Mechanismen der Skandalisierung von PR-Kampagnen im Kunstbetrieb


Thèse de Bachelor, 2013

71 Pages, Note: 1,0


Extrait


Inhaltsverzeichnis

Executive Summary

Vorwort

Einleitung

1. Problematisierung und Forschungsfragen
1.1. Argumentationsverlauf
1.2. Definitionen
1.2.1. Der Medienskandal
1.2.2. PR-Ethik

2. Öffentlichkeitsarbeit im Kulturbereich
2.1. Begriffsbestimmung
2.2. Aufgaben der Kultur-PR
2.3. Instrumente der Kultur-PR
2.4. Studien zur Öffentlichkeitsarbeit im Kunstsektor

3. Die Anatomie des Medienskandals
3.1. Einführung in die Skandalforschung
3.2. Theorie und Empirie der Skandalforschung
3.3. Kepplingers Studie zur Skandaltheorie
3.4. Die Mechanismen des Medienskandals

3.5. Exkurs: Das Zwei-Komponenten-Modell nach Kepplinger / Rouwen

4. PR-Ethik als ambivalente Disziplin im Rahmen der
Skandalisierung von Kommunikationsprozessen 

4.1. PR-Ethik in der Praxis
4.2. PR-Kodizes
4.3. Die Diskursethik von Jürgen Habermas nach Leeper

5. Die Ausstellungnackte männer und die damit verbundene diskursive Problematik
5.1. Die Ausstellungnackte männer und ihre mediale Präsenz
5.2. Die Kampagne für die Ausstellungnackte männer als Medienskandal
5.3. Die Diskussion der schematischen Komponenten
5.3.1. Die periodische Einordnung der Kampagne nach Burkhardt
5.3.2. Die verwendeten Instrumente der Kampagne
5.3.3. Die Definition der Narrationsschemata
5.3.4. Die Einbindung des Zwei-Komponenten Modells nach Kepplinger
5.4. Die Diskussion der PR-ethischen Komponenten
5.4.1. Die Implementierung einer moralischen Ebene
5.4.2. Diskurs und Dialog als PR-ethische Instrumente
5.4.3. Der Skandal im Konflikt mit dem Mediengesetz und der PR-Ethik

6. Resumée

Exkurs: Das Experteninterview

Literaturverzeichnis

Anhang

Vorwort

Im Rahmen meiner beiden Hauptstudien und meiner bisherigen beruflichen Erfahrung habe ich mich bereits intensiv mit der Bedeutung von Public Relations im Kunstbetrieb, speziell im Kunstbetrieb Österreichs, auseinandergesetzt. Nun werde ich versuchen einen Sonderfall dieser Praxis anhand dieser Arbeit theoretisch zu analysieren. Die Skandalisierung von PR-Kampagnen stellt einen außergewöhnlichen Tatbestand der PR-Praxis im Kunstbetrieb dar, weil sich ein Skandal in der Regel, wie aus der dargebotenen Literatur ersichtlich, eher auf politische Prozesse bezieht. Vereinzelt kommt es jedoch zu diesen Ausläufern in der PR-Praxis und einer dieser besonderen Fälle, nämlich die Kampagne für die Ausstellung nackte männer im Leopold Museum, soll hier als Ausgangspunkt meines persönlichen sowie fachlichen Interesses gelten.

Zur formellen Genauigkeit werden vorab drei Aspekte festgehalten:

- Zum einen sind alle personenbezogenen Aussagen, wenn nicht eindeutig auf den Namen verwiesen wird, geschlechtsneutral zu betrachten.
- Zum anderen werden gewisse Begriffe oder Formulierungen, wie zum Beispiel Ausstellungstitel oder direkte Zitate in kursiver Form dargestellt.
- Weiters wird der Titel der Ausstellung entsprechend dem Originaltitel immer in Kleinbuchstaben geschrieben.

Einleitung

Zum Skandal wird ein Missstand erst durch die Perspektive, aus der man ihn betrachtet.“
(Kepplinger 2009: S. 191)

