Die traditionellen Ansätze des Rechnungswesens gehen auf die 20er Jahre des vorigen Jahrhunderts zurück. Zu dieser Zeit des Industriezeitalters galt das Prinzip der Massenproduktion. Heute, im Jahr 2004, sind fast alle Märkte „Käufermärkte“, d.h. der Kunde bestimmt, welche Eigenschaften ein Produkt haben muss. Die Unternehmen fertigen nicht für einen homogenen Markt, sondern individuell nach Kundenwunsch, was viele Produktvarianten bedeutet. Durch die Veränderung der Kostenstrukturen verloren die existierenden Kostenrechnungssysteme zunehmend an Aussagekraft. Grund dafür ist der gestiegene Anteil der Gemeinkosten an den Herstellungskosten. Dadurch verschärfte sich das Problem der Zurechnung von Kosten auf die Kostenträger. Hinzu kommt eine Verschiebung der Kosten von der Produktion zu den vor- und nachgelagerten Bereichen (z.B. F&E, Produktionsplanung, Logistik, Vertrieb, Kundenservice), auch indirekte Bereiche genannt. Die ausgeprägte Globalisierung und die Neustrukturierung der Märkte haben zu einer enormen Erhöhung der Wettbewerbsintensität geführt. Eine detaillierte Kenntnis der eigenen Produktkosten ist existenziell. Die Produktkosten reichen aber heute allein als Informationsbasis zu Kostensenkungsmaßnahmen nicht aus. Kostenreduktionen können nur dann erfolgreich sein, wenn vorher die Abläufe (Prozesse) im Unternehmen und insbesondere die Kostenzusammenhänge (Kostentreiber) klar erkannt werden. Die Unternehmen sind heute viel stärker auf Prozesse ausgerichtet, das bestands- und aufbauorientierte Denken tritt in den Hintergrund. Anzeichen hierfür ist das Produktionsmanagement (z.B. Just-in-Time, Qualitätsmanagement) und das Finanzmanagement (z.B. Kapitalflussrechnung). Aus oben genannten Gründen entstand eine zunehmende Distanz zwischen Theorie und Praxis. Um diese Distanz überwinden zu können, wurden neue Instrumente entwickelt, wie z.B. die Prozesskostenrechnung 1 , die Wertanalyse oder das Target Costing. Die auf Vorgänge in der Produktion zugeschnittenen Kostenrechnungssysteme, wie z.B. die Deckungsbeitragsrechnung oder die Grenzplankostenrechnung, sind nicht in der Lage, Gemeinkosten indirekter Vorgänge den Produkten verursachungsgerecht zuzuordnen. Die in der Zuschlagskalkulation unterstellte Prämisse der Proportionalität von Gemeinkosten in Bezug zu den Einzelkosten vernachlässigt die bei inhomogener Material-, Produkt-, Auftrags- oder Vertriebsstruktur unterschiedlich hohe spezifische Leistungsinanspruchnahme.
Inhaltsverzeichnis
- 1 Grundlagen
- 1.1 Einführung in die Thematik
- 1.2 Die Stellung der Prozesskostenrechnung im System der betrieblichen Kostenrechnung
- 1.3 Die Prozesskostenrechnung
- 1.3.1 Das Wesen der Prozesskostenrechnung
- 1.3.2 Ziele der Prozesskostenrechnung
- 1.3.3 Aufgabenfelder der Prozesskostenrechnung
- 1.3.4 Abgrenzung zu Activity Based Costing
- 1.4 Einsatzfelder von ABC und PKR
- 2 Systematik und Vorgehensweise
- 2.1 Faktoren der Prozesskostenrechnung
- 2.1.1 Prozess
- 2.1.2 Kostentreiber
- 2.1.3 Prozesskosten
- 2.2 Vorgehensweise
- 2.2.1 Auswahl der einzubeziehenden Bereiche und Festlegung des Projektzieles
- 2.2.2 Tätigkeitsanalyse und Aufstellung einer Prozesshierachie
- 2.2.3 Bestimmung prozessbezogener Kostentreiber
- 2.2.4 Ermittlung der Prozesskosten je Teilprozess
- 2.2.5 Ermittlung der Prozesskostensätze je Teilprozess
- 2.2.6 Hauptprozessverdichtung
- 2.2.7 Kalkulation mit Prozesskostensätzen
- 2.3 Die Funktionen-Prozess-Matrix
- 3 Einsatzmöglichkeiten der Prozesskostenrechnung
- 3.1 Prozesskosten in der Kalkulation
- 3.1.1 Voraussetzung und Wirkung
- 3.1.2 Kalkulation mit Prozesskosten
- 3.1.3 Effekte der prozessbezogenen Kalkulation
- 3.1.4 Variantenkalkulation
- 3.2 Prozesskosten in der Deckungsbeitragsrechnung
- 3.3 Prozesskosten als Kostenplanungs- und Steuerungsinstrument
- 4 Beispiel zur Prozesskostenstellenrechnung
- 4.1.1 Auswahl der einzubeziehenden Bereiche und Festlegung des Projektzieles
- 4.1.2 Tätigkeitsanalyse und Aufstellung einer Prozesshierachie
- 4.1.3 Bestimmung prozessbezogener Kostentreiber
- 4.1.4 Ermittlung der Prozesskosten je Teilprozess
- 4.1.5 Ermittlung der Prozesskostensätze je Teilprozess
- 4.1.6 Hauptprozessverdichtung
- 4.1.7 Kalkulation mit Prozesskostensätzen
- 5 Fazit und Weiterentwicklung
Zielsetzung und Themenschwerpunkte
Diese Seminararbeit befasst sich mit der Prozesskostenrechnung (PKR), ihren Grundlagen, Verfahrensweisen und Einsatzmöglichkeiten. Ziel ist es, ein umfassendes Verständnis der PKR zu vermitteln und ihre Bedeutung im modernen Rechnungswesen aufzuzeigen.
