Angekommen in Europa? Gesichter und Geschichten von jungen Migranten

Migrationspolitische Texte


Essai, 2014

104 Pages


Extrait


Zu den Autoren

Arian Fariborz, geb. 1969 in Hamburg, ist Politikwissenschaftler und Redakteur des Internetportals „Qantara.de - Dialog mit der islamischen Welt“ der Deutschen Welle. Er veröffentlichte zahlreiche Studien zum Thema „Der Westen und die islamische Welt“ sowie Dokumentationen über die Immigrations- und Einwanderungskonzepte der Europäischen Union.

Petra Tabeling, ist freie Journalistin und spezialisierte sich während ihrer Tätigkeit bei der Deutschen Welle auf kultur- und gesellschaftspolitische Themen in Europa. Zu ihren Schwerpunktthemen zählen Arbeitsmigration, Integration, Rassismus und Einwanderungsprobleme in der Europäischen Union. Sie ist Gründerin des „Dart Centers für Trauma und Journalismus“ in Deutschland, eine Medienorganisation, die sich u. a. für eine sensiblere Berichterstattung im Umgang mit Opfern einsetzt.

Zu den Fotografen

David Klammer , geb. 1961 in Berlin, ist freier Fotograf aus Köln. Schwerpunkte: Porträt und Reportage (u. a. für Focus, Geo, Freundin). Ausstellungen: „Bhopal – 20 Jahre nach der Chemiekatastrophe“ 2004, „Die Eunuchen Indiens“ 1997, „Pictures against War“, 2001 (Galerie Lichtblick, Köln). David Klammer wurde bei dem World Press Photo 2007 als einziger deutscher Fotograf ausgezeichnet.

Ikhlas Abbis, geb. 1956 in Bagdad, ist freier Fotograf in Abu Dhabi und Bagdad. Zahlreiche Foto-Reportagereisen in den Ländern des Nahen und Mittleren Ostens sowie nach Ägypten. Als DAAD-Stipendiat arbeitete er an verschiedenen Foto-Dokumentationen, z.B. über Sufi-Orden in Ägypten oder die Renaturierung der Flusslandschaften zwischen Euphrat und Tigris im Südirak.

Die vorliegenden migrationspolitischen Schriften entstanden mit freundlicher Unterstützung der Stiftung Umverteilen und der Bilz-Stiftung Köln

Abbildung in dieser Leseprobe nicht enthalten

Einleitung

Wenn in diesen Tagen und Monaten Europas Politiker hitzige Debatten über neue, restriktive Einwanderungsbestimmungen führen, wird dabei meist die persönliche Lebensrealität vieler Zuwanderer und Flüchtlinge ausgeblendet. Und auch in der Öffentlichkeit werden Migranten häufig über negative Bilder und Schlagzeilen wahrgenommen, so zum Beispiel bei den Unruhen in französischen und schwedischen Vorstädten oder den Flüchtlingsströmen in Lampedusa und Mellila an den südlichen Außengrenzen der EU.

Dabei wird allzu oft von gescheiterten Integrationskonzepten für die zweite und dritte Generation der in Europa lebenden Migranten auf eine neue Zuwanderungspolitik geschlossen, die nach Verschärfung und selektiver Einwanderung zugunsten hoch qualifizierter Fachkräfte aus dem Ausland verlangt.

Doch sind die Beweggründe - vor allem junger Migranten - nach Europa zu kommen, genauso vielfältig wie ihre zukünftigen Lebensentwürfe. Und viele von ihnen beabsichtigen auch nicht, dauerhaft in den Ländern der Europäischen Union zu bleiben, wie diese migrationspolitischen Essays aufzeigen.

Angekommen in Europa? erzählt die persönlichen Geschichten dieser oft namenlosen Gesichter, die sich in den Metropolen in der Mitte Europas ein neues Leben aufbauen. Der bebilderte Reportage- und Essayband zeigt auf, ob sich die Erwartungen und Hoffnungen der Migranten vom „europäischen Traum“ erfüllt haben. Welche praktischen Erfahrungen machen sie mit den Einwanderungsgesetzen der EU-Mitgliedsstaaten, in denen sie sich aufhalten? Wie erleben sie dort Rassismus und Fremdenfeindlichkeit und wie gehen sie damit um? Und welche Ansichten haben junge Migranten, die nach Europa kommen, über die gegenwärtige Einwanderungsdiskussion in den EU-Staaten? Ihre Sicht der Dinge eröffnet gleichzeitig auch einen Einblick in den Umgang der europäischen Gesellschaften mit Einwanderern aus Schwellen- und Entwicklungsländern.

Angekommen in Europa? porträtiert Menschen, die aus der Peripherie in die Zentren kommen und beleuchtet ihren Alltag sowie ihre Arbeitswelten in den europäischen Metropolen London, Berlin, Palermo, Dublin, Paris, Amsterdam, Barcelona und Södertälje bei Stockholm. Welche Meinung haben sie von der für sie anfänglich als fremd empfundenen Kultur? Fühlen sie sich als Zuwanderer in ihrer neuen Heimat gesellschaftlich akzeptiert und integriert? In welchen gesellschaftlichen Zusammenhängen und „Communities“ erfahren sie sozialen Rückhalt?

