Vorstellungen von „Religion“, wie die von „Buddhismus“, entstehen vor allem in gesellschaftlichen Diskursen. Diese Diskurse sind zeitlich wie räumlich in bestimmte soziale Kontexte eingebettet, wobei sie quer durch die verschiedenen Ebenen des globalen, regionalen und lokalen entsprechend der jeweils vorhandenen Machtverhältnisse von vielen verschiedenen sozialen Machtpositionen aus unterschiedlich wirken und dabei verschiedene Bedürfnisse und Interessen zum Ausdruck bringen. So wurde im Diskurs des 19. Jahrhunderts der Begriff „Religion“ in Europa neu bestimmt und den protestantisch geprägten Vorstellungen einer neuen urbanen bürgerlichen Machtelite angepasst und gleichzeitig durch den Kolonialismus auf die verschiedenen Glaubensformen der Welt hegemonial übertragen. Aus dem kolonialen Aufeinandertreffen von christlichen Missionaren und westlichen Wissenschaftlern einerseits und asiatischen Buddhisten andererseits entstand im 19. und 20. Jahrhundert eine neue Interpretationsform von Buddhismus. Buddhismus wurde anhand gesammelter und übersetzter historischer Texte mit dem Christentum verglichen und dabei als eine universale Religion bestimmt und definiert. Bei dieser neuen Bestimmung wurde dem Buddhismus eine authentische Identität durch eine Reihe von grundsätzlichen Eigenschaften zugeschrieben. Zu Beginn des 20. Jahrhunderts hatte der Buddhismus analog zu anderen Weltreligionen seine gesammelten und bestimmten Grundlagentexte, seine Gebote und grundlegenden Prinzipien, seine internationale Konferenzen und eigene universale heilige Stätten. Dabei wurde authentischer Buddhismus weniger in den vielfältigen Überlieferungen und religiösen Praktiken der lebenden Buddhisten Asiens gesucht und gefunden, sondern hauptsächlich in den Ausgaben der buddhistischen Manuskripte, Übersetzungen und Interpretationen der westlichen Orientalisten. Die westlichen Kolonialmächte konnten somit den Diskurs zum Buddhismus auf globaler Ebene kontrollieren und dabei mit ihrem Selbstverständnis und ihren ideologischen und sprachlichen Dimensionen bestimmen. Doch gab es in diesem Diskurs auch vielfältige Wechselwirkungen, und es waren vor allem die asiatischen Eliten selbst, die wie in Thailand buddhistische Reformen zur Artikulation ihrer Interessen gestalteten und gebrauchten.
Inhaltsverzeichnis
- 1. Einleitung
- 2. Macht, Diskurs und Religion
- 3. Westliche Hegemonie und die Definition von Buddhismus
- 4. Buddhistische Tradition in Südostasien
- 5. Die Transformation des Buddhismus in Thailand
- 5.1 Mongkut und die Thammayutnikai
- 5.2 Die Reformen unter Chulalongkorn
- 6. Buddhistische Reform und lokale Praxis in Thailand
- 6.1 Die Vermittlung buddhistischer Texte: der Dhammapada
- 6.2 Das Übernatürliche im Thai Buddhismus
- 7. Fazit
Zielsetzung und Themenschwerpunkte
Diese Arbeit untersucht die Transformation des Buddhismus in Thailand im 19. und frühen 20. Jahrhundert, indem sie den Einfluss westlicher Hegemonie und die Interaktion zwischen staatlicher, normativer Interpretation und lokaler, vielfältiger Praxis beleuchtet. Sie analysiert, wie der Diskurs um den Buddhismus geformt und verbreitet wurde und welche Rolle dabei Machtstrukturen und Medien spielen.
