Commitment in Unternehmen. Eine personalwirtschaftliche Analyse von Einflussfaktoren auf und Gestaltbarkeit der Mitarbeiterbindung


Diplomarbeit, 2011

80 Seiten, Note: 1,3


Leseprobe


Inhaltsverzeichnis

1. Einleitung

2. Konstrukt des organisationalen Commitments
2.1 Definitionen des organisationalen Commitments
2.2 Eindimensionale Commitment-Ansätze
2.2.1 Commitment basierend auf Emotionen
2.2.2 Commitment basierend auf fortgeführten Handlungen
2.2.3 Commitment basierend auf Normen
2.3 Multidimensionale Commitment-Ansätze
2.4 Foci - Multiple Richtungen der Bindung
2.5 Messung von Commitment
2.6 Ergebnisfaktoren des organisationalen Commitment

3.Einflussfaktoren des organisationalen Commitments
3.1 Vorgehen
3.2 Betrachtete Metaanalysen und Studien
3.2.1 Metaanalyse von Mathieu und Zajac (1990)
3.2.2 Metaanalyse von Cohen (1992)
3.2.3 Metaanalyse von Meyer et al. (2002)
3.2.4 Studie von Felfe, Schmook und Six (2006)
3.2.5 Qualitative Metaanalyse von Westphal und Gmür (2009)
3.2.6 Studie von Herrbach et al. (2009)
3.3 Personenbezogene Einflussfaktoren
3.3.1 Demographische Daten
3.3.2 Einstellungen und Eigenschaften des Mitarbeiters
3.3.3 Investitionen und Alternativen
3.3.4 „Person-Organization Fit” und „Work-Life Conflict”
3.4 Arbeitsbezogene Einflussfaktoren
3.4.1 Beziehung zum Management und Vorgesetzten
3.4.2 Beziehungen in der Gruppe
3.4.3 Tätigkeitsmerkmale und ihre Folgen
3.4.4 Entlohnung
3.5 Organisationsbezogene Einflussfaktoren
3.5.1 Unternehmensnormen und -werte
3.5.2 Human Resource Management
3.5.3 Psychologischer Vertrag
3.6 Moderatorbeziehungen

4. Personalwirtschaftliche Implikation
4.1 Bedeutung personenbezogener Einflussfaktoren für das Management
4.2 Bedeutung arbeitsbezogener Einflussfaktoren für das Management
4.3 Bedeutung organisationsbezogener Einflussfaktoren für das Management

5. Schlussbetrachtung

6. Literaturverzeichnis

Abbildungsverzeichnis

Abb. 1:Beeinflussungsmöglichkeit personenbezogener Einflussfaktoren

Abb. 2:Beeinflussungsmöglichkeit arbeitsbezogener Einflussfaktoren

Abb. 3:Beeinflussungsmöglichkeit organisationsbezogener Einflussfaktoren

Tabellenverzeichnis

Tab. 1: Personenbezogene Einflussfaktoren

Tab. 2: Arbeitsbezogene Einflussfaktoren

Tab. 3: Organisationsbezogene Einflussfaktoren

Abkürzungsverzeichnis

Abbildung in dieser Leseprobe nicht enthalten

1. Einleitung

Das Kapital eines jeden Unternehmens oder einer Organisation[1] sind seine qualifizierten Mitarbeiter, welche gerade in der heutigen Zeit nicht nur gefunden, sondern insbesondere auch gehalten werden müssen (Roos 2011, S. 59). Allgemein ist die Zustimmung zu der Meinung groß, Personal müsse für organisationalen Erfolg effektiv gemanagt werden, ebenso gibt es einen wachsenden Konsens hinsichtlich der Ansicht, in der neuen Arbeitswelt sei menschliches Kapital das herausragende strategische Potenzial und der wichtigste Trumpf, durch den organisationale Effektivität gesteigert werden könne. Man sollte meinen, in einer Umwelt mit leicht verfügbarem Kapital und wachsenden Technologien seien gebundene Mitarbeiter der einzig wirklich nachhaltige wettbewerbsfähige Vorteil, aber leider sind gebundene Mitarbeiter in vielen Firmen nicht die Norm (Humphreys et al. 2003, S. 190).

Insbesondere diese Fähigkeit zur Bindung qualifizierter Beschäftigter an ein Unternehmen ist darum erfolgsentscheidend (Vinchur et al. 1998, S. 593), weshalb es für viele Firmen heute von steigendem Interesse ist, ein beliebter Arbeitgeber zu sein, da sie nicht nur gegen Konkurrenten um Absatzmärkte kämpfen, sondern auch um fähige Mitarbeiter. Unternehmen müssen sich also attraktiv und sympathisch präsentieren, um gute Mitarbeiter zu akquirieren, zu halten und zu entwickeln.

Ein aktuelles Beispiel stellt in diesem Zusammenhang eine Werbekampagne der Deutschen Telekom aus diesem Jahr dar, in der den Menschen mitgeteilt wird: "Wir unterstützen Mitarbeiter mit flexiblen Arbeitszeiten und vielfältigen Möglichkeiten." (Deutsche Telekom AG 2011).

Ob Mitarbeiter an ihre Unternehmen gebunden sind, wirkt sich also entscheidend auf den Erfolg eines Unternehmens aus. In der Literatur zum Thema Commitment finden sich viele Belege für die Beziehung zwischen organisationalem Commitment und z. B. Leistung und Zufriedenheit, beziehungserhaltenden Prozessen wie z. B. dem Willen, für das Gute in einer Beziehung Opfer zu bringen, sowie Tendenzen, sich anzupassen, statt Vergeltung zu üben, wenn es dem Partner schlecht geht (Rusbult und Buunk 1993, S. 200). Ebenso gibt es Belege dafür, dass ein niedriges organisationales Commitment die Wahrscheinlichkeit von Kündigungen, die Absicht, das Unternehmen zu verlassen und auch die Suche nach Alternativen außerhalb des Unternehmens erhöht, wobei es außerdem dem organisationalen Belegschaftsverhalten schadet. Rusbult und Farrell schreiben dazu, dass die Abnahme oder Zunahme von Commitment die direkteste und kräftigste Wirkung auf solche Entscheidungen zu haben scheint. Laut den Autoren stimmt dieses Ergebnis u. a. mit der Feststellung von Porter et al. (1979) überein, dass Kündigungen in der Regel eine Verminderung des Commitments vorausgeht (Rusbult und Farrell 1983, S. 437). Moser hält dazu fest, dass einer Organisation aufgrund niedrigen Commitments Kosten entstehen, und zwar nicht nur durch z. B. geringere Leistungen wenig gebundener Mitarbeiter, sondern auch durch nicht gewünschte Fluktuation, durch Ausbildungsaufwand, Aufwand für Neurekrutierung, durch die Beeinträchtigung der Leistung oder Leistungsfähigkeit weiterer Organisationsmitglieder und auch durch Störung des Zusammenhalts in einzelnen Gruppen (Moser 1996, S. 84–85).