Angekommen in Europa? zeigt Zuwanderer, die den europäischen Gesellschaften in den letzten Jahren ein neues Gesicht verliehen haben. Es sind Geschichten von Menschen, die sich mit Billigjobs durchs Leben schlagen müssen. Da ist die Chinesin Zhang, die als Thekenkraft im traditionsreichen irischen Pub in Dublin arbeitet, der junge algerische Hip-Hop-Musiker Khaled in Paris, der pakistanische Mangoverkäufer Ali aus Londons multikulturellem Stadtteil Southall, der LKW-Schweißer Othman aus dem sudanesischen Darfur in Palermos Altstadt. Oder der junge russische Familienvater Dennis, der sich mit einem russischen Restaurant in einem Supermarkt in Berlin-Marzahn eine Existenz aufbaut. Sie alle verbindet vor allem eines: eine ungesicherte Existenz in den globalisierten europäischen Wohlstandsgesellschaften und ihre Hoffnung auf eine bessere Zukunft. Ihre Perspektive eröffnet uns einen tiefen Einblick in ihre Lebensweise, ihre Erfahrungen mit Rassismus und Fremdenfeindlichkeit in Europa sowie über ihre Erwartungen an die Zukunft.

1. Angekommen in Palermo: Othman aus dem Sudan

Erschöpft lässt sich Othman in einen der roten Plastikstühle fallen, die vor dem Straßencafé unweit des Teatro Massimos, des größten Opernhauses Italiens, stehen. Es ist ein heißer Sommernachmittag in Palermo. Scharen von Touristen steigen die Treppen des majestätischen, im Stil des Historismus gebauten Theaters aus dem 19. Jahrhundert herab, einige flanieren lärmend entlang der Piazza Verdi an dem Café vorbei, wo sich Othman gerade einen Espresso bestellt hat. Der Sudanese schenkt ihnen kaum Beachtung. Er sitzt ruhig da und lächelt müde. Die „Pasticceria del Massimo“ ist für ihn ein Ruhepol und eine Ausgangsbasis für seine abendlichen Exkursionen. Nach getaner Arbeit und wann immer sich sonst die Gelegenheit bietet, kommt er hier vorbei, um nach einer Tasse sizilianischen Espressos auf Streifzug durch das Gewirr der Altstadtgassen von Palermo zu gehen.

Abbildung in dieser Leseprobe nicht enthalten

Es ist kein gewöhnlicher Stadtbummel, denn Othman macht grundsätzlich nur vor geschichtsträchtigen, monumentalen Bauwerken der sizilianischen Hafenmetropole Halt: die Kirchen San Domenico und San Giovanni degli Eremiti, der Normannenpalast, die Cappella Palatina, die Statuen der Piazza Pretoria. Die einmalige Mischung arabischer, byzantinischer und normannischer Architekturstile fasziniere ihn, sagt er. Und zu jedem dieser antiken und barocken Monumente weiß er auch sogleich eine kunsthistorische Erklärung abzuliefern.

Dabei lebt der 35jährige Afrikaner aus dem sudanesischen Darfur erst seit kurzem in Palermo. Seine strapazenreiche Odyssee über Libyen und über die Mittelmeerinsel Lampedusa nach Sizilien liegt nur wenige Jahre zurück. Sein Ziel nach Palermo zu kommen, um dort eine Arbeit zu finden, hat er erreicht. Vorerst zumindest. „Du weißt nie, wohin dich das Leben letztendlich verschlägt“, sagt er, nippt kurz an seinem Espresso, bevor er fortfährt: „Aber ich habe mir während meiner Flucht immer wieder geschworen, dass ich mir in Italien ein neues Leben aufbaue und nicht zurückkehren werde.“

Seitdem Othman im letzten Jahr eine feste Stelle als Kfz-Mechaniker in einer Autowerkstatt in einem südlichen Vorort von Palermo gefunden hat, schöpft er wieder Hoffnung. Lange Zeit plagten ihn Angst und Ungewissheit. Erst die dauerhafte Arbeitsgenehmigung, die ihm die Einwanderungsbehörde in Palermo nach Rücksprache mit seinem Arbeitgeber ausstellte, bedeutete einen Lichtblick für den Sudanesen. Denn in Sizilien musste er jedes Jahr seine Duldung aus humanitären Gründen prüfen und um ein weiteres Jahr verlängern lassen.

Hätte sich die politische und wirtschaftliche Lage in der Krisenregion Darfur schlagartig gebessert, wäre er sicher zur Ausreise aufgefordert worden. Und dieses Risiko wollte er in jedem Fall vermeiden. Vor einer drohenden Abschiebung ist er dank festem Arbeitsplatz und Wohnsitz im Moment zumindest sicher – auch wenn Othman keine Chance hat, eine unbefristete Aufenthaltsgenehmigung zu erhalten. Denn erst nach zehnjährigem, legalen Aufenthalt mit festem Wohnsitz in Italien könnte er eingebürgert werden, vorausgesetzt er gibt seine sudanesische Staatsbürgerschaft ab. Außerdem muss Othman in dieser langjährigen Warteschleife über ein dauerhaftes und ausreichendes Einkommen verfügen, so schreibt es der Gesetzgeber vor.

