Alternative Klagehäufung und alternative Klagebegründung nach § 260 ZPO


Seminararbeit, 2009

19 Seiten, Note: 10 Punkte


Leseprobe


Inhaltsverzeichnis

A. Einleitung_

B. Hauptteil
I. Verbindungszwang?
II. Verbindungsmöglichkeit
1. Mehrheit von Anträgen
a) Bedingungsfreie und bedingte Klagenhäufung (kumulative und eventuelle)
b) Ausschließende Klagenhäufung (alternative)
i) Bestimmtheitsverstoß_
ii) Wechselwirkung ohne Auslöser
iii) Wahlschuld_
c) Zwischenergebnis
2. Mehrheit an Klagegründen_
a) Scheinbare Mehrheit an Streitgegenständen_
b) Mehrheit an Anträgen und Sachverhalten_
c) Einfacher Antrag bei Mehrheit an Klagegründen_
i) Vorüberlegung: Erfüllungsgemeinschaft
ii) Alternativsachverhalt mangels Beweises
iii) Rückschluss: Erfüllungsgemeinschaft

C. Fazit

A. Einleitung

Die Darstellung befasst sich mit den Erscheinungsformen der alternativen Klagenhäufung. Allgemein ist die Klagenhäufung dadurch gekennzeichnet, dass der Kläger mehrere prozessuale Ansprüche in einer Klage geltend macht[1]. Dies betrifft den Fall, dass der Kläger verschiedene Anträge stellt. Je nach Auslegung des Streitgegenstandsbegriffs kann eine Klagenhäufung jedoch auch dann vorliegen, wenn ein und derselbe Antrag auf verschiedene Lebenssachverhalte gestützt wird.[2]

Der Hauptteil befasst sich zunächst mit der Klagenhäufung infolge mehrerer Anträge. Sind diese in der Weise verknüpft, dass sie einander ausschließen, liegt ein Alternativantrag vor. In diesem Zusammenhang wird die gesetzliche Wahlschuld als Sonderfall der alternativen Klagenhäufung herausgestellt. Sodann wird auf die sog. alternative Klagebegründung eingegangen. Dabei zeigt sich, dass sie das Gegenstück zum Alternativantrag darstellt, was durch die Bezeichnung als Alternativsachverhalt veranschaulicht wird.

Der Schwerpunkt der Arbeit liegt dabei auf der Frage, ob die alternative Geltendmachung von Streitgegenständen zulässig ist. Zur Veranschaulichung werden kleine Fälle geschildert. Bei der Lösung stellt sich eine strukturelle Verwandtschaft der Wahlschuld mit einer Sonderform des Alternativsachverhalts heraus. Die gezogene Parallele wird vor dem Hintergrund des Streitgegenstandsbegriffs eine Antwort auf die Frage der Zulässigkeit der alternativen Klagenhäufung ermöglichen.

B. Hauptteil

§ 260 ZPO[3] eröffnet dem Kläger die Möglichkeit, mehrere prozessuale Ansprüche zu einem einheitlichen Prozess zu verbinden.

I. Verbindungszwang?

Teile der Rechtsprechung deuten darauf hin, der Kläger müsse Ansprüche, die er aus einem einheitlichen wirtschaftlichen Sachverhalt herleitet, grundsätzlich zu einer Klage verbinden. Einzig wenn der Kläger ein Interesse daran habe, aus einem der Ansprüche rasch einen Vollstreckungstitel zu erlangen, könne er getrennte Prozesse betreiben.[4] Dabei stellt es der Wortlaut des § 260 in das Ermessen des Klägers („kann“), einen einheitlichen Prozess zu führen. Mit diesem Gestaltungsraum steht die an den Kläger gestellte Forderung indes nicht in Widerspruch. So reduziere sich lediglich die Kostentragungspflicht des (unterlegenen) Beklagten. Er müsse nur zahlen für jene Kosten, die bei Verbundenheit der Prozesse verursacht worden wären.

Die Forderung der Rechtsprechung verpflichtet den Kläger nicht zur Klagenhäufung; weniger: Sie stellt eine Obliegenheit auf. Darin ist ein bescheidener Appell an die wirtschaftliche Vernunft zu sehen. So geht mit der Prozessverbindung regelmäßig eine Steigerung der Prozesswirtschaftlichkeit einher, etwa durch das Ersparnis mehrerer Beweisverfahren. Fragen der Finanzierbarkeit gerichtlicher Verfahren liegen wiederum im Interesse der Öffentlichkeit und sind als solche der Verfügungsgewalt der Zivilprozesspartei entzogen. Dem trägt die Vorschrift des § 147 Var. 2 Rechnung. Sie enthält die Befugnis des Gerichts, eine Prozessverbindung anstelle des Klägers anzuordnen. Für eine Obliegenheit auf Seiten des Klägers, nach Möglichkeit eine Klagenhäufung anzustreben, besteht angesichts der hoheitlichen Korrekturmöglichkeit in § 147 Var. 2 kein Bedürfnis.

II. Verbindungsmöglichkeit

Wenngleich geklärt ist, dass der Kläger eine Verbindung nicht anstreben muss, so stellt sich die Frage, unter welchen Voraussetzungen er nämliche Verbindung im Wege der Klagenhäufung anstrengen kann. Dabei steht eine Klagenhäufung nur im Raum, wenn mehrere Streitgegenstände vorliegen.

Der Kläger beantragt, die beklagte Sendeanstalt zur Zahlung der vereinbarten Vergütung und zur Herausgabe seiner auf Zeit überlassenen Geschäftsbücher zu verurteilen.

