Das Tridentinische Konzil und die Folgen für die Kunst: Daniele da Volterras Übermalung von Michelangelos Jüngstem Gericht


Term Paper (Advanced seminar), 2012

36 Pages, Grade: 2


Excerpt


Inhaltsverzeichnis:

1. Einleitung:

Zeitgeschichtlicher Hintergrund

Reformation & Gegenreformation

Das Tridentinische Konzil

2. Michelangelos „Jüngstes Gericht“ 3 in der Sixtinischen Kapelle

3. Kurze Bildbeschreibung

4. Argumentationen ... 12
4.1 ... für einen ikonoklastischen Akt 12
- nach Winfried Speitkamp
- nach Leo Steinberg
- nach Lieselotte Bestmann
4.2 ... gegen einen ikonoklastischen Akt 17
- nach Rolf Quednau
- anhand biografischer Aspekte: Die Freundschaft Danielle da Volterras zu Michelangelo

5. Schlusswort

6. Literaturverzeichnis

7. Abbildungsverzeichnis

8. Abbildungen

1. Einleitung:

Zeitgeschichtlicher Hintergrund - Reformation & Gegenreformation Das Tridentinische Konzil Am 31.10.1517 schlug Martin Luther die 95 Ablassthesen an die Tür der Schlosskirche zu Wittenberg. Dies hatte weitreichende Folgen. Es entbrannte ein sich ausbreitender Streit und der Zerfall der Universalkirche begann.1 Es kam zu einer Einberufung des Konzils von Trient durch Papst Paul III, mit drei Sitzungsperioden in der Zeit vom 13.12.1554 bis zum 4.12.1563. Das Ziel war die katholische Glaubenslehre neu zu formieren und sie gegen die reformatorische Lehre abzusetzen.

Die wichtigsten, vom Papst verurteilten Positionen Luthers, waren zum einen die Rechtfertigungslehre. Es entstehe Rechtfertigung allein aus dem Glauben und nicht durch die Verdienstlichkeit der Werke. Zum anderen wurde auch die Negierung der Vorstellung vom Fegefeuer, welche biblisch nicht begründet ist, abgelehnt. Außerdem befand er die Mittlerschaft der Heiligen und deren Verehrung unnütz. Das Papsttums beurteilte er als unsinnig, da es nicht auf göttlichem Recht gründete.2

Im Jahre 1564 bestätigte Papst Pius IV die Beschlüsse und begründete somit den römisch-tridentinischen Katholizismus3 Die Folgen des Konzils waren u.a. schärfere Bestimmungen der katholischen Lehre, die Abstellung einiger Missbräuche und die Befestigung der päpstlichen Hierarchie.4

2. Michelangelos „Jüngstes Gericht“ in der Sixtinischen Kapelle

Als die Strapazen an den Fresken der Sixtinischen Decke im September des Jahres 1512 erledigt waren, zog sich Michelangelo als Maler für die angehenden zwanzig Jahre zurück. Seinem Selbstbewusstsein als Bildhauer gemäß, gab sich der Fachmann nach Bewerkstelligung der Sixtinischen Volta besonders den Plastiken hin, übt ebenfalls seine Tätigkeit als Baukünstler aus. Zwischen 1512 und 1533 füllten ihn unter anderem das Juliusgrabmal, die Umkleidung für San Lorenzo und die Anfertigung der Grabmäler für die Medicikapelle aus.

Im Herbst 1533, die Medicibegräbnisstätten sind durchaus nicht fertiggestellt und die Strapazen am Juliusgrabmal werden zur Zeit abermals begonnen, betraut Papst Clemens VII. den schon 58- jährigen Schöpfer beifolgend, die Portal- und die Altarwand der Sixtinischen Kapelle, deren Bedeckung er für Papst Julius II. mit dem Geschehen der Vorväter als auch des Genesiszyklus des Menschen künstlerisch aufgezeichnet hatte, mit dem Fall Luzifers bezüglich mit dem Weltgericht zu verzieren5, um präsentieren zu vermögen, „was alles der Kunst der Malerei möglich sei“6

Vasari spricht: „ in questo tempo al papa venne in animo di volerlo apresso di s è , avendo desiderio di fare le facciate della cappella di Sisto, dove egli aveva dipinto la volta a Giulio secondo suo nipote; nelle quali facciate voleva Clemente che nella principale, dove è l`altare, vi si dipignessi il Giudizio universale, acci ò potessi mostrare in quella storia tutto quello che l`arte del disegno poteva fare …7

