Konkordanzdemokratien und gespaltene Gesellschaften. Hoffnungen und Herausforderung

Fallstudie: Libanon


Trabajo, 2012

15 Páginas, Calificación: 1,3


Extracto


Inhaltsverzeichnis

1. Einleitung

2. Das konkordanzdemokratische Modell nach Arend Lijphart

3. Historischer Kontext und das politische System Libanons
3.1. Die libanesische Verfassung von
3.2. Der Nationalpakt von 1943: Die Geburt der Konkordanzdemokratie
3.3. Der Bürgerkrieg 1975 - 1990: Abschied von der Konkordanz?

4. Kleiner Staat, große Vielfalt: Einführung in die libanesische Gesellschaft
4.1. Konfessionen
4.2 Parteien
4.3. Sozioökonomische Faktoren
4.3. Nationale Identitäten und Orientierungen

5. Wiedererwachen der libanesischen Konkordanzdemokratie nach 2005?

6. Fazit

Literaturverzeichnis

1. Einleitung

Dem kleinen Land am Mittelmeer ist nicht zuletzt wegen seiner Lage im Konfliktherd Naher Osten große Aufmerksamkeit zu widmen. Im Libanon treffen Orient und Okzident aufeinander, aber auch Menschen verschiedener Konfessionen und Ethnien. Seine fragmentierte Gesellschaft färbt sich auf das politische System ab, doch trotz dieser Heterogenität galt der Libanon als „Schweiz des Nahen Ostens“ und als der am meisten demokratisch entwickelte Staat in der arabischen Welt.

In der Politikwissenschaft wurde der Libanon als erfolgreiches Modell einer Konkordanzdemokratie im Sinne Lijpharts eingeordnet. In Form des politischen Konfessionalismus basiert das libanesische Modell auf die Machtverteilung unter den wichtigsten religiösen Gruppen. Doch mit dem Ausbruch des Bürgerkrieges 1975 scheiterte die Konkordanzdemokratie. Zwar überlebte der Libanon den Bürgerkrieg und auch die anschließende Vorherrschaft durch Syrien, doch ist er weiterhin durch blutige Konflikte und politische Regierungskrisen geprägt.

Diese Arbeit geht daher der Frage nach, welche Hoffnungen es für eine libanesische Konkordanzdemokratie gibt mit welchen Herausforderungen diese in der Nachkriegszeit und nach Syriens Abzug in 2005 konfrontiert ist. Im ersten Teil wird das konkordanzdemokratische Modell nach Arend Lijphart vorgestellt. Nach einem kurzen historischen Überblick über die Wurzeln und Entwicklungen der libanesischen Konkordanzdemokratie, führt der dritte Teil der Arbeit in die differenzierte Gesellschaft ein und zeichnet die wichtigsten Spaltungslinien nach. Im Anschluss wird untersucht, ob die politischen Umstände seit 2005 auf ein Wiedererwachen der Konkordanzdemokratie hindeuten. Schließlich werden die Herausforderungen und abhängigen Variablen für ein solches Wiedererwachen im Fazit zusammengetragen.

2. Das konkordanzdemokratische Modell nach Arend Lijphart

Die Theorie der Konkordanzdemokratie (consociational democracy) ist Ende der 1960er Jahre entwickelt worden und wird bis heute in der Politikwissenschaft breit diskutiert. Im deutschen Sprachgebrauch hat sich Lehmbruch in seinen Analysen damit auseinandergesetzt und erstmals den Begriff „Proporzdemokratie“[1] geprägt, während die Theorie im Englischen am bekanntesten wurde unter dem Dänen Arend Lijphart. 1977 schrieb Lijphart seine empirischen Fallstudien in dem Buch „Democracy in Plural Societies“ nieder und entwickelte darin ein allgemeines Modell der Konkordanzdemokratie.

Der zentrale Aspekt dieses Modells besteht darin, dass optimal drei oder vier Gruppen an der Regierung beteiligt sind.[2] Indem keine Gruppe ohne Einverständnis der anderen regieren kann, ist der Kompromiss der Beteiligten, in der Regel der Eliten der Gruppen, Voraussetzung für die Entscheidungsfindung. Daher handelt es sich um eine spezielle Form der Konsensdemokratie,[3] die der klassischen Mehrheitsdemokratie in den meisten westlichen Ländern gegenübersteht. Um nicht in einer aus dem Mehrheitsbeschluss resultierenden win-or-lose-Situation jeglichen Einfluss zu verlieren, entscheiden sich die politischen Gruppen in stark fragmentierten Gesellschaften für das power-sharing. Eine Gesellschaft kann zum Beispiel in Konfessionen fragmentiert sein wie im Falle Libanons, aber auch in Ethnien, Sprachgruppen, Kulturen oder ideologische Lager.[4]