- Der Einfluss westlicher Hegemonie auf die Definition von Buddhismus
- Die Rolle des thailändischen Staates bei der Gestaltung des buddhistischen Diskurses
- Der Widerspruch zwischen normativer und tatsächlicher buddhistischer Praxis in Thailand
- Die Bedeutung von Macht und Diskurs in der religiösen Praxis
- Die Transformation des Buddhismus als komplexes Zusammenspiel globaler, regionaler und lokaler Kräfte
Zusammenfassung der Kapitel
1. Einleitung: Die Einleitung stellt einen scheinbaren Widerspruch vor: die offizielle, staatlich geförderte, modernisierte Präsentation des Buddhismus in Thailand steht im Gegensatz zur tatsächlichen, vielfältigen und oft unorthodoxen Praxis vieler Gläubiger. Dieser Widerspruch wird anhand von Beispielen illustriert, wie dem neuen Museum in Bangkok und dem Bericht über eine typische thailändische Buddhistin, Mod. Die Arbeit kündigt eine Untersuchung des Diskurses um den Buddhismus an, der die Interaktion von globalen, regionalen und lokalen Kräften umfasst, insbesondere im Kontext des Kolonialismus und der Modernisierung.
2. Macht, Diskurs und Religion: Dieses Kapitel wird sich voraussichtlich mit der theoretischen Grundlage der Arbeit befassen, indem es die Konzepte von Macht, Diskurs und Religion im Sinne von Foucault, Bourdieu und Riesebrodt erörtert. Es wird wahrscheinlich argumentiert, wie Religion durch den gesellschaftlichen Diskurs, kontrolliert durch Medien und staatliche Institutionen, produziert und verbreitet wird. Die Machtstrukturen und ihr Einfluss auf die Interpretation und Präsentation von Religion werden im Detail analysiert werden.
3. Westliche Hegemonie und die Definition von Buddhismus: Dieses Kapitel wird vermutlich den Prozess der Definition des Buddhismus als Weltreligion im 19. und frühen 20. Jahrhundert untersuchen, insbesondere unter dem Einfluss des Kolonialismus und des Vergleichs mit dem Christentum. Es wird wahrscheinlich die Entstehung eines neuen Diskurses um den Buddhismus analysieren, der bestimmte Eigenschaften – wie philosophische Rationalität, eine historische Gründerfigur und einen kanonischen Textkorpus – als essentiell für seine „authentische“ Identität definiert.
4. Buddhistische Tradition in Südostasien: Dieses Kapitel wird voraussichtlich den historischen Kontext der buddhistischen Tradition in Südostasien darstellen und als Grundlage für das Verständnis der späteren Transformationen dienen. Es wird wahrscheinlich die verschiedenen Formen und Ausprägungen des Buddhismus in der Region beleuchten und die Entwicklungen vor dem Einfluss der westlichen Hegemonie und der Modernisierung beschreiben.
5. Die Transformation des Buddhismus in Thailand: Dieses Kapitel behandelt die Reformen des Buddhismus in Thailand während der Regierungszeit von König Mongkut und Chulalongkorn. Es wird die Rolle des Staates bei der Modernisierung und Standardisierung des Buddhismus, einschließlich der Einführung neuer Technologien und der Förderung einer bestimmten Interpretation, untersuchen. Die Kapitel 5.1 und 5.2 werden detailliert auf die jeweiligen Beiträge von Mongkut und Chulalongkorn eingehen.
6. Buddhistische Reform und lokale Praxis in Thailand: Dieses Kapitel analysiert den Unterschied zwischen der offiziellen, reformierten Version des Buddhismus und der tatsächlichen Praxis der Gläubigen. Es wird zeigen, dass trotz der staatlichen Bemühungen, eine einheitliche und normative Interpretation durchzusetzen, die lokale, vielfältige und oft traditionellere Praxis weiterhin dominant bleibt. Die Unterkapitel 6.1 und 6.2 beleuchten dies anhand konkreter Beispiele wie der Vermittlung buddhistischer Texte und der Rolle des Übernatürlichen im thailändischen Buddhismus.
Schlüsselwörter
Westliche Hegemonie, Buddhismus in Thailand, Diskursanalyse, Macht, Religion, Kolonialismus, Modernisierung, Reform, Staat, lokale Praxis, normative Interpretation, Mongkut, Chulalongkorn, Thammayut-Nikaya.
