Das Flexible Correction Model und Anlagefondswerbung

Ein Online-Experiment zur Überprüfung des Flexible Correction Model im Kontext der Anlagefondswerbung.


Lizentiatsarbeit, 2012

97 Seiten, Note: 6


Leseprobe


Inhaltsverzeichnis

Abbildungsverzeichnis

Tabellenverzeichnis

Abkürzungsverzeichnis

1. Einleitung
1.1 Ziel dieser Lizenziatsarbeit

2. Definition der Begriffe
2.1 Anlagefonds
2.2 Wertentwicklung

3. Theoretischer Hintergrund und empirischer Forschungsstand
3.1 Fondswerbung
3.2 Kapitalmarkttheorien und Behavioral Finance
3.3 Persuasionsforschung
3.3.1 „Dual process“-Modelle
3.3.2 Das Flexible Correction Model
3.4 Anwendung des FCM auf die Fondswerbung
3.4.1 Weitere Einflussfaktoren

4. Zielsetzung/Hauptfragestellungen/Hypothesen
4.1 Hypothesen

5. Untersuchungsanlage und Methode
5.1 Forschungsdesign
5.2 Durchführung der Untersuchung
5.2.1 Pretest
5.3 Manipulation
5.3.1 Involvement
5.3.2 Wertentwicklung
5.4 Stimulusmaterial
5.4.1 Factsheets
5.4.2 Hinweistext
5.5 Stichprobe
5.6 Operationalisierung
5.6.1 Unabhängige Variablen
5.6.2 Abhängige Variable
5.6.3 Untersuchungsrelevante Kontrollvariablen
5.7 Skalierung

6. Ergebnisse
6.1 Manipulation Check
6.1.1 Kontrollvariablen
6.1.2 Weiterführende Analysen
6.2 Prüfung der Hypothesen

7. Diskussion
7.1 Ergebnisse der Bedingung mit schwachem Involvement
7.2 Ergebnisse der Bedingung mit starkem Involvement
7.3 Zusammenfassung der Ergebnisse

8. Einschränkungen der Ergebnisse
8.1 Kritik und Limitation
8.2 Diskussion der internen und externen Validität

9. Ausblick

10. Implikation

Literaturverzeichnis

Anhang XV

Fragebogen XV

ABBILDUNGSVERZEICHNIS

Abbildung 01: Untersuchungsablauf

Abbildung 02: Einführungstext stark involvierter Experimentalgruppen

Abbildung 03: Einführungstext schwach involvierte Experimentalgruppen

Abbildung 04: Das Factsheet mit sehr guter vergangener Wertentwicklung

Abbildung 05: Das Factsheet mit guter vergangener Wertentwicklung

Abbildung 06: Der Hinweistext auf die Verzerrung

Abbildung 07: Zeigt die Glaubwürdigkeit des Factsheets als Funktion der vergangenen Wertentwicklung und des Involvements. Ein höherer Mittelwert bezeichnet eine höhere Glaubwürdigkeit des Factsheets

Abbildung 08: Zeigt die Einstellung der schwach involvierten Experimentalgruppen als Funktion der vergangenen Wertentwicklung und des Zeitpunkts. Ein höherer Mittelwert bezeichnet eine bessere Einstellung zum Fonds..

Abbildung 09: Zeigt die Einstellung der stark involvierten Experimentalgruppen als Funktion der Wertentwicklung und des Zeitpunkts. Ein höherer Mittelwert bezeichnet eine bessere Einstellung zum Fonds

TABELLENVERZEICHNIS

Tabelle 01: Stichprobenzusammensetzung

Tabelle 02: Operationalisierung der Risikowahrnehmung

ABKÜRZUNGSVERZEICHNIS

Abbildung in dieser Leseprobe nicht enthalten

Abstract

Die vorliegende Lizentiatsarbeit befasst sich mit den kognitiven Urteils- und Entscheidungsprozessen am Beispiel von Anlagefonds. Konkreter wird untersucht, welchen Einfluss die Darstellung vergangener Wertentwicklungen bei Fondswerbung auf die Einstellung zum entsprechenden Fonds hat.

Anleger lassen sich trotz des gesetzlich vorgeschriebenen Warnhinweises, dem Disclaimer, von der vergangenen Wertentwicklung in ihrer Einstellung zu einem Anla- gefonds beeinflussen. Das Ziel ist es, herauszufinden, ob diese Urteilsverzerrung bei der Einstellung zu einem Anlagefonds verschwindet, wenn der Anleger auf diese Verzer- rung aufmerksam gemacht wird. Auf Basis des Flexible Correction Model wurde diese Urteilsverzerrung im Kontext der Anlagefondswerbung genauer untersucht. Das Flexible Correction Model suggeriert, dass, wenn der beeinflussende Faktor mehr ins Zentrum des Bewusstseins gerückt wird, eine Korrektur stattfindet, die den Einfluss des Faktors eliminiert oder sogar überkorrigiert. In der vorliegenden Arbeit wurde die Korrektur unter schwachem und starkem Involvement untersucht. Im Mittelpunkt stand dabei der Effekt der vergangenen Wertentwicklung auf die Einstellung vor und nach dem Hinweis auf die Urteilsverzerrung. 118 Vollzeitangestellte aus der Finanz- und Versicherungs- branche haben an diesem Online-Experiment teilgenommen. Die Ergebnisse zeigen, dass das Involvement die Art der Verarbeitung von Factsheet-Informationen beeinflusst. Bei schwach involvierten Anlegern, die unter Zeitdruck gesetzt wurden, hat die gezeigte vergangene Wertentwicklung keinen Effekt auf die Einstellung zum Fonds, weder vor noch nach dem Hinweisreiz. Obwohl kein Effekt der Wertenwicklung auf die Einstel- lung nachgewiesen werden konnte, zeigte sich in beiden Treatment-Bedingungen der Wertentwicklung nach dem Hinweisreiz eine schlechtere Einstellung zum Fonds als zuvor. Die Einstellung wurde korrigiert, obwohl die Wertentwicklung keinen Effekt auf die Einstellung ausgelöst hat. Bei stark involvierten Anlegern zeigt sich ein Effekt vor dem Hinweisreiz. Dieser Effekt wurde nach dem Hinweisreiz eliminiert. Die Anleger, deren Factsheet eine am Vergleichsindex gemessene sehr gute vergangene Wertenwick- lung zeigte, haben ihre Einstellung signifikant negativ korrigiert, wobei die Anleger mit der vergleichsweise weniger guten Wertentwicklung entgegen der Theorie nicht korri- giert haben. Weiter konnte die Annahme des Flexible Correction Model untermauert werden, dass die Richtung und Höhe der Korrektur der Einstellung von der wahrge- nommenen Beeinflussung des Anlegers abhängig ist. Die Ergebnisse der Arbeit verlei- hen der Wichtigkeit des Disclaimers nochmals Nachdruck.

1. Einleitung

Das Geschäft mit Anlagefonds ist in der Schweiz in den letzten Jahren rasant gewachsen. Das gehandelte Volumen hat sich massiv vergrössert (vgl. Swiss Funds Association SFA 2006). Diese Entwicklung zeigt, dass Anlagefonds auch in der breiten Bevölkerung ein beliebtes Anlageinstrument sind.