Eine Anerkennung als politischer Flüchtling hätte die Probleme des jungen Sudanesen sicher mit einem Schlag gelöst. Doch er weiß, dass nur die wenigsten wirklich eine Chance haben, den begehrten Status eines anerkannten Flüchtlings zu erlangen, da sie sehr genau nachweisen müssen, dass sie aus politischen Gründen persönlich verfolgt werden. Die Verfahren für ein solches Asylbegehren werden in Italien nach wie vor sehr strikt gehandhabt.

Abbildung in dieser Leseprobe nicht enthalten

Die Flucht ins europäische Ausland trieb den jungen Sudanesen allerdings auch mehr aus wirtschaftlichen Gründen an. „In unserem Dorf gab es keine Arbeit und keine Perspektive“, berichtet Othman. „Wie sollte ich denn meine Familie, meine Frau und meine drei Kinder ernähren? Jeder weiß, dass es im Sudan viel Elend und Gewalt gibt. Man wird geradezu gezwungen, ins Ausland zu gehen!“ Mit dem Mut des Verzweifelten machte er sich schließlich Anfang 2000 zusammen mit anderen Leidensgenossen aus seiner Heimat auf eine tausende Kilometer lange, gefährliche Reise nach Italien.

Für viele Bootsflüchtlinge aus den subsaharischen Ländern des afrikanischen Kontinents ist Italien noch immer die „Drehtür nach Europa“, ein Transitland für die Weiterfahrt in die nordeuropäischen Zielländer. Die Abschaffung der Passkontrollen an den Binnengrenzen im Rahmen des Schengen-Abkommens, dem Italien 1997 beitrat, bedeutet für die Flüchtlinge, dass sie nicht nur in Italien, sondern zugleich auch in Europa angekommen sind, wenn es ihnen gelingt die äußerste EU-Außengrenze zu passieren.

Doch die Außengrenze scheint sich nunmehr immer weiter gen Süden zu verschieben, seitdem die ehemalige rechtskonservative Berlusconi-Regierung mit harter Hand gegen „illegale Einwanderer“ vorging: die Kontrollen der italienischen Küstenwache wurden verschärft, Rücknahmeabkommen von Flüchtlingen mit mehreren nordafrikanischen Staaten geschlossen, unter anderem mit Libyen, dem neuen Vorposten der EU: Bereits 2007 stellte Italien sechs Küstenwachschiffe für gemeinsame Patrouillen an der libyschen Küste zur Verfügung, um angeblich „kriminelle Organisationen, die Menschenhandel betreiben und von der illegalen Einwanderung profitieren” zu zerschlagen, hieß es aus dem Innenministerium in Rom. Im August 2008 besiegelten der im Zuge des Arabischen Frühlings gestürzte libysche Diktator Muammar al-Gaddafi und Silvio Berlusconi einen Freundschaftsvertrag, worin sich Libyen von der italienischen Regierung rund fünf Milliarden US-Dollar für seine umfassende Kooperation bei der Flüchtlingsabwehr in den nächsten 20 Jahren zahlen lässt.

Ungeachtet der Proteste von EU-Politikern, den Vereinten Nationen sowie Flüchtlingsorganisationen scheute die damalige Berlusconi-Regierung auch nicht davor zurück, illegale Einwanderer wiederholt nach Libyen abzuschieben. So geschehen im Mai 2009 als allein an einem Wochenende 240 Bootsflüchtlinge auf offener See aufgegriffen und postwendend nach Libyen zurückgeschickt wurden. Italiens früherer Innenminister Roberto Maroni feierte die Abschiebung als „historisches Ereignis“. Die Asylsuchenden hätten nunmehr die Möglichkeit, ihren Asylantrag von Libyen aus zu stellen, wobei er beflissentlich die unmenschlichen Bedingungen für Flüchtlinge in den libyschen Abschiebelagern verschwieg.

Tatsächlich hat sich das einstige Auswanderungsland Italien inzwischen zu einem Einwanderungsland gewandelt. Allein 2008 beantragten rund 31.000 Menschen bei den Behörden in Rom Asyl – doppelt so viele wie noch ein Jahr zuvor. Doch entgegen allen Kassandrarufen der rechtskonservativen Regierung ist die Zahl der aus Afrika an Italiens Küsten gespülten „clandestini“, der „Heimlichen“, wie die illegalen Immigranten von der italienischen Bevölkerung auch genannt werden, seit Jahren rückläufig. Und dennoch: „Ihre Ankunft inszeniert Italien gern als ‚emergenza’, als Notstand, der jeden Sommer wieder auf der Insel Lampedusa ausbricht, wenn ein paar hundert Bootsflüchtlinge binnen weniger Tage eintreffen“, schreibt der Italienkorrespondent der Berliner „Tageszeitung“, Michael Braun. „Gut 20.000 sind es übers Jahr, die mit Booten anlanden, höchstens 15 Prozent derer, die nach Italien gelangen – an die 70 Prozent nämlich reisen einfach mit dem Touristenvisum ein. Dennoch konzentriert die italienische Regierung ihre Flüchtlingsabwehr an der Seegrenze.“

