Optimierungsvorschläge zur Organisation einer Beobachterkonferenz im Assessment Center


Term Paper, 2014

27 Pages, Grade: 1,3


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Inhaltsverzeichnis

Kurfassung / Abstract

1 Einleitung

2 Begriffserklärungen
2.1 Assessment Center
2.2 Beobachterkonferenz

3 Erkenntnisse über die Güte von Gruppenentscheidungen
3.1 Der Effekt des gemeinsamen Wissens
3.2 Das Phänomen des Gruppendenkens

4 Die Gefahr von Fehlurteilen in der Beobachterkonferenz
4.1 Ausgangssituation
4.2 Beispiel zum Effekt des gemeinsamen Wissens
4.3 Beispiel zum Gruppendenken

5 Handlungsempfehlungen zur Durchführung einer Beobachter- konferenz
5.1 Empfehlungen zur Vermeidung des Effekts des gemeinsamen Wissens in der Beobachterkonferenz
5.2 Empfehlungen zur Vermeidung des Gruppendenkens in der Be- obachterkonferenz

6 Realisierbarkeit der Handlungsempfehlungen

Literaturverzeichnis

Kurzfassung

Das Thema dieser Arbeit ist die Qualität von Gruppenentscheidungen in der Beobachterkonferenz eines Assessment Center. Das Ziel besteht in der Ausarbeitung von Verfahrensvorschlägen zur Optimierung der Güte dieser Entscheidungen. Dabei werden zunächst die Begriffe Assessment Center und Beobachterkonferenz definiert. Im Anschluss werden der Effekt des gemeinsamen Wissens sowie das Phänomen des Gruppenden- kens vorgestellt. Anhand eines selbst konstruierten Beispielszenarios wird aufgezeigt, wie diese beiden Phänomene die Qualität der Gruppen- entscheidungen beeinflussen können. Daraufhin folgen im nächsten Teil Handlungsempfehlungen, die dazu beitragen sollen, die negative Wir- kung dieser Gruppeneinflüsse zu senken. Zum Abschluss erfolgt eine persönliche Einschätzung zur Machbarkeit der vorgeschlagenen Empfeh- lungen.

Abstract

The subject of this paper is the quality of group decisions made during an assessor conference within an assessment center. The objective is to de- velop a solution in order to optimize the quality of this decision making process. At the beginning the terms “assessment center” and “assessor conference” will be defined. Subsequently there will be introductions of the concepts known as the “pooling effect” and then the “groupthink phenomenon”. An artificially manufactured scenario will be utilized to demonstrate the negative impacts caused by these two types of group effects. This will be followed by recommended actions on how to minimize the negative impacts of these two phenomenons with a personal evaluation of feasibility to conclude the paper.

1 Einleitung

Die Auswahl von Mitarbeitern spielt für Unternehmen eine wichtige Rol- le. Gerade heute, in Zeiten von demografischem Wandel, Fachkräfte- mangel und weiteren sich ändernden Faktoren sozialer, kultureller und wirtschaftlicher Art, kommt der Personalbeschaffung höchste Bedeutung zu.

Ein Blick zurück, auf der Suche nach den Anfängen erster personalauswahltechnischer Verfahren, weist Spuren auf, die bis in die Zeit v. Chr. zurückreichen. Die damaligen Verfahren unterschieden sich jedoch vor allem durch ihre mangelnde Präzision und unprofessionelle Anwendung von denen heutiger Zeit (Ruhdorfer-Ritt, 2013, S. 176).

Eine Fokussierung auf das heutige Assessment Center, als eines von vie- len Personalauswahlverfahren, zeigt dessen Ursprünge in der Zeit der Weimarer Republik. Die damaligen Assessment Center wurden erstmals eingesetzt um potentielle Offiziere1für die Reichswehr auszuwählen (Schuler, 2007, S. 7).

