Islam, Krieg und Terror: Afghanistan im gegenwärtigen englischsprachigen Roman


Wissenschaftlicher Aufsatz, 2014

33 Seiten


Leseprobe


Gliederung

1. Vorwort

2. Der Stellenwert pakistanischer Autoren im gegenwärtigen englischen Roman

3. Khaled Hosseini The Kite Runner (2003)

4. Nadeem Aslam The Wasted Vigil (2008)

5. Ausblick

6. Bibliografie

1. Vorwort

Der gegenwärtige englische Roman wurde in den vergangenen dreißig Jahren mit Autoren/-innen mit islamischen Wurzeln entscheidend geprägt. Diese Gruppierung brachte - so wie Autoren mit afrikanischem und jamaikanischem Hintergrund - nicht nur ihren kulturellen Hintergrund oder ihre politische Vergangenheit mit in die literarische Entwicklung des englischsprachigen Romans ein, sondern sie ergänzten diese durch eine Rückkehr der Religion als literarischem Parameter. Die Einbindung des Islams bedeutete deshalb nicht nur eine Rückbesinnung auf das Religiöse als Element der Erzählung, sondern sie eignete sich bestens für Charakteranalyse und die Gestaltung des point of view.

Wurden Islam und islamischer Fundamentalismus zunächst dafür benutzt, um die allgemeine Situation der ' migrant condition ' zu analysieren, oder um beide als Gegenentwurf zur Hybridität der Charaktere zu platzieren, so lassen sich in letzter Zeit zwei weitere Entwicklungen feststellen. Die eine ist gekennzeichnet durch das was die Literaturkritik mit ' loss of innocence' bezeichnet. Diese dramatische Veränderung der Hauptpersonen scheint eine Domäne weiblicher Autoren geworden zu sein und findet sich u.a. in Monica Alis Brick Lane (2003) oder Anna Pereras Guantanamo Boy ( 2009 ).

Ziel dieser Beschreibung ist dabei die Zentrierung auf die Veränderung und die (positive wie negative) Reifung der Hauptperson, auch im Sinne einer Läuterung.

Die zweite, neuere Tendenz, konzentriert sich auf das Thema ‘ war ’. Die Thematik Krieg ist oft gekoppelt an die klassische Konstellation vieler Migrationsautoren die ihre Werke häufig in den Rahmen 'center - periphery' stellten und damit den Huntingschen ' clash of civilizations ' forcieren.

In diesem Rahmen findet sich auch der aktuelle Trend dieser Gruppierung, die ihren Handlungsort zunehmend von England (oder Amerika) zurück in ihre Heimatländer verlegt (vgl. u.a. Leila Abdoulela Minaret ( 2005); Mohsin Hamid The Reluctant Fundamentalist (2007) Tahmima Anam A Golden Age ( 2007) / The Good Muslim ( 2011) und dabei oftmals eine literarische Nahe zum Thema Krieg sucht.

Dieser Ansatz findet sich auch in den hier analysierten Werken The Kite Runner und The Wasted Vigil, die ihren geographischen Schwerpunkt in Afghanistan haben.[1] Beide Autoren, Hosseini wie Aslam, haben sich bewusst für diesen Schritt entschieden und dabei eine eindringliche (wenn auch verschiedene) Analyse von Islam, Krieg, Terror und menschlichem Schicksal vorgelegt, die gerade im Jahre 2014 daran erinnert, dass die letzten hundert Jahre literarisch durchgehend von der Thematik Krieg geprägt wurden, auch wenn Europa und Amerika diesen jetzt in der islamischen Welt führen. Dem Land am Hindukusch fällt hierbei eine zentrale Rolle zu, die literarisch von islamischen Autoren gefüllt wird, auch weil nur sie als Moslems in der Lage sind, den Krieg in einem islamischen Land von der islamischen Seite zu beschreiben, was ihren Werken ein hohes Maß an Authentizität zukommen lässt, die den westlichen Leser mehr als überzeugt und eindringlich mahnt.