Auch Ende Juli 2008 war der Aufschrei wieder groß, als ein neuer Flüchtlingsstrom aus Afrika die italienische Küste erreichte. Damals rief die Berlusconi-Regierung den landesweiten Notstand aus und verkündete drakonische Maßnahmen zur „Bekämpfung der illegalen Einwanderung“: Demnach sollte künftig die illegale Einreise nach Italien mit sechs Monaten bis zu vier Jahren Haft geahndet werden. Außerdem sah das „Sicherheitspaket“ eine Erleichterung von Ausweisungen sowie eine Verlängerung der maximalen Aufenthaltsdauer von Flüchtlingen in Auffanglagern von zwei auf 18 Monate vor. Für Aufenthaltsgenehmigungen werden künftig sogar Gebühren erhoben. Auch soll die Registrierung von Fingerabdrücken nicht nur bei illegalen Zuwanderern, sondern auch auf Roma-Kinder ausgeweitet werden.

Voraus eilte dieser „Law-and-order“-Politik ein Klima der Angst in der italienischen Bevölkerung, das durch die alljährlichen spektakulären Bilder der Medien über das Flüchtlingselend und das Drama an Italiens Küsten angeheizt wird, wie zuletzt im Oktober 2013, als vor der Mittelmeer-Insel Lampedusa mindestens 114 Menschen ertranken. Doch kaschieren diese dramatischen Zerrbilder der Medien oft genug die Realität: Tatsächlich gelingt es aber, wegen der technisch immer versierteren Überwachung der Küsten durch die „Europäische Agentur für die operative Zusammenarbeit an den Außengrenzen der Mitgliedstaaten der Europäischen Union“ (Frontex) und durch die verbesserte Kooperation mit den Sicherheitsbehörden der südlichen Mittelmeeranrainerstaaten, immer weniger afrikanischen „boat people“ an den italienischen Toren der „Festung Europa“ zu rütteln. Und Italien hat im europäischen Vergleich bis heute mit rund sechs Prozent einen äußerst niedrigen Anteil an Zuwanderern gemessen an der Gesamtbevölkerung. Allerdings haben die Regierenden in Rom das Thema Zuwanderung, Asylpolitik und Integration jahrzehntelang sträflich vernachlässigt. Die Tatsache, dass Italien bis heute als einziges altes EU-Land keine umfassende und eigenständige Asylgesetzgebung hat, legt dafür ebenso ein deutliches Zeugnis ab, wie die noch immer fehlenden Integrationsmaßnahmen für anerkannte Flüchtlinge und Asylbewerber.

Abbildung in dieser Leseprobe nicht enthaltenVor seiner Flucht aus dem Sudan war Othman davon überzeugt, dass es wohl leichter sei, in Italien eine feste Arbeit und ein dauerhaftes Bleiberecht zu erhalten, da der Großteil der Flüchtlinge Italien nicht als Zielland, sondern nur als Durchgangsstation auf dem Weg nach Frankreich oder Deutschland betrachteten. Eine Fehleinschätzung, wie er schon bald nach seiner Ankunft feststellen sollte.

Nur mit dem wenigen Ersparten und Lebensnotwendigsten ausgerüstet, reiste er im Frühjahr 2000 los, meist zu Fuß, manchmal – wenn er Glück hatte – nahm ihn ein Bus mit, über die sudanesische Grenze ging es nach al-Uwaynat, im äußersten Südosten Libyens, durch die Sahara, bis er nach wochenlanger, strapazenreicher Reise endlich die Hafenstadt Zuwarah im Westen Libyens erreichte. Für Othman nur eine Zwischenstation. Als illegal Eingereister ohne Bleiberecht hatte er in dem damals von Gaddafi regierten autoritären Wüstenstaat ohnehin keine Chance, einen regulären Job zu bekommen. Er verdingte sich als Gelegenheitsarbeiter im Hafen, lebte von der Hand in den Mund, ständig mit der Angst im Nacken, von den libyschen Sicherheitskräften aufgegriffen und wieder abgeschoben zu werden. Erst nach knapp zwei Jahren, im Sommer 2002, bot sich ihm endlich die Gelegenheit, zusammen mit anderen afrikanischen Glückssuchern in einem klapprigen Holzkahn die weitaus gefährlichere zweite Etappe nach Europa anzutreten.

Othman gibt sich wortkarg, nur ungern erinnert er sich an die riskante Fahrt über das Mittelmeer. „Das Boot war mit mehr als 20 Leuten überfüllt und wir hatten viel zu wenig Proviant an Bord. Aber es ging zum Glück alles gut, weil wir uns nicht verfahren hatten.“ Obwohl die italienische Mittelmeerinsel Lampedusa nur rund 70 Seemeilen vom libyschen Festland entfernt ist, dauerte die Überfahrt ganze drei Tage. Völlig ausgezehrt und seekrank wurde Othman gemeinsam mit den anderen „clandestini“ von der italienischen Küstenwache vor Lampedusa aus dem Meer gefischt.