Bei der Kaufbereitschaft von Fonds legen Anleger ihr Augenmerk auf zwei Haupt- merkmale: Risiko und Rendite. Das Ziel jeden Anlegers ist es, eine hohe Rendite bei möglichst geringem Risiko zu erlangen (vgl. Markowitz 1952: 80). Daher schenkt der Anleger den Informationen über die vergangene Wertentwicklung, die häufig in Fonds- werbungen zu finden sind, mehr Beachtung und kann dabei durch Aufnahme von Wis- sen sein subjektives Risikoempfinden verringern. Die Information über die vergangene Wertentwicklung in der Werbung bildet den Anker für die Einschätzung der zukünfti- gen Rendite (vgl. Stephan 1999: 105). Da die vergangene Wertentwicklung aber kein zuverlässiger Indikator für die zukünftige Entwicklung des Wertes darstellt (vgl. Jain/Wu 2000: 953-956), wird der Anleger einen falschen Schluss daraus ziehen und somit einen Urteilsfehler begehen. Dieser Urteilsfehler besteht darin, dass die Einschät- zung der zukünftigen Rendite nicht auf rationalen Überlegungen beruht, sondern von der gerade wahrgenommenen Information über die Wertentwicklung beeinflusst wird. Im Wissen um dieses Problem der Urteilsverzerrung wurde per Gesetz der Disclaimer eingeführt, der den Anleger auf diese Gefahr aufmerksam machen soll. Ein Disclaimer könnte so aussehen:

„Obige Angaben sind Meinungen subjektiver Natur. Die vergangene Performance ist keine Garantie für zukünftige Entwicklungen. Unterlagen zum Fonds können kostenlos bezogen werden.“

Der Disclaimer ist meist nur sehr klein auf der Werbung zu finden. Daraus lässt sich die Vermutung ableiten, dass dieser oft nicht wahrgenommen wird und daher immer noch Urteilsfehler vorkommen, die sich auf die Kaufbereitschaft der Anleger auswirken. Das Wissen darüber, wie genau diese Urteilsfehler den Entscheidungsprozess beeinflussen, ist gering. Aufgrund der grossen Anzahl an Anlegern, die oft viel Geld und Erwartun- gen in den Kauf von Fonds stecken, ist es von hoher Relevanz, diese Prozesse genauer zu untersuchen.

1.1 Ziel dieser Lizenziatsarbeit

Die Werbewirkungsforschung hat sich bisher nur sehr wenig mit der Investitionsbran- che auseinandergesetzt. Die Verknüpfung von Behavioral-Finance-Theorien mit Wer- bewirkungstheorien steht noch ziemlich am Anfang. Pionierarbeit auf diesem Gebiet hat Jennifer Jordan (2004) geleistet. Jordan hat sich in ihrer Arbeit mit dem Einfluss der Finanzwerbung auf das Verhalten der Anleger genauer befasst. Sie konnte in ihren Stu- dien zeigen, dass die Wahrnehmung von Risiko und Rendite des Anlegers durch die Angaben in der Werbung (vergangene Wertentwicklung, Charts, Markenlogos) beein- flusst werden. Diese ersten Forschungsergebnisse haben gezeigt, wie schnell sich der Anleger von Werbeinformationen beeinflussen lässt. Was passiert aber, wenn sich die Anleger dieser Beeinflussung, der Urteilsverzerrung, bewusst sind? In dieser Arbeit sollen neue Erkenntnisse dazugewonnen werden, wie Anleger mit dieser bewussten Urteilsverzerrung bei Entscheidungen umgehen.

Das Ziel dieser Lizenziatsarbeit ist es also herauszufinden, ob die Urteilsverzerrung gegenüber der Einstellung zu einem Anlagefonds verschwindet, wenn der Anleger auf diese Verzerrung aufmerksam gemacht wird. Die Forschung hat gezeigt, dass sich die Anleger vermehrt von der beworbenen Wertentwicklung in ihrer Kaufentscheidung be- einflussen lassen (vgl. z.B. Jordan 2004). Dies trotz des gesetzlich vorgeschriebenen Warnhinweises, der in Form eines Disclaimers auf der Werbung angebracht ist.

In der Urteilsforschung haben Petty und Wegener das Flexible Correction Model entwi- ckelt. Dieses Modell wurde im Zusammenhang mit der sozialen Urteilsbildung des Menschen konstruiert. Die Autoren haben sich insbesondere mit der Urteilsverzerrung und ihrer Veränderung durch das Bewusstwerden der Verzerrung genauer beschäftigt. Sie suggerieren, dass, wenn die beeinflussende Information mehr ins Zentrum des Be- wusstseins gerückt wird, eine Korrektur des anfänglichen Urteils stattfindet, die den Einfluss der Information eliminiert oder sogar ins Gegenteil überkorrigiert. Diese Er- kenntnisse werden in der vorliegenden Arbeit auf die Fondswerbung angewendet. Dar- aus ergibt sich die Behauptung, dass, wenn der Disclaimer auffällig, salient, gemacht wird, sich der Einfluss der angezeigten vergangenen Wertentwicklung eliminiert und bei starkem Involvement überkorrigiert.

2. Definition der Begriffe

2.1 Anlagefonds

Anlagefonds lassen sich klassifizieren als Kapitalanlagen in Wertpapierform (vgl. Bitz 2000: 180). Ein Anlagefonds lässt sich definieren als: “… Sondervermögen, das von den Anlegern zum Zweck der kollektiven Kapitalanlage aufgrund öffentlicher Werbung aufgebracht worden ist, das gemäss den Bestimmungen des Fondsvertrages durch die Fondsleitung als treuhänderische Eigentümerin auf Rechnung der Anleger (Fremdver- waltung) in der Regel nach dem Grundsatz der Risikoverteilung geführt wird und bei welchem der Anleger grundsätzlich jederzeit das Recht hat, seine Anteilsscheine dem Fonds zurück zu verkaufen (Kündigungsrecht)“ (Lyk 2007: 162). Diese Wertpapiere haben verschiedene Vorteile für Kleinanleger. Trotz kleinem Budget ist es ihnen mög- lich, sich an Portfolios mit hoher Vermögenssumme zu beteiligen. Gleichzeitig wird durch die mehr oder minder verteilte Anlage eines Anlagefonds das Risiko diversifi- ziert. Durch die Fremdverwaltung profitieren sie zudem vom Fachwissen und Analyse- möglichkeiten von professionellen Fondsmanagern und können dadurch Transaktions- kosten einsparen (vgl. Egner 1998: 8).

2.2 Wertentwicklung

Die Wertentwicklung, auch Performance genannt, misst die Entwicklung eines Portfolios. Meist wird zum Vergleich ein sogenannter Benchmark oder Index als Referenz genommen, um die Wertentwicklung im Vergleich zum Gesamtmarkt oder Branchen darzustellen. Bei Anlagefonds wird die prozentuale Veränderung der Anteilwerte innerhalb eines bestimmten Zeitraums unter Berücksichtigung der Ausschüttung und des Körperschaftsteuerguthabens, meist aber nicht der beim Fondskauf gezahlten Ausgabeaufschläge, gemessen (vgl. Börsenlexikon).

2.2.1 Unterscheidung zwischen Wertentwicklung und Rendite

Die Wertentwicklung bezieht sich stets auf einen bestimmten Zeitraum. Auch wenn umgangssprachlich die Begriffe Wertentwicklung und Rendite gleichbedeutend ver- wendet werden, so dürfen die sie nicht verwechselt werden. Die Rendite bezeichnet den effektiven Betrag, welcher durch die Investition in ein Wertpapier resultiert (vgl. Spre- mann 2000: 28-30), während die Wertentwicklung ausschliesslich die Kursveränderung des zugrundeliegenden Anlageinstruments betrachtet. Dieser Unterschied kann anhand eines Beispiels verdeutlicht werden. Angenommen, ein Fonds hat von Januar bis De- zember 2011 eine Wertentwicklung von 13 Prozent erzielt, dann ist damit gemeint, dass der Wert des Fondsanteils um 13 Prozent gestiegen ist. Diese Steigerung bedeutet aber nicht zugleich, dass der Anleger mit dem Investment in den Fonds auch eine Rendite von 13 Prozent erzielt hat. Die Rendite verringern würden z.B. Gebühren und Kommis- sionen, gleichzeitig können je nach Art des Fonds aber auch Dividenden die Rendite erhöhen.