Die Sprengkraft eines tatsächlichen Skandals wird man in der PR-Praxis des Kunstbetriebs wohl eher selten dokumentieren können. Es existieren zwar Querschläger, diese positionieren sich jedoch eher im aktiven Umgang mit Künstlern und deren Auslegung von gewissen Normen innerhalb des allgemeinen Kulturbetriebs, als innerhalb der Kommunikationspraxis von Museen und Galerien.[1] Die Vermutung liegt jedoch nahe, dass kulturelle Institutionen abseits ihrer Bildungsverantwortung, aufgrund ihres Fachbereichs, ausreichend Potential zur Produktion von medialen Skandalen hätten. Sei es in Form der Präsentation diskussionswürdiger Exponate oder ausgefallener Kunstaktionen, welche für mediale Furore sorgen. Diese gesellschaftliche Auflehnung gegen eine spezielle öffentliche Präsentation von Kunst – sei es die Vermarktung von nackten Körpern oder die Bewerbung brisanter Kunstaktionen – kann zum Nutzen einer Institution verwendet werden. Wenn also Kulturinstitutionen eine bewusste Kontroverse in ihrem Programm integrieren und sich die Verantwortlichen entgegen der normativen Zensur platzieren, kann dies eine mediale Welle zu Gunsten des Betriebs auslösen. Der Skandal steckt somit also im Detail.

Wilson, Rawles und Stoker beschreiben dieses Phänomen als eine notwendige Konstante im Entscheidungsfindungsprozess von Museen, da sich diese aufgrund ihrer Verpflichtung gegenüber ihrem Bildungsauftrag nicht von einer gesellschaftlich anerkannten Normierung beeinflussen lassen dürfen. Sie präsentierten diesen Umstand in ihrer Studie anhand von zwei aufsehenerregenden Ausstellungen in Utah und erarbeiteten eine systematische Herangehensweise an das Paradox der musealen Verpflichtung (vgl. Wilson/Rawlins/Stoker 2012: S. 4-7).

Diese Arbeit widmet sich diesem seltenen Phänomen des Kunstbetriebs auf differenzierte Art und Weise. Es wird zum einen eine begriffliche Trennung der notwendigen Ausführungen in die allgemeinen Aspekte der Thematik dargebracht. Hierfür wird insbesondere die Bedeutung des Medienskandals eine Rolle spielen. Der Medienskandal wird im Rahmen dieser Arbeit als ein essenzieller Begriff gehandhabt werden, der als eine eigene Kategorie der Kommunikationspraxis betrachtet werden muss, welche als Konstrukt der medialen Kommunikation gilt, das losgelöst von den Medien existiert und nicht lediglich von ihnen aufgegriffen wird (vgl. Burkhardt 2006: 384). Diese Herangehensweise versteht den Medienskandal als ein bewusst eingeführtes Instrument, das in Form einer weiteren Bearbeitung zu einer dialogorientierten Kommunikationsbasis führen soll. Als Kernbegriff wird dieser im einführenden Teil der Arbeit noch genauer hergeleitet werden.

Die drei Säulen dieser Arbeit setzten sich zum einen aus den Mechanismen von PR-Kampagnen im Allgemeinen, den Richtlinien der PR-Ethik in der Kommunikationspraxis, sowie der Übertragung dieser Aspekte auf die Kampagne der Ausstellung nackte männer im Leopold Museum zusammen. Es ist notwendig das Interesse um diese Bestandteile in eine klare Form zu gliedern, um die Mechanismen der Skandalisierung von PR-Kampagnen im weiteren Verlauf der Arbeit mit den ethischen Grundsätzen einer PR-Praxis[2] in Verbindung setzen zu können, die die notwendigen theoretischen Informationen zur Diskussion rund um die Kampagne liefern soll. Um ausschlaggebende Bereiche der Kampagne diskutieren zu können, wurde ein Experteninterview mit dem Leiter der Presseabteilung des Leopold Museums – Mag. Klaus Pokorny – durchgeführt. Eine inhaltliche Komponente, die vorab aus diesem Gespräch sehr gut abgeleitet werden kann, ist die Herangehensweise an das Thema der Skandalisierung innerhalb der Kampagne, da im Vorfeld keine bewusste Planung zur Aufrechterhaltung des Skandals vorgesehen war und dieser beinahe ausschließlich aufgrund seiner selbsterzeugten Medialität am Leben gehalten wurde (vgl. Pokorny 2013: S. 3).

1. Problematisierung und Forschungsfragen

Diese Arbeit sieht vor, die Mechanismen, welche bei der Skandalisierung von PR-Kampagnen im Allgemeinen benutzt werden, aufzuzeigen und sie auf die Kampagne der ausgewählten Ausstellung des Leopold Museums zu übertragen, um zu sehen, in wie weit diese Mechanismen aus PR-ethischer Sicht die Normen der Kommunikationspraxis verletzten oder umgehen. Es soll kein wertendes Urteil oder die Frage nach einer bewussten Inszenierung dieser Kampagne gestellt werden, sondern aufgrund von Studien und einer ausführlichen theoretischen und begrifflichen Abgrenzung des Sachverhalts auf folgende Forschungsfragen eingegangen werden:

1. Wie werden in Medienskandalen wie der Kampagne für die Ausstellung nackte männer die strategischen Mechanismen der Skandalisierung integriert?
2. Inwiefern erzeugte die PR-Kampagne des Leopold Museums eine Konfrontation mit den Grundsätzen der PR-Ethik und welche PR-Maßnahmen wurden diesbezüglich von dem Kunstmuseum unternommen?