2. Der Stellenwert pakistanischer Autorinnen und Autoren im gegenwärtigen englischen Roman

Das Schlagwort ´Postkoloniale Literatur` unterliegt einer schwierigen Kategorisierung, da es im Zusammenhang mit mehreren Entwicklungen gesehen werden muss. Man kann ihm deshalb Prozesscharakter zuordnen.[2] Von der Begriffsbestimmung per se kann sie zunächst in Verbindung mit dem Ende des britischen Kolonialismus bzw. dem Empire sowie der gesamten europäischen imperialen Aggression gesehen werden. Die literarische Reaktion fungierte in diesem Zusammenhang als starkes Medium, um all diejenigen Erfahrungen aufzuarbeiten, die von den vorherrschenden gesellschaft= lichen, politischen und ökonomischen Gegebenheiten vorgegeben wurde. Hierunter zählen die beiden erwähnten Kräfte eines Kolonialismus und Imperialismus, sowie das moderne Phänomen der Globalisierung (Shoat, 1992, S. 31/32; 103; Childs/ Williams, 1997, S. 1-3; Walder, 1998, S. 1-6; Erll/ Nünning, 2008; Erll/ Rigney, 2009).

Said (1994) betont in diesem Zusammenhang vor allem die Rolle der Intellektuellen, die sich gegen die permanente Machtausübung des Westens gegenüber anderen Kulturen wehren sollen. Für ihn geht es dabei auch um die Frage, wie viel Macht in einer Kultur steckt, wie es um Machtausübung und Machtmissbrauch in einer Gesellschaft steht und wie in diesem Spannungsfeld die Rolle der Intellektuellen zu sehen ist.[3] Said (1978; 1984) schneidet hier eine zentrale Thematik in der Darstellung Islam und Westen an, die auch die Arbeit islamischer Autoren prägt. Wenn wir von dem Eigenen ausgehen, um das Fremde oder Andere zu verstehen, dann stellt sich die Frage, ob das Eigene nicht Ethnozentrismus ist. Der (westliche) Orientalismus als wissenschaftliche Beschäftigung mit dem Orient unterwirft einen fremden Kultur- und Religionsraum eigenen Deutungsschemata und Wertmaßstäben. Das Resultat (war und ist) eine Herabsetzung der fremden Kultur, um die eigene zu erhöhen. Ethnozentrismus mündet all zu oft in Imperialismus oder Rassismus (Said 1978, S. 3; S. 204). Man sollte aber einen Schritt weiter gehen und auf diejenigen wirtschaftlichen, politischen und kulturellen Veränderungen hinweisen, die parallel zum historischen Ende des Empire enorme Auswirkungen auf die neue kulturelle Tätigkeit vieler afrikanischer oder asiatischer Autoren hatten (Mohamed, 1985, S. 1). Beschränkte sich diese literarische Eigenständigkeit zunächst auf das eigene Land im Zusammenhang mit den Kolonialerfahrungen (King, 1980, S. 31-39; 48), so entwickelte sich im Zuge der zunehmenden Migration und Globalisierung eine bereits erwähnte literarische Verlagerung ins Mutterland England.[4]

Spätestens Anfang der siebziger Jahre des letzten Jahrhunderts vollzog sich ein neues literarisches Gefühl [...] “when Third World intellectuals have arrived in First World academe” (Dirlik, 1994, S. 329). Dieses intellektuelle Ankommen in Großbritannien hat bis heute angehalten und befindet sich in einer permanenten Weiterentwicklung, über die Childs/Williams (1997) sagen:

“As we have already pointed out in this section, postcolonial can in no sense be regarded as a fully achieved state” (ebd., S. 7).

Die Forschung unterscheidet terminologisch die Begriffe koloniale, anti-koloniale und postkoloniale Literatur. Die Dreiteilung sollte jedoch keiner allzu strengen Trennung unterzogen werden, da die Übergänge fließend sind und durch Begriffe wie Migrationsliteratur oder neuere englische Literatur ergänzt werden.[5] Die theoretische Aufarbeitung dieser drei Unterscheidungen geschieht meist unter dem Schlagwort ´postkoloniale Theorie`. Hierunter versteht man die in den 70er und 80er Jahren des letzten Jahrhunderts vorgestellten Untersuchungen, die sich mit der literarischen Aufarbeitung des Orients durch den Westen beschäftigte.

Das literarische Ergebnis war zunächst eine Demontage der alten künstlich konstruierten Vorstellung der Kolonien und Kolonialvölker unter der imperialistischen Ideologie als reinem Unterdrückungsinstrument. Es ist das Verdienst der postkolonialen Kritik dieser Zeit deutlich zu machen, dass die durch den britischen Imperialismus implantierten Werte kultureller und religiöser Art Stereotypen und Mythen waren.[6]

Die Grundlage dieses Mythos lag zum einen in der militärischen Eroberung und dem dann verstärkt einsetzenden Imperialismus und seiner militärischen, kulturellen und religiösen Rechtfertigung sowohl in den Kolonien wie im Kernland Großbritannien. Hauptargumente waren unter anderem, dass Europäer eine überlegene Rasse darstellen, Kolonien und England gegenseitig profitieren und Kolonialdienst selbstlose christliche Nächstenliebe verkörpere.