3. Theoretischer Hintergrund und empirischer Forschungsstand

Der folgende Theorieteil gibt eine Übersicht über die relevanten theoretischen Grundla- gen und die wichtigsten themenrelevanten Befunde. Als Erstes wird auf die Entwick- lung und Probleme der Fondswerbung (3.1) genauer eingegangen, als Zweites (3.2) auf die vorherrschenden Kapitalmarkttheorien. Danach (3.3) werden Erkenntnisse aus der Persuasionsforschung genauer dargestellt und auf das Flexible Correction Model von Petty und Wegener vertieft eingegangen. Als Letztes (3.4) wird gezeigt, wie das Flexib- le Correction Model in der Studie auf die Fondswerbung angewendet werden wird.

3.1 Fondswerbung

Die Werbung für Finanzprodukte, speziell auch für Anlagefonds, ist ein noch sehr uner- forschtes Gebiet. Die bisherige Werbewirkungsforschung konzentrierte sich auf Kon- sumgüter oder Dienstleistungen. Da Finanzentscheidungen unter höherer Unsicherheit gefällt werden als konsumorientierte Kaufentscheidungen (vgl. Jordan 2004: 26), ist es von zentraler Bedeutung für die Werbeindustrie, dass solche Entscheidungen explizit und gesondert betrachtet werden. Ebenfalls wurden in der bisherigen Forschung die kognitiven und emotionalen Aspekte der Anleger bisher nur sehr wenig berücksichtigt.

Die Bedeutung der Werbung für Fondsprodukte wurde nicht nur in der Wissenschaft in neuster Zeit erkannt, sondern auch in der Werbeindustrie (vgl. Wilcox 2001: 133). Der Anlagefonds ist für den Anleger ein recht abstraktes Produkt. Aus diesem Grund muss es in der Werbung visualisiert und konkretisiert werden (vgl. Matherly/Finch 2001: 45). Verhaltenswissenschaftliche Studien zum Anlegerverhalten gehen von zwei zentralen Entscheidungsmerkmalen aus, der subjektiven Risikowahrnehmung und der subjektiven Rendite-Einschätzung (vgl. Olsen/Cox 2001: 34, MacGregor et al. 1999: 68-69). Diese Erkenntnisse haben auch Auswirkungen auf die Werbung. Die Visualisierung in der Werbung geschieht über die erwähnten zentralen Entscheidungsmerkmale. Als beliebtes Aufmerksamkeitsinstrument der Fondswerbung zeigt sich daher auch die vergangene Wertentwicklung. Sie zeigt den vergangenen Erfolg des Fonds und ist aufmerksam- keitswirksam zugleich (Jones/Smythe 2003: 24). Dass genau diese Informationen der vergangenen Wertentwicklung Auswirkungen auf die Einstellung zum Fonds und den Kaufentscheid haben, haben Mullainathan und Shleifer (2005: 8-9) im Verhaltens- Modell der Persuasion durch Werbung dargelegt. Die Autoren gehen davon aus, dass die Anleger über zwei umfassende, teilweise gegensätzliche Systeme zur Meinungsbil- dung über Kapitalanlagen verfügen. Es sind dies das „growth belief system“ und das „protection belief system“. Befindet sich der Anleger im „growth belief system“, sieht er die Kapitalanlage als Weg, um reich zu werden, während er im „protection belief system“ die Kapitalanlage als sichere Anlage für die Zukunft sieht. Diese Einstellung gegenüber Kapitalanlagen wechselt oft als Antwort auf eine messbare Veränderung in der Umwelt, wie z. B. vergangene Wertentwicklung von Finanzinstrumenten. Wenn die Börsenkurse ansteigen, verschiebt der Anleger tendenziell seine Einstellung in Richtung „growth“. Fallen diese hingegen, verschiebt sich die Einstellung in der Tendenz in Richtung „protection“. Die Studie von Mullainathan und Shleifer (2005) konnte zeigen, dass es möglich ist, die vorherrschende Einstellung gegenüber einem Finanzprodukt zu verändern, basierend auf der vergangenen Wertentwicklung des Produktes. Dadurch kann auch davon ausgegangen werden, dass sich aufgrund der vergangenen Wertent- wicklung nicht nur die Einstellung, sondern auch die Kaufbereitschaft gegenüber dem entsprechenden Finanzprodukt verändert. Dass hinter dieser Erkenntnis auch eine Ge- fahr stecken kann, zeigt die Studie von Jain und Wu (2000).

Die Autoren haben gezeigt, dass Werbung für Anlagefonds zwar effektiv ist, aber über die zukünftige Wertentwicklung des beworbenen Fonds keine Vorhersage treffen kann (vgl. Jain/Wu 2000: 953-956). Dass Anleger aber sehr wohl Informationen aus der Werbung, insbesondere über die vergangene Wertentwicklung, heranziehen und als Anker benutzen, um damit die zukünftige Rendite einschätzen zu können, gibt der Er- kenntnis zusätzlich Gewicht (vgl. Chevalier/Ellison 1997: 1173). Wird also die vergan- gene Wertentwicklung als Anker für die Einstellung zum Fonds herangezogen, ist dies nicht akkurat und lässt den Anleger falsche Schlüsse ziehen. Da sich der Anleger dessen im Normalfall aber nicht bewusst ist, kann er auf diese Verzerrungen nicht reagieren. Den Fondsgesellschaften könnte somit unterstellt werden, Werbestrategien zu verwenden, die darauf abzielen, die Unwissenheit und die Urteilsfehler privater Anleger auszunut- zen (vgl. Daniel/Hirshleifer/Teoh 2002: 175, Bazerman 2001: 502). Als Schutzmass- nahme gegen eben diese Irreführung der Anleger wurde in der Kollektivanlagenverord- nung KKV genau vorgeschrieben, dass bei Werbung für Finanzprodukte darauf hingewiesen werden muss, dass „die verwendeten historischen Daten nicht als verlässli- cher Hinweis auf das künftige Risikoprofil der kollektiven Kapitalanlage herangezogen werden können“ (KKV 2006: Art. 3.). In der Fondswerbung wird diese Vorschrift im Rahmen des „Disclaimer“ umgesetzt, der bei jeder Fondswerbung angebracht werden muss. Dieser Disclaimer soll den Anleger auf diesen möglichen Urteilsfehler hinweisen.

Da dieser Disclaimer meist nur klein angebracht ist, wird er vermutlich von den Anlegern nicht oder nur schwach wahrgenommen. Dies führt dazu, dass sich die meisten Anleger dieser Problematik nicht bewusst sind und somit nicht die Möglichkeit haben, zu versuchen, diesen Einfluss aus dem Urteil zu entfernen. Später soll darauf eingegangen werden, wie diese Problematik entschärft werden könnte.