1.1 Argumentationsverlauf

Im einführenden Teil der Arbeit muss ein klares Verständnis von Kultur-PR aufgebaut werden, um die Bestimmungen für die weiteren Teile der Arbeit gestalten zu können. Hierfür soll jedoch keine Abgrenzung zu verwandten Bereichen wie dem Journalismus oder der Werbung dargebracht werden, sondern lediglich eine knappe Spezifizierung der notwendigen Instrumente, Dialoggruppen und Techniken, welche in der PR-Praxis von Kulturbetrieben gängig sind. Diese Herangehensweise wird durch die Einbeziehung von aktuellen Studien, im Speziellen aus dem amerikanischen Raum, unterstützt. Im ersten Teil wird daher auf den einführenden Bereich der ersten Forschungsfrage Bezug genommen.

Als nächstes wird auf die methodischen Bestandteile der ersten Forschungsfrage eingegangen, um diese in ihrem theoretischen Sachverhalt einordnen zu können. Dafür ist es notwendig auf die gängige Skandalisierungs-Literatur einzugehen, um eine direkte Bestimmung der verwendeten Begriffe vorzunehmen. Im weiteren Verlauf wird klargestellt, welche impliziten Ansprüche der Skandalisierung existieren und wie diese in der Praxis dargestellt werden. Im Rahmen des ersten Arbeitskerns wird außerdem das von Kepplinger weiterentwickelte Zwei-Komponenten Modell der Nachrichtenwerttheorie seinen Anklang finden (vgl. Kepplinger / Rouwen 2000: S. 463f). Diese erweiterte Theorie soll die Voraussetzungen eines effektiv kommunizierten medialen Ereignisses in einen theoretischen Rahmen setzen, aufgrund dessen es möglich sein soll weitere Bereiche der Skandalisierung zu erfassen.

Im zweiten Teil der Arbeit bildet die PR-Ethik das Hauptthema und somit wird die Spezifizierung der zweiten Forschungsfrage bearbeitet. Es ist notwendig diesen Bereich der Arbeit als einen ambivalenten Körper zu betrachten, welcher sich anhand der Übertragung in die darauffolgenden Bereiche definiert. Es wird außerdem auf die aktuellen Kodizes eingegangen, die das Grundgerüst der ethischen Komponenten in der PR-Praxis definieren. In Anlehnung an die Kodizes werdem außerdem ausgewählte Positionen von führenden Kommunikationswissenschaftlern in Bezug zur Ethik, insbesondere von Günter Bentele und Jürgen Habermas, angeführt.

Im abschließenden Teil der Arbeit wird nun die Kampagne des Leopold Museums per se bearbeitet und in ein Schema zur Anwendung der theoretischen Erkenntnisse gesetzt. Die im Rahmen des Experteninterviews erhobenen Angaben und die im Vorfeld bearbeiteten theoretischen Konstrukte, werdem in diesem Teil zu einem Resumée über die dargebrachten Ausführungen in Anlehnung an ein praktisches Beispiel von Skandalisierung in der Kommunikation eines Kunstbetriebs final diskutiert.

1.2 Definitionen

Es muss einleitend geklärt werden, welche Bedeutung die im späteren Verlauf der Arbeit verwendeten Begriffe aufweisen. Daher wird vorab die Definition und Auslegung bestimmter Begriffe geklärt. Wie bereits aus den dargebrachten Einführungen ersichtlich ist, werden hier zuerst die zwei Hauptaspekte definitorisch eingegrenzt. Diese wären der Medienskandal und die PR-Ethik. Es ist notwendig diese beiden Begriffe vorab zu definieren, da sie im späteren Verlauf der tatsächlichen theoretischen Herleitung immer wieder verwendet werden und daher vorab klar dargestellt sein sollten.

