Das Politikfeld ‚Gesundheit’ gehört in der Bundesrepublik Deutschland, wie in den meisten sozialstaatlich hoch entwickelten Staaten, zu den dynamischsten und komplexesten Politikfeldern überhaupt. Der Gesundheitssektor ist derjenige, der in besonderem Maße dynamischen Prozessen und Umformungen unterworfen ist. Das Sozialstaatsmodell Bismarck’scher Prägung basiert u. a. auf dem Versicherungsprinzip, und die Höhe der Beitragseinnahmen der Gesetzlichen Krankenkassen unterliegen konjunkturellen Zyklen; kurz: je besser die Konjunktur, desto höher die Einnahmen. Darüber hinaus spiegelt der Gesundheitssektor im besonderem Maße die Belange und Interessen der Gesamtbevölkerung und Wählerschaft wider.
Soziale Sicherheit und sozialer Ausgleich sind kennzeichnend für kontinentaleuropäische Sozialpolitik, wobei das Gesundheitssystem im besonderen für den sozialen Ausgleich steht, da alle Gesetzlichversicherten einen Anspruch auf Sach- und Dienstleistungen zur Wiederherstellung ihrer Gesundheit haben, unabhängig der entrichteten GKV-Beiträge.
Das bundesdeutsche Gesundheitssystem weist im Vergleich zu anderen Industrienationen eine Besonderheit auf: Es hat den Charakter eines neokorporatistischen Politikfeldes mit zahlreichen Akteuren, die ihre organisierten Interessen in diversen institutionalisierten Arenen zur Geltung bringen. Dabei handelt es sich um zentralisierte Verbände mit einem Repräsentationsmonopol, die öffentliche Aufgaben anstelle des Staates erfüllen, wobei der Staat sich deren organisatorischen Ressourcen zunutze macht. Die Verbände übernehmen damit Steuerungs- und Koordinationsaufgaben, nachdem sie die staatlichen Ziele mit den eigenen zur Deckung gebracht haben.
Inhaltsverzeichnis
- Gegenstand und Ziel der Untersuchung
- Neokorporatismus und organisierte Interessenvermittlung nach G. Lehmbruch und P. C. Schmitter
- Methodisches Vorgehen und Fragestellung
- Das neokorporatistische Politikfeld Gesundheit und seine Akteure
- Die Bundesregierung, das Bundesministerium für Gesundheit (BMG) und der Bundesrat auf Makroebene
- Die Krankenkassen als neokorporatistische Akteure in der Gesetzlichen Krankenversicherung (GKV)
- Die organisierten Interessen der Leistungserbringer in der GKV
- Die Kassenärztliche Bundesvereinigung (KBV), die KVen, KZBV im ambulanten Sektor
- Die Deutsche Krankenhausgesellschaft e. V. (DKG) im stationären Sektor
- Die ABDA als organisierte Interessenvertretung der Apothekerschaft
- Die Arzneimittelproduzenten
- Die Patientenvertretung
- Der Gemeinsame Bundesausschuß als Akteur und Verhandlungsarena
- Die zweite Große Koalition aus CDU/CSU und SPD und das GKV-Wettbewerbsstärkungsgesetz
- Ziele der zweiten Großen Koalition im Politikfeld Gesundheit in der Legislaturperiode 2005 – 2009
- Die Genese des GKV-Wettbewerbsstärkungsgesetzes (GKV-WSG) bis zum Inkrafttreten am 01.04.2007
- Der GKV-Spitzenverband als organisierte Interessenvertretung auf Mesoebene
- Ausgabenbegrenzung und Beitragsstabilität durch Kassenwettbewerb und Fusionen
- Finanzielle Ressourcen der Krankenkassen vor und nach Inkrafttreten des GKV-WSG
- Die GKV-Einnahmensituation vor der Reform: 2003-2007
- Die GKV-Ausgabenentwicklung vor der Reform: 2003 - 2007
- Die GKV-Einnahmenentwicklung nach der Reform: 2007 - 2012
- Die GKV-Ausgabenentwicklung nach der Reform: 2007 - 2012
- Auswirkungen des GKV-WSG auf das neokorporatistische Politikfeld, Gesundheit’
- Das GKV-WSG als struktureller Reformansatz der Politik: Nivellierung der Machtasymmetrien auf Akteursebene
- Der GKV-Spitzenverband: Selbstverwaltung im Spannungsfeld zwischen Effizienzanforderungen und Handlungsfreiheit
- Wettbewerb versus Solidaritätsprinzip: Wie solidarisch ist die GKV noch?