Der Prozess des Grabmals Julius´ II., welchem Michelangelo befreundet war, war dem Schöpfer auf der einen Seite arg für Bedeutung, auf der anderen Seite fügte er sich mittels eines Kontrakts gemäß dessen Arbeit an den Herrscher von Urbino, welcher der Testamentsvollstrecker Julius´ II. war. Deshalb „ zog er die Sache k ü nstlich in die L ä nge, und w ä hrend er vorgab, sich mit dem Karton (zum J ü ngsten Gericht) zu befassen, wie er es zum Teil

Auftragswerke im Zeitalter der Glaubensspaltung 1517 - 1563, hrsg. von Andreas Tacke, 1. Aufl., Regensburg 2008, S. 357ff.

Die Aufgabe, zwei Fresken zu entwickeln zählt keinesfalls als fundiert. In einer Passage benutzt Vasari die Worte „le facciate“, an einer anderen dennoch „la facciata“.

Vgl.: Dorez, Leon: La cour du Pape Paul III d´après les registres de la Trésorerie Secrète, Paris 1932, S. 143ff.

Die Illustration des Sturzes wurde unter Papst Paul III. für nichtig erklärt, wie Dorez erkennt.

auch tat, arbeitete er insgeheim an jenen Statuen, die aufs Grabmal kommen sollten.8

Da am 26. September 1534 Papst Clemens VII. unerwartet hinschied, mutmaßte Michelangelo der Aufgabe des Jüngsten Gerichts entgehen zu wissen, um anstelle das Juliusgrabmal zu bewältigen. Der am 13. Oktober auserkorene Papst Paul III. aus der Familie Farnese erstrebte dessen ungeachtet, Michelangelo sollte dennoch die von Clemens obligatorische malerische Aufgabe fortführen: „ senza alterare niente l ´ invenzione o concetto che gli era stato dato9. Nicht nur Vasari sondern auch Condivi referieren vom Einspruch des Künstlers, er wäre durch seiner Verbindlichkeit angesichts dem Herzog von Urbino durchaus nicht in der Lage mit der Ausführung des Freskos anzufangen. Als erstes habe er den Gedenkstein zu beendigen. Papst Paul III. verübelte ihm dies: „ Egli son gi à trennta anni ch`io ho questa voglia, e ora che son papa non me la posso cavare? Dove è questo contratto? Io lo voglio stracciare.10

Vorerst plante Michelangelo, aus Rom zu fliehen und in die Region um Genua sich nieder zu lassen. Jedoch bangte er die Befehlsgewalt des Papstes und floh nicht: „ ma temendo la grandezza del papa...11 Der Papst ermöglichte ihn zudem keinesfalls ihn zu beruhigen und von dem Auftrag abzusehen, eher hält dieser unbestechlich an dessen Entschluss fest, begab sich zu Michelangelo, geleitet von ungefähr acht Kardinälen und forderte ihn auf ihm den Karton zu zeigen, welcher unter Clemens für die Hauptwand des Gebäudes verfertigt worden war12:

„ Ma egli, stando fermo in proposito, un giorno se ne venne a trovarlo a casa, accompagnato da otto o dieci cardinali, e volse vedere il cartone, fatto sotto Clemente, per la facciata della capella di Sisto. “ 13

Zudem beurteilten die Teilnehmer die vorangehend besiegelten Steinbilder für das Juliusgrabmal. Im Antlitz der Figur des Moses sagte der Kardinal von Mantua aus, jene Figur genüge, um der Grabstätte des Papstes Julius Hochachtung zu erbringen, berichtet Condivi das Geschehnis. Auf die Entschlusskraft des Papstes hin wurde das Übereinkommen mit dem Regent von Urbino revidiert, sodass lediglich noch drei Gestalten für den Grabstein von Michelangelos persönliche angefertigt wird. Die restlichen drei jedoch