1.2.1 Der Medienskandal

Der Begriff Skandal kann unter anderem auf religiöse, etymologische, moralische oder kommunikationswissenschaftliche Art und Weise hergeleitet werden. Es scheint jedoch naheliegend die Definition von kommunikationswissenschaftlicher Seite unter Berücksichtigung der Konstanten des Journalismus und des spezialisierten Medienskandals zu betrachten.[3] Kepplinger sieht den Skandal als einen Missstand an, der durch publizistische Kritik skandalisiert wird. Weiterführend bedeutet das für den Skandal, dass er seine Konstitution aus den verschiedenen involvierten Positionen und den daraus resultierenden Konsequenzen erfährt. Diese Positionen sind aber in der Regel laut Kepplinger nicht inhaltslos, da dem Skandal in der Regel ein empirischer Fall zugrunde liegt, welcher nur durch die verschiedenen publizistischen Konflikte um den Skandal relativiert wird und somit weniger dem realen Anlass, als der erzeugten medialen Spannung verpflichtet ist. Daher ist es notwendig die evolutionäre Struktur eines Skandals in den Medien in Bezug auf die verschiedenen Kontrahenten in die Bewertung einfließen zu lassen, um die inhaltlichen Bereiche des Geschehens adäquat darstellen zu können und sich nicht von einer übertrieben geleiteten Position irritieren zu lassen (vgl. Kepplinger 2009: S. 9-10).

An dieser Stelle muss der Begriff des nicht mediatisierten Skandals vom Medienskandal getrennt werden. Der Medienskandal unterscheidet sich folgerichtig vom alltäglichen Skandal durch die raumzeitliche Aufhebung des face-to-face Verhältnisses aufgrund der Nutzung eines Mediensystems (vgl. Landwehr 2011: S. 229). Steffen Burkhardt sieht den Medienskandal in der heutigen Gesellschaft wie folgt:

Im Gegensatz zum nichtmediatisierten Skandal folgt er [Anm.: der Medienskandal] den spezifischen Normen-, Struktur-, Funktions- und Rollenmustern des Journalismus, die ihn zu einem der mächtigsten bedeutungskonstruierenden Diskurse mit nahezu virulenter Streuwirkung formen.“ (Burkhardt 2006: S. 57)

Somit stellt der Medienskandal eine notwendige Konstante in gewissen Bereichen der kommunikativen Praxis dar, die den klaren Formen des Journalismus folgt, da der Medienskandal an sich von der Darbietung des Journalismus abhängig ist um am Leben gehalten zu werden. Diesbezüglich unterscheidet Burkhardt in verschiedene Thesen und Phasen, die die Entwicklung vom Skandal zum Medienskandal in ihrem narrativen Diskurs zum Journalismus kennzeichnen (vgl. Burkhardt 2006: S. 167ff). Die fünf zentralen Thesen werden von ihm wie folgt formuliert: „Medienskandale (1) sind moralische Diskurse, (2) verlaufen in funktionalen Phasen, (3) gliedern sich in Episoden, (4) politisieren und (5) aktualisieren Macht.“ (Burkhardt 2006: S. 167)

Diese fünf Phasen des Medienskandals werden im abschließenden Teil der Arbeit anhand der Kampagne zur Ausstellung nackte männer diskutiert und veranschaulicht, beziehungsweise soll gezeigt werden, ob sich diese Mechanismen überhaupt auf einen solchen Medienskandal im Kunstbetrieb anwenden lassen.

Der Medienskandal wird also strikt vom Skandal getrennt und legitimiert seinen Geltungsanspruch durch diverse Faktoren der zyklischen Entstehung/Entwicklung und über die Formulierung einer einheitlichen medialen Differenzierung zum nicht mediatisierten Skandal. Der Medienskandal muss in dieser Arbeit dennoch als ein im vorhinein unabhängig entwickelter Prozess im Rahmen der Public Relations verstanden werden, welcher sich systematisch an die Berichterstattung und den daraus resultierenden Konsequenzen einer gesellschaftlichen Normierung anpasst. Dementsprechend ist der Medienskandal kein unabhängig von der journalistischen Berichterstattung existierender Beobachtungsgegenstand, sondern dessen Produkt (vgl. Burkhardt 2006: S. 384).

1.2.2 PR-Ethik

Im nächsten Schritt wird nun die Begrifflichkeit der PR-Ethik umrissen, um sie einführend klar gestalten zu können und die Anwendbarkeit des Begriffes für den zweiten Teil der Arbeit zu erleichtern. Holtzhausen bemerkt: „Public Relations is arguably the communication discipline most obsessed with ethics “ (Holtzhausen 2012: S. 31) Tatsächlich gibt es ein breites Diskussionsspektrum im theoretischen, sowie praktischen Bereich der Public Relations die sich mit den ethischen Aspekten des Fachs auseinandersetzen. PR-Ethik jedoch adäquat zu formulieren ist keine eindeutige Angelegenheit, da sie aufgrund der Auslegung des Berufs und den mitschwingenden Attributen der Manipulation etc. schwer in einen normativ ethischen Kontext einzuordnen ist. Schwarz verweist diesbezüglich auch auf die regional unterschiedliche Bedeutung von PR-Regeln und die von Avenarius geprägt Aussage, dass es derzeit keine wissenschaftlich einheitliche Ethik des Kommunizierens gibt. Dieser Umstand erschwert natürlich die allgemeine Gültigkeit einer Berufsethik in der Öffentlichkeitsarbeit, weil es keine geregelte Verhaltensgrundlage geben kann (vgl. Schwarz 2009: S. 69).