Das Anderssein, das otherness, wurde aber von den Kolonialherren gleichzeitig als Grund genommen, um sich von anderen Gruppen und Völkern abzugrenzen, da der Westen rational geprägt sei, Afrika und der Orient irrational. Das Ergebnis war ein Rassismus und ein Sozialdarwinismus (basierend auf Charles Darwins Hauptwerk On the Origin of Species 1859), die beide davon ausgingen, dass Kolonialländer deshalb primitiver als der Westen seien, da schon von Natur aus unüberbrückbare Unterschiede biologischer Art bestehen.

Die bereits erwähnte Instrumentalisierung des Christentums für imperialistische Zwecke entwickelte sich schnell zu einem wichtigen Unterdrückungsinstrument. Basis war unter anderem die Behauptung, dass das Christentum die einzig wahre Religion sei, um die Welt zu bekehren und zu regieren. Bekehrung und Missionierung im Sinne des altertümlichen Schöpfungsauftrages wurden so zu einem Hauptziel kolonialer Herrschaft.

Dieser Ansatz eines quasi produktiven Kolonialismus zog im Laufe der Zeit eine literarische Ergänzung beziehungsweise Erneuerung nach sich, die für den modernen englischen Roman neue Möglichkeiten eröffnete.

Boehmer (1995) assoziierte diese Dynamik mit dem Begriff einer „cosmopolitan rootlessness” (ebd., S. 232) und sieht die von Childs/Williams (1997) prognostizierte Weiterentwicklung von Themen und Themenvielfalt als eigentlichen Grund für die radikale Änderung der englischen Literatur insgesamt. Sie stellt fest:

“What began in postcolonial writing as the creolization of the English language has become a process of mass literary migration, transplantation and cross- fertilization, a process that is changing the nature of what was once called English literature at its heart” (ebd., S. 233).

Eine dieser Weiterentwicklungen kann in der Gruppe derjenigen Autorinnen und Autoren gesehen werden, die unter anderem durch die Verarbeitung islamisch besetzter Themen für neue Facetten sorgte. Sie müssen als neuer Teil derjenigen postkolonialen Literatur gesehen werden, die protestiert, provoziert, aber auch inovativ ist, weil die neue Welt nur eine Weiterentwicklung im Sinne des Kolonialismus, wenn auch mit neuem Gesicht ist. Spivak/ Harasyn (1990) stellen hierzu lapidar fest:

“We live in a post-colonial neo-colonial world”[7] (ebd., S. 166).

Die kulturellen Gegensätze und metaphysischen Diskussionen wurden zum Gegensatz der literarischen Auseinandersetzungen und durch die Wiederentdeckung des Religiösen, die im Handlungsort Großstadt platziert wird, verstärkt.[8]

[...]


[1] The Kite Runner wird im folgenden TKR abgekürzt, The Wasted Vigil mit TWV.

[2] Die Vorsilbe “post” bedeutet keine Überwindung des Kolonialismus und ist bis heute Gegenstand kontrovers geführter Debatten (vgl. u. a. Mayanja, 1999, S. 37-55; Ashcroft, Griffiths, Tiffin, 2000, S. 187 ff.) Auffallend ist im Zusammenhang mit der Diskussion innerhalb der postkolonialen Literatur der Hinweis auf die Bedeutung des bereits erwähnten Hybridbegriffs. Zum Zugang von hybriden Texten aus einem translationswissenschaftlichen Blickwinkel betrachtet vgl. Schäffner/Adab (2001). Zur Bedeutung des Hybriditätsbegriffs im linguistischen, politischen und rassistischen Zusammenhang vgl. u.a. Ashcroft, Griffiths und Tiffin, 2000, S. 279. Zur Kritik am Begriff ´postkolonial` in den 70er und 80er Jahren des letzten Jahrhunderts vgl. Slemon, 1995, S. 7; Huggan, 2001, S. 279. Bakhtin (2002) sieht diesen hybriden Ansatz für Literatur im allgemeinen und für den Roman im besonderen, wenn er sagt:

“Every novel, taken as the totality of all the languages and consciousnesses of language embodies in it, is a hybrid” (ibid, S. 237).

[3] Zur Kritik an Said s. bes. MacKenzie (1995); vgl. auch die Hanna (2009).