"Drei ß ig Jahre sind ´ s schon, dass ich diesen Wunsch habe, und jetzt, wo ich Papst bin, soll ich mir ihn nicht verg ö nnen? Wo ist der Vertrag? Ich will ihn zerreissen.“

sollen von Hilfskräften erschaffen werden. Um Michelangelo komplett an sich zu schnüren, erkor ihn der neue Papst am 1. September 1535 zum Obersten Baumeister, Bildhauer und Maler des Apostolischen Herrenhauses und verspricht ihm eine Menge von 1200 Scudi d´Oro als Ruhegehalt pro Jahr zu, wie Dorez dokumentiert hatte.14

Während diesen Zeitraums, so erwähnt Einem, entstand die Vorbereitung der Wand: „Die Fenster wurden vermauert, die Gesimse herabgeschlagen, zwei Fresken Peruginos und zwei von Michelangelos eigenen Lunettenmalereien wurden beseitigt."15 Die Destruktion der von Michelangelos persönlicher Arbeit geformten Lunetten, welche die Esrom- und die Abrahamvereinigung darstellte, als auch einige der Wandmalereien des vorigen Künstlers. Dies ist daher Fakt, als Vasari diesbezüglich schildert, dass Michelangelo vor der Wand eine Sorte Vormauer anzubringen vorgab, welche zuvor keineswegs existierte, welche aus bedächtig ausgesuchten gebrannten Backsteinen bestand. Er ließ sie so ausrichten, dass jene in geneigter Linie oberhalb eine halbe Elle vorsaß, sodass auf diese Weise weder Dreck noch andere Verunreinigungen sich all wo anberaumen konnte.16

Im Mittelpunkt der derzeit dort befindlichen Wand, unvermittelt oberhalb des Altars, hatte sich Peruginos Assuntas Himmelfahrt Mariens, bestanden, welches dem Gotteshaus geehrt wurde, jenes jedoch defekt war, da die geradewegs neben dem Altarbild angebrachten Wandbehänge im Jahre 1525 verlodert waren.

Außerdem befanden sich an der bezüglichen Wand die desgleichen von dem Quattrocentoschöpfer Perugino gebildeten Wandmalereien zu der Findung Moses und der Geburt Jesu im Hintergrund des vorhandenen beginnenden Moses- und Christuszyklus. Abwärts des Lunettenbereiches wurden nach einer Nachbildung Wildes „ two portraits of the first popes SS. Linus and Cletus, and flanking a central pilaster two figures, Christ and St. Peter17 wahrscheinlich dargestellt gewesen sein.18

Anhand von Tolnay und Einem fing die Durchführung der Wandmalerei im Frühjahr oder im Sommer 1536 an: „ Michelangelo could not have begun the work on the fresco until the period between April 10 and May 18 1536, according to Dorez.19 Grundverschiedene Abzahlungsnachweise des Schatzmeisters Pauls III. offenbaren, dass "l ´ artiste aurait commenc é son immense travail entre le 10 avril et le 18 mai 1536"20. Am 10. April 1536 wurde der Dienstherr einer regionalen Ziegelbrennerei vergütet. Eine ungewisse Menge von gebrannten Klinkern gehörten zu der Bemauerung der Sixtinischen Kapelle, wie der Schatzmeister Pauls III. erwähnte.21 Die obere Etappe des Freskos wurde am 15.

[...]


1 Vgl.: Quednau, Rolf: Rom bannt Luther. Michelangelos Jüngstes Gericht im Lichte der konfessionellen Spaltung, in: Kunst und Konfession. Katholische Auftragswerke im Zeitalter der Glaubensspaltung 1517 - 1563, hrsg. von Andreas Tacke, 1. Aufl., Regensburg 2008, S. 353ff.

2 Vgl.: Krick, Iris: Römische Altarbildmalerei zwischen 1563 und 1605. Ikonographische Analyse anhand ausgewählter Beispiele, Taunusstein 2002, S.

3 Vgl.: Ebda., S. 52ff.

4 Vgl.: Ebda., S. 54ff.

5 Vgl.: Quednau, Rolf: Rom bannt Luther. Michelangelos Jüngstes Gericht im Lichte der konfessionellen Spaltung, in: Kunst und Konfession. Katholische

6 Vgl.: Vasari, Giorgio: Künstler der Renaissance. Lebensbeschreibungen der ausgezeichnetsten Maler, Bildhauer und Architekten der Renaissance, hrsg. von Fritz Schillmann, Wiesbaden u. Berlin 1959, S. 337ff.