Diese Aspekte werden nur erwähnt, um zu veranschaulichen wie komplex die Herangehensweise an eine ethisch wertvolle Kommunikationsbasis in der PR sowie an eine normierte Regelung in der Praxis betrachtet werden muss.

Die definitorische Grundlage im deutschsprachigen Raum geht jedoch vorwiegend auf die Ausführungen von Günther Bentele zurück, der folgendes unter dem Anspruch an eine Ethik der PR verstand:

„Eine Ethik der Public Relations beschäftigt sich mit dem moralisch-sittlichen Handeln von PR-Praktikern und den Normen, die diesem Handeln zugrunde liegen, deren Angemessenheit, Systematik usw. Konkret widmet sie sich z.B. Fragen von Offenheit (Transparenz) und Geheimhaltung, Wahrheit, Objektivität und Präzision oder dem Verschweigen von Unternehmensinformationen, den Problemen und Grenzen der Beeinflussung von Politikern (z.B. beim Lobbying, der Vergabe von Geschenken an Journalisten, das Anbieten von Wirkungsgarantien, etc.“ (Bentele 2008: S. 566)

Gemäß Faulstich wird Öffentlichkeitsarbeit als eine „organisationsimmanente Vermittlung zwischen gesellschaftsfundierten Werten auf der einen Seite und individuellen Werten auf der anderen Seite “ (Faulstich 2000: S. 80) gesehen. Daraus ergibt sich ein ontologisches Problem in der weiterführenden Definition der PR in ihre Aufgaben und ihre ethische Konzeption im Sinn einer allgemeinen Anwendbarkeit. Mit einem weiterführenden Verweis auf Bentele zur Definition der PR-Ethik in der Praxis wird ein utilitaristischer Ansatz zum Verständnis hinzugefügt, welcher das Verhalten eines PR-Praktikers in einer Institution gut heißt, insofern es der Unternehmung nützt (vgl. Bentele 1996: S. 149).

Somit gründet die PR-Ethik in ihrer praktischen Umsetzung auf einem zweigeteilten Gerüst, das zum einen aus der philosophischen Konzeption eines allgemeingültigen Anspruchs nach ethischen Richtlinien besteht und zum anderen aus der diversifizierten Ansicht von Praktikern, die eine Ethik in der Öffentlichkeitsarbeit nach einem Nutzen Prinzip in Abgrenzung zur Wirtschaftsethik verstehen. Da die Abgrenzung zur Wirtschaftsethik in der Regel aber auf der Basis einer dialogorientierten Vertrauensebene zu den jeweiligen Dialoggruppen besteht (vgl. Jaksch 2004, S. 59), wird die weiter oben dargebrachte Formulierung von Günther Bentele für die Ausarbeitung des Begriffs der PR-Ethik in dieser Arbeit, in Anlehnung an ihre Verantwortung zur Offenlegung ihrer Vorgangsweisen in der Öffentlichkeit zur weiterführenden Betrachtung prioritär gesehen.

2. Öffentlichkeitsarbeit im Kulturbereich

2.1 Begriffsbestimmung

„[A] distinctive management function which helps establish and maintain mutual lines of communication, understanding, acceptance and cooperation between an organisation and its publics; involves the management of problems or issues; helps management to keep informed on a responsive to public opinion; defines and emphasises the responsibility of management to serve the public interest; helps management keep abreast or fand effectively utilise change, serving as an early warning system to help anticipate trends; and uses research and sound ethical communication as ist principal tools. “ (Harlow 1976: S. 36)

Diese stark an der Praxis orientierte, mit 17 Forderungen verbundene Definition von Harlow beinhaltet aufgrund ihrer Ausarbeitung der Pflichten von Public Relations, einen klaren Einblick in die Disziplin, der über die gängige sprachliche Formulierung hinaus geht (vgl. Burger 2011: S. 29). Daher wird für die weitere Betrachtung PR als eine Disziplin des Kommunikationsmanagement begriffen (vgl. Burkart 2004: S. 174), die auf die genaue Bearbeitung der definierten Teilöffentlichkeiten zum Nutzen einer Institution unter ethisch korrekten Handlungsweisen abzielt.