3.2 Kapitalmarkttheorien und Behavioral Finance

Es gibt viele Ansätze aus der Wirtschaftswissenschaft, die versuchen, das Verhalten von Anlegern zu erklären, jedoch ist dies bisher noch nicht im vollen Masse gelungen. The- orien aus der Wirtschaftswissenschaft, traditionelle Kapitalmarkttheorien, bauen auf der Grundannahme des Axiomensystems der Erwartungsnutzentheorie von Bernoulli auf (vgl. für einen Überblick Rapp 2000: 88). Diese Theorien beinhalten zwei weitere theo- retische Aspekte: Die Erste geht auf die Annahme rationaler Erwartungen von Muth (1961) zurück, welcher dies in die theoretischen Diskussion der Erwartungsbildung ein- geführt hat. Diese Theorie blieb lange ohne grössere Beachtung, bis sie von Lucas und Prescott (1971) weitergeführt wurde (vgl. Ramser 1978: 657). Die Idee dieser Theorie ist es, dass Menschen die Kosten, die durch die Beschaffung und Verarbeitung der In- formation entstehen, im Vergleich zum Nutzen, der daraus resultiert, betrachten. Die Theorie geht von einem rationalen und eigennützigen Entscheidungsverhalten des Men- schen aus. Der zweite Aspekt der Erwartungsnutzentheorie baut auf der Portfolio- Theorie von Markowitz (vgl. Markowitz 1952) auf. Die These der Informationseffizienz von Fama besagt, dass alle bekannten Informationen, die den Markt beeinflussen, sich sofort im Kurs widerspiegeln. Damit ist es nicht möglich, sich durch Informationen ei- nen Vorteil für eine möglichst hohe Rendite zu verschaffen. Die Verläufe von Wertpa- pierkursen können nur durch Zufallsprozesse beschrieben werden und sind nicht vor- hersehbar, sie folgen dem so genannten „ Random Walk “ (vgl. Fama 1970: 414-416). Durch diese theoretischen Erkenntnisse entstanden unterschiedlichste Kapitalmarktmo- delle (vgl. für einen Überblick Steiner/Bruns 1998: 21).

Viele Phänomene an den Kapitalmärkten lassen sich nicht mit diesen traditionellen Ka- pitalmarkttheorien erklären (vgl. für einen Überblick Rossbach 2001: 8-10). Diese Ka- pitalmarktanomalien führten zur Entwicklung einer neuen Richtung der Theorie, dem Behavioral Finance.

In den vergangenen Jahren hat sich die verhaltenswissenschaftlich orientierte Finanz- markttheorie, die Behavioral Finance, zuerst in den USA, danach auch in Europa etab- liert (vgl. Sherfin 2000: 3). Die Behavioral Finance greift neue Erkenntnisse aus der Psychologie und der Soziologie auf und versucht anhand dieser das menschliche Anla- geverhalten besser zu erklären (vgl. Weber et al. 1999: 6). Im Gegensatz zum normati- ven Ansatz der traditionellen Kapitalmarkttheorie, die auf rein rationalen Anlegern be- ruht, ist die Kernaussage der Behavioral Finance, dass Anleger nur beschränkt rational handeln, vor allem aufgrund psychischer und neuronaler Beschränkungen (vgl. Rapp 2000: 93). So beschäftigt sich diese Forschung mit der Tatsache, dass Entscheidungen unter Risiko und Ungewissheit gewisse Muster von Irrationalität zeigen (Rapp 2000: 82). Solche Verhaltensanomalien können in drei Kategorien eingeordnet werden: Sie betreffen die Informationswahrnehmung, die Informationsverarbeitung und den damit verbundenen Entscheidungsfindungsprozess (vgl. Rapp 2000: 95). Kahneman und Tversky haben diese Verhaltensanomalien in Studien genauer untersucht. Sie stellten in zahlreichen Experimenten fest, dass hinter Entscheidungen oftmals simple Daumenre- geln, sogenannte Urteilsheuristiken, stehen (vgl. Tversky/Kahneman 1974). Diese Ur- teilsheuristiken treten systematisch auf, daher muss die Annahme des rein rationalen Verhaltens des Anlegers definitiv verworfen werden (vgl. De Bondt 1998: 832). Heuris- tiken sind „allgemeine, einfach anwendbare, uns meistens aber nicht bewusste Regeln, die es gestatten, Urteile und Entscheidungen auch unter ungünstigen Informationskons- tellationen einigermassen schnell und - unter bestimmten Rahmenbedingungen - hin- reichend treffsicher zu fällen“ (Stephan 1999: 103). Kahneman und Tversky unterschei- den zwischen der Verfügbarkeitsheuristik, der Repräsentativitätsheuristik und der Verankerungsheuristik. Für diese Studie sind die Verfügbarkeits- und die Veranke- rungsheuristik von zentraler Bedeutung. Die Verfügbarkeitsheuristik geht davon aus, dass Informationen, die besonders präsent im Gedächtnis sind, für Entscheidungen her- angezogen werden. Bei der Verankerungsheuristik gehen die Autoren davon aus, dass bei Entscheidungen auf vergangene Ankerwerte zurückgegriffen wird und im Nach- hinein unzureichend adjustiert wird. Dieser Ausgangswert erhöht die Verfügbarkeit konsistenter Information, die, ausgehend von der Verfügbarkeitsheuristik, für Urteile herangezogen wird. Des Weiteren haben Kahneman und Tversky (1974) die wahr- scheinlich erfolgreichste deskriptive Theorie, um Präferenzen bei Entscheidungen unter Risiko zu erfassen, die Prospect Theory, entwickelt; sie soll als Gegenvorschlag zur Erwartungsnutzentheorie stehen. Die Prospect Theory geht davon aus, dass Personen ihre Resultate relativ zu einem Referenzpunkt, also dem Ankerwert, beurteilen, anstatt ihr Endvermögen zu betrachten. Diese Annahmen liefern die Erklärung unter anderem für das Phänomen, dass Anleger risikoaverses Verhalten im positiven (Gewinne) und risikosuchendes Verhalten im negativen Bereich (Verluste) zeigen. Bei Finanzentscheidungen werden wichtige Kerngrössen als Entscheidungsfaktor her- angezogen. Risiko und Rendite sind solche Faktoren, die als Prognosen in Finanzent- scheidungen mit einbezogen werden. Eine wichtige Voraussetzung für rationale Ent- scheide, die durch Heranziehen solcher Faktoren getätigt werden, ist die effiziente Verarbeitung von Informationen. Die Kapitalmarkttheorie von Fama (1976) besagt, dass die Verarbeitung von Informationen dann effizient ist, wenn keine relevanten Informa- tionen vernachlässigt werden und diese Informationen fehlerfrei verarbeitet werden. Mehrere psychologische Studien haben bereits gezeigt, dass bei einem umfangreichen Informationsangebot nur diejenigen Informationen wahrgenommen werden, die als für die Situation wichtig empfunden werden und im Einklang mit bereits bestehenden Mei- nungen und Überzeugungen stehen (vgl. Maas/Weibler 1990: 72-101). Daraus lässt sich ableiten, dass durchaus auch falsche Informationen in die Urteilsbildung mit einfliessen. Auf unser Beispiel angewendet bedeutet dies: Damit eine akkurate Entscheidung gefällt werden kann, sollte das Urteil über die zu erwartende Rendite eines Anlagefonds nicht von irreführenden Ankerwerten z.B. vergangener Wertentwicklung beeinflusst werden. In der Behavioral Finance existieren zwar einzelne Theorien, die gewisse Teile des An- legerverhaltens erklären können, trotzdem ist als Kritikpunkt anzumerken, dass ein ge- schlossenes Theoriesystem fehlt, um zu erklären, warum Finanzentscheidungen von Verhaltensanomalien beeinflusst werden.

Um die Frage der Urteilsverzerrung genauer zu erläutern, werden zu den Theorien aus der Behavioral Finance noch Theorien aus der Psychologie, der Persuasionsforschung, herangezogen.

3.3 Persuasionsforschung

Dieses Unterkapitel gibt als Erstes einen Überblick über die für diese Arbeit zentralen, psychologischen Theorien der Persuasionsforschung. Danach wird auf die „dual pro- cess“-Modelle (3.3.1) und das Flexible Correction Model (3.3.2) im Einzelnen genauer eingegangen.