- Grundlagen und Definition der Prozesskostenrechnung
- Systematik und Vorgehensweise bei der Durchführung einer Prozesskostenrechnung
- Einsatzmöglichkeiten der PKR in der Kalkulation und Kostenplanung
- Abgrenzung der PKR zu anderen Kostenrechnungssystemen (z.B. Activity Based Costing)
- Beispielhafte Anwendung der PKR in einem konkreten Fall
Zusammenfassung der Kapitel
1 Grundlagen: Dieses Kapitel führt in die Thematik der Prozesskostenrechnung ein und erläutert die Gründe für ihre Entstehung. Die traditionelle Kostenrechnung wird im Kontext der Massenproduktion der 20er Jahre des letzten Jahrhunderts dargestellt und im Vergleich dazu die heutigen Käufermärkte mit ihren individuellen Kundenwünschen und Produktvarianten. Die zunehmende Bedeutung der Gemeinkosten und die Verschiebung der Kosten zu vor- und nachgelagerten Bereichen werden als Hauptgründe für die Notwendigkeit neuer Kostenrechnungssysteme wie der PKR hervorgehoben. Die zunehmende Globalisierung und der verschärfte Wettbewerb werden als weiterer Beweggrund für detailliertere Kosteninformationen genannt, die über die bloße Kenntnis der Produktkosten hinausgehen.
2 Systematik und Vorgehensweise: Dieses Kapitel beschreibt die Systematik und Vorgehensweise bei der Durchführung einer Prozesskostenrechnung. Es werden die zentralen Faktoren der PKR wie Prozesse, Kostentreiber und Prozesskosten definiert und deren Interdependenzen erklärt. Die Vorgehensweise wird Schritt für Schritt erläutert, beginnend mit der Auswahl der Bereiche und Festlegung des Projektziels, über die Tätigkeitsanalyse und die Bestimmung prozessbezogener Kostentreiber bis hin zur Ermittlung der Prozesskosten und -kostensätze sowie der Hauptprozessverdichtung und der Kalkulation mit Prozesskostensätzen. Die Funktionen-Prozess-Matrix wird als wichtiges Instrument zur Visualisierung der Zusammenhänge vorgestellt.
3 Einsatzmöglichkeiten der Prozesskostenrechnung: Dieses Kapitel beleuchtet die vielfältigen Einsatzmöglichkeiten der PKR, insbesondere im Bereich der Kalkulation und der Kostenplanung. Es wird gezeigt, wie Prozesskosten in die Kalkulation integriert werden können, welche Voraussetzungen dafür notwendig sind und welche Effekte sich daraus ergeben. Die Anwendung der PKR in der Deckungsbeitragsrechnung und ihre Bedeutung als Kostenplanungs- und Steuerungsinstrument werden ebenfalls behandelt. Die Variantenkalkulation als eine wichtige Anwendung der PKR im Kontext unterschiedlicher Produktvarianten wird ebenfalls erläutert.
4 Beispiel zur Prozesskostenstellenrechnung: Dieses Kapitel präsentiert ein konkretes Beispiel zur Anwendung der Prozesskostenrechnung. Es führt Schritt für Schritt durch den Prozess der Kostenrechnung, von der Auswahl der Bereiche und der Definition des Ziels bis hin zur Kalkulation mit den ermittelten Prozesskostensätzen. Dieses Beispiel dient der Veranschaulichung der theoretischen Konzepte aus den vorherigen Kapiteln und soll das Verständnis für die praktische Anwendung der PKR vertiefen.
Schlüsselwörter
Prozesskostenrechnung, Kostenrechnung, Kostentreiber, Prozesse, Kalkulation, Kostenplanung, Activity Based Costing (ABC), Gemeinkosten, Wettbewerbsintensität, Produktkosten.
Häufig gestellte Fragen zur Seminararbeit: Prozesskostenrechnung
Was ist der Inhalt dieser Seminararbeit?
