Nachdem die Demokraten und die Labour Party in Großbritannien den dritten Weg für sich erkannt haben, war er von nun an wieder geläufig. Denn der dritte Weg ist nicht neu. Es hat viele dritte Wege in der Vergangenheit gegeben, herangeführt von verschiedenen politischen Gruppierungen, auch von rechtsextremen. Zeitweise wurde diese Formulierung nicht mehr verwendet. Im Zuge dessen wurde der damalige deutsche Bundeskanzler Gerhard Schröder darauf aufmerksam. Er arbeitete mit dem früheren Premierminister Tony Blair ein Dokument aus, das das Ziel verfolgte, das Ansehen der Sozialdemokratie, ihre Ideen und Programme zu erneuern und zu modernisieren, ohne ihre traditionellen Werte zu verlieren. Als deutsche Analogie dieses Papiers kann die Agenda 2010 bezeichnet werden. Doch ihre Umsetzung fand nicht bei allen Mitgliedern der SPD Zustimmung. Die SPD hat seit ihrem Regierungsantritt 1998 zahlreiche Mitglieder und Wahlen verloren.
Journalisten sprechen von „einem Putsch von oben“. Die autoritär durchgesetzte Politik der Agenda 2010 hat viele Mitglieder und Wähler verprellt, da sie dem Bild vieler Anhänger von einer sozialen und demokratischen Politik widersprach.
In Kenntnis dieser Fakten stellt sich die Frage, ob sowohl die SPD als Partei als auch die öffentliche Meinung diesen sozialpolitischen Reformen noch nicht gewachsen war. Maßnahmen der Agenda 2010 haben bedeutende Änderungen in den verschiedensten Bereichen ausgelöst: Wirtschaft, Arbeitsmarkt, Bildungs- oder Familienpolitik, um einige zu nennen. Wie hätte man einen innerparteilichen Konsens herbeiführen können? Existierte überhaupt die Absicht, diesen zu suchen? Gab es einen innerparteilichen Diskurs oder war es Schröders „Basta“-Politik, die die Reformen der Agenda 2010 herbeizwang?
Der vorliegende Beitrag setzt sich mit der zuletzt genannten Fragestellung auseinander. Es soll nicht untersucht werden, ob die umgesetzten sozialpolitischen Reformen der Agenda 2010 die richtigen oder falschen waren; vielmehr soll untersucht werden, ob und wie der innerparteiliche Diskurs der SPD bei der Umsetzung der Agenda 2010 stattgefunden hat. Diesbezüglich wird zunächst die Theorie des dritten Weges nach Anthony Giddens vorgestellt. Als Nächstes wird näher auf die geplanten Maßnahmen der Agenda 2010 eingegangen. War die Agenda 2010 das Resultat eines innerparteilichen Diskurses oder ein "Putsch von oben"?
Inhaltsverzeichnis
- Einleitung
- Theorien des dritten Weges
- Was sind dritte Wege?
- Politische Theorie des dritten Weges
- Entstehung und allgemeine Absichten
- Dritter Weg und neue politische Mitte
- Neuer Gesellschaftsvertrag: „Keine Rechte ohne Pflichten“
- Neue wirtschaftspolitischen Schwerpunkte
- Gleichheit: Inklusion und Exklusion
- Globalisierung
- Zusammenfassung der Ergebnisse
- Exkurs: Schröder-Blair-Papier
- Agenda 2010 – Die deutsche Version des Dritten Weges
- Innerparteilicher Diskurs – Agenda 2010 als „Putsch von oben“?
- Fazit und Ausblick
- Fazit
- Ausblick
Zielsetzung und Themenschwerpunkte
Dieser Beitrag untersucht den innerparteilichen Diskurs der SPD im Hinblick auf die Umsetzung der Agenda 2010. Er stellt die Frage, ob die Agenda 2010 als Konsens eines innerparteilichen Diskurses entstand oder als "Putsch von oben" angesehen werden kann.
- Die politische Theorie des dritten Weges nach Anthony Giddens und ihre Umsetzung in der deutschen Agenda 2010
- Die Rolle des Bundeskanzlers Gerhard Schröder im innerparteilichen Diskurs
- Die Kommunikationsstrategien Schröders im Bezug auf die Agenda 2010
- Die Auswirkungen der Agenda 2010 auf die SPD und ihre Mitglieder
- Die Debatte um die Reformpolitik der SPD und ihre Folgen für die Sozialdemokratie
Zusammenfassung der Kapitel
- Einleitung: Diese Einleitung stellt die zentrale Fragestellung des Beitrags dar: ob die Agenda 2010 als Konsens eines innerparteilichen Diskurses innerhalb der SPD entstand oder als "Putsch von oben" angesehen werden kann.
- Theorien des dritten Weges: In diesem Kapitel wird die politische Theorie des dritten Weges nach Anthony Giddens vorgestellt. Es werden die Entstehung, die allgemeinen Absichten und die Kernbereiche der Theorie beleuchtet, sowie die Bedeutung von Globalisierung und Inklusion/Exklusion.
- Agenda 2010 – Die deutsche Version des Dritten Weges: Dieses Kapitel gibt einen Überblick über die Inhalte und Programme der Agenda 2010 als deutsche Umsetzung der Theorie des dritten Weges. Es werden die wichtigsten Punkte der Reformpolitik in den Bereichen Wirtschaft, Arbeitsmarkt, Bildung, Gesundheit, Rente und Familie erläutert.
- Innerparteilicher Diskurs – Agenda 2010 als „Putsch von oben“?: Dieses Kapitel analysiert den innerparteilichen Diskurs der SPD im Hinblick auf die Agenda 2010. Es wird die Rolle Schröders in den Medien und seine Kommunikationsstrategie im Bezug auf die Reformpolitik untersucht. Das Kapitel beleuchtet, wie die Agenda 2010 ohne einen umfassenden innerparteilichen Konsens umgesetzt wurde.
Schlüsselwörter
Die zentralen Schlüsselwörter und Fokuspunkte des Beitrags sind: dritter Weg, Anthony Giddens, Agenda 2010, Gerhard Schröder, innerparteilicher Diskurs, "Putsch von oben", Sozialdemokratie, Reformpolitik, Globalisierung, Inklusion, Exklusion, Kommunikation, Medien.
- Citar trabajo
- Besnik Tahiri (Autor), 2013, Agenda 2010: Innerparteilicher Diskurs als „Putsch von oben“?, Múnich, GRIN Verlag, https://www.grin.com/document/270213