- Auswirkungen für die GKV-Beitragszahler auf Mikroebene
- Reformtendenzen nach dem Ende der Großen Koalition: Pluralismus versus Neokorporatismus
Zielsetzung und Themenschwerpunkte
Die Studie befasst sich mit der neuen Rolle des GKV-Spitzenverbandes im neokorporatistischen Politikfeld "Gesundheit". Dabei liegt der Fokus auf der Analyse der Wirksamkeit des Wettbewerbsstärkungsgesetzes (GKV-WSG) hinsichtlich der Ausgabenbegrenzung im Gesundheitssektor.
- Die Funktionsweise des neokorporatistischen Politikfeldes "Gesundheit" und seine wichtigsten Akteure
- Die Entstehung des GKV-WSG und dessen Auswirkungen auf den GKV-Spitzenverband
- Die Auswirkungen des GKV-WSG auf die Ausgabenentwicklung im Gesundheitssektor
- Die Auswirkungen des GKV-WSG auf den Wettbewerb und die Solidarität innerhalb der GKV
- Die Bedeutung des GKV-Spitzenverbandes in der Selbstverwaltung des Gesundheitswesens
Zusammenfassung der Kapitel
- Gegenstand und Ziel der Untersuchung: Die Einleitung stellt den Gegenstand der Untersuchung und die zentrale Forschungsfrage vor. Sie erläutert das Konzept des Neokorporatismus und die Bedeutung organisierter Interessenvermittlung in diesem Kontext.
- Das neokorporatistische Politikfeld Gesundheit und seine Akteure: Dieses Kapitel beleuchtet die verschiedenen Akteure im Politikfeld "Gesundheit" auf verschiedenen Ebenen. Es analysiert die Rolle der Bundesregierung, des Bundesministeriums für Gesundheit, des Bundesrates sowie der Krankenkassen, Leistungserbringer und Patientenvertretung.
- Die zweite Große Koalition aus CDU/CSU und SPD und das GKV-Wettbewerbsstärkungsgesetz: Hier wird die Genese des GKV-WSG im Kontext der politischen Ziele der zweiten Großen Koalition dargestellt. Die Entstehung und Inhalte des Gesetzes sowie die Rolle des GKV-Spitzenverbandes werden beleuchtet.
- Finanzielle Ressourcen der Krankenkassen vor und nach Inkrafttreten des GKV-WSG: Dieses Kapitel untersucht die Einnahmen- und Ausgabenentwicklung der Krankenkassen vor und nach Inkrafttreten des GKV-WSG.
- Auswirkungen des GKV-WSG auf das neokorporatistische Politikfeld, Gesundheit': Das Kapitel analysiert die Auswirkungen des GKV-WSG auf die Machtasymmetrien zwischen den Akteuren im Gesundheitswesen. Es untersucht die Rolle des GKV-Spitzenverbandes und den Einfluss des Gesetzes auf den Wettbewerb und das Solidaritätsprinzip in der GKV.
Schlüsselwörter
Die Studie beschäftigt sich mit dem neokorporatistischen Politikfeld "Gesundheit", dem GKV-Spitzenverband, dem GKV-Wettbewerbsstärkungsgesetz (GKV-WSG), der Ausgabenbegrenzung im Gesundheitssektor, dem Wettbewerb und der Solidarität in der Gesetzlichen Krankenversicherung (GKV), sowie den Auswirkungen des GKV-WSG auf die verschiedenen Akteure im Gesundheitswesen.
- Citar trabajo
- M. A. Sascha Beljanski (Autor), 2014, Der GKV-Spitzenverband. Rolle und Funktion im Neokorporatismus, Múnich, GRIN Verlag, https://www.grin.com/document/272859