Die Bindungsforschung ging lange Zeit davon aus, dass ein Kind eine tiefe Bindung nur zu einer Bezugsperson, und zwar der Mutter, aufbauen kann. Durch den Ausbau der Kindergärten- und Krippenplätze hat die Bedeutung der frühpädagogischen Fachkraft als Bezugsperson zugenommen. Mittlerweile ist klar, dass Kinder Bindungen zu mehreren Bezugspersonen aufbauen können, auch wenn diese Beziehungen von der Tiefe und der emotionalen Intensität nicht mit der Mutter-Kind Bindung vergleichbar sind.
Die folgende Bachelorarbeit ist in vier Bereiche gegliedert, die das Thema Bindung im Kontext der frühpädagogischen Kinderbetreuung näher beleuchten. Zunächst geht es um die theoretische Einordung und nähere Analyse von Bindung. Angefangen von einer historischen Einführung thematisiere ich im weiteren Verlauf die Eigenschaften einer sicheren Bindung sowie die unterschiedlichen Bindungsmuster. Im letzten theoretischen Abschnitt werden schließlich die entsprechenden Kriterien und Eigenschaften, die für eine verlässliche Bindungsbeziehung elementar sind, analysiert. Im zweiten Teil beleuchte ich die positiven Auswirkungen einer sicheren Bindung auf die kindliche Entwicklung. Hierbei geht es zum einen um den Erwerb von kognitiven Kompetenzen in Bezug auf Lernfreude und Bildungsprozesse.
Der thematische Schwerpunkt dieser Arbeit liegt im dritten Teil. Hier beschäftige ich mich mit den Mechanismen einer Bindungsbeziehung im Kindergarten der drei bis sechsjährigen Kinder. Grundsätzlich kann es hier zu Überschneidung mit dem Krippenalter bis zu drei Jahren kommen, da es in diesem Bereich die meisten wissenschaftlichen Untersuchungen gibt.
Im dritten Abschnitt untersuche ich die besonderen Bedingungen und Anforderungen, unter denen eine Bindung zwischen Erzieher und Kind entstehen kann. Diese spezifischen Merkmale werden dann in Vergleich mit der Mutter-Kind Bindung gesetzt, um mögliche Parallelen oder Unterschiede zu beschreiben. Darauf folgend wird die wichtige Übergangsphase von der Familie in die Kindertageseinrichtung beleuchtet, in der das Kind die Beziehung zu einer neuen Bindungsperson herstellt. Exemplarisch dafür steht das Berliner Eingewöhnungsmodell. Der letzte Abschnitt ist dann praxisbezogen und beschäftigt sich mit der aktuellen Bindungspraxis und den strukturellen Begebenheiten der Kindertagesstätten.
Inhaltsverzeichnis
- Einleitung
- 1. Bindungstheorie
- 1.1. Historische Einordnung nach Bowlby
- 1.2. Bindung - Definition
- 1.2.1. Das innere Arbeitsmodell
- 1.2.2. Bindungsverhalten und Trennungsangst
- 1.3. Bindungsmuster - Mary Ainsworth
- 1.4. Voraussetzung für sichere Bindungen: Feinfühligkeit und Verfügbarkeit
- 2. Bindungsentwicklung und persönliches Wachstum
- 2.1. Sichere Bindung und ein positives Selbstbild
- 2.1.1. Die Entwicklung sozialer und kommunikativer Kompetenzen
- 2.2. Sichere Bindung und Exploration
- 2.2.1. Unsicheres Bindungsverhalten und Entwicklungsprobleme
- 2.3. Bindung und Lernen – Gehirnentwicklung
- 2.1. Sichere Bindung und ein positives Selbstbild
- 3. Bindungspersonen im Kindergarten
- 3.1. Erzieherin als Bindungsperson
- 3.2. Bindungsqualität von Müttern und Erzieherinnen im Vergleich
- 3.3. Anforderungen an das frühpädagogische Personal in Bezug auf einen stabilen Beziehungsaufbau im Kindergarten
- 3.3.1. Feinfühligkeit in einer Gruppensituation – Balance zwischen Gruppe und Individuum
- 3.4. Bindungs- und Bildungskompetenz bei Erzieherinnen
- 3.4.1. Die Aktivierung von Spielfreude bei Kindern
- 3.5. Übergang von der Mutter-Kind zur Erzieher-Kind Bindung