Das Flexible Correction Model (FCM) von Petty und Wegener (1993) wurde entwickelt, um zu erklären, wie Entscheidungsprozesse im sozialen Umfeld genau funktionieren. Das Modell geht davon aus, dass alltägliche Entscheidungen durch komplexe kognitive Prozesse und eine Vielzahl von Faktoren beeinflusst werden. Durch solche kognitiven Prozesse sind auch die Faktoren Risiko und Rendite miteinander verbunden, die beim Kaufentscheid eines Fonds die Basis darstellen. Um das Risiko zu minimieren, ist es zentral, dass alle entscheidungsrelevanten Informationen wahrgenommen werden und der Anleger sich möglichen ungewollten Einflussfaktoren bewusst wird. Durch dieses Bewusstsein wird eine Korrektur der Einstellung ausgelöst, die dazu beiträgt, eine akku- rate Kaufentscheidung zu treffen. Durch gesellschaftliche und gesetzliche Änderungen (z.B. Antidiskriminierungsgesetz) ist die Aufmerksamkeit gewachsen, auf Vorurteile, die das eigene Urteil ungewollt verzerren, zu achten und diese zu korrigieren (vgl. Pet- ty/Wegener/White 1998: 94).

Dass die entscheidungsrelevanten Informationen auch wirklich vermehrt betrachtet werden, haben bereits Modelle aus der Persuasionsforschung wie das Elaboration Like- lihood Model von Petty und Cacioppo (1986) oder das Heuristic-Systematic Model von Chaiken, Liberman und Eagly (1989) gezeigt. Da die Information über die vergangene Wertentwicklung als wichtige Informationsquelle für die Beurteilung der zukünftigen Wertentwicklung gesehen wird, wird sie auch vermehrt wahrgenommen. Diese Infor- mation dient als Hinweisreiz für die Verankerungsheuristik, die dadurch aktiviert wird. Die Einstellung zum Fonds wird aufgrund der wahrgenommenen Information und der Situation von dieser Heuristik beeinflusst und erstellt. Dadurch, dass die Entscheidung von der Heuristik beeinflusst wird, wird die eigentliche Entscheidung verändert und korrigiert. Die Entscheidung, die ohne diese Aktivierung zustandegekommen wäre, wird durch die Verankerungsheuristik korrigiert. Um zu erläutern, wie genau diese Me- chanismen der Korrektur funktionieren, wird zuerst auf den Prozess der Informations- verarbeitung eingegangen.

Der Informationsverarbeitungsprozess wird oft in Form von Ablaufmodellen dargestellt (vgl. für einen Überblick Wiswede 2007: 91-94). Andere Konzepte in der Informationsverarbeitung sind sogenannte „dual process“-Modelle. Auf diese Modelle soll im nächsten Abschnitt genauer eingegangen werden.

3.3.1 „Dual process“-Modelle

Zu den prominentesten „dual process“-Modellen in der Persuasionsforschung gehören das Elaboration Likelihood Model (ELM) von Petty und Caciopppo (1986) und das Heuristic-Systematic Model (HSM) von Chaiken (1980, 1987).

Das ELM wurde im Kontext der Sozialpsychologie entwickelt und zeigt zwei Wege der Einstellungsänderung. Es geht von zwei Verarbeitungsarten der Information aus, der zentralen Route und der peripheren Route. Grundsätzlich gehen die Autoren davon aus, dass der Mensch das Ziel hat, eine akkurate Einstellung zu erlangen. Dieses Ziel ist von drei zentralen Faktoren abhängig: den Argumenten und der Qualität der Informationen, der Fähigkeit, diese Informationen zu verarbeiten, sowie der Motivation, die Informati- onen zu verarbeiten (vgl. Petty/Cacioppo 1986). Die Informationsverarbeitung erfolgt dann über den zentralen Weg, wenn die Motivation, das Involvement und die Fähigkeit zur Verarbeitung hoch sind. Die damit ausgelöste Einstellungsänderung ist stabil. Über die periphere Route verarbeitet wird dann, wenn Motivation und Involvement gering sind und keine ausreichende Fähigkeit vorhanden ist, eine Information zu verarbeiten. Bei der peripheren Route sind die Argumente und deren Qualität nebensächlich, statt- dessen werden periphere Hinweisreize aufgenommen wie zum Beispiel die Vertrautheit oder die Bekanntheit der Information. Die Einstellungsänderung passiert aufgrund von Heuristiken. Die Einstellungsänderung, die durch die periphere Route erfolgt, ist sehr instabil. Jedoch ist dies die im Alltag am meisten angewendete Route, da sie Zeit und kognitiven Aufwand spart (vgl. Petty/Cacioppo 1986).

Das Heuristic-Systematic Model (HSM) von Chaiken (1980, 1987) ist sehr ähnlich auf- gebaut wie das ELM, jedoch trennt der Autor zwischen systematischer und heuristischer Verarbeitung (vgl. Chaiken/Maheswaran 1994: 461). Die heuristische Informationsver- arbeitung bedarf eines geringen kognitiven Aufwands. Bei der heuristischen Informati- onsverarbeitung formen oder verändern Personen ihre Einstellung aufgrund von Heuris- tiken, die durch Hinweisreize aus der Situation aktiviert werden. Diese Quellen der Information sind einfacher zugänglich und werden so ohne grossen kognitiven Aufwand für die Beurteilung herangezogen. Die Vereinfachung der Entscheidungen durch die Heuristiken hat aber auch zur Auswirkung, dass Informationen nicht allzu detailliert verarbeitet werden und daher auch die Einschätzung der Gültigkeit solcher Informatio- nen nicht gleich zuverlässig ist. Dies wiederum hat zur Konsequenz, dass bei der Beur- teilung gewisse Urteilsfehler passieren, die nicht aufgetreten wären, wenn die Aus- einandersetzung mit der Information intensiver stattgefunden hätte. Es ist also möglich, dass Anleger eine positive Einstellung zu einem Fonds durch die Werbung entwickelt haben, diese jedoch nicht so positiv ausgefallen wäre, wenn sie mehr Zeit und Aufwand in die Beurteilung investiert hätten.

Bei der systematischen Informationsverarbeitung setzt man sich detailliert mit der In- formation auseinander. Wird die Information systematisch verarbeitet, geschieht die Einstellungsänderung durch die aktive Auseinandersetzung mit den überzeugenden In- formationen, dem Involvement. Dabei ist der kognitive Aufwand erheblich höher als bei der heuristischen Verarbeitung. Welche dieser kognitiven Mechanismen in Gang gesetzt werden, ist abhängig von der Intensität des Involvements. Die systematische Verarbei- tung wird in Situationen aktiviert, in denen es wichtig ist, ein akkurates Urteil zu tref- fen, bei denen man also stark in die Entscheidungsfindung involviert ist. Als Beispiel kann der Kauf eines Hauses angeführt werden. Wenn Menschen das Ziel haben, ein möglichst akkurates Urteil zu treffen, sind sie fleissiger in der Begutachtung wichtiger Informationen. Manchmal führen diese Bemühungen dazu, dass die anfängliche Einstel- lung dadurch korrigiert oder sogar eliminiert wird (vgl. Petty/Wegener/White 1998: 94). In solchen Situationen haben Hinweisreize nur geringe Wirkung, da sie durch die sys- tematische Verarbeitung teilweise unterdrückt werden. Die Dämpfung der Hinweisreize ist am deutlichsten, wenn die systematische Verarbeitung sehr umfangreich ist und so möglichst hohen kognitiven Aufwand erfordert (vgl. Chaiken/Maheswaran 1994: 461). Bei weniger involvierten Situationen wird eher anhand von Heuristiken (z.B. Veranke- rungsheuristik), die durch Hinweisreize aus der Situation aktiviert werden, entschieden (vgl. Chaiken/Maheswaran 1994: 461, Chaiken 1980: 762). Sind die Heuristiken akti- viert worden, wird der beeinflussende Faktor nicht korrigiert, sondern die Entscheidung aufgrund der aktivierten Heuristik gefällt wie z.B. beim Kauf eines Waschmittels. Das HSM geht aber auch davon aus, dass wir möglichst wenige Anstrengungen unterneh- men wollen, um eine Entscheidung zu fällen; das bedeutet, dass die heuristische Verar- beitungsweise der systematischen vorgezogen wird. Im Unterschied zum ELM, wo die zwei Verarbeitungswege getrennt betrachtet werden, können im HSM die systematische und heuristische Informationsverarbeitung auch gemeinsam auftreten.