Rund 60 Prozent aller Bootsflüchtlinge, die über das Mittelmeer die italienische Küste erreichen, landen auf Lampedusa. Von dort werden sie zunächst in das von der Polizei streng bewachte und mit Stacheldraht umzäunte Auffanglager abgeführt. Die Aufnahmebedingungen und die medizinische Versorgung in dem früheren Flüchtlingslager in Lampedusa, in das auch Othman gebracht wurde, waren so katastrophal, dass es im Sommer 2007 vorübergehend geschlossen werden musste – zu groß waren öffentliche Kritik und Beschwerden von EU-Parlamentariern und des Europäischen Gerichtshofes für Menschenrechte.

Als einer der ersten berichtete der italienische Reporter Fabrizio Gatti über die menschenunwürdigen Zustände in dem Camp. Im September 2005 konnte er sich nach Günter-Wallraff-Manier als kurdischer Flüchtling getarnt in das Auffanglager begeben. „Es gab Gewalt und Demütigungen von Seiten der Militärpolizisten“, erzählt der investigative Journalist aus eigener Beobachtung. „Manche Flüchtlinge wurden geschlagen. Die hygienischen Bedingungen waren katastrophal: Ich und andere wurden gezwungen, in Pfützen aus Urin und Kot zu sitzen, die aus den verdreckten Toiletten von nackten Füßen und Schuhen überallhin getragen wurden.“

Darüber hinaus war das hermetisch abgeriegelte, direkt am Flughafen gelegene Camp, das 190 Insassen aufnehmen konnte, hoffnungslos überfüllt, so Gatti. Auch die Befragungen der Flüchtlinge spotteten jeder Beschreibung. Im „Hau-Ruck“-Verfahren wurde über deren Asylbegehren entschieden, wobei oft nicht einmal der Versuch unternommen wurde, die Identität des ankommenden Flüchtlings zu klären. Das Recht auf Asyl konnten nur die wenigsten illegalen Einwanderer wirklich geltend machen. Häufig blieb ihnen keine Zeit, die Gründe für ihre Flucht und ihr Anliegen vorzubringen – Asylbegehren als Lotteriespiel.

Anfang 2009 rückte die südlichste Insel Italiens erneut in den Fokus der Medien: Ende Januar überwanden 700 Flüchtlinge die Mauern des Auffanglagers und zogen zum Rathaus der Stadt, um auf die miserablen Lebensbedingungen und die beschleunigten Abschiebungsverfahren nach Nordafrika aufmerksam zu machen. Einen Monat drauf entlud sich ihr Zorn auf die Berlusconi-Regierung, als Hunderte Bootsflüchtlinge gegen ihre Abschiebung demonstrierten und die überfüllten Lager schließlich in Brand steckten. 60 Menschen wurden bei den Tumulten verletzt.

Othman zählte zu den wenigen „clandestini“, die noch das Glück hatten, nicht sofort wieder nach Afrika abtransportiert zu werden. „Ich hatte einen arabischen Übersetzer, dem ich bei meiner Anhörung meinen sudanesischen Pass gezeigt habe. Und ich habe den Beamten mit Händen und Füßen zu verstehen gegeben, was mit mir passieren würde, wenn sie mich zurückschicken. Das hat wohl Eindruck auf beide gemacht.“ Doch wirklich sicher fühlen konnte sich der junge Sudanese auch dann nicht, als er nach Sizilien gebracht wurde, wo über sein Asylgesuch entschieden werden sollte.

Als Ende der 1990er Jahre immer mehr afrikanische Bootsflüchtlinge nach ihren Irrfahrten auf Lampedusa landeten, wurden sie nach der Aufnahme in sogenannten Identifikationszentren häufig nach Palermo geschickt, bis über ihr Einreisebegehren entschieden wurde. So auch Othman, dem dort von den Behörden eine befristete Aufenthaltsgenehmigung in die Hand gedrückt wurde. Dann wurde er einfach vor die Tür gesetzt.

Abbildung in dieser Leseprobe nicht enthaltenNoch bis vor kurzem sei dies eine gängige Praxis gewesen, berichtet Dario, Anwalt und Flüchtlingsberater der „Missione di Speranza e Carità“ in Palermo: „Manchmal gibt es in den so genannten ‚Identifikationszentren’, in denen die illegalen Einwanderer als erstes landen, nicht genügend Platz, weil sie oft völlig überbelegt sind. Dann wird ausgesiebt und diejenigen, die für eine Aufenthaltsgenehmigung aus humanitären Gründen oder als politisch verfolgte Flüchtlinge in Frage kommen, erhalten vorerst ein temporäres Bleiberecht und können dann gehen. Diese Praxis beobachte ich heute aber immer seltener. Inzwischen reagieren die Behörden schneller. Wenn über den Status Bewerber entschieden wird, befinden sie sich in der Regel noch in den Identifikationszentren.