Um dieser Strömung entgegen wirken zu können, wird seit einiger Zeit mittels zahlreicher Studien daran gearbeitet, ein Konstrukt zum organisationalen Commitment  zu entwickeln, um Faktoren zu identifizieren, die dieses Konstrukt beeinflussen oder durch dieses beeinflusst werden, denn die Enthüllung des Bildungsprozesses des allgemeinen organisationalen Commitments gewinnt aus oben genannten Gründen für die Forschung und in der Folge für Praktiken des Managements zusehends an Bedeutung (Li et al. 2010, S. 194).

Im Laufe dieser Arbeit stelle ich zunächst dieses Konstrukt des organisationalen Commitments vor, grenze es von Begriffen wie z. B. Arbeitszufriedenheit ab und benenne seine Ergebnisfaktoren.

Das zentrale Thema meiner Arbeit umfasst die Bestimmung und Unterteilung dieser o. g. Faktoren, die auf die Bindung eines Mitarbeiters an eine Organisation wirken. Desweiteren gehe ich auf die unterschiedlichen Wirkungsweisen dieser Einflussfaktoren[2] auf Commitment und ihre Gestaltbarkeit, bzw. Beeinflussungsmöglichkeit, ein und damit auf ihre Bedeutung für das Management in Organisationen.

2. Konstrukt des organisationalen Commitments

2.1 Definitionen des organisationalen Commitments

Zum Konstrukt des organisationalen Commitments (OC) existieren unterschiedliche Auffassungen, die sich in vielen allgemeinen Definitionen niederschlagen. So beschreibt Oliver Commitment als  „... one´s inclination to act in a given way toward a particular commitment target.“ (Oliver 1990, S. 30).

Für ihn ist Commitment also die Neigung, in einer bestimmten Art und Weise zur Erlangung eines Zieles zu handeln. Für Scholl hingegen handelt es sich bei Commitment um eine stabilisierende Kraft, die Verhaltensrichtungen beibehalten lässt, wenn Erwartungen nicht erfüllt sind. Er formuliert entsprechend: „... a stabilizing force that acts to maintain behavioral direction when expectancy/equity conditions are not met and do not function.“ (Scholl 1981, S. 593). Auch Meyer und Herscovitch sehen Commitment als eine handlungssteuernde Kraft an und schreiben dazu: „a force that binds an individual to a course of action of relevance to one or more targets“ (Meyer und Herscovitch 2001, S. 301). Dieses Band charakterisiere die Qualität der Beziehung hinsichtlich Nähe-Distanz, Wertigkeit, Wertschätzung, Verbindlichkeit, Festigkeit und zeitlicher Perspektive.

Auch andere Autoren beschreiben Commitment als Band oder einen psychologischen Zustand, der ein Individuum an eine Organisation bindet. So definieren Mathieu und Zajac es als „a bond or linking of the individual to the organization“ (Mathieu und Zajac 1990, S. 171), und Allen und Meyer beschreiben es als „psychological state that binds the individual to the organization“ (Allen und Meyer 1990, S. 14).

Moser (1995) erklärt Commitment als eine „fluktuationsnahe" Variable (Moser 1996, S. 61), was jedoch ebenfalls auf Variablen wie Arbeitszufriedenheit, Identifikation und Involvement zutrifft. Arbeitszufriedenheit ist laut Moser eine affektive Reaktion auf Erfahrungen bestimmter Komponenten des Arbeitsplatzes, während Commitment sich auf die Organisation selbst bezieht. Weiterhin sieht er einen stärkeren Zusammenhang zwischen OC und Fluktuation(sneigung) als zwischen Arbeitszufriedenheit und Fluktuation(sneigung) (Moser 1996, S. 66).

Felfe und Six schreiben zur Abgrenzung zum Begriff Arbeitszufriedenheit, diese werde in der Forschung weitgehend einhellig als „die Einstellung des Mitarbeiters gegenüber seiner Arbeit insgesamt oder gegenüber einzelnen Facetten der Arbeit“ verstanden, wohingegen Commitment eine stabilisierende und verpflichtende Kraft sei, „die die Richtung des Verhaltens bestimmt und eine Person an bestimmte Verhaltensweisen bindet“ (Felfe und Six 2006, S. 39–40) . Gutknecht verweist zusätzlich darauf, dass viele Studien Commitment über eine Zeitspanne gesehen als stabiler erachten. Ebenso hängt es stärker von Faktoren wie der vorherrschenden Organisationskultur, Normen, Werte sowie Führungsmaßnahmen ab. Arbeitszufriedenheit wird dagegen verstärkt von inhaltlichen Aspekten der Arbeit bestimmt, wie der Qualität der eigentlichen Arbeitstätigkeit (Gutknecht 2007, S. 34).

Als Abgrenzung zum Begriff Involvement schreibt Weinert, dass, im Gegensatz zum organisationsbezogenem Commitment, Involvement ein arbeitsbezogener Aspekt sei. Es werde hiermit der Grad gemessen, zu dem sich eine Person psychologisch mit ihrer Arbeit identifiziert und wie besorgt und aufmerksam sie ihre Arbeit durchführt (Weinert 1998, S. 133). Zusammenfassend kann festgehalten werden, dass der Fokus der Arbeitszufriedenheit sich stärker auf die Qualität der eigenen Arbeitstätigkeit richtet, der Fokus des Involvement ist stärker auf die persönliche Bedeutung der Arbeitstätigkeit im Leben ausgerichtet und der Fokus der organisationalen Bindung eher die gesamte Organisation ist (Maier und Woschée 2002, S. 127–128).

Eine Abtrennung zum Begriff Identifikation ist noch schwieriger vorzunehmen, da einige Autoren in den Erklärungen und Definitionen für Commitment den Begriff Identifikation selber nutzen. Man kann jedoch festhalten, dass Commitment die Mitarbeiterbindung eher als individuelle Einstellung gegenüber der Organisation sieht, also die individuelle Perspektive betrachtet. Der Identitätsansatz argumentiert hingegen eher aus der Gruppenperspektive, wonach Organisationen und deren Bereiche als soziale Gruppen betrachtet werden. Die Zugehörigkeit zur Gruppe erklärt die Entwicklung sozialer und organisationaler Identität (Felfe 2008, S. 25).

2.2 Eindimensionale Commitment-Ansätze

2.2.1 Commitment basierend auf Emotionen

Ein erster Ansatz geht u. a. auf Porter et al. (1974) zurück. Bei diesem Ansatz steht die emotionale oder affektive Bindung von Personen an ihre Organisation im Vordergrund.