Ungeachtet seiner Geschichte spielen die Beobachter, auch als „Assesso- ren“ bezeichnet, schon immer eine wesentliche Rolle im Assessment Center. Sie haben die verantwortungsvolle Aufgabe, die Teilnehmer zu beurteilen und einzuschätzen (Withelm & Gröben, 2005, S. 181). Ihre Beobachtungen tragen die Assessoren schließlich in der sogenannten Beobachterkonferenz zusammen (Schuhmacher, 2009, S. 54).

Die Verantwortung, welche dabei in der Beobachterkonferenz auf den Schultern der Beobachter lastet, ist groß. Fehleinstellungen von Mitarbei- tern sind mit hohen Kosten sowie organisatorischen und rechtlichen Hür- den verbunden (Lorenz & Rohrschneider, 2009, S. 5). Weuster (2012, S. 10) sagt, dass die Auswahl des richtigen Personals einen direkten Einfluss auf den finanziellen Erfolg eines Unternehmens hat.

Dem kommt hinzu, dass die bei Beobachterkonferenzen stattfindenden Gruppen-Entscheidungsprozesse ein enorm hohes Potential an Fehlurteilen in sich bergen (Werth & Mayer, 2008, S. 354 ff.).

Das Ziel dieser Hausarbeit ist deshalb die Ausarbeitung von Verfahrens- vorschlägen zur Optimierung der Güte von Entscheidungen in der Be- obachterkonferenz, um der hohen Verantwortung der Beobachter entge- gen zu kommen.

2 Begriffserklärungen

Die Termini Assessment Center (AC) und Beobachterkonferenz werden im Folgenden genauer erläutert. Eine Übersicht zur Einordnung des AC in weitere Personalauswahlverfahren ist im Anlage A zu finden.

2.1 Assessment Center

Nach Kleinmann (2013, S.2) sind AC „[…] multiple diagnostische Ver- fahren, welche systematisch Verhaltensleistungen bzw. Verhaltensdefizi- te von Personen erfassen. Hierbei schätzen mehrere Beobachter gleich- zeitig für einen oder mehrere Teilnehmer seine/ihre Leistungen nach festgelegten Regeln in Bezug auf vorab definierte Anforderungsdimensi- onen ein.“

Kleinmann unterscheidet weiterhin zwischen dem „klassischen“ Grup- pen-Assessment (mehrere Teilnehmer) und weiteren Formen verschiede- ner Einzel-Assessments. Er weist auf die wachsende Einsatzhäufigkeit in deutschen Unternehmen hin und betont gleichermaßen, dass der „[…] Einsatz Fingerspitzengefühl und Know-how erfordert“ (2013, S 1). Eben- falls erwähnt er, dass die zu beobachtenden Kompetenzen auf Basis vor- her festgelegter Anforderungen (durch Erstellung eines Anforderungs- profils2) analysiert werden.

Myers (2008, S. 929-930) definiert das AC als „multiple Verfahrenstech- nik zur Auswahl und Beurteilung von Mitarbeitern, bestehend aus ver- schiedenen eignungsdiagnostischen Instrumenten und leistungsrelevanten Aufgaben.“

Außerdem geht Myers auf die Prognosefähigkeit von AC ein. Er er- wähnt, dass AC auch dazu dienen, zukünftige Entwicklungen zu prog- nostizieren. Aus diesem Grund können AC nicht nur zur Auswahl neuer, sondern auch zur Förderung aktueller Mitarbeiter verwendet werden.

Der Einsatz von AC dient vorwiegend dem Ermitteln überfachlicher Fä- higkeiten bzw. sozialer Kompetenzen (Obermann, 2009, S. 10). Deren Bedeutung nimmt mit steigender Positionsebene relativ zu (siehe Grafik).

Abbildung in dieser Leseprobe nicht enthalten

Abb. 2.1: Verhältnis überfachlicher Kompetenzen zur Positionsebene (Obermann, 2009, S. 10).

„Daher wird das AC häufig für Führungs- und Führungsnachwuchskräfte eingesetzt sowie für Mitarbeiter, bei denen kommunikative und überfach- liche Anforderungen besonders wichtig sind[…]“ (Obermann, 2009, S. 10).