Doch bis über sein Schicksal entschieden wurde, war Othman zunächst völlig auf sich selbst gestellt. Angekommen in Palermo besaß er weder genügend Geld, noch eine Bleibe in der fremden Stadt. Andere afrikanische Flüchtlinge, die schon seit längerer Zeit in Palermo lebten, gaben ihm den Rat, sich an das Missionswerk „Hoffnung und Nächstenliebe“ des Franziskanerbruders Biagio Conte im Bahnhofsviertel am Corso Dei Mille zu wenden. Conte, Sohn eines mittelständischen sizilianischen Bauunternehmers, hatte sich wegen seiner selbstlosen und spektakulären Aktionen im Dienste der Obdachlosen, Entwurzelten und Flüchtlingen bereits seit Jahren über die Landesgrenzen Italiens hinaus einen Namen als „Bruder der Armen“ oder „Robin Hood der katholischen Kirche“ gemacht.

1993 besetzte er mit einer Schar freiwilliger Helfer in einer Nacht-und-Nebel-Aktion kurzerhand eine heruntergekommene, ehemalige Desinfektionsanstalt in unmittelbarer Nachbarschaft zum Bahnhof, wo er schließlich seine „Missione di Speranza e Carità“ gründete. Die städtischen Behörden und die Polizei drückten ein Auge zu, weil sie sahen, dass Conte und sein Freiwilligenheer das Gebäude aufwändig sanierten und dafür sogar auch den Segen des Kardinals von Palermo erhielten. „Gottes Hausbesetzern“ gelang es kurz darauf, noch ein weiteres Haus für obdachlose und allein erziehende Frauen in der nahe gelegenen Via Garibaldi zu restaurieren. Conte erntete mit seinen karitativen Projekten den Zuspruch aus der Bevölkerung, so dass er dank zahlreicher Spenden das Missionswerk unterhalten und weiter ausbauen konnte.

Doch seine kleine Mission war auf den wachsenden Flüchtlingsstrom aus Afrika kaum vorbereitet. „Es kamen immer mehr Bootsflüchtlinge über die Insel Lampedusa nach Sizilien“, erinnert sich der 48jährige Franziskanerbruder mit dem langen, grauen Rauschebart und der Hirtenmütze. „Wir dachten anfangs nicht, dass dies eine große Herausforderung für uns bedeuten würde. Denn wir gingen davon aus, dass sich der italienische Staat um die Flüchtlinge kümmern müsste, da er auch die Aufnahmelager für die Flüchtlinge errichtete. Aber nach ein paar Monaten klopfte es dann immer lauter an unserer Tür, und da standen die vielen Menschen aus allen möglichen afrikanischen Ländern. Uns ist dann schnell klar geworden, dass diese Flüchtlinge dringend unsere Hilfe brauchen.“

Abbildung in dieser Leseprobe nicht enthalten

Dem großen Flüchtlingsandrang waren Contes Mitarbeiter jedoch schon bald nicht mehr gewachsen. Konnten anfangs lediglich 60 Menschen mit Kleidung, Essen und einem Schlafplatz versorgt werden, drängten sich nun über 200 Flüchtlinge in überfüllten Zimmern, schliefen in Gängen und unter Treppen. Im Februar 2002 ergriff Conte daher abermals die Eigeninitiative und besetzte mit seinen Missionshelfern und Flüchtlingen den nahegelegenen und seit Jahrzehnten leer stehenden Luftwaffenstützpunkt der italienischen Armee in Palermo. Ein riskantes Unternehmen, da es sich immer noch um einen militärischen Sperrbezirk handelte. Doch die Stadt Palermo lenkte auch dieses Mal ein und trat die Hälfte des Kasernengeländes an den Franziskanerbruder ab.

Othman Mussa hatte das Glück, genau in dieser Zeit zu Contes Mission zu stoßen. Das Kasernengelände mit seinem baufälligen großen Flugzeug-Hangar bot ihm – zusammen mit weiteren 450 Flüchtlingen aus Afrika und Asien zumindest ein Dach über dem Kopf. In den Monaten nach der Besetzung wurden weitere Schlaf- und Essenssäle auf dem Gelände errichtet, dazu noch eine Großküche und eine Gesundheitsstation zur medizinischen Versorgung der Flüchtlinge. Um den jungen Flüchtlingen eine berufliche Ausbildung zu ermöglichen und damit deren Integration zu fördern, ließ Conte auch Töpfer- und Kfz-Werkstätten, Recyclinghöfe und Sprachschulen auf dem Kasernengelände aufbauen.

Auf den ersten Blick wirkt Contes Mission allerdings noch wie ein einziges gigantisches Chaos. Improvisierte, schnell zusammen gezimmerte vier Wände für die festen Mitarbeiter stehen neben mehrgeschossigen Rohbauten aus Beton, umringt von Baucontainern, Gerüsten und Kleinbaggern. Überall liegen Ziegel- und Schuttberge herum. Dazwischen tummeln sich Gruppen von schwarzafrikanischen Flüchtlingen, die auf dem Kasernengelände in sengender Mittagshitze ein Schwätzchen halten. Der frühere Flugzeug-Hangar, wo derzeit noch die Flüchtlinge leben müssen, bis die Wohnräume fertig gestellt sind, gleicht einer riesigen Bettenburg, ein Flickenteppich aus bunten Decken, Stofffetzen und Plastikplanen – ein Bild, das jeglicher Beschreibung spottet.