Doch schon Kanter definiert 1968 emotionale Verbundenheit wie folgt: „the attachment of an individual´s fund of affectivity and emotion to the group” (Kanter 1968, S. 507). Porter et al. charakterisieren Commitment als einen starken Glauben an die Ziele der Organisation und eine starke Akzeptanz der Bedeutung der Organisation, einhergehend einerseits mit der Bereitschaft, eine beachtliche Anstrengung zu unternehmen im Interesse der Organisation, und andererseits mit einer großen, konstanten Lust, die Mitgliedschaft in der Organisation aufrecht zu erhalten (Porter et al. 1974, S. 604). Zusammenfassend konstatiert Porter, dass Einstellungsvariablen, u. a. die emotionale Bindung eines Individuums an eine Organisation, Prädiktoren für späteres Fluktuationsverhalten sind (Porter et al. 1974, S. 607).

Mowday et al. definieren in ihrer Entwicklung des im weiteren Verlauf der Arbeit vorgestellten OCQ[3] Commitment, aufbauend auf Porter, als „…the relative strength of an individual´s identification with and involvement in a particular organization“, wobei sie es durch die drei folgenden Faktoren charakterisieren: „(1) a strong belief in and acceptance of the organization´s goals and values; (2) a willingness to exert considerable effort on behalf of the organization; (3) a strong desire to maintain membership in the organization" (Mowday et al. 1979, S. 226).

Felfe weist in Bezug auf das Thema Commitment darauf hin, dass emotionale Verbundenheit das Erleben und Verhalten eines Individuums beeinflussen kann, was besonders deutlich wird durch außergewöhnliche Risiken, Kosten oder Nachteile, die von Mitarbeitern in Kauf genommen werden, um eine Beziehung aufrecht zu erhalten (Felfe 2008, S. 27–29) .

In der Folge von Porter et al. (1974) bauten einige Autoren, u. a. Steers im Jahre 1977, unterschiedliche Modelle zum organisationalen Commitment auf deren emotionalem Ansatz auf, auf die ich wegen ihrer geringeren Verbreitung in meiner Arbeit jedoch nicht weiter eingehen werde.

2.2.2 Commitment basierend auf fortgeführten Handlungen

Ein weiterer Gedankenansatz stellt das Fortsetzen von Handlungen in den Vordergrund, womit der Begriff des „continuance commitment“ geprägt wird. Als Grundlage für diese Art von Bindung an eine Organisation werden rationale Kosten-Nutzen-Abwägungen herangezogen (Ritzer und Trice 1969, S. 475).

Dieser Ansatz basiert auf der „side-bet-theory” von Becker, in der dieser Commitment wie folgt definiert: „Commitment comes into being when a person, by making a side bet, links extraneous interests with a consistent line of activity“ (Becker 1960, S. 32). Das zentrale Merkmal einer solchen „Seitenwette“ ist für den Autor die Einbeziehung von an sich irrelevanten Interessen, so dass eine Inkonsistenz so teuer wäre, dass sie keine wirkliche Alternative mehr darstellt. Ein Beispiel sind lt. Becker sogenannte „personal bureaucratic arrangements“, die dazu führen können, dass Mitarbeiter bei einem Wechsel der Organisation z. B. bis zu dem Zeitpunkt erworbene Pensionsansprüche verlieren (Becker 1960, S. 36–37).

Die vom Arbeitnehmer[4] empfundenen Verluste beim Verlassen einer Organisation betreffen jedoch nicht nur diejenigen finanzieller Art, sondern auch die Zeit und die Mühen, die der Arbeitnehmer im Laufe seiner Beschäftigung in die Organisation investiert hat. Diese wahrgenommen Kosten können noch durch einen Mangel an wahrgenommenen Alternativen für eine weitere Beschäftigung verstärkt werden, da in diesem Fall die Chance, verlorene Investitionen zurückzugewinnen, eher gering ist (Meyer und Allen 1984, S. 373). „Side bets“ haben jedoch erst dann einen Einfluss auf das Commitment des Mitarbeiters, wenn dieser sich bewusst ist, diese getätigt zu haben, und sie in seinen Augen von Wert sind (Meyer und Allen 1984, S. 378).

Auch für Stebbins gehört die „side-bet-theory“ zum Ansatz des „continuance commitments“ (Stebbins 1970, S. 527), im weiteren Verlauf der Arbeit kalkuliertes Commitment (KC) genannt, und ebenso ordnen Meyer und Allen sie dem verhaltensbezogenen Commitment zu, da ihrer Ansicht nach die o. a. Definition von Becker die Tendenz, eine Handlungsrichtung beizubehalten, betont (Meyer und Allen 1991, S. 65).

Im Investitionsmodell von Rusbult und Buunk erlangen Investitionen und Kosten zusätzliche Beachtung. Als Kosten betrachten die Autoren dabei unerwartete Änderungen in der Arbeitsbelastung, zahlreiche Fristen, unangemessene Ressourcen und unfaire Aufstiegspraktiken. Investitionen werden einerseits durch intrinsische Ressourcen wie Dienstjahre und Ruhestandsprogramme sowie durch untrennbar mit dem Job verbundene extrinsische Ressourcen wie Heimarbeit, Freunde am Arbeitsplatz und besondere Zuwendungen, die mit dem speziellen Job zusammenhängen, abgebildet (Rusbult und Farrell 1983, S. 430). Je mehr Ressourcen in eine Beziehung investiert wurden, desto stärker ist das Commitment, da diese Ressourcen im Falle des Aufgebens der Beziehung verloren gingen, weshalb eine Fortsetzung der Beziehung mit der Organisation mit steigenden Investitionen immer lohnenswerter erscheint. Das Verlassen einer Organisation korreliert diesem Modell zu Folge positiv mit attraktiven Alternativen und negativ mit den getätigten Investitionen (Moser 1996, S. 29–30).

Sowohl der einstellungsorientierte wie auch der verhaltensbezogene Ansatz erklären die Entstehung von Commitment, setzen jedoch deutlich unterschiedliche Akzente. Beim einstellungsorientierten Ansatz sagt Commitment als Einstellung im Sinne eines psychologischen Zustands Verhalten voraus, während beim verhaltensorientierten Ansatz die Fortsetzung einer Handlung im Vordergrund steht, sowie die Bedeutung dieser Fortsetzung als Dissonanzreduktion[5] und als Rechtfertigung vorangegangener Handlungen (Felfe 2008, S. 34).