[4] Dort erfolgte durch diese Autorengruppe eine Komplettierung der klassischen Themen, wie race, gender, class durch religion und (wie bei farbigen Schriftstellern) eine Betonung des Aspektes location durch den Handlungsort einer global city (Procter, 2003; Cuevas, 2008; Rupp, 2010). Schabert (2006) spricht in diesem Zusammenhang ebenfalls von einer enormen literarischen Aktivität und Kreativität der Vertreter dieser Immigrantenliteratur, die zunächst wegen der großen Anzahl afrikanischer Autoren unter dem Schlagwort Black subsumiert wurden. Schabert stellt ebenfalls fest, dass die meisten Erstlingswerke dieser Autorengruppen autobiografisch waren, Hauptthemen waren Anpassungsschwierigkeiten basierend auf unterschiedlichen kulturellen und religiösen Hintergründen im Mutterland England.Seit neuestem ist ein Trend zur Beschreibung des Lebens in England festzustellen (ebd., S. 379/380). Stein (2004) betont im Zusammenhang mit den Schlagwörtern Black Literature und Asian British die Bedeutung der Veränderung der Protagonisten und der sie umgebenden englischen Gesellschaft. Im dritten Kapitel vertieft er diese Idee von der Konzeption des Bildungsromans herkommend dahingehend, dass es für die Hauptpersonen keine Rückkehr ins Mutterland geben kann. Zentraler Begriff für Stein ist in Anlehnung an den Hybriditätsbegriff eine ´postcolonial polyphony` (ebd., S. 14). Anzumerken bleibt, dass der Migrationsbegriff in der Forschung zusehends durch die Bezeichnung Exil ersetzt wird. Für farbige Autoren scheint der Begriff cultural memory eine zentrale Rolle einzunehmen (Rupp, 2010). Zur weiteren Analyse der Begriffe memory und identity im gegenwärtigen englischen Roman vgl. Birke (2008).

[5] Das Schlagwort ´postkolonial` kann aber als Reaktion und Folge von kolonial angesehen werden. Kolonialismus selbst beschreibt diejenige Zeitspanne, die die wirtschaftliche und kulturelle Ausbeutung der europäischen Kolonialländer in ihren Kolonien abdeckte. Dieser Zeitraum war gekennzeichnet durch die Gegensätze von Ausbeutung der verschiedensten Art. Um die wirtschaftliche und kulturelle Ausbeutung zu legitimieren, kam das Schlagwort von der Bürde des weißen Mannes auf. Kipling trifft den Nerv der Zeit mit seinem Gedicht The White Man's Burden (1899). Hier kulminiert die Theorie der Polarität zwischen gebildeten weißen Gebenden und ungebildeten und ungehorsamen Wilden. Das Resultat war eine europäische Interpretation von Kultur, Politik und Religion in den Kolonien. Historiker benutzen den Begriff ´postkolonial` als chronologische Entwicklung für den Zeitraum nach der Entkolonisierung. Nichtsdestoweniger wurde diese Terminologie seit den späten 70er Jahren des letzten Jahrhunderts von Literaturkritikern vermehrt dazu benutzt, um die kulturellen Auswirkungen von Kolonialisation sowie deren politische und linguistische Konsequenzen zu beleuchten. Postkoloniale Literatur ist somit ein Produkt ehemaliger Kolonialländer oder deren sprachliches Resultat . Unter ´kolonialen Autoren` werden zum Beispiel Joseph Conrad, Rudyard Kipling, Somerset Maugham, Lawrence Durell oder Joyce Cary mit Teilen ihrer Werke subsumiert. Zu den antikolonialen Vertretern zählt die Forschung unter anderem Chinua Achebe oder Ngugi wa Thiong`o,  zu den postkolonialen Vertretern Qaisra Shahraz, Hanif Kureishi oder Salman Rushdie. Die Begriffe Kolonialismus und Postkolonialismus spielen unterschwellig betrachtet eine tragende Rolle in den hier vorgestellten Romanen, da diese ohne die Erfahrung und Beschreibung von Kolonialisierung und postkolonialen Entwicklungen nicht hinreichend verstanden werden können, denn “postcolonialism is both the aftermath and the reaction against colonialism“ (Whitla, 2010, S. 306). Die literarische Nähe dieser beiden Begriffe, ist durch das Bemühen gekennzeichnet, eine andere Perspektive des Erzählens einzubringen, über die Khair (2009) zutreffend, wenn auch einschränkend sagt:

“But again and again, postcolonialism runs into the problem of narrating otherness” (ebd., S. 147).

Die Vielfalt dieser Beschreibung des Anderen reicht dabei von den Themen Geschlecht, Sexualität, Rasse, Kultur, Klasse, Nationalität oder Religion oder einer Mischung dieser Themenfelder (Edwards, 2008, S. 1; 132; 171).

