Wir haben unsere Forschungsarbeiten zum Thema Chancen und Risiken des Corwdinvesting als Mittel der Unternehmensfinanzierung kürzlich abgeschlossen und befinden uns in der Präsentationsphase. Das Projekt startete im Jahr 2011 und wurde im April 2014 beendet. Unsere Arbeit fokussierten wir auf die Crowdinvesting-Szene in Westeuropa, insbesondere in Deutschland. Aufgrund eigener Erfahrungen im Bereich der Unternehmensfinanzierung und unter Berücksichtigung der Erfahrungen aus den vergangenen Finanz- und Wirtschaftskrisen der jüngsten Vergangenheit, beobachteten wir im Jahr 2011 das in den USA aufkommende Phänomen des Crowdfunding, gefolgt von den ersten Gehversuchen des Crowdinvesting bzw. Crowdfinancing, die von der in den USA ansässigen Plattform “Kickstarter” ausgingen. Zu diesem Zeitpunkt dachten wir darüber nach, ob Crowdinvesting nicht nur das Potenzial zur Finanzierung von Startups, sondern generell von bestehenden kleinen und mittleren Unternehmen des Mittelstandes hat. Es war offensichtlich, dass das Verhalten der Banken in Bezug auf deren Kreditvergabepolitik nicht nur ein Problem vergangener Krisen war, sondern womöglich für Unternehmen zu einem dauerhaften Problem werden könnte, auch vor dem Hintergrund strengerer Bankregeln und Basel III. Auch aus diesem Grund verfolgten und untersuchten wir die Entwicklung des Crowdinvesting in Deutschland, insbesondere die Online Crowdinvesting Plattformen (z. B. Seedmtach, Companisto oder Bergfürst). Im Rahmen unserer Forschungsarbeiten mussten wir auch die Einflüsse der Euro-Schulden-Krise berücksichtigen, einhergehend mit dem Vertrauensverlust der Sparer gegenüber dem herrschenden Bankensystem. Unser Ziel war es, herauszufinden, ob es signifikante Chancen und Risiken des Crowdinvesting gibt, wie Chancenpotenzial freigesetzt und Risikopotenzial reduziert werden kann, um am Ende Crowdinvesting zu einem nachhaltigen Instrument der Unternehmensfinanzierung zu machen.
Introduction
Unsere Forschungsarbeiten zum Thema Opportunities and Threats of Crowdinvesting haben sich nicht darauf beschränkt, die Chancen und Risiken zu erarbeiten und darzustellen. Im Rahmen der Arbeit ging es auch darum, herauszufinden, wie sich das Crowdinvesting bisher entwickelt hat und inwiefern es für die generelle Finanzierung von Unternehmen als alternative Finanzierungsform in Frage kommt und einsetzbar ist. Dabei war es auch wichtig, auf die interessanten Aspekte der kollektiven Intelligenz einzugehen, ohne die Crowdinvesting im Zeitalter des Web 2.0 nicht denkbar wäre. Das Forschungsgebiet der digitalen Finanzierung im Bereich der Unternehmensfinanzierung ist noch sehr jung und es gibt hierzu keine oder kaum brauchbare wissenschaftliche Werke. Digitale Finanzierung mittels Crowdinvesting versteht sich als Kombination bereits vorhandener Finanzierungstechniken mit den Einflüssen der Sozialpsychologie bis hin zur Massenpsychologie. Manch einer nennt den psychologischen Einfluss des Internets auch kollektive Intelligenz oder Schwarmintelligenz. Wenn sogar selektiv auf dem Gebiet der kollektiven Intelligenz die wissenschaftlichen Erkenntnisse bisher kaum brauchbare Ergebnisse brachten, so ist es verständlich, dass in Kombination mit sozialen Netzwerken in der digitalen Welt die Forschungsarbeiten derzeit nur ansatzweise Aufklärung gebracht haben. Interessanterweise wurde bisher die Wirkung des Internets des Öfteren unterschätzt. Facebook, Twitter & Co. sind grundsätzlich ein Marktplatz für den Austausch meist wenig sinnvoller privater Informationen. Die Krux besteht jedoch darin, dass die dynamisch wachsende Population der Mitglieder solcher Netzwerke Potenzial schafft, um eigentlich ganze andere und vor allem kommerzielle Ziele zu erreichen, ohne dass es die einzelnen Mitglieder tatsächlich wahrnehmen. Wir vertreten sogar die Meinung, dass der Macher von facebook anfangs keinerlei tiefgründige kommerzielle Ziele verfolgte und sein “Werk” im späteren Verlauf eine noch nie dagewesene Eigendynamik entwickelt hat, mit dem Ergebnis von Milliarden an Mitgliedern. Sollte es tatsächlich eine kollektive Intelligenz geben