2.2.3 Commitment basierend auf Normen

Ein  dritter in der Literatur vertretener Ansatz basiert auf den moralischen Wertvorstellungen im Hinblick auf die Aufrechterhaltung der Bindung an ein Unternehmen. Das Konzept von einem auf Normen basierenden Commitment beinhaltet die Prämisse, dass Arbeitsverhalten sich nicht nur durch kalkulatorisch-instrumentale Prozesse, sondern ebenso durch normative Zwänge wie persönliche moralische Standards entwickelt. Wenn solche verinnerlichten Zwänge einmal durch familiäre oder betriebliche Sozialisationsprozesse etabliert sind, bieten sie Stabilität und lang anhaltenden Einfluss auf Verhaltensweisen, unabhängig von situationsbedingten Umständen, Zuwendungen oder Strafen. Wiener beschreibt diesen normativen Druck wie folgt: „Organizational commitment is viewed as the totality of internalized normative pressures to act in a way which meets organizational goals and interests“ (Wiener 1982, S. 421).

In die Praxis übertragen bietet eine normative Sichtweise von Commitment einen strengeren Fokus auf normative Kontrolle innerhalb von Organisationen, wodurch diese eher in der Lage sind, ihr eigenes Wertesystem explizit zu definieren und dessen Übernahme durch Mitarbeiter sowie die Anwerbung potentieller Mitarbeiter mit kompatiblem Wertesystem zu fördern (Wiener 1982, S. 426).

Wiener und Vardi empfehlen in diesem Zusammenhang in ihrer Studie aus dem Jahr 1980 außerdem, die auf Normen aufbauende Sicht von Commitment bei der Vorhersage von Arbeitsverhalten der im vorangegangenen Kapitel vorgestellten Sichtweise des kalkulatorischen Commitments vorzuziehen (Wiener und Vardi 1980, S. 94).

March und Mannari haben bereits 1977 diese auf Normen basierende Form des Commitments wie folgt definiert: „The committed employee considers it morally right to stay in the company, regardless of how much status enhancement or satisfaction the firm gives him or her over the years.“ (Marsh und Mannari 1977, S. 59).

Im Zusammenhang mit dieser eindimensionalen Betrachtung bauen Bindung, Loyalität und Treue gegenüber der Organisation sowie die Bereitschaft, über vertraglich fixierte Aufgabeninhalte hinaus für die Organisation Opfer zu erbringen, auf internalisierten Normen auf, während das emotionale Erleben sowie rationale Kosten-Nutzen-Überlegungen eine eher ungeordnete Rolle spielen.

2.3 Multidimensionale Commitment-Ansätze

Ein im Rahmen meiner Arbeit nicht berücksichtigter multidimensionaler Ansatz stammt  von O´Reilly und Chatman (1986). Darin führen die Autoren zum Thema Commitment an, dass der psychologischen Bindung eines Individuums an eine Organisation letztendlich, wie beim folgenden Ansatz von Meyer und Allen (1991) drei Dimensionen zu Grunde liegen (O´Reilly und Chatman 1986, S. 497).

Dieser am weitesten verbreitete und aktuellste Ansatz in der Commitmentforschung, auf den sich fast alle in meiner Arbeit verwendeten Studien beziehen - bis auf zwei Metaanalysen, die sich in erster Linie mit der einstellungsbezogene Komponente befassen und etwa im gleichen Zeitraum wie der Ansatz von Meyer und Allen entstanden sind -, integriert sowohl die einstellungs- wie auch die verhaltensbezogene Komponente in dem so genannten „Drei-Komponenten-Modell“. Die Autoren zeigen in diesem Modell auf, dass die psychologische Verbundenheit mit einer Organisation nicht nur mit den Werten und Zielen der Organisation kongruent sein muss, sondern dass dieser Zustand außerdem „a desire“, „a need“ und/oder „an obligation“ zum Verbleib in einer Organisation widerspiegeln kann (Meyer und Allen 1991, S. 62).

Ein wichtiger Schritt auf dem Weg zu der Entwicklung dieses Ansatzes war ihre Studie aus dem Jahr 1984, in der die Autoren schon zwischen fortsetzungsbezogenem bzw. kalkuliertem Commitment und affektivem Commitment (AC) unterschieden, wobei sie letzteres zunächst als eine positive Haltung gegenüber der Organisation definierten, die sich in einer relativ starken Übereinstimmung in Bezug auf Normen und Werte ausdrückte (Moser 1996, S. 6). Die dritte in ihrem Modell enthaltene Komponente ist schließlich das normative Commitment (NC), das auf den Ansätzen von Marsh und Wiener aufbaut (Meyer und Allen 1991, S. 72).

Für die Autoren besteht das Konstrukt Commitment somit aus den folgenden drei Komponenten, die unterschiedliche Korrelationsrichtungen zueinander aufweisen:

1. Affektives Commitment besagt, dass sich der Mitarbeiter aus freiem Willen der Organisation emotional verbunden fühlt, und sich mit ihr identifiziert. Es weist eine positive Korrelation mit normativem Commitment und eine negative Korrelation mit kalkuliertem Commitment auf
2. Kalkuliertes Commitment bedeutet, dass sich der Mitarbeiter dem Unternehmen verbunden fühlt, weil es ihm nützlicher erscheint bzw. er keine andere Wahl hat. Er hat das Gefühl aufgrund von Kosten im Unternehmen verbleiben zu müssen. Die Korrelationen zu affektivem und normativem Commitment sind negativ
3. Normatives Commitment impliziert, dass sich der Mitarbeiter aus einem Gefühl der sozialen und moralischen Verpflichtung heraus der Organisation verbunden fühlt. Es weist eine positive Korrelation zu affektivem Commitment und eine negative zu kalkuliertem Commitment auf (Meyer und Allen 1991, S. 67).

Die Existenz dieser drei Komponenten beinhaltet, dass das „psychologische Band“, welches eine Person mit einer Organisation verbindet, nicht nur unterschiedlich stark, sondern auch von unterschiedlicher Qualität sein kann. Grundsätzlich erleben Individuen alle drei Komponenten, die unabhängig voneinander variieren können, weshalb bei der Beschreibung der Stärke der Bindung stets alle drei Komponenten berücksichtigt werden sollten (Meyer et al. 1998, S. 85). Es sind also die drei folgenden, unterschiedlich gebundenen Typen zu unterscheiden:

1.Der affektiv gebundene Typ verfügt in erster Linie über ein hohes affektives Commitment. Das kalkulatorische Commitment ist hingegen eher gering ausgeprägt und das normative Commitment kann variieren, liegt aber zumeist höher als das kalkulatorische Commitment. Dieser Typ identifiziert sich in hohem Maße mit den Zielen und Werten der Organisation. Er ist stolz, der Organisation anzugehören und fühlt sich dieser emotional verbunden. Weiterhin hat dieser Typ in der Regel eine gewisse moralische Verpflichtung ausgebildet, weil er Kollegen, Vorgesetzte oder Kunden nicht enttäuschen will, oder der Organisation viel zu verdanken hat. Die kalkulatorischen Überlegungen spielen bei diesem Typ eine untergeordnete Rolle, er vernachlässigt also die Möglichkeit, bei einem Wechsel eventuell auf viele Vorteile verzichten zu müssen
2.Der  kalkulatorisch gebundene Typ weist eine eher schwach ausgeprägte emotionale Bindung wie auch ein eher schwaches Verpflichtungsgefühl der Organisation gegenüber auf. Einzig das kalkulatorische Commitment ist stark ausgeprägt. Ein Firmenwechsel scheint für ihn mit hohen Kosten verbunden und Alternativen nicht ausreichend vorhanden zu sein. Änderten sich diese Fakten jedoch irgendwann, würde dieser Typ vermutlich zu einem Wechseln neigen
3.Beim normativ gebundenen Typ liegt der Schwerpunkt auf der moralischen Verpflichtung. Eine Kündigung wird von ihm z. B. abgelehnt, da er dadurch gegen Normen und Standards verstieße, denen er sich aber verpflichtet fühlt, auch wenn eine rationale Betrachtung der Kostenfür eine Veränderung spräche. Weiterhin ist bei ihm die emotionale Bindung eher geringer ausgebildet.

Die Gültigkeit des Drei-Komponenten-Modells wurde u. a. durch Gautam bestätigt, dessen Vorhaben, dieses Konzept des organisationalen Commitments auf eine andere kulturelle Umgebung zu übertragen (Nepal), erfolgreich war (Gautam et al. 2001, S. 246).

Im weiteren Forschungsverlauf entwickelten sich zusätzlich zwei Subkomponenten des kalkulierten Commitments. Diese beiden Subkomponenten „High Sacrifice Commitment” (HSC) - bezieht sich auf das erlebte Opfer, das aus einem Weggang resultiert - und „Low Alternative Commitment“ (LAC) - darunter versteht man die Wahrnehmung des Mangels an Alternativen - sind eng miteinander verbunden (Stinglhamber et al. 2002, S. 124). Ihre Korrelationen mit affektivem und normativem Commitment stellen sich entgegengesetzt dar.

Erwähnenswert ist abschließend, dass die Subkomponente HSC eine stärkere negative Korrelation mit den Faktoren Absonderung und Wechselabsichten aufweist als die Subkomponente LAC (Meyer et al. 2002, S. 41).

2.4 Foci - Multiple Richtungen der Bindung

Im bisherigen Verlauf dieser Arbeit ging es um die Vorstellung der Bindung an eine Organisation. Der Vollständigkeit halber stelle ich in diesem Kapitel weitere Foci des Commitments vor, da organisationales Commitment nach Meyer und Allen ein Multifacettenmodell mit unterschiedlichen Foci neben den bisher vorgestellten Komponenten ist. So hat Franke das Drei-Komponenten-Modell zum Beispiel auf die Foci Arbeitsgruppe, den Vorgesetzten und die Beschäftigungsform übertragen (Franke und Felfe 2008, S. 136), während neuere Arbeiten die Übertragung des Drei-Komponenten-Modells auf das berufliche Commitment zeigen. Meyer et al. (1993) fanden z. B. heraus, dass AC und NC gegenüber dem Beruf negativ korrelierten mit organisationalen Kündigungsabsichten, woraus sich schließen lässt, dass berufsbezogenes Verhalten potenziell wichtig ist für das Verständnis organisationaler Kündigungsprozesse (Stinglhamber et al. 2002, S. 124).

Die Beachtung zusätzlicher Foci geht auf Reichers zurück, der schon 1985 schreibt: „...organizational commitment can be accurately understood as a collection of multiple commitments to various groups that comprise the organization“ (Reichers 1985, S. 469).

Nach Reichers scheinen Mitarbeiter in Organisationen in verschiedenen Graden und Stärken zu unterschiedlich ausgeprägten Zielen und Werten der Organisation zu stehen, und dabei vom Management, dem Kundenstamm oder anderen bedeutsamen Gruppen unterstützt werden zu können (Reichers 1985, S. 470). Becker entwickelt weiterführend die Theorie, individuelles berufliches Commitment gegenüber einem Arbeitsplatz könne nicht allein mit dem Commitment gegenüber einer Organisation begründet werden, da es in der Natur einer Organisation liege, einzelne Koalitionen zu bilden, was dazu führe, dass das Commitment der Arbeitnehmer multidimensional sein müsse (Becker 1992, S. 234). In seiner Studie hält er dazu fest, dass „...the results of this research support the reconceptualization of employee attachment as a phenomenon with multiple foci…“ (Becker 1992, S. 242). In einer späteren Studie kommt er gemeinsam mit Kollegen zu dem Ergebnis, dass Mitarbeiter zwischen Commitment gegenüber der Organisation und Commitment gegenüber dem Vorgesetzten unterscheiden (Becker et al. 1996, S. 476).

Ein Jahr später fassen Irving et al. in ihrer Studie die bis dato in der Forschung untersuchten Foci zusammen und nennen neben den Foci „Organisation“, „Top-Management“, „Vorgesetzter“, „Abteilung“ und „Arbeitsgruppe“ auch die Foci „Commitment gegenüber der eigenen Karriere“, „Commitment gegenüber Gewerkschaften“ und „Commitment gegenüber dem Beruf“ (Irving et al. 1997, S. 444).

Meyer und Allen halten im gleichen Jahr fest, für eine genaue Untersuchung des Commitments sei es nötig, die Form des Commitments zu bestimmen. So werde ein Verhalten, das gegenüber dem Team angewendet wird, eher stark mit Commitment gegenüber dem Team in Beziehung stehen als mit Commitment gegenüber der Organisation im Ganzen. Dabei müsse allerdings grundsätzlich beachtet werden, dass Commitment gegenüber einer anderen Einheit auch immer einen komplementären oder konfliktauslösenden Einfluss auf das Verhalten des Mitarbeiters haben könne (Meyer und Allen 1997, S. 21–22).

Weiterhin gilt es, festzuhalten, dass es in dem multidimensionalen Konzept zwischen einzelnen Zellen viele Abhängigkeiten gibt, wobei mit einzelnen Zellen zum Beispiel die Beziehung zwischen affektivem Commitment und der Arbeitsgruppe oder zwischen normativem Commitment und der Organisation gemeint ist. Als Beispiel dient ein Mitarbeiter, der einer Arbeitsgruppe angehört und sich dieser gegenüber verbunden fühlt. Gleichzeitig muss er damit leben, die Zugehörigkeit zu seiner Organisation aufrecht erhalten zu müssen. Als Ergebnis kann dieser Mitarbeiter ein starkes affektives Commitment gegenüber der Arbeitsgruppe haben, wird jedoch gleichzeitig einen hohen Level an kalkuliertem Commitment gegenüber der Organisation entwickeln (Meyer und Allen 1997, S. 21). Commitment kann demzufolge nach Meyer und Allen sowohl in seiner Qualität in Form der vorangegangenen vorgestellten Komponenten als auch in seiner Ausrichtung in Form der sogenannten Foci als mehrdimensional verstanden werden. Die Integration in ein Gesamtmodell lässt Commitment zu einem komplexen Modell werden (Felfe 2008, S. 42).