Dadurch, dass der Anleger in der Bewertung von Fonds nicht rein rational entscheidet und somit auch Urteilsfehler begeht, ist es von zentraler Bedeutung, dass er sich dessen bewusst ist, um so sich die Möglichkeit zu verschaffen, seine Einstellung aktiv zu korri- gieren.

3.3.2 Das Flexible Correction Model

Wie ist es nun möglich, Anleger dazu zu bewegen, die Urteilsverzerrung bewusst wahrzunehmen, damit sie die Möglichkeit haben, die Einstellung zu korrigieren? Da die Entscheidungsfindung ein sehr komplexer Prozess ist, reicht es nicht immer aus, die Informationsverarbeitung durch die Intensivierung des Involvements zu steigern, um den beeinflussenden Effekt wahrzunehmen und zu korrigieren (vgl. Petty/Wegener 1993: 160). Das Flexible Correction Model (FCM) von Petty und Wegener hat sich darum mit dieser Urteilsverzerrung und den entsprechenden Korrekturmechanismen intensiver auseinandergesetzt (vgl. Petty/Wegener 1993: 160).

Die Autoren postulieren in ihrem Modell, dass hoch motiviert zu sein und die Fähigkeit zu haben, Informationen genau wahrzunehmen, nicht automatisch auch dazu führt, dass eine Korrektur der anfänglichen Einstellung stattfindet. Dies, weil man sich nicht auto- matisch bewusst ist, von den Faktoren aus dem Kontext beeinflusst zu werden. Manch- mal ist der beeinflussende Faktor nicht salient und muss darum zuerst salient gemacht werden, um korrigiert werden zu können. (vgl. Petty/Wegener/White 1998: 95) Es muss einem Anleger also zuerst bewusst gemacht werden, dass er beeinflusst wird. Die Auto- ren haben folgende Bedingungen aufgestellt, unter welchen eine Korrektur der Verzer- rung stattfindet:

a) Es müssen Motivation und Fähigkeit vorhanden sein, die Beeinflussung zu identifi- zieren, b) es muss ein beeinflussender Faktor gefunden werden, c) eine subjektive Theo- rie über die Richtung und Höhe des Bias muss induziert sein oder durch bestimmte In- formationen generiert werden, d) der Bias muss durch offensichtliche und unscheinbare Faktoren salient gemacht werden und e) es muss eine Motivation sowie die Fähigkeit vorhanden sein, die Korrektur vorzunehmen (vgl. Petty/Wegener 1993: 162, Pet- ty/Wegener/White 1998: 95, Schwarz/Bless 1992: 237-244, Martin/Seta/Crelia 1990: 33-34).

Sind die Voraussetzungen des FCM gegeben, stellt sich die Frage, in welche Richtung die Korrektur stattfindet.

Petty und Wegener haben sich als Grundlage für die Entwicklung des Flexible Correc- tion Model auf das inclusion/exclusion Model von Schwarz und Bless (1992) gestützt, welches wiederum eine Erweiterung des set/reset-Model von Martin (1986) darstellt. Das Modell besagt, dass je nachdem, ob die Information zum bereits existierenden men- talen Modell passt oder nicht, eine Assimilation oder ein Kontrasteffekt ausgelöst wird. Die relevanten Kontextinformationen werden in das Urteil integriert, was eine Assimila- tion des Urteils hin zum Kontext hervorruft, sofern keine Ausschlusskorrektur stattge- funden hat. Schwarz und Bless (1992) konnten zeigen, dass das Urteil nur an die Kon- textinformationen assimiliert wird, wenn die Informationen als relevant für das Ziel wahrgenommen werden. Wird die Information jedoch als irrelevant betrachtet und dadurch ausgeschlossen, können Kontrasteffekte entstehen. Kontrasteffekte setzen eine Trennung von Kontext und Hinweisreizen beziehungsweise eine Exklusion der aktivier- ten Information voraus.

Petty und Wegener (1993: 160) haben eine Erweiterung der Modelle von Martin (1986) und Schwarz und Bless (1992) vorgenommen, indem sie in ihrem Flexible Correction Model ein flexibleres Set von Korrekturprozessen für die Urteilsverzerrung postulieren, welche auf der subjektiven Theorie des Menschen basieren. Subjektive Theorien sind Konzepte und Gedanken, die sich der Mensch über sich selbst und seine Umwelt macht. Daraus können z.B. Wertungen, Überzeugungen und Vorurteile entstehen, die danach heuristisch eingesetzt werden können (vgl. Hussy/Schreier/Echterhoff 2010: 209).

Das FCM postuliert, dass entgegengesetzte subjektive Theorien dazu führen, dass die Korrektur in unterschiedlicher Richtung stattfinden kann. Das heisst, dass Assimilation und Kontrast ein erwarteter Effekt auf das Urteil sein kann, je nachdem, welches Vorurteil der Kontext auslöst (vgl. Petty/Wegener 1995: 160).

Wenn der Anleger also merkt, von einer Werbung dahingehend beeinflusst zu werden, dass er glaubt, dass die entsprechende Wertentwicklung positiv sein wird, wird er seine Einstellung korrigieren.

Der Anleger wird so korrigieren, dass er die zukünftige Wertentwicklung schlechter einschätzt, um dadurch zu versuchen, die beeinflussenden Informationen zu eliminieren. Der Anleger wird also immer in die entgegengesetzte Richtung korrigieren, von der er annimmt, in diese beeinflusst worden zu sein.

Wie stark die Korrektur ausfällt, hängt davon ab, wie die Intensität des Hinweises auf mögliche Beeinflussung wahrgenommen wird. Intensiviert sich die Salienz des Hinwei- ses, steigt auch der Effekt auf das Urteil (vgl. Wegener/Petty 1995: 38). In den vergangenen Studien wurde der Faktor jeweils mittels Korrekturanweisung sali- ent gemacht. Die Versuchspersonen (Vpn) wurden explizit darauf hingewiesen, dass sie sich bei der Entscheidung nicht von Faktoren wie z.B. der eigenen Meinung beeinflus- sen lassen dürfen. Der saliente Faktor wirkt unterschiedlich, in Abhängigkeit von der Intensität des Involvements (vgl. Petty/Wegener/White, 1998: 108). Petty, Wegener und White (1998) haben in ihrer ersten Studie den Korrekturprozess untersucht, ohne das Involvement zu manipulieren. In einer zweiten Studie haben sie den Korrekturprozess unter schwachem und starkem Involvement untersucht. Die Salienz des Faktors wurde mittels Korrekturanweisung manipuliert.

Die Ergebnisse der ersten Studie haben gezeigt, dass sich der typische Effekt des An- kers einstellt, wenn keine Anweisung zur Korrektur gegeben wurde. Die Einstellung hat sich in Richtung des Ankers verändert. Wird eine Korrekturanweisung gegeben, wurde der Effekt des Ankers abgeschwächt oder eliminiert (vgl. Petty/Wegener/White 1998: 100). Dies ist der Nachweis dafür, dass ein Korrekturprozess stattgefunden hat.

Die Studie der Autoren wurde anhand einer weiteren Annahme des FCM erweitert.