und der Superorganismus der sozialen Netzwerke selbstbestimmt und unabhängig sein, kann dies dazu führen, dass in der Unternehmensfinanzierung ein Quantensprung stattfinden. Noch sind die Voraussetzungen für eine Ablösung der maroden und Übermaß-Bankenlandschaft bei den bestehenden Crowdinvesting Plattformen nicht gegeben. Würden diese sich weiter etwickeln und ein höheres Niveau erreichen, könnte es auf lange Sicht hin gelingen, Teile der Banken zu Gunsten einer Volksfinanzierung abzulösen. Die Sinnhaftigkeit der Existenz der Banken sei zu überdenken. Standardisierte System in der digitalen Welt können die für eine Finanzierung notwendigen Prozesse hocheffizient abbilden und eine weitestgehende Automatisierung der Funktionen einer Unternehmensfinanzierung vermeidet in allen Bereichen Kosten. Nach unserer Einschätzung hat sich der Bankensektor zur weiteren Gewalt im Staat entwickelt, ohne dass es dies Politik verhindert hat. Mit der dienenden Funktion in einer Volkswirtschaft hat das schon lange nichts mehr zu tun. Müssen Banken gerettet werden, die wirtschaftlich versagt haben? Müssen Banken Glaspaläste bauen und Manager mit Millionengehältern finanzieren? Das Ergebnis sind überteuerte Zinsen bei Krediten oder minimalistische Zinsen für das Guthaben der Sparer. Soll es so sein, dass ein kleiner Vorstand einer regionalen Sparkasse beispielsweise mehr als eine Viertel Millionen Euro an Jahresgehalt bekommt? Hier sind jegliche Relationen scheinbar aus dem Ruder gelaufen. Wir wissen nicht, ob die Aussage der Politiker belastbar ist, dass die Spareinlagen der Bürger sicher sind. Crowdinvesting kann sich als Symbiose aus Kapital suchenden kleinen und mittleren Unternehmen und Kleinanlegern (Crowdinvestoren) verstehen, mit dem Ziel einer Win Win Situation. Aktuelle Statistiken in Deutschland zeigen, dass die Eigenkapitalquoten der kleinen Unternehmen wieder rückläufig sind, während die der großen Unternehmen immer weiter ansteigen. Gerade die kleinen und mittleren Unternehmen sind es jedoch, von denen die Innovationskraft einer Volkswirtschaft ausgeht. Werden diese Unternehmen zukünftig nicht mehr mit dem für Innovationen und Wachstum notwendigen Kapital ausgestattet, wird sich die deutsche Volkswirtschaft auf trübe Zeiten einstellen können. Andere Länder sind an dieser Stelle heute schon weiter und besser.
Aktuelle Statistiken der KFW bestätigen den Trend in der Eigenkapitalausstattung und zeigen sogar, dass die Renditen gerade der kleinen Unternehmen auch rückläufig sind. Gründe hierfür können der internationale Wettbewerbsdruck sein und der Einfluss der Großenunternehmen auf deren Zulieferer. Nicht zu unterschätze ist der zunehmende Druck auf kleine Unternehmen, mehr Auslandsaktivitäten zu betreiben, auch vor dem Hintergrund, dass die Großunternehmen mehr und mehr ihre Produktionen in Schwellenländer bzw. in das Ausland verlagern.
Grafik Nr. 1: Entwicklung der Renditen im deutschen Mittelstand:
Abbildung in dieser Leseprobe nicht enthalten
Quelle: https://www.kfw.de/PDF/Download-Center/Konzernthemen/Research/PDF-Dokumente-KfW-Mittelstandspanel/KfW-Mittelstandspanel-2013.pdf (Retrieved 13/04/2014).
Grafik Nr. 2: Entwicklung der Eigenkapitalquoten im deutschen Mittelstand
Abbildung in dieser Leseprobe nicht enthalten
Quelle: https://www.kfw.de/PDF/Download-Center/Konzernthemen/Research/PDF-Dokumente-KfW-Mittelstandspanel/KfW-Mittelstandspanel-2013.pdf (Retrieved 13/04/2014).
Die folgende Tabelle dient als weiterer Nachweis hinsichtlich der Entwicklung der Eigenkapitalquoten im zeitlichen Verlauf von 2006 bis 2012
Tabelle 1: Zeitlicher Verlauf der Eigenkapitalquotenentwicklung
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Quelle: https://www.kfw.de/PDF/Download-Center/Konzernthemen/Research/PDF-Dokumente-KfW-Mittelstandspanel/KfW-Mittelstandspanel-2013.pdf (Retrieved 13/04/2014).
Interessant ist auch das Erhebungsergebnis, dass immer weniger Unternehmen des Mittelstands bei den herkömmlichen Banken und Sparkassen Kredite beantragen. Im Jahr 2012 haben nur noch 32 % der investierenden Unternehmen mit Banken Kreditverhandlungen geführt.