Das Ergebnis dieser Analyse kolonialer und postkolonialer Existenz ist die Beschreibung von Menschen, deren Leben gerade den westlichen Leser zum Nachdenken anleiten möchte, denn” […] postcolonial life-writing may prove equally useful in teaching the West a more credible and crediable conception of ist place in the contemporary world” (Moore-Gilbert, 2009, S. 130),

[6] Diese Mythen zeigen sich vor allem im westlichen Bild des Orients, das ein Konstrukt von Romantik, Exotik und Abenteuer war. Islamisch geprägte Autorinnen und Autoren kehren dieses Bild um und verweisen auf einen “cultural transfer” (Mitchell, 1995, S. 475). Damit steht diese Gruppe zwischen den schwach gewordenen imperialen Mächten und deren ehemaligen Kolonien und die Pole ihres Schreibens rangieren zwischen Widerstand und repräsentieren. So verweisen sie auch auf die Diskrepanz des Selbstbildes der Europas als tolerantem multi-ethnischem Staaten= verbund und seinem Anspruch mit ethnischer Diskrepanz umzugehen (Hutchinson, 1996, S. 375).

[7] Boehmer (1995) ergänzt diesen Gedanken und stellt fest:

“From such evocations it becomes evident that, in migrant writing, the earth-changing cultural metamorphoses which first began at the time of colonization have impacted resoundingly on the West. The transplantation of names, the mixing of languages, the diversification of tastes which developed during empire have been further amplified by coming ´home` to the old and now polyglot colonial metropolis. Cultural formations such as the novel, hybridized on the colonial outskirts, are now more intensively hybridized by being returned to the post- imperial Western city which, too, is irrevocably transformed”( ebd., S. 234).

[8] Diese Rückkehr des Religiösen geschah zu einer Zeit, die Wright (1988) als “decline of orthodox Christianity” (ibid, S. 5) beschrieben und die unter dem Schlagwort ´New Atheists` geführt wird (vgl. die Werke von Harris (2004), Dennett (2006), Dawkins (2006) und Hitchins (2007). In diesem Zusammenhang geht es auch um die Frage, ob die Diskussion um den Religionsbegriff in der gegenwärtigen englischsprachigen Literatur durch die Autorengruppe mit islamischem Hintergrund begonnen und belebt wurde oder gar als Gegenposition zur Gruppe der New Atheists angesehen werden muss, die Religion im allgemeinen und den Islam im besonderen als irrational, unmoralisch und gewalttätig ansehen (Bradley/ Tate, 2010, S. 2-7). Zur Kritik an den ´New Atheists` vgl. bes. Midgely, 2002, S. 1, 34; Taylor, 2007, S. 606/607; Bradley/Tate, 2010, S. 105; 109. Neu war nicht nur die Begegnung mit einer anderen, fremden Religion, und damit eine Aufweichung der ehemaligen starren Grenzen des Weltlichen und Religiösen (Davie, 1994, S. 41), sondern auch eine Präsentation von ehemals rein theologischen Begriffen wie Erlösung, Gnade, göttliche Vorsehung oder Kismet auf den weltlichen und religiösen Bereich des Menschens. Die Ergebnisse vom 11. September 2001 brachten eine Intensivierung dieser Entwicklung, denn sie zogen die Präsentation des Islamismus mit sich, die der westliche Leser bis dahin nicht kannte. Diese erwies sich oft als “irrational, in thrall to a medieval mythology, utterly incurious about the world outside it, politically, intellectually, and sexually repressive, and of course, deeply in love with violence” (Bradley, 2009, S.22). Das Ergebnis war (für den westlichen) Leser die Begegnung mit der fundamentalistischen Form des Islam, die von McEwan (2007) als “totalitarian pathology” (ibid. S. 352) umschrieben wird.

Ende der Leseprobe aus 33 Seiten

Details

Titel
Islam, Krieg und Terror: Afghanistan im gegenwärtigen englischsprachigen Roman
Autor
Jahr
2014
Seiten
33
Katalognummer
V269558
ISBN (eBook)
9783656606963
ISBN (Buch)
9783656606864
Dateigröße
578 KB
Sprache
Deutsch
Schlagworte
islam, krieg, terror, afghanistan, roman
Arbeit zitieren
Matthias Dickert (Autor:in), 2014, Islam, Krieg und Terror: Afghanistan im gegenwärtigen englischsprachigen Roman, München, GRIN Verlag, https://www.grin.com/document/269558

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