“Your purpose is, being a Gentleman born, to furnish yourself with the knowledge of such things as may be serviceable to your country and fit for your calling."
Diesen mahnenden Ratschlag schrieb der englische Adlige Sir Philip Sidney an seinen, sich momentan auf seiner Kavalierstour durch Europa befindenden jüngeren Bruder Robert Sidney. Das Zitat illustriert eindringlich, welchem übergeordneten Zweck die Reise des Bruders dienen sollte und was auf ihr primär erlernt werden musste. Als Mitglied des Adelsstandes sollte der junge Robert Sidney durch und auf seiner Reise hauptsächlich für seine zukünftige Karriere bei Hofe ausgebildet werden.
Um den für ihn von Geburt an vorgezeichneten Lebensweg erfolgreich beschreiten zu können, war es notwendig, die Fähigkeiten und Fertigkeiten eines Höflings und Staatsmannes zu erwerben. Robert Sidney sollte seine Reise dazu nutzen, um sich auf sein „calling“, seine Berufung, nämlich seinen zukünftigen Dienst am elisabethanischen Königshof vorzubereiten und sich für diese Rolle „passend“ zu machen.
Diese, in der Forschungsliteratur meistens unter dem Terminus „Grand Tour“ subsumierte, spezielle Praktik der männlichen Adelserziehung stellte im 16. Jahrhundert keineswegs ein Spezifikum des englischen Adels dar. Sie war, ganz im Gegensatz dazu, in der Zeit vom 16. bis zum 18. Jahrhundert eine europaweit verbreitete kulturelle Erziehungspraxis und wesentlicher Bestandteil der Ausbildung des wohlhabenden europäischen Adels. Paravicini bezeichnet den Grand Tour der Frühen Neuzeit gar als ein „gesamteuropäisches Kulturmuster“.
Hervorgegangen war der Grand Tour aus der Tradition der spätmittelalterlichen Adelsreise, die allerdings in erster Linie dem Erwerb von militärischen Fähigkeiten gedient hatte. Zu Beginn des 16. Jahrhunderts kamen neue Bildungsinhalte hinzu. So wurde nun auf das „Erlernen fremder Sprachen, besonders der in der höfischen Welt vorherrschenden wie Italienisch und Französisch“, sehr viel Wert gelegt. Desweiteren wurde „auch der Aufbau eines Netzwerkes von Beziehungen, auf das man später etwa während einer diplomatischen Tätigkeit oder auch im Kriege zurückgreifen konnte“ , als Ziel einer solchen Reise erachtet.
Inhaltsverzeichnis
- 1 Einleitung
- 2 Die Eigenschaften und Fertigkeiten des idealen Höflings
- 3 Sir Philip Sidneys Grand Tour - Erziehungs- und Bildungsinhalte
- 3.1 Erwerb von Sprachkenntnissen
- 3.2 Briefkunst und Schreibstil.
- 3.3 Geschichte, Politik und Moralphilosophie.........
- 3.4 Astronomie, Geometrie und Musik..\n
- 3.5 Hofzeremoniell und Festlichkeiten.
- 3.6 Netzwerkaufbau.
- 4 Fazit
- 5 Literaturverzeichnis...
Zielsetzung und Themenschwerpunkte
Die Bachelorarbeit untersucht die Reise des englischen Adligen Sir Philip Sidney als Beispiel für die Grand Tour des 16. Jahrhunderts. Die Arbeit beleuchtet, wie diese Reisen zur Ausbildung des zukünftigen Höflings und Staatsmannes dienten und welche Fähigkeiten und Fertigkeiten dabei erworben wurden.
- Der Grand Tour als Instrument der Adelserziehung
- Die Rolle von Sprache, Kultur und Hofzeremoniell in der Ausbildung des Höflings
- Die Bedeutung von Netzwerkaufbau und politischer Bildung für den zukünftigen Dienst am Hof
- Die Entwicklung des Grand Tours als europaweites Kulturmuster
- Die Vielseitigkeit der Bildungsziele der Adelsreise
Zusammenfassung der Kapitel
Die Einleitung führt in das Thema der Adelsreise im 16. Jahrhundert ein und stellt die Bedeutung der Grand Tour für die Ausbildung von zukünftigen Höflingen und Staatsmännern heraus. Kapitel 2 untersucht die Eigenschaften und Fertigkeiten des idealen Höflings, während Kapitel 3 Sir Philip Sidneys Grand Tour als exemplarischen Fall analysiert. Dieses Kapitel beleuchtet verschiedene Bildungsinhalte der Reise, wie den Erwerb von Sprachkenntnissen, die Briefkunst und den Schreibstil, Geschichte, Politik und Moralphilosophie, Astronomie, Geometrie und Musik, Hofzeremoniell und Festlichkeiten sowie Netzwerkaufbau.
Schlüsselwörter
Grand Tour, Adelserziehung, Höfling, Staatsmann, Sprachkenntnisse, Hofzeremoniell, Netzwerkaufbau, politische Bildung, Kulturmuster, Bildung, Alltagswelt-Wissen, Hofeszucht.
- Citation du texte
- Melanie Büttner (Auteur), 2013, Reisen als adlige Erziehungspraktik im England des 16. Jahrhunderts, Munich, GRIN Verlag, https://www.grin.com/document/268125