2.2 Aufgaben der Kultur-PR

Da sich der Kulturbereich im Grunde nicht von anderen Wirtschaftszweigen unterscheidet, kann man bezüglich der Aufgaben von Öffentlichkeitsarbeit in Kunst und Kultur auf Mandels bekannte Verteilung verweisen. Mandel sieht die Aufgaben der Public Relations darin „zu informieren, Vertrauen zu schaffen, den Boden für gute Geschäftsbeziehungen zu bereiten sowie langfristige Beziehungen zu unterschiedlichen Teilöffentlichkeiten aufzubauen.“ (Mandel 2009: S. 13). Somit überschneiden sich die Grundanforderungen an die Öffentlichkeitsarbeit für Museen, Galerien oder Theatern mit denen von Institutionen in anderen Wirtschaftssektoren. Mandel formuliert außerdem sieben maßgebliche Aktionsfelder an denen sich die Öffentlichkeitsarbeit im Kulturbereich orientieren müsse. Somit sollten Kulturinstitutionen mit ihrem Kommunikationsmanagement (1)„auf Basis einer klaren Corporate Identity Vertrauen in eine Institution aufbauen und ein (Marken-) Image schaffen, das für eine spezifische, hohe Qualität steht. “ (Mandel 2009: ebda). Außerdem müsste (2) die Information über Kulturveranstaltungen die Motivation zur Kulturnutzung fördern, sowie (3) Brücken zwischen künstlerischer Produktion und dem Publikum bauen. Sie betont weiters, dass (4) die Publikumsgenerierung stark von der Form der Institution ausgehend geplant werden müsse, um (5) die kulturpolitischen Ziele in der Partizipation mit dem Publikum umsetzten zu können oder (6) anregende Diskussion über Kunst fördern zu können. Als abschließenden Punkt betont Mandel (7) die Bedeutung der Sympathie für Kulturinstitutionen, um kulturelle Werte anhand des Vertrauens in die Institution adäquat vermitteln zu können (vgl. Mandel 2009: S. 13-15).

2.3 Instrumente der Kultur-PR

Wie bereits erwähnt, gibt es in der PR-Praxis von Kulturbetrieben eindeutige Überschneidungen zu anderen Sektoren in denen die Öffentlichkeitsarbeit tätig ist. Daher ist es nur logisch, dass sich die verwendeten Instrumente der Public Relations in Kulturbetrieben ebenfalls grundsätzlich in interne und externe PR-Maßnahmen unterschieden werden (vgl. Chap-Rabenau 2000: S. 67).

Eine genaue Auflistung aller Instrumente ist wohl zu umfangreich für diese Arbeit, daher werden nachfolgend nur kurz die wichtigsten Tools für eine erfolgreiche PR-Arbeit aufgelistet:

- Analyse/Archivarbeiten über Öffentlichkeitsarbeit bzw. die konstante Beobachtung der hauseigenen Öffentlichkeitsarbeit (vgl. Leberer 2005: S. 35).
- Inserate in Form von klassischen PR-Anzeigen als Teil des Kommunikationsmanagements um ein allgemeines Interesse, sowie Vertrauen in die Institution zu schaffen (vgl. Pleil 1977: S. 85).
- Diskussionsveranstaltungen zur Bindung der Besucher an die repräsentierten Künstler/Kuratoren/Sammler und zur persönlichen Involvierung der Gäste in die Aktionen der Kunstinstitution (vgl. Leberer 2005: S. 37-38).
- Plakate (allgemeine Druckmittel) ausgehend von der Institution selbst. Durch den Einsatz öffentlicher Plakate können nicht nur die teils komplexen Themen von Veranstaltungen kompakt kommuniziert, sondern gleichbedeutend die Botschaft fernab von der elitären Wirkung der Institution verbreitet werden (vgl. Leberer 2005: S. 38f).
- Instrumente der internen Öffentlichkeitsarbeit bzw. Intranet
- Internet/Social Media Kanäle zur Förderung der Online-Präsenz. Zerfaß und Pleil sprechen der Social Media-Anwendung eine essenzielle Bedeutung für den aktiv geführten Dialog mit den jeweiligen Stakeholdern zu (vgl. Zerfaß / Pleil. 2012: S:43). Das Internet und alle Social Web-Plattformen im besonderen erlauben durch die breit gefächerte Ausrichtung und die spezialisierte Orientierung an den Zielgruppen eine Many-To-Many-Kommunikation. Dadurch erlangt eine Institution mit Hilfe einer professionell etablierten Onlinepräsenz die Möglichkeit mit seinen Kunden und Teilöffentlichkeiten in einen ungezwungenen Dialog zu treten, um die klassische Rolle des reinen Informationsvermittlers abzuwerfen ( vgl. Kim / Johnson. 2012. S:50).
- Pressearbeit als Grundbaustein einer erfolgreichen Öffentlichkeitsarbeit. Für die praktische Gestaltung erfolgreicher Pressearbeit haben Museen unter anderem folgende Möglichkeiten: Medienkonferenzen, Mediengespräche, Interviews und Medienmitteilungen. Auch das Erstellen eines Pressespiegels beziehungsweise die kompakte Zusammenstellung aller Artikel über ein Event, eine Aktion oder Ausstellung beziehungsweise das Museum selbst ist ein unabdingbarer Bestandteil der Pressearbeit. (vgl. Leberer 2005: S. 42f)
- Publikationen beziehungsweise Fachaufsätze legitimieren das Bild als Institution der Hochkultur nicht nur im Rahmen der internen PR-Maßnahmen, sondern über den universitären und kuratorischen Rahmen hinaus. Auf der anderen Seite besteht auch die arbeitsintensive Möglichkeit ein eigenes Kundenmagazin zu errichten, dass über die hauseignen Programme oder ihre Künstler berichtet (vgl. Mandel 2004: S. 72).
- Sonderveranstaltungen stehen besonders in kontroversen Fällen als ein nützliches Instrument zur Förderung von Transparenz zur Verfügung. Diese Veranstaltungen sollten den typischen Charakter des musealen Programms differenziert beleuchten und den Besuchern quasi einen Blick hinter die Kulissen gewähren (vgl. Leberer 2005: S. 44f). French und Runyard betonen, dass spezialisierte Events im Kulturbereich die Möglichkeit haben die Bindung an die jeweilige Öffentlichkeit auf besondere Art und Weise zu festigen. Daher empfiehlt es sich, die Professionalität der Planung, sowie die Spontanität der erzielten Wirkung stets aufgrund einer konsequenten Planung und Entwicklung der einzelnen Events gründen zu lassen. Das Sonderevent kann sich somit in verschiedenster Form als hilfreich erweisen. Sei es zum einen um komplett neue Zielgruppen anzusprechen oder aber um neue Sponsoren für die Institution zu begeistern. In jeglicher Hinsicht sind Sonderveranstaltungen ein essenzielles Instrument für erfolgreiche Öffentlichkeitsarbeit im Kultursektor, das es bewusst zu nutzen gilt (vgl. French / Runyard 2011: S. 175-177).

2.4. Studien zur Öffentlichkeitsarbeit im Kunstsektor

Die empirische Fachliteratur zur Öffentlichkeitsarbeit im Kunstbereich ist relativ schwach ausgestattet. Die meisten Studien, welche diesbezüglich in den letzten Jahren durchgeführt wurden, beziehen sich auf den amerikanischen Raum. Dennoch ist an dieser Stelle einführend auf die 1992 von Schuck-Wersig und Wersig durchgeführte Studie zu verweisen, die versuchte, die verschiedensten institutionellen Rahmenbedingungen für ein erfolgreiches Museumsmarketing und dessen Finanzierungsmöglichkeiten zu erfassen. Sie untersuchten die Bedeutung der Marketingabteilung innerhalb von Museen in Deutschland, Frankreich und England und wollten unter anderem wissen, wie diese finanziert werden, welche Verantwortung ihnen zugesprochen wird oder wie viele Freiheiten sie in der Programgestaltung haben. (vgl. Schuck-Wersig / Wersig 1992: S. 12).

Schuck-Wersig / Wersig kamen im Rahmen ihrer Feldstudie zu dem Resultat, dass es bemerkenswerte Unterschiede zwischen den Ländern gibt. In Frankreich hatte die Bildungspolitik zu dieser Zeit einen erheblichen Einfluss auf die Gestaltung der Museumsprogramme, sowie auf die Kapazitäten der Kommunikationsabteilungen. Somit unterlagen Museen in Frankreich einer Zentralisierung aufgrund der Bildungspolitik die es ihnen nicht erlaubte unabhängig zu handeln (vgl. Schuck-Wersig / Wersig 1992: S. 42ff). In England verwalteten sich die Museen selbstständiger und bestachen durch ihre Verbindung von öffentlichen und privaten Initiativen. Die starke Betonung auf eine regionale Orientierung bei der Programmgestaltung sollte zur verstärkten Hinwendung an einheimische Zielgruppen genutzt werden. Bei diesen Museen war daher eine klare Hinwendung zur Transparenz und Flexibilität in einem marktfähigen Kontext gegeben (vgl. Schuck-Wersig / Wersig 1992: S. 90ff). In Deutschland wiesen die untersuchten Museen ein komplizierteres Bild ihres Kommunikationsmanagements auf. Da die deutschen Museen in einem föderalistischen, länderspezifischen Umfeld eingebettet waren, ergaben sich hierbei stark schwankende finanzielle sowie publikumsbezogene Unterschiede. Daher wiesen die deutschen Museen aufgrund ihrer starken Abhängigkeit von den Bundesländern einen gravierenden Mangel in Bezug auf ihr besucherzentriertes Kommunikationsmanagement, sowie in ihrer Programgestaltung auf (vgl. Schuck-Wersig/ Wersig 1992: S. 95ff). Man muss jedoch speziell bei dieser Studie kritisieren, dass sie, obwohl sie ein sehr umfangreiches Bild der Museumslandschaft in Europa bietet, in ihrer Aktualität stark hinterfragbar ist.