Doch Othman war froh, als er hier eine Bleibe finden konnte, nichts dafür zahlen musste, genau wie für den Italienisch-Kurs, den er auf der Sprachschule des Missionsgeländes besuchen konnte – ganz gleich obwohl der italienische Staat bis heute Integrationsmaßnahmen wie Sprachkurse und Nachweise über ausreichende Kenntnisse der italienischen Gesellschaft nicht zwingend vorsieht. Ein Schritt in Richtung gelungene Integration bedeutete für Othman auch die Ausbildung zum Kfz-Meister, die im ebenfalls in der Mission angeboten wurde und die er nach zwei Jahren erfolgreich beendete. Daraufhin arbeitete er zunächst noch auf dem Missionsgelände, bis ihm schließlich die feste Stelle in einer Werkstatt im Süden Palermos angeboten wurde.

Auf Gelegenheitsjobs ist der Sudanese heute nicht mehr angewiesen ist, er muss sich nicht mehr als einfacher Erntehelfer zu Dumping-Löhnen auf den Feldern verkaufen oder als Illegaler auf der Baustelle schwarz zu arbeiten, wie viele seiner afrikanischen Leidensgenossen. Eine Perspektive, dauerhaft in Italien leben zu können oder sich dort zumindest zeitweilig legal aufzuhalten, wurde bisher den wenigsten eröffnet. Eine bedenkliche Entwicklung, zumal in Italien heute schätzungsweise rund eine Million illegal Zugewanderte leben, auf die überalterte Gesellschaft als billige Arbeitskräfte in der Landwirtschaft, auf dem Bau und in der Altenpflege zwingend angewiesen ist.

Der Grund für den prekären Aufenthaltsstatus vieler Flüchtlinge liegt in den restriktiven Zuwanderungsgesetzen mit seinen unklaren Quotenregelungen begründet: Bereits 1998 versuchte die italienische Regierung per Gesetz die illegale Einreise von Menschen aus Nicht-EU-Staaten zu drosseln, indem ein System jährlicher Einreisequoten für Arbeitnehmer aus dem Ausland geschaffen wurde. Mit dem so genannten „Bossi-Fini-Gesetz“ der ehemaligen rechtskonservativen Berlusconi-Regierung wurden diese Auflagen 2002 nochmals verschärft: Nach Italien durfte künftig nur einreisen, wer bereits zuvor eine Arbeitszusage bekommen hat.

Die damalige Berlusconi-Regierung führte eine jährliche Quotenregelung ein, wonach nur 170.000 Antragsteller eine Arbeits- und Aufenthaltsgenehmigung erteilt bekommen sollten – viel zu wenig, angesichts von einer Million Nicht-EU-Bürger, der „Extracommunitari“ wie sie auch genannt werden, die schon seit Jahren in Italien leben. So heißt es für viele: warten bis zur nächsten Legalisierungsaktion und hoffen, dass man bis dahin nicht von der Polizei geschnappt wird. In einem solchen Fall droht den illegalen Zuwanderern die direkte Abschiebung in ihr Herkunftsland sowie ein zehnjähriges Einreiseverbot.

Von der Vorstellung im Rahmen einer Legalisierungskampagne das dauerhafte Bleiberecht zu erhalten, hat sich Othman längst verabschiedet. Immerhin ist seine Lage nicht ganz so ausweglos, wie die vieler anderer illegal zugereister Bootsflüchtlinge aus Afrika. Vor einer drohenden Abschiebung ist er dank Jobgarantie und Duldung aus humanitären Gründen vorerst geschützt. Aber wirklich sicher kann er sich erst nach zehnjährigem Warten fühlen, sofern er bis dahin seine Arbeitsstelle behält und ein Ende des Konflikts in seiner Heimat weiterhin nicht abzusehen ist.

Dass er von seiner Familie in Darfur seit Jahren getrennt ist, macht den 35jährigen Sudanesen allerdings immer mehr zu schaffen. Unruhe erfülle ihn, sagt er: „Ich telefoniere einmal in der Woche mit meiner Frau und den Kindern und schicke ihnen regelmäßig Geld. Aber das ist einfach zu wenig, um eine Familie zusammenzuhalten. Erst wenn ich nach den zehn Jahren eingebürgert werde, kann ich sie endlich nach Italien holen.“ Für Othman ist das bange Warten und Hoffen wie eine lange Durststrecke, eine Prüfung, die ihn an die entbehrungsreiche Zeit seiner Odyssee durch Meer und Wüste erinnert. Und so sehr er auch manchmal mit dem Gedanken spielt, wieder nach Darfur zu reisen, um seine Familie zu sehen, so weiß er doch genau, dass es für ihn kein Zurück mehr gibt. „Das ist der Preis der Freiheit“, meint er nachdenklich. „Aber ich habe mich entschlossen, ihn zu zahlen.“

(Fotos: Ikhlas Abbis)