- 3.5.1. Das Berliner Eingewöhnungsmodell
- 3.6. Räumliche und personelle Voraussetzungen für ein gelungenes Beziehungs- und Explorationsverhalten
- 4. Institutionelle Bindungsorientierung und die pädagogische Konzeption in der Praxis
- 4.1. Der Hessische Bildungs- und Erziehungsplan
- 4.1.1. Die pädagogische Grundausrichtung
- 4.1.2 Die Funktion von Bindung
- 4.1.3. Die Rolle der frühpädagogischen Fachkraft als Bindungsperson
- 4.2. Strukturelle Qualitätsstandards für Kindertageseinrichtungen in Hessen
- 4.3. Kritische Auseinandersetzung mit dem Bindungskonzept des Hessischen Bildungs- und Erziehungsplans
- 4.4. Analyse der Konzepte Rasselbande und Montessori Kinderhaus
- 4.4.1. Die Rasselbande
- 4.4.2. Kinderhaus der freien Montessori Schule Main-Kinzig
- 4.5. Vorschläge für eine bindungsoriente Ausrichtung im Kindergarten
- 4.1. Der Hessische Bildungs- und Erziehungsplan
- Fazit
Zielsetzung und Themenschwerpunkte
Diese Bachelorarbeit befasst sich mit der Bedeutung der Bindungsperson im Kontext der frühpädagogischen Kinderbetreuung. Sie untersucht die theoretischen Grundlagen der Bindungstheorie, analysiert die Auswirkungen sicherer Bindungen auf die kindliche Entwicklung und beleuchtet die Rolle der Erzieherin als Bindungsperson im Kindergarten.
- Die Bedeutung der Bindungstheorie für die frühpädagogische Praxis
- Die Auswirkungen sicherer Bindungen auf die kognitive und emotionale Entwicklung von Kindern
- Die Anforderungen an das frühpädagogische Personal im Hinblick auf die Gestaltung stabiler Beziehungsstrukturen im Kindergarten
- Die institutionellen Rahmenbedingungen für eine bindungsorientierte Pädagogik in Kindertageseinrichtungen
- Die Rolle der Erzieherin als Bindungsperson und die Entwicklung von Bindungs- und Bildungskompetenz bei Kindern
Zusammenfassung der Kapitel
Die Arbeit beginnt mit einer Einführung in die Bindungstheorie, die die historische Einordnung nach John Bowlby sowie die Definition von Bindung und die unterschiedlichen Bindungsmuster beleuchtet. Sie analysiert die Bedeutung der Feinfühligkeit und Verfügbarkeit der Bezugsperson für die Entwicklung einer sicheren Bindung.
Im zweiten Kapitel werden die positiven Auswirkungen einer sicheren Bindung auf die kindliche Entwicklung, insbesondere den Erwerb von kognitiven Kompetenzen, die Bildung eines positiven Selbstbildes und die Förderung empathischer Fähigkeiten, untersucht.
Das dritte Kapitel beschäftigt sich mit der Bindungsbeziehung im Kindergarten. Es untersucht die Rolle der Erzieherin als Bindungsperson, vergleicht die Bindungsqualität von Müttern und Erzieherinnen und analysiert die Anforderungen an das frühpädagogische Personal für den Aufbau stabiler Beziehungen.
Das vierte Kapitel setzt sich mit den institutionellen Rahmenbedingungen für eine bindungsorientierte Pädagogik auseinander. Es analysiert den Hessischen Bildungs- und Erziehungsplan und dessen Relevanz für die Gestaltung von Erzieher-Kind Beziehungen.
Schlüsselwörter
Die Arbeit beschäftigt sich mit den zentralen Themen der Bindungstheorie, der frühpädagogischen Praxis und der Rolle der Erzieherin als Bindungsperson. Schlüsselbegriffe sind: Bindungstheorie, Bindungsmuster, sichere Bindung, Feinfühligkeit, Verfügbarkeit, frühpädagogische Fachkraft, Erzieherin als Bindungsperson, Kindergarten, Beziehungsaufbau, Bildungskompetenz, Hessischer Bildungs- und Erziehungsplan.
- Citar trabajo
- Ivo Stagge (Autor), 2013, Die Rolle des frühpädagogischen Fachpersonals als Bindungsperson, Múnich, GRIN Verlag, https://www.grin.com/document/271303