Ich werde im weiteren Verlauf dieser Arbeit jedoch ausschließlich den Focus Organisation und seine Einflussfaktoren betrachten. Meyer und Allen stellen dazu fest, es sei sinnvoll, organisationales Commitment zu messen, um ein durchschnittliches Verhalten gegenüber der Organisation im Ganzen bestimmt zu können (Meyer und Allen 1997, S. 20).

2.5 Messung von Commitment

Im Jahr 1970 entwickelten Porter und Smith ein Messinstrument zur Bestimmung von Commitment. Dieser sogenannte OCQ (Organizational Commitment Questionnaire) baut auf der in Kapitel 2.2.1 angegebenen Definition für emotionales Commitment von Mowday et al. (1979) auf und misst somit einstellungsbezogenes Commitment. In der Meta-Analyse von Mathieu und Zajac (1990) ist der OCQ z. B. mit 52% das am häufigsten verwendete Instrument zur Messung der einstellungsbezogenen organisationalen Verbundenheit (Maier und Woschée 2002, S. 127).

Der OCQ besteht aus 15 Items, teilweise auch negativ gepolt, um gleichgerichtete Antworten zu vermeiden, die Statements zur Organisation repräsentieren und die Loyalität zur Organisation, den Willen, einen großen Teil an Anstrengung zu leisten, um die Ziele der Organisation zu erreichen und die Akzeptanz gegenüber den Wertevorstellungen der Organisation.  Für das Antwort-Format wird eine 7-Punkte Likert-Skala verwendet mit Antwortmöglichkeiten von „strongly disagree“ bis „strongly agree“. Zwei Aussagen im OCQ sind u. a.: „Ich spreche mit meinen Freunden über diese Organisation als eine großartige, für die man gern arbeitet“ und „Ich fühle wenig Loyalität gegenüber dieser Organisation“. Anschließend werden die Ergebnisse der Items summiert und durch 15 geteilt, um einen zusammenfassenden Indikator des Mitarbeiter Commitments zu erhalten (Mowday et al. 1979, S. 228).

Meyer und Allen entwickelten später einen Fragebogen zur Messung von verhaltensbezogenem Commitment  mit 8 Items, die die wahrgenommen Kosten messen, die mit einem Verlassen des Unternehmens in Verbindung gebracht werden (Meyer et al. 1989, S. 153).

Aufbauend auf ihrem Drei-Komponenten-Modell wurde von Meyer und Allen ein weiteres Jahr später ein eigenes Messinstrument für alle drei Komponenten entwickelt. Auslöser war u. a. der Kritikpunkt, dass der globale Aspekt des OCQ der Komplexität des Commitmentkonstruktes nicht gerecht werde, da er hauptsächlich die affektive Komponente messe und das normative und kalkulatorische Commitment nicht berücksichtige.

Dieses Instrument besteht aus einem Fragebogen mit 24 Items, von denen je 8 Items den drei Komponenten zugeordnet werden. Die Kritikpunkte am Drei-Komponenten-Modell - eine relativ hohe Korrelation zwischen NC und AC und das Fehlen von Prädiktoren und Ergebnisfaktoren für NC - wurden in dem 1993 von Meyer et al. leicht modifizierten Modell aufgegriffen und beseitigt (Felfe 2008, S. 78–79). Im Folgenden führe ich jeweils ein Beispiel für die affektive, die kalkulierte und die normative Skala an:

1.Affektiv: „I really feel as if this organization’s problems are my own.”
2.Kalkuliert: „I feel that I have too few options to consider leaving this organization.”
3.Normativ: „I think that people these days move from company to company too often.” (Allen und Meyer 1990, S. 6–7).

Dunham et al. konnten dazu nachweisen, dass die Items aus dem OCQ-Fragebogen auf die affektiven Commitment Items von Meyer und Allen laden und die Korrelationen zwischen OCQ und AC in einer Range von 0.77 bis 0.87 liegen (Dunham et al. 1994, S. 376).

Da das Drei-Komponenten-Modell auf unterschiedliche Foci übertragen werden kann (siehe Kapitel 2.4.), erweiterten Meyer et al. 1993 ihr Instrument zur Messung des OC um den Focus „Commitment gegenüber der Tätigkeit bzw. dem Beruf“.

Bei dieser Erweiterung wurden ebenfalls drei Skalen zur Messung der unterschiedlichen Komponenten angewendet. Es gab zwar eine beträchtliche Korrelation untereinander, aber eine faktorenanalytische Überprüfung ergab, dass eine Unterteilung von insgesamt sechs Dimensionen (für organisationales und berufliches Commitment jeweils drei Komponenten) gerechtfertigt sei (Felfe 2008, S. 83).

2.6 Ergebnisfaktoren des organisationalen Commitments

Bei der Betrachtung von Ergebnisfaktoren des organisationalen Commitments ist auf die unterschiedliche Bedeutung der in den vorangegangenen Kapiteln vorgestellten Komponenten zu achten.

Einer der signifikantesten und am häufigsten in der Literatur genannten Ergebnisfaktoren ist die Stabilisierung der Arbeitskraft, was u. a. an den ausgewerteten Zahlen zur Fluktuation bzw. zum Wunsch, im Unternehmen zu bleiben, abzulesen ist (Steers 1977, S. 54).