Aus dieser Erweiterung heraus postuliert das FCM ebenfalls, dass eine Korrektur darauf abzielt, den beeinflussenden Faktor zu entfernen. Diese Korrektur kann sich aber auch in die gegenteilige Richtung auswirken. Diese Überkorrektur tritt vor allem dann auf, wenn die Beeinflussung bewusst ist, das Involvement stark und die Salienz des Ankers hoch (vgl. Petty/Wegner 1995: 97). Den Nachweis für die Wirkung des salienten An- kers haben Petty, Wegener und White (1998) in ihrer zweiten Studie erbracht. Es zeigte sich, dass, wenn explizit eine Korrekturanweisung gegeben wurde und somit auf die Verzerrung stark aufmerksam gemacht wurde, eine Überreaktion in die entgegengesetz- te Richtung des beeinflussenden Faktors stattfand. (vgl. Petty/Wegener/White 1998: 100). Weiter haben die Autoren dieser Studie gezeigt, dass starkes Involvement ohne Korrekturanweisung den beeinflussenden Effekt des Ankers schwächt oder sogar ganz eliminiert. Bei schwachem Involvement zeigt sich keine Korrektur, wenn keine Korrek- turanweisung gegeben wurde. Dies hat zur Folge, dass anhand der präsenten Heuristi- ken die Entscheidung beeinflusst wird. Wird eine Korrekturanweisung gegeben, wird der Effekt des beeinflussenden Faktors abgeschwächt oder eliminiert.

Zwischen der starken und schwachen Involvement-Bedingung ohne Korrektur zeigt sich, dass der Anker bei schwachem Involvement einen grösseren Effekt hat als unter starkem Involvement. In der Bedingung mit Korrekturanweisung hat sich kein signifikanter Unterschied gezeigt (vgl. Petty/Wegener/White 1998: 108-110).

Im Folgenden sollen die Erkenntnisse aus dem FCM auf die Fondswerbung explizit angewendet werden.

3.4 Anwendung des FCM auf die Fondswerbung

Der Disclaimer wurde in der Fondswerbung zur gesetzlichen Pflicht, um die Anleger auf die Gefahr der oben beschriebenen Verzerrung aufmerksam zu machen. Trotz dieses Warnhinweises ist es naheliegend, dass unbewusst solche Urteilsfehler vorkommen. Die Auswirkungen dieses Fehlers zeigen sich erst später, wenn der Fonds allenfalls nicht den erwarteten Erfolg erzielt. Die Ergebnisse aus der Persuasionsforschung lassen da- rauf schliessen, dass durch die Veränderung des Involvements und der Erhöhung der Salienz des Disclaimers solch einem bösen Erwachen entgegengewirkt werden kann. Diese Vermutungen sollen in der vorliegenden Arbeit genauer untersucht werden. Die Erkenntnisse aus der Persuasionsforschung werden direkt auf die Fondswerbung ange- wendet, um so mehr Erkenntnisse darüber zu gewinnen, wie den Anlegern geholfen werden kann, akkuratere Kaufentscheidungen zu treffen. Die Ergebnisse sollen ein wei- terer Schritt sein, die Wissenslücke zu schliessen, wie Anleger die Wahrnehmung der Werbung in ihre Entscheidung einfliessen lassen (vgl. Karrh 2004: 2).

3.4.1 Weitere Einflussfaktoren

Wie bereits in Kapitel 3.1 erwähnt, werden die Anleger durch unterschiedliche Faktoren in ihrem Urteil beeinflusst. Die grundsätzliche Risikoeinstellung zum Fonds und die Erfahrung jedes einzelnen Anlegers spielt, neben der beworbenen Wertentwicklung, ebenfalls eine wichtige Rolle beim Kaufentscheid (vgl. Karrh 2004: 2). Die individuelle Risikoeinstellung jedes Einzelnen kann, je nach Themenbereich, variieren (vgl. We- ber/Blais/Betz 2002: 282). Beispielsweise kann die Risikoeinstellung zum Thema In- vestment hoch sein, während diejenige zum Thema Autofahren risikoavers ist. Um die- sen Einfluss kontrollieren zu können, ist es wichtig, dass die Risikoeinstellung explizit für Investments erhoben wird. Es existieren noch nicht viele Studien darüber, wie genau individuelle Erfahrung Investmententscheidungen beeinflusst. Trotzdem lassen vergan- gene Studien darauf schliessen, dass ein Unterschied in der Informationsauswahl sowie in der Herangehensweise an die Entscheidung zwischen erfahrenen Anlegern und Laien feststellbar ist (vgl. für einen Überblick Karrh 2004: 5-6). Um den Themenbereich die- ser Arbeit klar abzugrenzen, soll nicht weiter auf den Einfluss dieser zwei Faktoren ein- gegangen werden. Daher werden die Faktoren Risikoeinstellung und Erfahrung in der Untersuchung kontrolliert, um so den Einfluss der zwei Variablen ausschliessen zu können. Wie dies empirisch umgesetzt wird, wird in Kapitel 5 genauer erläutert.

4. Zielsetzung/Hauptfragestellungen/Hypothesen

Diese Lizenziatsarbeit hat zum Ziel, herauszufinden, ob die Urteilsverzerrung bei der Einstellung zu einem Anlagefonds verschwindet, wenn der Anleger auf diese Verzer- rung aufmerksam gemacht wird. Um diese Fragestellung zu überprüfen, wird zuerst die Hauptfragestellung präzisiert. Anhand der Hauptfragestellung werden die Hypothesen formuliert.

Hauptfragestellung

1. Wie wird Fondswerbung kognitiv verarbeitet und wie beeinflusst sie die Einstel- lung der Anleger zum beworbenen Fonds?
2. Welchen Effekt übt die präsentierte, vergangene Wertentwicklung auf die Ein- stellung der Anleger aus und wie werden Urteilsheuristiken dabei angewendet?
3. Wie wird die Einstellung zum Fonds korrigiert, wenn durch einen Hinweisreiz auf die Urteilsverzerrung diese Verzerrung bewusst gemacht wird?
4. Ist das FCM auch im Kontext der Anlagefondwerbung anwendbar?

Im nächsten Kapitel werden auf Grundlage der Theorie und des Forschungsstandes die vier Hauptfragestellungen in Hypothesen abgeleitet. Die Hypothesen werden in Anlehnung an die Hypothesen des Flexible Correction Model formuliert. (vgl. Petty/Wegener/White 1998: 95-97).

4.1 Hypothesen

Wie wird Fondswerbung kognitiv verarbeitet und wie beeinflusst diese die Bildung der Einstellung der Anleger zum beworbenen Fonds? Das FCM hat zu dieser Hauptfrage- stellung Annahmen formuliert. Das FCM geht davon aus, dass sich die Verarbeitungsart je nach Stärke des Involvements unterscheidet. Um die Forschungsfragen in Abhängig- keit des Involvements zu prüfen, werden Hypothesen getrennt für starkes und schwa- ches Involvement formuliert. Zuerst werden die Hypothesen für schwaches, danach für starkes Involvement formuliert.

Das FCM postuliert, dass schwach involvierte Personen Informationen heuristisch ver- arbeiten. Da die Fähigkeit und Motivation nicht vorhanden ist, um die Informationen systematisch zu verarbeiten, wird, um ein Urteil zu bilden, auf Urteilsheuristiken zu- rückgegriffen. Um diese Annahme im Kontext von Finanzinformation zu testen, werden zwei unterschiedlich gute vergangene Wertentwicklungen miteinander verglichen. Wird, wie vom FCM vorhergesagt, heuristisch verarbeitet und somit die präsentierte Wertentwicklung als Grundlage für die Einstellungsbildung herangezogen, müssten sich die zwei schwach involvierten Experimentalgruppen hinsichtlich ihrer Einstellung sig- nifikant unterscheiden.