In ihrer 1993 durchgeführten Studie gingen Schneider / Schuck-Wersig / Wersig der Frage nach, inwiefern sich die Wirksamkeit von Öffentlichkeitsarbeit für Museen definiert. Sie kamen nach der Untersuchung diverser Besuchertypen in verschiedenen deutschen Museen zu dem Schluss, dass die Pressearbeit und die kreative Einbeziehung des Publikums in das Programm der Institution den ausschlaggebendsten Erfolgsfaktor für eine gute PR-Arbeit darstellt (vgl. Schneider / Schuck-Wersig/ Wersig 1993: S. 31ff).

Gietl untersuchte im Jahr 2005 im Rahmen ihrer Diplomarbeit an der Universität Wien, wie sich öffentliche Kunstmuseen mit kommunikativen Maßnahmen im Spannungsfeld zwischen Bildungsauftrag und Kommerzialisierung platzieren. Dafür untersuchte sie anhand von Experteninterviews und einer analytischen Bestandsaufnahme folgende österreichische Kunstinstitutionen: die Albertina, das Museum für moderne Kunst Wien, das Museum für Angewandte Kunst Wien und die Galerie Belvedere (vgl. Gietl 2005: S. 64f). Sie kam zu der Erkenntnis, dass die Museen aufgrund ihrer derzeitigen Rechtsform als Anstalt öffentlichen Rechts mehr Freiheiten in der Gestaltung und Umsetzung ihrer Programmpläne genießen, als vor 20 Jahren. Die dadurch resultierende Eigenverantwortung der Institutionen hat jedoch Einfluss auf die Grundansprüche der Museen—Sammeln, Erhalten, Forschen—wodurch diese durch die Möglichkeit mit kommunikativen Aktionen zu experimentieren in Versuchung geraten ihre Verpflichtungen zu vernachlässigen. Außerdem kritisiert sie die mangelnde Transparenz der innerbetrieblichen Kommunikation sowie die strikte Konkurrenzhaltung der Museen, welche teilweise zu inhaltlichen Überschneidungen der Programme führt und somit dem Bildungsauftrag und dem kommerziellen Erfolg widerspricht (vgl. Gietl 2005: S. 100-102).

[...]


[1] Anm.: Siehe zur weiterführenden Bedeutung des Kunstskandals durch Künstler: Fellner, Sabina (1997): Kunstskandal! Die beliebtesten Nestbeschmutzer der letzten 150 Jahre, Wien: Ueberreuter.

[2] Anm.: Außerdem ist es von großer Bedeutung im Vorfeld zu betonen, dass die angeführten ethischen Komponenten in ihrem aktuellen Umfeld betrachtet werden und somit auf eine fundierte philosophische Diskussion aus platzgründen verzichtet wird.

[3] Anm.: Zur vertiefenden Herleitung des Begriffs aus etymologischer oder religiöser Sicht, siehe: Thomson, James B. (2000): Politicial Scandal. Power and Visibility in the Media Age. Cambridge: Politiy Press, oder: Stählin, Gustav (1930): Skandalon. Die Geschichte eines biblischen Begriffs, Gütersloh: Bertelsmann.

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Résumé des informations

Titre
Mechanismen der Skandalisierung von PR-Kampagnen im Kunstbetrieb
Université
University of Vienna  (Publizistik und Kommunikationswissenschaften)
Note
1,0
Auteur
Année
2013
Pages
71
N° de catalogue
V268515
ISBN (ebook)
9783656589068
ISBN (Livre)
9783656589082
Taille d'un fichier
917 KB
Langue
allemand
Mots clés
mechanismen, skandalisierung, pr-kampagnen, kunstbetrieb
Citation du texte
Bakk. BA Daniel Lippitsch (Auteur), 2013, Mechanismen der Skandalisierung von PR-Kampagnen im Kunstbetrieb, Munich, GRIN Verlag, https://www.grin.com/document/268515

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