durch Besprechungen zugewiesen. Die Mitarbeiter arbeiten eigenverantwortlich, Ergebniskontrollen erfolgen zu feststehenden Zeitpunkten. Grundlage der Zusammenarbeit bilden Vertrauen und gegenseitige Achtung, wichtige Informationen und Wissen werden in alle Richtungen ausgetauscht.
c) Laissez-faire-Führung: Hier erfolgen keine Eingriffe der Führenden in die Handlungsprozesse der Mitarbeiter. Letztere bestimmen Ziele und Arbeitsorganisationen selbst. Nur die sachlichen Arbeitsbedingungen werden durch die Führungskraft bereitgestellt.
Bei den durchgeführten Experimenten entglitt einem Erwachsenen die Gruppenführung, so dass dieser Stil ungeplant entstand, jedoch Einzug in die Forschung genommen hat. [36]
2.4.2.2 Zweidimensionaler Ansatz
Hier werden mitarbeiterorientierte und aufgabenorientierte Führungsstile unterschieden. Grundlage für diesen Ansatz lieferten die sogenannten Ohio-Studies, welche Ende der 1940-er Jahre im Zuge von Studien der Ohio State University versuchten, Führungsverhalten differenziert, standardisiert und objektiv erfassbar zu machen.[37] Es wurden Fragebögen ausgewertet, worin die Mitarbeiter das Führungsverhalten ihrer Vorgesetzten und auch ihr eigenes beschrieben. Im Ergebnis gab es zwei Faktoren, die kategorisiert werden konnten:
a) Mitarbeiterorientierung (Consideration): beschreibt das auf die Beziehung zwischen Führungskraft und Mitarbeiter ausgerichtete Verhalten. Typische Aussagen über den Vorgesetzten hierbei sind:[38]
1. Er behandelt alle gleichberechtigt
2. Er setzt sich für uns ein
3. Er achtet auf unser Wohlergehen
4. Er bemüht sich um ein gutes Verhältnis zu uns
b) Aufgabenorientierung (Initiating Structure): beschreibt das auf die Aufgabenerfüllung bezogene Verhalten der Führungskraft. So finden sich Aussagen wie: [39]
1. Mangelhafte Arbeit wird getadelt
2. Er legt Wert auf die Arbeitsmenge
3. Er achtet auf volle Auslastung der Arbeitskraft
4. Er herrscht mit eiserner Hand
Diese Verhaltensweisen wurden voneinander unabhängig betrachtet, d.h. eine Führungskraft kann jede Kombination von starker bzw. schwacher Consideration und Initiating Structure anwenden.
2.4.2.3 Vieldimensionaler Ansatz
Robert Tannenbaum und Warren H. Schmidt typisieren das Führungsverhalten auf der Extravertiertheit der Persönlichkeit des Vorgesetzten im Entscheidungsspielraum innerhalb der Gruppe. Grundlage des Führungsverhaltens bildet hierbei der Entscheidungsspielraum des Mitarbeiters.
Abbildung in dieser Leseprobe nicht enthalten
Abbildung 4: Führungskontinuum nach Tannenbaum/Schmidt[40]
Diese Betrachtungsweise wurde durch Knut Bleicher und Erik Meyer in ihren Dimensionen weiterentwickelt. Merkmale, die die Führungssituation unmittelbar und handlungsgenau spezifizieren, sind dabei:[41]
Führungsphilosophie (Art des Führungsleit- und Menschenbildes)
Organisationsstruktur (Organisations- und Konkretisierungsgrad)
Willensbildung (Entscheidungsvorbereitung, -bildung und -partizipation)
Willensdurchsetzung (Art der Durchsetzung, Autoritätsbasis,)
Willenssicherung (Kontrolle)
Wichtig hierbei ist festzuhalten, dass verschiedene Merkmalsausprägungen zugelassen sind. Die Charakterisierung des Führungsstils auf nur ein Merkmal vernachlässigt andere wesentliche Aspekte. So wird daher die Zahl der Verhaltensdimensionen erweitert, um eine hinreichend genaue Beschreibung des Führungsstils zu ermöglichen.
Auch die Ausprägung der jeweiligen Merkmale muss Berücksichtigung bei der Formulierung einer Art Führungsstil Berücksichtigung finden.
So entsteht eine aus mehreren Ebenen bestehende Struktur, aus denen Bleicher/Meyer acht Führungsformtypen ableiten:
[...]
[1] Quelle: Scholz, 2003, S: 133
[2] vgl. Preißing, 2010, Vorwort
[3] dt. Abk. für Analysis of strengths, weakness, opportunities and threats; die Stärken-Schwächen- Chancen-Risiken-Analyse stellt eine Positionierungsanalyse der eigenen Aktivitäten gegenüber dem Wettbewerb dar.
[4] Quelle: http://www.forum-demografie.de/uploads/tx_jpdownloads/2009_Koehler_Schlusswort.pdf
[5] Gabler Lexikon
[6] Vgl. Berthel/Becker; 2010, S. 225
[7] Sterbetafel Statistisches Bundesamt, 2012
[8] Quelle: Statistisches Bundesamt, Geburten in Deutschland, 2012, S. 30
[9] Quelle: Statistisches Bundesamt
[10] Quelle: Statistisches Bundesamt, Geburten in Deutschland, 2012, S. 37
[11] vgl: Vahs, 2009, S 312
[12] vgl: Bundeszentrale für politische Bildung, „aus Politik und Zeitgeschichte B29/2001“
[13] vgl: Inglehart, 1989 S. 173
[14] Vgl: Schanz, 2000, S. 649 ff.
[15] Vgl.: Mintzberg/Ahlstrand/Lampel, 2007, S. 16
[16] Vgl.: Hinterhuber, H.H., 2004, S. 77 ff.
[17] Vgl.: Vahs, 2009, S. 130
[18] Quelle: Chandler, 2003, S. 14
[19] Vgl.: in Frese, 1992, Sp.1460
[20] Vgl.: Gutenberg, E., 1976, S. 239
[21] Vgl.: Vahs, 2009, S. 19
[22] Quelle Vahs, 2009, S. 77
[23] vgl: Jaques, 1951, S 249
[24] vgl: Kutschker/Schmidt, 2006, S 672
[25] vgl: Fank/Heinen, 1997, S. 244ff
[26] Vgl.: Berthel/Becker, 2010, S. 6
[27] Vgl: Sekundärlit.: Berthel/Becker, 2010, S. 338
[28] Vgl.: Fichtner, 2008, S. 195
[29] Quelle: Springer Gabler Verlag (Herausgeber), Gabler Wirtschaftslexikon, Stichwort: Führung
[30] Vgl.: Vahl, Organisation, S. 19ff.
[31] Vgl.: Breisig, 2005, S. 199
[32] Vgl.: Breisig, 2005, S. 200 ff.
[33] Vgl.: Wunderer, 2007, S. 16 ff.
[34] Vgl.: Staehle, 1999, S. 334 f.
[35] Vgl.: Breisig, 2005, S 201 f.
[36] Vgl.: Berthel/Becker, 2010, S. 164 f.
[37] Vgl.: Rodler/Kirchler, 2002, S. 30f
[38] Vgl.: Wunderer, 2007, S. 206
[39] Vgl.: Wunderer, 2007, S. 206
[40] Quelle: Tannenbaum/Schmidt, 1958, S. 96
[41] Vgl.: Holtbrügge, D. (2007), S. 194ff.
- Arbeit zitieren
- Friderike Ickert (Autor:in), 2013, Mitarbeiterbindung als Führungsaufgabe, München, GRIN Verlag, https://www.grin.com/document/268124