2. Angekommen in Paris: Khalil & Samia aus Algerien

„Ich hatte damals Glück, sogar großes Glück, diesen Franzosen in Algier zu treffen, der ein Musikfestival in der Bretagne organisierte und nach talentierten jungen Künstlern in Algerien Ausschau hielt. Er fragte mich und meinen Freund, ob wir nicht Lust hätten, zusammen mit anderen Bands in Rennes aufzutreten. Da haben wir natürlich sofort ja gesagt.“ Khalil lächelt. Der kräftige Hüne mit den kurz frisierten, dunkelbraunen Haaren und dem schwarzen Kapuzenpulli nippt kurz an seinem Kaffee und lehnt sich entspannt zurück, „für mich war das eine einmalige Chance, mit meiner Musik etwas im Ausland anzufangen. Außerdem stand ich zu der Zeit vor dem Problem, nach Abschluss meines Architekturstudiums zur Armee in Algerien eingezogen zu werden.“

Abbildung in dieser Leseprobe nicht enthalten

Doch so weit kam es nicht. Nach dem Auftritt des Hip-Hop-Duos im Sommer 2004 meldete sich Khalil bei den Einwanderungsbehörden in Paris und beantragte für die Verlängerung seines Studiums eine Aufenthaltserlaubnis. Sein algerischer Bandkollege ging nach Kanada, wo ihm politisches Asyl gewährt wurde.

Für den 28jährigen Khalil kam das kurzfristige Angebot nach Frankreich zu gehen wie gerufen, wusste er doch um die Härten des zweijährigen Militärdienstes in seinem Land, von den Gräueln und der erschreckenden Brutalität in dem fast zehnjährigen algerischen Bürgerkrieg, der erst 1999 von der Regierung Bouteflika offiziell für beendet erklärt wurde. Vor Khalil hatten bereits Hunderte algerische Rai-Pop- und Hip-Hop-Musiker ihrem Land den Rücken gekehrt – aus Furcht vor Anschlägen islamistischer Eiferer, die ihre Klänge als westlich-dekadentes und hedonistisches Teufelszeug brandmarkten.

Seit Anfang der 1990er Jahre entwickelte sich vor allem Paris zur Drehscheibe einer lebendigen exil-algerischen Musikkultur. Aber auch nach dem Ende des „schwarzen Jahrzehnts“ – wie die Algerier den Bürgerkrieg in ihrer nordafrikanischen Heimat nennen – leben viele der einstigen Pioniere der Hip-Hop-Bewegung noch immer im französischen Exil, da ihnen die politische Situation nach wie vor zu unsicher erscheint, um zurückzukehren. Für Khalil bedeutete es denn auch keine allzu großen Schwierigkeiten, sich an das neue Leben in Paris anzupassen: Schnell fand er Anschluss an andere Bands der franko-algerischen Rap-Szene, mit denen er sich Proberäume und Technikausstattung teilen konnte. „Hier sind die Produktionsbedingungen um ein vielfaches besser als in Algerien“, schwärmt Khalil. „Wir können uns über unsere Projekte austauschen und in unterschiedlichen Besetzungen Konzerte geben. Aber das wichtigste ist, dass wir uns hier frei entfalten können und nicht ständig mit der Angst vor Polizei oder Extremisten leben müssen.“

Seitdem Khalil 2004 nach Paris kam, hat er bereits viele seiner Ideen und Vorhaben realisieren können: Unter dem Künstlernamen „Mamooth“ erscheinen seine Songs und Compilations auf einem bekannten Musiklabel aus seiner Heimatstadt Algiers, das CDs und Kassetten auch im europäischen Ausland vertreibt. Gesponsert wird Khalil’s Hip-Hop von einem algerischen Fußballverband.

Doch verdient er damit noch nicht genug, um davon allein den Lebensunterhalt für sich und seine algerische Freundin zu bestreiten. Nebenbei jobbt er als Nachtportier in einem Hotel in der Pariser Innenstadt. „Das ist aber nicht so dramatisch, schließlich kann ich die Zeit im Hotel dazu nutzen, neue Songs zu schreiben und Stücke zu komponieren, die ich dann zuhause produziere oder mit anderen Rappern im Proberaum umzusetzen versuche.“

[...]

Fin de l'extrait de 104 pages

Résumé des informations

Titre
Angekommen in Europa? Gesichter und Geschichten von jungen Migranten
Sous-titre
Migrationspolitische Texte
Auteurs
Année
2014
Pages
104
N° de catalogue
V268246
ISBN (ebook)
9783656592143
ISBN (Livre)
9783656592099
Taille d'un fichier
5695 KB
Langue
allemand
Mots clés
angekommen, europa, gesichter, geschichten, migranten, migrationspolitische, texte
Citation du texte
Arian Fariborz (Auteur)Petra Tabeling (Auteur), 2014, Angekommen in Europa? Gesichter und Geschichten von jungen Migranten, Munich, GRIN Verlag, https://www.grin.com/document/268246

Commentaires

  • Pas encore de commentaires.
Lire l'ebook
Titre: Angekommen in Europa? Gesichter und Geschichten von jungen Migranten



Télécharger textes

Votre devoir / mémoire:

- Publication en tant qu'eBook et livre
- Honoraires élevés sur les ventes
- Pour vous complètement gratuit - avec ISBN
- Cela dure que 5 minutes
- Chaque œuvre trouve des lecteurs

Devenir un auteur