Grafik Nr. 3: Gescheiterte Kreditverhandlungen mit Banken.
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Quelle: https://www.kfw.de/PDF/Download-Center/Konzernthemen/Research/PDF-Dokumente-KfW-Mittelstandspanel/KfW-Mittelstandspanel-2013.pdf (Retrieved 13/04/2014).
Bei immerhin 35 % aller Unternehmen ist es im Jahr 2012 zu gescheiterten Kreditverhandlungen gekommen, wobei der Löwenanteil (26 %) auf Unternehmen bis zu 9 Beschäftigte entfällt.[1] Die volkswirtschaftliche Bedeutung kleiner Unternehmen in Deutschland ist nicht zu unterschätzen. Der Anteil von Unternehmen, die bis zu einer Millionen Euro an Jahresumsatz erzeugen liegt bei 86 %. Dieser Bereich der Unternehmen umfasst zudem 83 % aller Beschäftigten.[2] Die Umsatzverteilung nach Größenklassen von Unternehmen in Deutschland im Jahr 2012 zeigt die folgende Grafik.
Grafik Nr. 4: Umsatzverteilung nach Größenklasse Unternehmen (Beschäftigtenzahl)
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Quelle: https://www.kfw.de/PDF/Download-Center/Konzernthemen/Research/PDF-Dokumente-KfW-Mittelstandspanel/KfW-Mittelstandspanel-2013.pdf (Retrieved 13/04/2014).
Im weiteren Verlauf unsers Aufsatzes gehen wir zunächst auf das Potenzial der digitalen Ökonomie hinsichtlich deren Einfluss auf das Wirtschaftswachstum ein. Im weiteren Verlauf diskutieren wir die Voraussetzungen und Möglichkeiten, durch Crowdinvesting Banken abzulösen, um in Anschluss daran den State of the Art des Crowdinvesting, die Vor- und Nachteile bzw. die Chancen und Risiken zu diskutieren. Wir gehen auch auf die rechtlichen Rahmenbedingungen für das Crowdinvesting in Europa und Deutschland ein. Nach einem kurzen Einblick in unsere Forschungsarbeiten erörtern wir die Möglichkeiten alternativer Anwendungsfelder des Crowdinvesting über die reine Unternehmensfinanzierung hinaus.
1 Digital Economy – Internet powers economic growth
Man könnte diese Epoche auch mit dem bekannten Begriff Digital-Ökonomie umschreiben. Gerade durch die Informations- und Kommunikationstechnologie, die auch die soziale und ökonomische Globalisierung indiziert oder zumindest beschleunigt hat, ist es möglich sehr schnell und breit Menschen und Menschenmassen in der digitalen Dimension anzusprechen, zu informieren und zu einem bestimmten Verhalten zu motivieren. Althergebrachte Wirtschaftsbranchen sind in dieser Phase entweder vom Markt verschwunden oder mussten sich radikal diesem Zeitalter anpassen, um strategisch überleben zu können. So wie klassische Printmedien (Zeitschriften, Bücher usw.) durch die digitale Welt verdrängt wurden, sich der Handel über fast alle Branchen hinweg durch die Implementierung des Online Handels anpassen musste, Universitäten weltweit e-learning eingeführt haben oder einführen werden[3], so könnte sich auch der Kapitalmarkt komplett ändern. Die Kurzatmigkeit des Internets ist aber nicht generell als optimaler Zustand zu sehen. Ein Superorganismus wie das Internet und dessen sozialen Netzwerkstrukturen können auch dazu führen, dass über ständig wechselnde operative Zielsetzungen einer sich ständig in Bewegung befindenden Masse es unmöglich wird, eine strategische Planung vorzunehmen. Insbesondere Unternehmen sind in diesem Zusammenhang einem hohen Anpassungsdruck ausgesetzt. Kleinen und mittleren Unternehmen fehlen hierfür meistens die finanziellen Ressourcen. Das Internet ist andererseits nicht nur in Deutschland die Wirtschaftsbranche mit den höchsten Wachstumsraten. Es ist nicht nur für die eigene Branche Wachstumsmotor, sondern auch Wachstumstreiber für die gesamte Volkswirtschaft. Die Trends in der Internetbranche sind unter anderem „Mobilität“, und „mediale Inhalte“ und „Big Data“.[4] Durch die Permanent-Präsenz des Internets werden immer mehr Dienstleistungen in die digitale Welt verlagert, so auch die Vermittlung von Kapital für Unternehmen mittels Crowdinvesting.
[...]
