Die Universität Basel feiert in diesem Jahr ihren 550 jährigen Geburtstag. Die Festlichkeiten der ältesten Hochschule der Schweiz werden sich über das ganze Jahr erstrecken und von Ausstellungen, Konferenzen und Konzerten begleitet sein. Doch schon 50 Jahre zuvor, zu der 500 Jahrfeier, waren die Festtage von reichhaltigen, nicht zuletzt musikalischen Veranstaltungen geprägt. Den Höhepunkt bildete dabei der Gratulationsakt vom 1. Juli 1960 für den eigens eine grossangelegte Festkantate beantragt wurde. Benjamin Britten, der sich dieser Verantwortung letztlich annahm, komponierte das zeremonielle Werk, das innerhalb dieser Proseminararbeit näher untersucht werden soll: Die Cantata Academica. Carmen Basiliense, Op. 62.
Neben der sich wiederholenden historischen Relevanz des Werkes, scheint es jedoch noch triftigere Gründe zu geben, eine Festkantate einer wissenschaftlichen Untersuchung zu unterziehen. Das weite Feld der „Gebrauchsmusik“ - ein Begriff unter dem auch Brittens Werk fällt - wurde von der Musikwissenschaft noch nicht hinreichend systematisch erforscht und befindet sich höchstens im Hinblick einer bibliographischen Erfassung auf aktuellem Stand.2 Aber auch bezüglich der Kantatengattung gibt es Defizite: Lexika und Nachschalgewerke beschränken sich vordergründig auf ihre Entwicklung bis zu Johann Sebastian Bach, während ihre Funktion im 19. und 20. Jahrhundert, wo sich die Kantate einer ausufernden Varietät erfreute, oft nur oberflächlich erforscht wurde.3 Letztlich scheint es aber auch eine der „existentiellen“ Fragen der Musikwissenschaft zu sein, die sich bei der Behandlung dieses Themas stellt: Ist Musik, die für einen spezifischen Verwendungszweck geschrieben wurde, sei es für eine politische Feier, als Tanzbegleitung oder pädagogisches Mittel, künstlerisch minderwertig? Oder kommt nur „absolute“ Musik ihrem wahren ästhetischen Ideal nahe? Diese Problematik soll innerhalb der Analyse der Cantata Academica aufgegriffen werden...
Inhaltsverzeichnis
- Einleitung
- Zur Theorie der Gebrauchsmusik
- Die Kantate im 20. Jahrhundert
- Die Fest- und Feierkantate
- Die Auflösung eines Gattungsbegriffs
- Benjamin Britten - Die Musik als Gelegenheitskunst
- Cantata Academica. Carmen Basiliense - Eine Gebrauchsmusik?
- Entstehungsgeschichte und formale Vorgaben
- Text-Musik Verständnis
- Evaluierung: Eine „akademische“ Festmusik
- Schlusswort
Zielsetzung und Themenschwerpunkte
Die Arbeit untersucht die Cantata Academica. Carmen Basiliense von Benjamin Britten, die im Rahmen der 500-Jahr-Feier der Universität Basel im Jahr 1960 uraufgeführt wurde. Ziel ist es, die Beziehung zwischen Funktionalität und künstlerischem Anspruch in diesem Werk zu beleuchten, das als Beispiel für die „Gebrauchsmusik“ im 20. Jahrhundert gilt.
- Die Entwicklung des Begriffs „Gebrauchsmusik“ im 20. Jahrhundert
- Die Entwicklung der Kantatengattung im 20. Jahrhundert
- Benjamin Brittens künstlerische Ambitionen und seine Herangehensweise an Gelegenheitskompositionen
- Die Analyse der Cantata Academica und ihre Einordnung innerhalb der Kantatengattung und Brittens Schaffen
- Die Frage nach dem ästhetischen Wert von Musik, die für einen spezifischen Verwendungszweck komponiert wurde
Zusammenfassung der Kapitel
- Einleitung: Die Arbeit stellt die Cantata Academica von Benjamin Britten vor und führt in die Thematik der Gebrauchsmusik ein. Sie erläutert die Relevanz der wissenschaftlichen Untersuchung von Festkantaten und stellt die zentrale Fragestellung nach dem Verhältnis von Funktionalität und künstlerischem Anspruch in Brittens Werk.
- Zur Theorie der Gebrauchsmusik: Dieses Kapitel beleuchtet die Entwicklung des Begriffs „Gebrauchsmusik“ im 20. Jahrhundert und zeigt auf, wie er sich im Laufe der Geschichte von der Musik für spezifische Anlässe hin zu einem Gegenbegriff zur autonomen Musik entwickelte.
- Die Kantate im 20. Jahrhundert: Das Kapitel befasst sich mit der Entwicklung der Kantatengattung im 20. Jahrhundert und untersucht, inwiefern funktionale Bestimmung und künstlerische Autonomie innerhalb dieses Gattungsbegriffs eine Rolle spielen.
- Benjamin Britten - Die Musik als Gelegenheitskunst: Dieses Kapitel analysiert Brittens künstlerisches Schaffen und seine Herangehensweise an Gelegenheitskompositionen. Es beleuchtet seine eigenen Ansprüche an die Musik und die Aspekte, die bei der Analyse der Cantata Academica berücksichtigt werden müssen.
- Cantata Academica. Carmen Basiliense - Eine Gebrauchsmusik?: Dieses Kapitel befasst sich mit der Entstehung, den formalen Vorgaben und der Text-Musik-Beziehung der Cantata Academica.
Schlüsselwörter
Gebrauchsmusik, Festkantate, Gelegenheitskomposition, künstlerischer Anspruch, Funktionalität, Benjamin Britten, Cantata Academica, Universität Basel, 20. Jahrhundert, Kantatengattung, ästhetischer Wert, Musikwissenschaft.
- Quote paper
- B.A. Andrea Würth (Author), 2010, Brittens "Cantata Academica". Zwischen Kunstanspruch und Funktionalität, Munich, GRIN Verlag, https://www.grin.com/document/272227