2.2 Beobachterkonferenz

Die Beobachter3innerhalb eines AC haben die vorrangige Aufgabe, das beobachtbare Verhalten der Kandidaten zu erfassen, es mit dem Anforde- rungsprofil zu verbinden und anschließend den Erfüllungsgrad der An- forderungen zu bewerten. Auf der anschließenden Beobachterkonferenz werden die Einzelurteile aller Beobachter ausgewertet und besprochen um ein abschließendes Gesamturteil des Teilnehmers zu bilden (Höft & Lüth, 2005, S. 164).

Schuhmacher (2009, S. 54) fasst den Begriff der Beobachterkonferenz wie folgt zusammen: „In einer Beobachterkonferenz werden Einzelbeobachtungen und -bewertungen zusammengetragen, diskutiert und gegebenenfalls auch korrigiert.“ Des Weiteren besteht eine Beobachterkonferenz nach Schuhmann aus vier Bausteinen:

1. Kritisches Reflektieren des Ablaufes des AC
2. Zusammentragen der Ergebnisse aller Teilnehmer
3. Festlegung teilnehmerspezifischer Empfehlungen
4. Entscheidung über die Art und Weise der Feedback-Übermittlung

Auch Obermann (2009, S. 239ff.) behandelt das Thema Beobachterkon- ferenz ausführlich und definiert es als Mittel für eine „[…] Übereinstim- mung und gemeinschaftliche Entscheidungsfindung durch die Beobach- ter“ (S. 244). Eine Beobachterkonferenz dient dabei weiterhin der Be- rücksichtigung individueller Eigenschaften bzw. besonders auffälliger Werte der Kandidaten. Obermann unterscheidet dabei explizit zwischen der klinischen und statistischen Art und- Weise der Urteilsfindung. Die klinische Urteilsbildung ergibt sich aus der gemeinsamen Diskussion aller Beobachter, wohingegen bei der statistischen Variante das Gesamt-urteil durch die Verrechnung vergebener Punkte ermittelt wird. Eine ausführlichere Analyse dieser beiden Verfahren mit all ihren Vor- und Nachteilen ist im Rahmen dieser Arbeit nicht möglich, kann jedoch unter der angegebenen Quelle nachgelesen werden.

3 Erkenntnisse über die Güte von Gruppenentscheidungen

Nachdem die Begriffe „Assessment Center“ sowie „Beobachterkonfe- renz“ definiert wurden, soll im Folgenden das Thema der Entscheidungs- qualität in der Gruppe4näher betrachtet werden. Im Vordergrund stehen dabei folgende Fragen: Sind Gruppenentscheidungen gegenüber Ent- scheidungen von Einzelpersonen vorteilhafter oder nicht? Sind wir ge- meinsam stark oder „verderben viele Köche den Brei?“ Zur Beantwor- tung dieser Fragen wird auf den Effekt des gemeinsamen Wissens sowie auf das Phänomen des Gruppendenkens näher eingegangen.

3.1 Der Effekt des gemeinsamen Wissens

Werden Entscheidungen in Gruppen getroffen, wie z. B. in einer Be- obachterkonferenz im Rahmen eines AC, dann soll dies dazu dienen, ein qualitativ hochwertigeres Ergebnis zu erlangen. Das ist verständlich, denn mehrere Personen können dabei viele unterschiedliche Informatio- nen zusammentragen, was in einer größeren Wissensbasis resultiert. Problematisch wird es dann, wenn Gruppenmitglieder nicht alle Informa- tionen einbringen, sondern nur die Informationen ansprechen, welche bereits allen Mitgliedern bekannt sind (Schulz & Frey, 1998, S.141).

Diese allen bereits bekannten Informationen werden als „gemeinsames Wissen“ bezeichnet (Gigone & Hastie, 1993, 1997; Stasser & Titus, 1985, 1987 zit. nach Werth & Meyer, 2008, S. 364). Diskutieren die Mit- glieder vorwiegend gemeinsames Wissen, führt dies zur Vernachlässi- gung einzigartiger Informationen und hat ein geringeres Gesamtwissen der Gruppe zur Folge (Werth & Meyer, 2008, S.364-365).