Reichers gibt in einer Zusammenstellung von Studien eine Korrelation von r = -.17 bis r = -.58 zwischen Commitment - die meisten Studien behandelten einstellungsbezogenes OC - und Fluktuation an (Reichers 1985, S. 467). In diesem Intervall liegt auch das Ergebnis der Metaanalyse von Randall, welche eine korrigierte Korrelation von r = -0.23 ergab (Randall 1990, S. 367). Mayer spezifiziert zusätzlich, dass für die Vorhersage von Fluktuation das kalkulierte Commitment sogar eine höhere Korrelation aufweist als das affektive oder das normative Commitment (Mayer und Schoorman 1992, S. 681). Liegt jedoch beim Mitarbeiter in erster Linie KC vor, so bedeutet das für die Organisation, dass die niedrigere Fluktuation auf Kosten reduzierter Performance erzielt wird (Meyer et al. 1989, S. 155). Hierzu formulieren Meyer et al., dass „…employees who are affectively committed to the organization tend to perform at a higher level than those who are not“(Meyer et al. 1989, S. 152). Kieser äußert sich allgemein, indem er sagt, einstellungsbezogenes Commitment korreliere eher positiv mit Ergebnisfaktoren wie Motivation und Leistung, verhaltensbezogenes Commitment hingegen eher negativ, was m. E. nicht weiter verwundert, da z. B. der Grad der kalkulierten Komponente die bei einem Verlassen der Organisation entstehenden Kosten für den Mitarbeiter hervorhebt, wodurch dieser empfindet, im Unternehmen verbleiben zu müssen (Kieser 1995, S. 1445). Sieht der Mitarbeiter außerdem keine Alternativen für einen Wechsel, entsteht eine Abhängigkeit von der Organisation, und diese Anhängigkeit steigert zwar das kalkulierte Commitment, macht ihn tendenziell jedoch eher unzufrieden und lethargisch, was wiederum negativ auf Leistungsindikatoren wirkt (van Dick 2004, S. 19). Bezüglich der Arbeitsleistung konstatieren auch Jaramillo et al. in ihrer Metaanalyse eine positive Beziehung zum einstellungsbezogenen Commitment (Jaramillo et al. 2005, S. 713–714).

Begley und Czajka zeigen in ihrer Untersuchung negative Korrelationen zwischen kalkuliertem Commitment und Motivation und Performance auf. Mitarbeiter, die angaben, ein Wechsel des Arbeitgebers sei für sie aufwändig und kostspielig, beschrieben sich selbst gleichzeitig als Mitarbeiter, die weniger zu den organisationalen Zielen beisteuern als Mitarbeiter, die geringere Kosten bei einem potentiellen Wechsel erwarteten.

Baut Commitment hingegen hauptsächlich auf einstellungsbezogenen Komponenten auf, so bedeutet das für eine Organisation, dass sie bei steigendem Commitment in Form von reduzierter Fluktuation einerseits und höherer Performance andererseits profitiert (Begley und Czajka 1993, S. 555).

Zu den Ergebnisfaktoren Abwesenheit (r = - 0.08) und Verspätung (r = - 0.20) ermittelt Randall ebenfalls eine negative Korrelation. Mitarbeiter mit höherem, insbesondere affektivem Commitment neigen demnach weniger zu Fehltagen oder Verspätungen (Randall 1990, S. 367). Hier gilt es jedoch zu berücksichtigen, dass Mitarbeiter einfach aufgrund von Krankheit fehlen können, weshalb man in diesem Fall nicht automatisch von einer Beziehung von Commitment zu dieser Form der Abwesenheit ausgehen kann.

Meyer et al. (1993) prüften diesen Befund in einer Untersuchung. So stellten sie zunächst die gesamten Abwesenheitstage der Mitarbeiter fest und fragten diese anschließend, wie viele Tage der Abwesenheit dadurch entstanden waren, dass der Mitarbeiter sich nicht wohl gefühlt habe (man spricht in diesem Fall von freiwilliger Abwesenheit). Das Ergebnis zeigt keine signifikante Beziehung zwischen Commitment und den gesamten Abwesenheitstagen, wohingegen eine signifikante Korrelation mit den freiwilligen Abwesenheitstagen nachweisbar ist (Meyer und Allen 1997, S. 26–28).

Für den Ergebnisfaktor Leistung weisen u. a. Mayer und Schoorman (1992) eine positive Korrelation zwischen affektivem Commitment und der allgemeinen Leistung im Job nach (Mayer und Schoorman 1992, S. 679).

Auf den Ergebnisfaktor OCB[6] bezogen hält van Dyne fest: „In summary, the literature provides theoretical and empirical justification for expecting […] commitment to be related to organizational citizenship.“ (van Dyne und Ang 1998, S. 695). So korrelieren bei Meyer und Allen AC und OCB mit r = .32, während KC nicht oder negativ mit OCB korreliert. Insgesamt ergibt sich allgemein ein deutlich höherer Zusammenhang zwischen Commitment und OCB als zwischen Commitment und Leistung (Felfe 2008, S. 116–119).

Die Untersuchung der von Bloemer genannten Mitarbeiterempfehlungen[7] zeigt, dass sich AC in Übereinstimmung mit der gegensätzlichen Natur von affektivem und kalkuliertem Commitment positiv auf Mitarbeiterempfehlungen auswirkt, während KC einen negativen Einfluss hat. Normatives Commitment wirkt nach seinen Untersuchungsergebnissen nicht auf Mitarbeiterempfehlungen (Bloemer 2010, S. 1786).

Die Auswirkungen von Commitment beschränken sich jedoch nicht auf für die Organisation relevante Ergebnisfaktoren, sondern sie betreffen auch die Mitarbeiter direkt. Van Dick und Wagner vertreten die Ansicht, dass Mitarbeiter, die sich stärker emotional mit ihrer Organisation verbunden fühlen, in der Regel weniger Stress bei der Ausübung und durch die Arbeit erleben, sich gesünder fühlen und zufriedener sind (van Dick und Wagner 2001, S. 255). Begley und Czajka (1993) stellen zudem eine negative Korrelation zwischen durch Arbeit entstandenen Depressionen und Commitment fest (Begley und Czajka 1993, S. 554–555), und Schmidt weist in diesem Zusammenhang in seiner Untersuchung aus dem Jahr 2006 nach, dass Personen mit stark ausgeprägtem Commitment auf eine ansteigende Arbeitsbelastung mit einer geringeren Abnahme der Arbeitszufriedenheit reagieren als Personen mit einem schwächer ausgebildeten Commitment. Diese Moderatoreffekte spiegeln sich auch in den Burnout-Dimensionen der emotionalen Erschöpfung und der Depersonalisation[8] wider (Schmidt 2006, S. 126).

3. Einflussfaktoren des organisationalen Commitments

3.1 Vorgehen

In diesem Teil meiner Arbeit stelle ich unterschiedliche Einflussfaktoren des organisationalen Commitments auf das Konstrukt Organisationales Commitment (OC) und dessen Subkomponenten vor.

In der Literatur finden sich verschiedene Möglichkeiten der Einteilung der Einflussfaktoren, unter anderen diejenige von Kieser (1995) in personenbezogene und arbeitsbezogene Einflussfaktoren (Kieser 1995, S. 1445). Auch andere Autoren wie Wiener (Wiener 1982, S. 419) und Allen und Meyer, die die Einflussfaktoren auf die Subkomponenten untersuchten (Allen und Meyer 1990, S. 4), unterteilten diese in verschiedene Kategorien.