Mit dieser Klage begehrt der Gläubiger verschiedene Erfolge. Dann bestehen unabhängig vom Streitgegenstandsbegriff zwei prozessuale Ansprüche.[5]

1. Mehrheit von Anträgen

Indes ist die Verbindung mehrerer Streitgegenstände nur in den Grenzen des § 260 zulässig. Danach müssen die Ansprüche von demselben Kläger gegen denselben Beklagten geltend gemacht werden (Parteiidentität).

Der Kläger beantragt, die beklagte Sendeanstalt zur Vergütung seiner Fernsehauftritte zu verurteilen. Die Beklagte hat vermarktet, wie er seine Tätigkeit als Insolvenzverwalter einer zahlungsunfähigen GmbH ausübt. Die GmbH hat ihrerseits Forderungen gegen den Sender. Diese will der Kläger als Insolvenzverwalter der GmbH in einem Prozess verbunden mit seiner eigenen Forderung geltend machen.

Wer als Insolvenzvertreter auftritt, gilt er als Partei kraft Amtes[6]. In derartigen Fällen besteht keine Parteiidentität[7] ; eine Klagenhäufung ist nicht zulässig.

Neben der Parteiidentität setzt § 260 für sämtliche Streitgegenstände die gleiche Prozessart voraus. Gemeint sind die gesetzlichen Verfahrensmodi.[8] So kann ein ordentlicher Prozess nicht mit einem Urkundenprozess verbunden werden. Für Familiensachen besteht indes ein besonderes Verbindungsverbot gemäß § 610 Abs. 2. Ein Verstoß führt in jedem Falle zur Trennung des Prozesses nach § 145
Abs. 1. Hingegen können verschiedenartige Rechtsschutzbegehren miteinander verbunden werden. So kann etwa der Kläger die Gebrauchsüberlassung einer Mietsache gemeinsam mit der Feststellung, der Vertrag wirke entgegen der Behauptung des Vermieters fort, geltend machen.

Schließlich muss das angerufene Gericht für sämtliche Ansprüche zuständig sein. Mit dem Erfordernis der Zuständigkeit des Gerichts nennt § 260 eine von mehreren allgemeinen Zulässigkeitsvoraussetzungen, die ohnehin für jeden Streitgegenstand zu prüfen sind.[9] Die ausdrückliche Bestimmung stellt jedoch klar, dass es auf einen über die Parteiidentität hinausgehenden Sachzusammenhang nicht ankommt.[10]

a) Bedingungsfreie und bedingte Klagenhäufung (kumulative und eventuelle)

Nach alledem lässt der Wortlaut des § 260 offen, in welchem Verhältnis die verbundenen Prozessansprüche zueinander stehen können. Die durch die ZPO-Reform 2004 eingeführte amtliche Überschrift „Anspruchshäufung“ dokumentiert die Anerkennung der sog. kumulativen Klagenhäufung. Bei ihr sollen sämtliche verbundenen Ansprüche durchdringen, womit sie sich zwingend häufen (kumulieren). Insofern ist der weit verbreitete Begriff der kumulativen Klagenhäufung tautologisch; was sich häuft ist kumuliert.

Daneben ist die eigentliche[11] eventuelle Klagenhäufung anerkannt. Bei ihr sollen Ansprüche nur durchdringen, soweit einem vorrangig gestellten Anspruch nicht stattgegeben wird; an erster Stelle steht der Hauptanspruch gefolgt von Hilfsansprüchen. Die Ansprüche stehen hintereinander[12], in einem Rangverhältnis.

[...]


[1] So auch die subjektive Klagenhäufung (Streitgenossenschaft), im Folgenden sei die objektive Klagenhäufung behandelt.

[2] Ablehnend: Schwab-FS, 806.

[3] §§ ohne Gesetzesangabe sind solche der ZPO.

[4] Im konkreten Fall bejahend: OLG München NJW 1965, 2407.

[5] Hartmann, § 2 Rn. 4; Musielak-GK-ZPO, Rn. 148.

[6] Paulus, Seite 67.

[7] Saenger, § 260, Rn. 22; Zöller/ Greger, Reinhard, § 260, Rn. 2.

[8] MüKo-ZPO/ Becker-Eberhard, Ekkehard, § 260, Rn. 34.

[9] So etwa Eröffnung des Zivilrechtswegs, § 13 GVG.

[10] Wieczorek/ Assmann, Dorothea, § 260, Rn. 76. Konnexität ist indes Voraussetzung im verwaltungsgerichtlichen Verfahren, § 44 VwGO.

[11] In Zusammenhang mit der eventuellen Klagenhäufung sei nur auf die eigentliche Eventualklagenhäufung Bezug genommen.

[12] Schellhammer, Rn. 1568.

Ende der Leseprobe aus 19 Seiten

Details

Titel
Alternative Klagehäufung und alternative Klagebegründung nach § 260 ZPO
Hochschule
Universität Potsdam
Note
10 Punkte
Autor
Jahr
2009
Seiten
19
Katalognummer
V272787
ISBN (eBook)
9783656644507
ISBN (Buch)
9783656644491
Dateigröße
534 KB
Sprache
Deutsch
Schlagworte
alternative, klagehäufung, klagebegründung
Arbeit zitieren
Fabian Hollwitz (Autor:in), 2009, Alternative Klagehäufung und alternative Klagebegründung nach § 260 ZPO, München, GRIN Verlag, https://www.grin.com/document/272787

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