[1] Vgl. KFW Mittelstandspanel 2013, Seite 6, in https://www.kfw.de/PDF/Download-Center/Konzernthemen/Research/PDF-Dokumente-KfW-Mittelstandspanel/KfW-Mittelstandspanel-2013.pdf (retrieved 13/04/2014)
[2] ebda. Seite 10.
[3] E-learning soll auch erreichen, dass junge Menschen in abgelegenen Orten dieser Erde eine akademische Ausbildung erhalten können oder z. B. Kosten für Ausbildung und Studium gesenkt werden können.
Häufig gestellte Fragen
Worum geht es in diesem Text über Crowdinvesting?
Dieser Text untersucht die Chancen und Risiken von Crowdinvesting als alternative Finanzierungsform für Unternehmen. Er analysiert die Entwicklung des Crowdinvesting und seine Eignung als Instrument der Unternehmensfinanzierung unter Berücksichtigung der kollektiven Intelligenz im Web 2.0.
Welche Rolle spielt die "Digital Economy" laut dem Text?
Der Text betont die Bedeutung der digitalen Ökonomie und der Informations- und Kommunikationstechnologien für das Wirtschaftswachstum. Er argumentiert, dass die digitale Welt, einschließlich des Internets, traditionelle Wirtschaftszweige verändert hat und auch das Potenzial hat, den Kapitalmarkt zu revolutionieren. Das Internet wird als Wachstumsmotor für die gesamte Volkswirtschaft gesehen.
Wie bewertet der Text die Rolle der Banken?
Der Text äußert Kritik an der Rolle der Banken im Finanzsystem. Er stellt die Frage nach der Sinnhaftigkeit ihrer Existenz in der heutigen Form und deutet an, dass Crowdinvesting potenziell Teile der Banken durch eine "Volksfinanzierung" ablösen könnte. Es wird argumentiert, dass standardisierte Systeme in der digitalen Welt Finanzierungsprozesse effizienter gestalten und Kosten reduzieren könnten.
Welche Probleme werden bezüglich der Eigenkapitalausstattung von Unternehmen angesprochen?
Der Text thematisiert die rückläufigen Eigenkapitalquoten kleiner und mittlerer Unternehmen in Deutschland. Er weist darauf hin, dass diese Unternehmen eine wichtige Innovationskraft für die Volkswirtschaft darstellen und durch mangelnde Kapitalausstattung die deutsche Wirtschaft beeinträchtigt werden könnte.
Was sagt der Text über die Kreditverhandlungen von Unternehmen mit Banken aus?
Der Text verweist auf Statistiken, die zeigen, dass immer weniger mittelständische Unternehmen Kredite bei Banken beantragen und dass ein erheblicher Teil der Kreditverhandlungen scheitert. Dies betrifft insbesondere kleinere Unternehmen mit bis zu 9 Beschäftigten.
Welche Bedeutung haben kleine Unternehmen für die deutsche Wirtschaft laut dem Text?
Der Text betont die volkswirtschaftliche Bedeutung kleiner Unternehmen in Deutschland. Er gibt an, dass Unternehmen mit einem Jahresumsatz von bis zu einer Million Euro einen erheblichen Anteil am Gesamtumsatz ausmachen und einen großen Teil der Beschäftigten stellen.
Welche Themen werden im weiteren Verlauf des Textes behandelt?
Der Text kündigt an, im weiteren Verlauf auf das Potenzial der digitalen Ökonomie, die Ablösung von Banken durch Crowdinvesting, den aktuellen Stand des Crowdinvesting, Vor- und Nachteile sowie rechtliche Rahmenbedingungen einzugehen. Außerdem werden alternative Anwendungsfelder des Crowdinvesting jenseits der Unternehmensfinanzierung diskutiert.
Was wird unter der "Digital Economy" verstanden?
Die "Digital Economy" beschreibt die Epoche, die durch Informations- und Kommunikationstechnologie geprägt ist und die soziale und ökonomische Globalisierung beschleunigt hat. Sie ermöglicht die schnelle und breite Ansprache von Menschen in der digitalen Welt.
Welche Wachstumsraten hat die Internetbranche?
Die Internetbranche weist hohe Wachstumsraten auf und wird als Wachstumstreiber für die gesamte Volkswirtschaft gesehen. Zu den Trends in der Internetbranche zählen "Mobilität", "mediale Inhalte" und "Big Data".
Was ist der Link zu den KFW Statistiken in diesem Text?
Der Link zu den KFW Statistiken lautet: https://www.kfw.de/PDF/Download-Center/Konzernthemen/Research/PDF-Dokumente-KfW-Mittelstandspanel/KfW-Mittelstandspanel-2013.pdf
- Citation du texte
- Rainer Schenk (Auteur), 2014, Crowdinvesting heute und morgen. Chancen und Risiken, Munich, GRIN Verlag, https://www.grin.com/document/272412