Stasser und Titus (1985, S. 1467 ff.) benennen dies als „Effekt des ge- meinsamen Wissens.“ Dabei heißt es u. a. „[…] group members often fail to effectively pool their information because discussion tends to be dom- inated by [..] information that members hold in common before discussion” (1985, S. 1467).

Die Ursache für dieses Phänomen kann hauptsächlich mit normativem Einfluss5begründet werden. Gruppenmitglieder tendieren dazu Informationen anzusprechen, welche von anderen Mitgliedern geteilt werden, um kooperativ und intelligent zu erscheinen (Wittenbaum et al., 1999; zit. nach Werth & Meyer, 2008, S.366).

3.2 Das Phänomen des Gruppendenkens

Myers (2008, S. 655) definiert den Begriff „Gruppendenken“ als „Denk- weise, die dann auftritt, wenn in einer Gruppe das Harmoniebedürfnis bei Entscheidungen stärker ist als die realistische Bewertung von Alternati- ven.“

Diese Definition und ähnliche beruhen auf dem Groupthink-Model von Irving L. Janis aus den 70er-Jahren. Durch Analysen großer politischer Fiaskos, wie z. B. der misslungenen Invasion der USA in Kuba im Jahre 1961, erarbeitete Janis Vorläuferbedingungen und Symptome des Gruppendenkens (Schulz-Hardt, 1997, S. 22-23).

Die Hauptfaktoren, welche Gruppendenken verursachen, sind dabei (Janis, 1972, 1982 zit. nach Werth & Meyer, 2008, S. 373):

- provokativer, situationaler Kontext
- hohe Gruppenkohäsion
- strukturelle Mängel

Eine komplette Übersicht zu Vorläuferbedingungen und Symptomen des Gruppendenkens ist in Anlage B aufgeführt.

[...]


1 Aus Gründen der Einfachheit wird im Folgenden ausschließlich die männliche Form verwendet; gemeint sind aber stets beide Geschlechter, wenn es nicht um spezifische Einzelpersonen geht.

2„Das Anforderungsprofil wird aus einer Funktionsbeschreibung abgeleitet. Es enthält sämtliche Anforderungen und Erwartungen, die das Personalmanagement an den Mitarbeiter der zu besetzenden Stelle richtet“ (Schuhmacher, 2009, S. 69).

3Als Beobachter kommen generell in Frage: Führungskräfte aus der Linie, direkte Vorgesetzte der Teilnehmer, Vertreter der Personalabteilung, Betriebs-/Personalräte, externe Psychologen oder Berater (vgl. Obermann, 2009, S. 188).

4Ansammlung von zwei oder mehr Personen, die folgende Kriterien aufweist: Interakti- on, gemeinsame Ziele, Wir-Gefühl, zeitliche Stabilität. (Werth & Mayer, 2008, S. 335)

5Normativer Einfluss: „Einfluss der auf dem Bedürfnis nach Akzeptanz und Bestätigung durch andere beruht […]“ (Werth & Meyer, 2008, S. 286).

Excerpt out of 27 pages

Details

Title
Optimierungsvorschläge zur Organisation einer Beobachterkonferenz im Assessment Center
College
( European University of Applied Sciences Hamburg )
Grade
1,3
Author
Year
2014
Pages
27
Catalog Number
V270751
ISBN (eBook)
9783656622338
ISBN (Book)
9783656622291
File size
588 KB
Language
German
Keywords
Beobachterkonferenz, Assessment Center, AC, Eignungsdiagnostik, Beobachter, Gruppenentscheidungen, Gruppendenken, gemeinsames Wissen, Pooling Effekt, Groupthink
Quote paper
Ralf Schmidt (Author), 2014, Optimierungsvorschläge zur Organisation einer Beobachterkonferenz im Assessment Center, Munich, GRIN Verlag, https://www.grin.com/document/270751

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