Die Seminararbeit bietet einen umfassenden Überblick über die Prozesskostenrechnung (PKR). Sie behandelt die Grundlagen der PKR, ihre Systematik und Vorgehensweise, verschiedene Einsatzmöglichkeiten (z.B. in der Kalkulation und Kostenplanung) und veranschaulicht diese anhand eines Beispiels. Zusätzlich werden Vergleichsaspekte zu anderen Kostenrechnungssystemen wie Activity Based Costing (ABC) beleuchtet.
Welche Themen werden in der Seminararbeit behandelt?
Die Arbeit deckt folgende Themen ab: Einführung in die Prozesskostenrechnung, ihre Stellung im betrieblichen Kostenrechnungssystem, Ziele und Aufgabenfelder, Abgrenzung zu Activity Based Costing, Faktoren der Prozesskostenrechnung (Prozesse, Kostentreiber, Prozesskosten), die Vorgehensweise bei der Durchführung einer PKR (inkl. Tätigkeitsanalyse, Bestimmung von Kostentreibern, Ermittlung von Prozesskosten und -kostensätzen), die Funktionen-Prozess-Matrix, Einsatzmöglichkeiten in der Kalkulation (inkl. Variantenkalkulation) und Deckungsbeitragsrechnung, Prozesskosten als Planungs- und Steuerungsinstrument und ein detailliertes Beispiel zur Prozesskostenstellenrechnung.
Welche Zielsetzung verfolgt die Seminararbeit?
Ziel ist es, ein umfassendes Verständnis der Prozesskostenrechnung zu vermitteln und ihre Bedeutung im modernen Rechnungswesen aufzuzeigen. Die Leser sollen die Grundlagen der PKR verstehen, ihre Anwendung in der Praxis nachvollziehen können und die Abgrenzung zu anderen Kostenrechnungssystemen kennenlernen.
Wie ist die Seminararbeit strukturiert?
Die Arbeit ist in fünf Kapitel gegliedert: Grundlagen der Prozesskostenrechnung, Systematik und Vorgehensweise, Einsatzmöglichkeiten der Prozesskostenrechnung, ein Beispiel zur Prozesskostenstellenrechnung und abschließende Schlussfolgerungen und Ausblicke auf Weiterentwicklungen. Jedes Kapitel enthält eine detaillierte Beschreibung der relevanten Aspekte und veranschaulicht die theoretischen Konzepte.
Welche Schlüsselbegriffe werden in der Seminararbeit behandelt?
Wichtige Schlüsselbegriffe sind: Prozesskostenrechnung, Kostenrechnung, Kostentreiber, Prozesse, Kalkulation, Kostenplanung, Activity Based Costing (ABC), Gemeinkosten, Wettbewerbsintensität und Produktkosten.
Für wen ist diese Seminararbeit geeignet?
Diese Arbeit richtet sich an Studierende, Praktiker im Rechnungswesen und alle, die sich einen umfassenden Überblick über die Prozesskostenrechnung verschaffen möchten.
Wo finde ich ein konkretes Beispiel zur Anwendung der Prozesskostenrechnung?
Kapitel 4 der Seminararbeit präsentiert ein ausführliches Beispiel, das Schritt für Schritt die Anwendung der Prozesskostenrechnung von der Auswahl der Bereiche bis zur Kalkulation mit Prozesskostensätzen veranschaulicht.
Wie grenzt sich die Prozesskostenrechnung von Activity Based Costing (ABC) ab?
Die Seminararbeit beleuchtet die Unterschiede zwischen PKR und ABC. Obwohl beide Systeme darauf abzielen, Kosten genauer zuzuordnen, unterscheiden sie sich in ihren Ansätzen und Methoden. Die genaue Abgrenzung wird im ersten Kapitel der Arbeit behandelt.
Welche Rolle spielen Kostentreiber in der Prozesskostenrechnung?
Kostentreiber sind zentrale Faktoren, die die Prozesskosten beeinflussen. Die Identifizierung und Quantifizierung von Kostentreibern ist ein wichtiger Schritt bei der Durchführung einer Prozesskostenrechnung und wird ausführlich in Kapitel 2 beschrieben.
Welche Einsatzmöglichkeiten bietet die Prozesskostenrechnung?
Die Prozesskostenrechnung findet Anwendung in verschiedenen Bereichen, darunter Kalkulation, Kostenplanung und -steuerung. Kapitel 3 befasst sich detailliert mit diesen Einsatzmöglichkeiten und zeigt auf, wie Prozesskosten in die Kalkulation integriert werden können und welche Effekte sich daraus ergeben. Die Variantenkalkulation wird als spezifische Anwendung im Kontext unterschiedlicher Produktvarianten ebenfalls erläutert.
- Arbeit zitieren
- Marc Schühle (Autor:in), 2004, Die Prozesskostenrechnung. Grundlagen, Verfahrensweisen, Einsatz, München, GRIN Verlag, https://www.grin.com/document/27116