Lijphart nennt vier Faktoren einer typischen Konkordanzdemokratie, die in der Praxis kombiniert werden: Große Koalition, proportionale Repräsentation, Minderheitenveto und Gruppenautonomie.[5] Die Regierung besteht aus einer Koalition der Vertreter der wichtigsten Gruppen, die ihre Entscheidungen durch Aushandeln fällen. Die Kooperation der Eliten hebt Lijphart als primäres Merkmal der Konkordanzdemokratie hervor,[6] denn es hängt viel von der Bereitschaft der Eliten ab, Kompromisse einzugehen, um Konflikte zu regeln. Ihr Verhalten beschreibt er als „missing link between a plural society and political stability“[7]. Die Beteiligung der Gruppen wird durch proportionale Repräsentation gewährleistet, die sich nach den Bevölkerungsanteilen bemisst. Die einzelnen Gruppen genießen in segmentierten Gesellschaften Autonomiesphären, z.B. in Bildung und Kultur, in denen sie eigenständig agieren.[8] Um Minderheiten in segmentierten Gesellschaften nicht zu ignorieren, sieht Lijphart ein Vetorecht vor.

Einen positiven Effekt auf die Entstehung von Konkordanzdemokratien hat nach Lijphart die Größe des Landes[9] : In kleinen Staaten sind die Chancen einer Kooperation zwischen den Gruppen höher und die Kosten der Entscheidungsfindung sind geringer. Außerdem fühlen sich kleine Staaten stärker bedroht als große. Dieser Bedrohungsfaktor schweißt die Gruppen zusammen und spielt auch im Libanon eine wichtige Rolle[10]. Insgesamt sieht Lijphart sieht als entscheidenden Vorteil mittels konsensbasierter Verfahren gewaltfreie Auseinandersetzungen in gespaltenen Gesellschaften sowie Demokratie zu ermöglichen:

“The realistic choice is not between the British normative model of democracy

and the consociational model, but between consociational democracy

and no democracy at all.”[11]

[...]


[1] Vgl. Lehmbruch, G.: Das konkordanzdemokratische Modell in der vergleichenden Analyse politischer Systeme. In: Michalsky, H. (Hrsg.): Politischer Wandel in konkordanzdemokratischen Systemen. Verlag der Liechtensteinischen Akademischen Gesellschaft, Vaduz 1991, S. 13.

[2] Vgl. Lijphart, A.: Democracy in plural Societies. A comparative Exploration. Yale University Press 1977, S. 55-61.

[3] Vgl. Lehmbruch, G.: Konkordanzdemokratie. In: Schmidt, M. (Hrsg.): Lexikon der Politik, Bd. 3: Die westlichen Länder. C.H. Beck, München 1992, S. 206–211.

[4] Vgl. Lijphart, A.: Democracies: Patterns of Majoritarian and Consensus Government in Twenty-One Countries. Yale University Press, 1984, S. 22.

[5] Vgl. Lijphart, A.: Democracy in plural Societies. S. 25 ff.

[6] Vgl. Lijphart, A.: Constitutional Design For Divided Societies. In: Journal of Democracy Vol. 15, Nr. 2, 2004, S. 97

[7] Bogaards, M.: The Favorable Factors for Consociational Democracy: A Review. European Journal of Political Research 3 Nr. 33, 1998, S. 475.

[8] Vgl. Lijphart, A.: Constitutional Design For Divided Societies. S. 97.

[9] Vgl. Lijphart, A.: Democracy in plural Societies. S. 54.

[10] Frankreich wurde als Bedrohungsfaktor betrachtet. Um die französische Mandatsherrschaft zu beenden, einigten sich Christen, Sunniten und Schiiten 1943 im Nationalpakt auf eine Machtaufteilung zwischen ihnen.

[11] Ebenda. S. 238.

Final del extracto de 15 páginas

Detalles

Título
Konkordanzdemokratien und gespaltene Gesellschaften. Hoffnungen und Herausforderung
Subtítulo
Fallstudie: Libanon
Universidad
University of Potsdam
Calificación
1,3
Autor
Año
2012
Páginas
15
No. de catálogo
V270573
ISBN (Ebook)
9783656619178
ISBN (Libro)
9783656619161
Tamaño de fichero
533 KB
Idioma
Alemán
Notas
Palabras clave
konkordanzdemokratien, gesellschaften, hoffnungen, herausforderung, fallstudie, libanon
Citar trabajo
F. El-Dabbas (Autor), 2012, Konkordanzdemokratien und gespaltene Gesellschaften. Hoffnungen und Herausforderung, Múnich, GRIN Verlag, https://www.grin.com/document/270573

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