Ich habe mich im Rahmen dieser Arbeit für die folgende Einteilung der Einflussfaktoren in Anlehnung an Westphal und Gmür (Westphal und Gmür 2009, S. 208) und an Meyer und Allen (Meyer und Allen 1991, S. 69–71)  entschieden:

Personenbezogene Einflussfaktoren: Sie beinhalten „Demographische Daten“, „Einstellungen und Eigenschaften der Mitarbeiter“, „Investitionen und Alternativen der Mitarbeiter“ sowie die beiden Einflussfaktoren  „Work-Life Conflict“ und „Person-Organization Fit“. Diese Faktoren beziehen sich auf den einzelnen Menschen.

Arbeitssituationsbezogene Einflussfaktoren: Sie beinhalten die „Arbeitssituation eines Menschen“, die „Entlohnung“, die „Gruppenbeziehung“ und die „Beziehung zu Management und Vorgesetzten“.

Organisationsbezogene Einflussfaktoren: Sie beinhalten die „Unternehmensnormen und -werte“, die „HRM-Praktiken“ und die „Faktoren des psychologischen Vertrags“. Diese Faktoren betreffen alle Menschen innerhalb eines Unternehmens.

Zur Bewertung der Einflussfaktoren betrachte ich im Folgenden vier Metaanalysen, die den Zeitraum ab Ende der 60er Jahre bis zum Jahr 2009 abdecken. Zusätzlich beziehe ich zwei Studien mit ein, die nicht in den Metaanalysen betrachtet wurden. In allen sechs Arbeiten werden Korrelationskoeffizienten angegeben. Studien, die sich auf Regressionsanalysen beziehen, habe ich, wie auch Meyer et al. (2002) in ihrer Metaanalyse, nicht weiter berücksichtigt. Zusätzlich zu den vier Metaanalysen, die die meisten einzelnen Studien in den Untersuchungszeiträumen zusammengefasst darstellen, habe ich die Studie von Herrbach et al. ausgewählt, da die Autoren neue Einflussfaktoren untersuchten und diese Studie zeitlich nach der letzten Metaanalyse veröffentlicht wurde. Die Studie von Felfe et al. aus dem Jahre 2006 fand in der Metaanalyse von Westphal und Gmür keine Berücksichtigung, weswegen ich sie zusätzlich aufgenommen habe.

Die verwendeten Arbeiten werde ich in den folgenden Kapiteln kurz beschreiben und im Anschluss daran die darin enthaltenen Einflussfaktoren vorstellen.

Die Auflistung der Studien und Metaanalysen in den Tabellen erfolgt chronologisch, und für die Einteilung der Korrelationsstärken richte ich mich, wie die Autoren der von mir ausgewählten Metaanalysen, nach der Einteilung von Cohen aus dem Jahre 1969 (Westphal und Gmür 2009, S. 209), wonach Korrelationskoeffizienten mit r < 0.20 als schwach und mit r > 0.40 als stark angesehen werden. Eine moderate Einflussstärke wird den Korrelationskoeffizienten bei 0.20 < r < 0.40

[...]


[1] Eine Organisation ist eine soziale Einheit, gebildet aus einzelnen Menschen oder kleinen Gruppen, die danach strebt größere Ziele zu erreichen und dabei Aufgaben, die die Möglichkeiten des Einzelnen oder der Gruppe übersteigen, bewältigen will (Weinert 1998, S. 515).

[2] Der Begriff Einflussfaktor wird wie folgt definiert: „Mit der Identifikation von Einflussfaktoren wird versucht, zur Aufklärung von Zusammenhängen zwischen Merkmalen als relevante Wirkgrößen und durch sie beeinflusste Zielgrößen beizutragen.“ (Werner 2004, S. 117).

[3] Der „ O rganizational C ommitment Q uestionnaire“ ist ein von Mowday et al. entwickeltes Messinstrument zur Bestimmung von einstellungsbezogenem organisationalem Commitment.

[4] Trotz des durchgängigen Gebrauchs der männlichen Form in meiner Arbeit sind selbstverständlich männliche wie weibliche Personen gemeint.

[5] Kognitive Dissonanz wird als unangenehmer Spannungszustand erlebt. Stellt sich vergangenes Verhalten als Fehler heraus, entsteht eine Dissonanz, die der Mensch versucht zu vermeiden oder zu reduzieren.

Bisherige Anstrengungen werden, mit dem Ziel Dissonanz zu reduzieren, nachträglich gerechtfertigt, indem das Verhalten beibehalten und ggf. der Einsatz erhöht wird (Felfe 2008, S. 32–33).

[6] Unter „ O rganizational C itizenship B ehavior“ versteht man Verhaltensweisen, die freiwillig gezeigt werden, von der Organisation nicht direkt belohnt werden oder deren Ausbleiben nicht direkt bestraft wird, und die über das im Arbeitsvertrag geforderte Maß hinausgehen. Beispiele sind die Bereitschaft, zusätzliche Aufgaben zu übernehmen und eine Hilfsbereitschaft gegenüber Kollegen (van Dick 2004, S. 8).

[7] Bloemer betrachtet Mitarbeiterempfehlungen als einen Ausdruck von Mitarbeiterloyalität, da sich durch die Bereitschaft von Mitarbeitern,  ihre Organisation potentiellen Neueinstellungen zu empfehlen, positive Auswirkungen auf die organisationale Leistung ergeben (Bloemer 2010, S. 1769).

[8] Maslach und Jackson stellen in ihren Untersuchungen die drei Burnout-Dimensionen „emotionale Erschöpfung", „Depersonalisation“ und mangelhafte „persönliche Erfüllung“ vor (Maslach und Jackson 1981, S. 107).

Ende der Leseprobe aus 80 Seiten

Details

Titel
Commitment in Unternehmen. Eine personalwirtschaftliche Analyse von Einflussfaktoren auf und Gestaltbarkeit der Mitarbeiterbindung
Hochschule
Universität Hamburg  (Personalwirtschaftslehre)
Veranstaltung
Diplomarbeit
Note
1,3
Autor
Jahr
2011
Seiten
80
Katalognummer
V270784
ISBN (eBook)
9783656617662
ISBN (Buch)
9783656617655
Dateigröße
12146 KB
Sprache
Deutsch
Schlagworte
Bindung, Commitment, Einflussfaktoren, Mitarbeiterbindung, Organisationales Commitment, Affektives Commitment, Normatives Commitment, Kalkuliertes Commitment, Identifikation, Motivation, Involvement, Meyer, Einflussstärke, Einflussfaktor
Arbeit zitieren
Moritz Berkenheide (Autor:in), 2011, Commitment in Unternehmen. Eine personalwirtschaftliche Analyse von Einflussfaktoren auf und Gestaltbarkeit der Mitarbeiterbindung, München, GRIN Verlag, https://www.grin.com/document/270784

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