Da die zwei schwach involvierten Experimentalgruppen jeweils unterschiedlich gute vergangene Wertentwicklungen auf dem Factsheet präsentiert bekommen haben, sollten sie auch unterschiedliche Einstellungen zum Fonds aufweisen. Daraus lässt sich die erste Hypothese ableiten:

H1: Es zeigt sich ein signifikanter Unterschied der Einstellung zum Zeitpunkt T1 in den unterschiedlichen vergangenen Wertentwicklungen bei schwa- chem Involvement.

Weiter geht das FCM davon aus, dass der Effekt der Wertentwicklung verschwindet, sobald die Beeinflussung durch einen Hinweis bewusst wahrgenommen wird. Da der Anleger ein möglichst korrektes Urteil abgeben möchte, wird er sich nach dem Hinweisreiz nicht mehr von den Informationen des Factsheets beeinflussen lassen. Werden die schwach involvierten Experimentalgruppen auf die Urteilsverzerrung aufmerksam gemacht, werden sie ihre Einstellung korrigieren. Der Einfluss der vergangenen Wertentwicklung sollte sich abschwächen oder sogar ganz eliminiert werden. Daher sollte zwischen den zwei schwach involvierten Experimentalgruppen nach dem Hinweisreiz kein signifikanter Unterschied in der Einstellung mehr bestehen.

H2: Es zeigt sich kein signifikanter Unterschied der Einstellung zum Zeit- punkt T2 in den unterschiedlichen vergangenen Wertentwicklungen bei schwachem Involvement.

Um die Korrektur der Einstellung zu aktivieren, muss der Hinweisreiz auf die Beein- flussung salient sein. Erst durch die Salienz des Hinweisreizes wird die Korrektur akti- viert. Die Einstellung wird in die Richtung korrigiert, von der man glaubt, dahingehend beeinflusst worden zu sein. Die Richtung der Korrektur ist also abhängig von der wahr- genommenen Beeinflussung. Dadurch, dass die Experimentalgruppe mit sehr guter

Wertentwicklung eine überdurchschnittlich positive vergangene Wertentwicklung prä- sentiert bekommen hat, wird sie diese als zu hoch wahrnehmen. Durch den gegebenen Hinweis auf diese Urteilsverzerrung wird die Einstellung ins Negative korrigiert. Wie stark diese negative Korrektur ausfällt, ist abhängig von der wahrgenommenen Stärke der Beeinflussung.

Durch den Hinweisreiz sollten die Vpn aus der Experimentalgruppe mit sehr guter ver- gangener Wertentwicklung ihre Einstellung zum Zeitpunkt T2 so korrigieren, dass sie eine negativere Einstellung zum gezeigten Fonds aufweisen als noch vor dem Hinweis.

H3: Bei einer sehr guten vergangener Wertentwicklung ist die Einstellung T1 zum gezeigten Fonds signifikant besser als die Einstellung zum Zeitpunkt T2 bei schwachem Involvement.

Die Experimentalgruppe mit guter vergangener Wertentwicklung wird, aufgrund des Hinweises, ebenfalls eine Korrektur der Einstellung vornehmen. Die Wertentwicklung, die dieser Gruppe präsentiert wird, ist weniger positiv als die der Gruppe mit sehr guter Wertentwicklung. Daher werden diese Vpn die Wertentwicklung als weniger positiv beurteilen. Durch den Hinweis werden sie auf die Urteilsverzerrung aufmerksam ge- macht und ihre Einstellung zum Fonds verbessern. Die Experimentalgruppe mit guter Wertentwicklung wird ihre Einstellung in die entgegengesetzte Richtung korrigieren als die Experimentalgruppe mit sehr guter vergangener Wertentwicklung, da die wahrge- nommene Beeinflussung die Richtung der Korrektur bestimmt. Die Einstellung zum gezeigten Fonds vor dem Hinweisreiz sollte also signifikant schlechter sein als die Ein- stellung nach dem Hinweisreiz, zum Zeitpunkt T2, da die Einstellung ins Positive korri- giert wird.

H4: Bei einer guten vergangenen Wertentwicklung ist die Einstellung T1 zum gezeigten Fonds signifikant schlechter als die Einstellung zum Zeitpunkt T2 bei schwachem Involvement.

Das FCM postuliert unterschiedliche Verarbeitungsarten für schwaches und starkes In- volvement. Dadurch, dass sich die stark involvierten Vpn in der Verarbeitungsart von den schwach involvierten Vpn unterscheiden, gibt es auch Unterschiede in der Art und Weise, wie diese die Informationen verarbeiten. Aufgrund dieser Annahme des FCM werden im Weiteren vier Hypothesen für die stark involvierten Experimentalgruppen abgeleitet.

Petty und Wegener postulieren im FCM, dass stark involvierte Anleger die präsentierte Information systematisch verarbeiten. Stark involvierte Personen besitzen die Fähigkeit und die Motivation, um die Informationen systematisch zu verarbeiten, und müssen daher nicht auf Urteilsheuristiken zurückgreifen. Diese Annahme lässt darauf schlies- sen, dass die vergangene Wertentwicklung bei der Experimentalgruppe mit starkem Involvement keinen Einfluss auf die Einstellung vor dem Hinweisreiz zeigt. Die ver- gangene Wertentwicklung, die ihnen im Factsheet gezeigt wurde, nehmen diese zwar mit in ihre Bewertung auf, es wird jedoch nicht direkt aufgrund der Wertentwicklung eine Einstellung gebildet. Die stark involvierten Vpn sollten daher unabhängig von der Höhe der vergangenen Wertentwicklung ihre Einstellung zum Fonds vor dem Hinweis- reiz bilden. Es existiert daher kein Unterschied zwischen den zwei Experimentalgrup- pen mit starkem Involvement zum Zeitpunkt T1.

H5: Es zeigt sich kein signifikanter Unterschied der Einstellung zum Zeit- punkt T1 in den unterschiedlichen vergangenen Wertentwicklungen bei starkem Involvement.

Die Einstellung zum Fonds wird sich aufgrund des präsentierten Hinweisreizes verändern. Der Hinweis auf die Urteilsverzerrung wird den Vpn die mögliche Beeinflussung ins Bewusstsein rufen. Durch das Ziel, ein möglichst korrektes Urteil zu fällen, wird die Einstellung korrigiert. Die stark involvierten Experimentalgruppen werden nach dem Hinweisreiz durch die vergangene Wertentwicklung in ihrer Einstellung zum Fonds beeinflusst. Daher wird nach dem Hinweisreiz ein signifikanter Unterschied in der Einstellung zwischen den Experimentalgruppen vorhanden sein.

Bekommen die stark involvierten Vpn einen Hinweisreiz, der sie auf die Urteilsverzer- rung aufmerksam macht, findet eine Korrektur statt. Dabei hat die vergangene Wert- entwicklung einen signifikanten Effekt auf die Einstellung nach dem Hinweisreiz.

H6: Es zeigt sich ein signifikanter Unterschied der Einstellung zum Zeitpunkt T2 in den unterschiedlichen vergangenen Wertentwicklungen bei starkem Involvement.

[...]

Ende der Leseprobe aus 97 Seiten

Details

Titel
Das Flexible Correction Model und Anlagefondswerbung
Untertitel
Ein Online-Experiment zur Überprüfung des Flexible Correction Model im Kontext der Anlagefondswerbung.
Hochschule
Universität Zürich
Note
6
Autor
Jahr
2012
Seiten
97
Katalognummer
V271248
ISBN (eBook)
9783656623359
ISBN (Buch)
9783656623342
Dateigröße
1955 KB
Sprache
Deutsch
Anmerkungen
Note 6 (Schweiz) entspricht dt. Notensystem der Note 1
Schlagworte
flexible, correction, model, anlagefondswerbung, online-experiment, überprüfung, kontext
Arbeit zitieren
Michele Rellstab (Autor:in), 2012, Das Flexible Correction Model und Anlagefondswerbung, München, GRIN Verlag, https://www.grin.com/document/271248

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