“Im Angesicht des Bösen sind wir fassungslos, empört, die Welt ist aus den Fugen – weil
jemand sie bewusst zerstört. Das gilt selbst dann, wenn man eine solche Tat später als
Gutachter nachzuvollziehen versucht; häufig beschleicht einen da ein gewisses Kältegefühl,
ein ungutes Kribbeln.” - Seit Menschengedenken löst die Darstellung des Bösen in uns
Entsetzen und ein Gefühl von Spannung und Angst aus, von denen Theaterstücke,
Kriminalromane und Kinofilme leben. Die Faszination des Bösen, das sich in Gewalt, Mord
und Totschlag ausdrückt, rückt stets die Frage in den Mittelpunkt, welche Motive die
Bösewichte für ihr Handeln haben. Jago, die Figur des Bösen in der Oper “Otello” von
Giuseppe Verdi, soll in der folgenden Arbeit als Beispiel dienen, das Wesen des Bösen zu
veranschaulichen. Verdis Librettist Arrigo Boito steht im Mittelpunkt der Analyse, da er den
wesentlichen Teil der Umarbeitung der Shakespeare’schen Vorlage „Othello“ in ein
operntaugliches Libretto beiträgt. Boito zählt zu den prägendsten Persönlichkeiten des
künstlerischen und kulturellen Lebens in Norditalien in der zweiten Hälfte des 19.
Jahrhunderts. Er war ein Zeitgenosse des Postrisorgimento, in der sich eine zunehmende
Auseinandersetzung mit dem Bösen in der Literatur und Philosophie wiederspiegelt, die mit
den gesellschaftspolitischen Umständen gekoppelt war. Deshalb muss das Augenmerk auch
auf die damalige Situation in Norditalien geworfen werden, nicht zuletzt um das Weltbild des
Librettisten Boito zu verstehen, sondern auch um sich die Bedeutung des Bösen in der
damaligen künstlerischen Bewegung der Scapigliatura zu vergegenwärtigen.
Jagos Arie „Credo in un dio crudel“, die uns das universell und das menschlich Böse vor
Augen stellt, ist die einzige Szene in der Oper, in der der Bösewicht einen Einblick in sein
Seelenleben gibt und seine Motivation, Böses zu tun, offenbart. Deshalb soll diese Szene im
Abschluss analysiert werden. Es soll herausgefunden werden, was eine Figur zum Bösewicht
macht, was das Böse eigentlich ist und welche Besonderheit die Figur Jago darstellt.
Inhaltsverzeichnis
- Einleitung
- Die Figur des Bösewichts in der Oper
- Kulturgeschichtlicher Zusammenhang
- Das Phänomen der Scapigliatura
- Arrigo Boito und seine Idee des Bösen
- Analyse des Bösewichts Jago anhand der „Credo"-Arie im Libretto "Otello"
- Handlung und Hauptcharaktere
- Boitos Umarbeitung der Shakespeare'schen Vorlage „Othello"
- Jagos Credo des Bösen
- Schluss
- Literaturnachweis
Zielsetzung und Themenschwerpunkte
Diese Arbeit analysiert das Motiv des Bösen in Arrigo Boitos Libretto zu Giuseppe Verdis Oper "Otello". Die Arbeit untersucht, wie Boito das Shakespeare'sche Original in ein opemtaugliches Libretto umarbeitete und wie er dabei die Figur des Jago als "Bilderbuch-Schurke" etablierte. Dabei wird insbesondere Jagos Credo des Bösen in seiner Arie "Credo in un dio crudel" analysiert, um die Motivation und das Wesen des Bösen in Boitos Werk zu erforschen.
- Die Rolle des Bösewichts in der Operngeschichte
- Die künstlerische Bewegung der Scapigliatura in Italien
- Arrigo Boitos Einfluss auf die Opern-Libretto-Tradition
- Die Darstellung des Bösen in der Oper "Otello"
- Jagos "Credo des Bösen" als Ausdruck der menschlichen Natur
Zusammenfassung der Kapitel
Die Einleitung führt in das Thema der Arbeit ein und erläutert die Bedeutung des Bösen in der Operngeschichte. Sie stellt die Figur des Jago als Beispiel für den "Bilderbuch-Schurke" vor und hebt die Bedeutung von Boitos Libretto für die Oper "Otello" hervor.
Das zweite Kapitel beleuchtet die Rolle des Bösewichts in der Oper und zeigt, wie diese Figur die Dramaturgie eines Stückes beeinflusst. Es werden die Motive, die Protagonisten zu Bösewichten machen, sowie die gesellschaftlichen und historischen Kontexte, die den Bösewicht prägen, untersucht.
Das dritte Kapitel beleuchtet den kulturgeschichtlichen Zusammenhang der Arbeit, indem es die Künstlergruppe der Scapigliatura und Arrigo Boitos Rolle in dieser Bewegung beleuchtet. Es wird gezeigt, wie die Scapigliati mit ihrer antibürgerlichen Haltung und dem Appell nach einer "Arte dell'Avvenire" die traditionellen Kunstformen in Frage stellten und sich für eine Erneuerung der Künste einsetzten.
Das vierte Kapitel analysiert die Figur des Jago anhand seiner "Credo"-Arie im Libretto "Otello". Es werden die Handlung der Oper, die Hauptcharaktere und Boitos Umarbeitung der Shakespeare'schen Vorlage erläutert. Besonderes Augenmerk liegt auf Jagos Credo des Bösen, das in seiner Arie "Credo in un dio crudel" zum Ausdruck kommt.
Schlüsselwörter
Die Schlüsselwörter und Schwerpunktthemen des Textes umfassen das Motiv des Bösen, Arrigo Boito, Giuseppe Verdi, Oper "Otello", Jago, "Credo des Bösen", Scapigliatura, "Arte dell'Avvenire", Shakespeare, Libretto, Dramaturgie, Italien, Postrisorgimento.
- Citation du texte
- Solveig Höchst (Auteur), 2013, "Son scellerato perché son uomo". Das Motiv des Bösen in Arrigo Boitos Libretto "Otello", Munich, GRIN Verlag, https://www.grin.com/document/271756