7 Zitiert nach Vasari, Giorgio: Le Vite de´più eccelenti Pittori, Scultori, Architettori, hrsg. von Gaetano Milanesi, Bd. 7, zweite Aufl., Florenz 1885, S. 204.

8 Zitiert nach Vasari, Giorgio: Le Vite de´più eccelenti Pittori, Scultori, Architettori, hrsg. von Gaetano Milanesi, Bd. 7, zweite Aufl., Florenz 1885, S. 205:

Ma egli, mostrando al papa di essere occupato in quello, non restava per ò con ogni poter suo, e segretamente lavorava sopra le statue che andavano a detta sepoltura.”

9 Vgl. Ebd.: „ ohne an der Erfindung oder dem fr ü heren Plane, der ihm vorgelegt worden war, etwas zu ä ndern.“

10 Zitiert nach Condivi, Ascanio: Vita di Michelagnolo Buonarroti, hrsg. von P. D´Ancona, Mailand 1928, S. 46. Vgl.: Condivi, Ascanio: Das Leben Michelangelos, hrsg. von H. Pemsel, München 1898, S. 65.

11 Zitiert nach Ebd.

12 Vgl.: Quednau, Rolf: Rom bannt Luther. Michelangelos Jüngstes Gericht im Lichte der konfessionellen Spaltung, in: Kunst und Konfession. Katholische Auftragswerke im Zeitalter der Glaubensspaltung 1517 - 1563, hrsg. von Andreas Tacke, 1. Aufl., Regensburg 2008, S. 358.

13 Zitiert nach Condivi, Ascanio: Das Leben Michelangelos, hrsg. von H. Pemsel, München 1898, S. 65.

14 Vgl.: Dorez, Leon: La cour du Pape Paul III d´après les registres de la Trésorerie Secrète, Paris 1932, S. 145.

15 Zitiert nach Einem, Herbert von: Michelangelo. Bildhauer. Maler. Baumeister, Berlin 1973, S. 133ff.

16 Vgl.: Dorez, Leon: La cour du Pape Paul III d´après les registres de la Trésorerie Secrète, Paris 1932, S. 149.

17 Zitiert nach Tolnay, Charles de: Michelangelo V. The Final Period, Princeton 1960, S. 20.

18 Vgl.: Perrig, Alexander: Michelangelo Studien III. Das Jüngste Gericht und seine Vorgeschichte, in: Kunstwissenschaftliche Studien, Bd. 3, Frankfurt am Main 1976, S. 10ff.

19 Vgl.: Tolnay, Charles de: Michelangelo V. The Final Period, Princeton 1960, S. 21 .

20 Zitiert nach Dorez, Leon: La cour du Pape Paul III d´après les registres de la Trésorerie Secrète, Paris 1932, S. 150ff.

21 Vgl.: Ebd.

Excerpt out of 36 pages

Details

Title
Das Tridentinische Konzil und die Folgen für die Kunst: Daniele da Volterras Übermalung von Michelangelos Jüngstem Gericht
College
University of Frankfurt (Main)  (Kunstgeschichtliches Institut (Fachbereich 9))
Course
Bildersturm. Kunstzerstörung und zerstörerische Kunst von der Reformation bis in die Gegenwart
Grade
2
Author
Year
2012
Pages
36
Catalog Number
V270735
ISBN (eBook)
9783656622208
ISBN (Book)
9783656622192
File size
2750 KB
Language
German
Notes
These: Die Übermalung durch Daniele da Volterra gilt nicht als ikonoklastischer Akt.
Keywords
Ikonoklasmus, Bildersturm, Michelangelo, Vasari, Kunstzerstörung, Martin, Luther, Sixtinische Kapelle, Giorgio, Papst, Clemens VII, Grabmal, Julius II, Jüngste Gericht, Jesus, Christus, Lieselotte Bestmann, Rolf Quednau, Winfried Speltkamp, Leo Steinberg, Paulus, Römer, Daniele da Volterra, Übermalung, Zensur, Zerstörung, Politik, Diskurs, Debatte, Wandel, Altes Testament, Neues Testament
Quote paper
Ann-Sophie Parker (Author), 2012, Das Tridentinische Konzil und die Folgen für die Kunst: Daniele da Volterras Übermalung von Michelangelos Jüngstem Gericht, Munich, GRIN Verlag, https://www.grin.com/document/270735

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