Häufig gestellte Fragen zum Text: Transformation des Buddhismus in Thailand
Was ist der Gegenstand dieser Arbeit?
Diese Arbeit untersucht die Transformation des Buddhismus in Thailand im 19. und frühen 20. Jahrhundert. Sie beleuchtet den Einfluss westlicher Hegemonie und die Interaktion zwischen staatlicher, normativer Interpretation und lokaler, vielfältiger Praxis des Buddhismus.
Welche zentralen Themen werden behandelt?
Zentrale Themen sind der Einfluss westlicher Hegemonie auf die Definition des Buddhismus, die Rolle des thailändischen Staates bei der Gestaltung des buddhistischen Diskurses, der Widerspruch zwischen normativer und tatsächlicher Praxis, die Bedeutung von Macht und Diskurs in der religiösen Praxis und die Transformation des Buddhismus als komplexes Zusammenspiel globaler, regionaler und lokaler Kräfte.
Welche Kapitel umfasst die Arbeit und worum geht es in ihnen?
Die Arbeit gliedert sich in sieben Kapitel: Eine Einleitung, die einen Widerspruch zwischen offizieller und tatsächlicher buddhistischer Praxis in Thailand darstellt. Ein Kapitel zu Macht, Diskurs und Religion, welches die theoretischen Grundlagen erläutert. Ein Kapitel über westliche Hegemonie und die Definition von Buddhismus. Ein Kapitel zur buddhistischen Tradition in Südostasien. Zwei Kapitel zur Transformation des Buddhismus in Thailand unter Mongkut und Chulalongkorn, inklusive der Reformen. Ein abschließendes Kapitel mit einem Fazit. Die Kapitel untersuchen den Einfluss der staatlichen Reformen und den Widerspruch zwischen normativer und tatsächlicher Praxis.
Welche Rolle spielen Mongkut und Chulalongkorn in der Arbeit?
Die Regierungszeiten von König Mongkut und Chulalongkorn werden als Schlüsselfaktoren für die Transformation des Buddhismus in Thailand untersucht. Ihre Reformen und der Einfluss des Staates auf die Standardisierung und Modernisierung des Buddhismus werden detailliert analysiert.
Wie wird der Widerspruch zwischen normativer und tatsächlicher Praxis dargestellt?
Die Arbeit zeigt den Widerspruch zwischen der offiziellen, reformierten Version des Buddhismus und der tatsächlichen Praxis der Gläubigen. Trotz staatlicher Bemühungen um eine einheitliche Interpretation, bleibt die lokale, vielfältige und oft traditionellere Praxis bestehen. Beispiele hierfür sind die Vermittlung buddhistischer Texte und die Rolle des Übernatürlichen im thailändischen Buddhismus.
Welche theoretischen Konzepte werden verwendet?
Die Arbeit stützt sich auf die Konzepte von Macht, Diskurs und Religion von Foucault, Bourdieu und Riesebrodt, um die Produktion und Verbreitung von Religion durch gesellschaftlichen Diskurs, kontrolliert durch Medien und staatliche Institutionen, zu analysieren.
Welche Schlüsselwörter beschreiben die Arbeit am besten?
Schlüsselwörter sind: Westliche Hegemonie, Buddhismus in Thailand, Diskursanalyse, Macht, Religion, Kolonialismus, Modernisierung, Reform, Staat, lokale Praxis, normative Interpretation, Mongkut, Chulalongkorn, Thammayut-Nikaya.
Für wen ist diese Arbeit bestimmt?
Diese Arbeit richtet sich an ein akademisches Publikum, das sich mit dem Buddhismus in Südostasien, der Religionswissenschaft, der Geschichtswissenschaft und der Diskursanalyse auseinandersetzt.
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- Jan Andrejkovits (Author), 2013, Macht, Diskurs und Religion: westliche Hegemonie und die Transformation des Buddhismus in Thailand, Munich, GRIN Verlag, https://www.grin.com/document/269139