Dr. Joseph Goebbels, seine Filmpolitik im Dritten Reich und der nationalsozialistische Propagandafilm am Beispiel von "Hitlerjunge Quex"


Hausarbeit, 2011

17 Seiten, Note: 1,3


Leseprobe


Inhaltsverzeichnis

1. Einleitung

2. Joseph Goebbels‘ Positionierung innerhalb der nationalsozialistischen Filmpolitik

3. Das Führerprinzip - Ein notwendiger Exkurs

4. Joseph Goebbels‘ Kaiserhofrede und ihre Konsequenzen
4.1 Die Kontrolle der Filminhalte
4.2 Die Gleichschaltung der Filmproduktion mit der nationalsozialistischen Ideologie
4.3 Die Verstaatlichung der Filmproduktion

5. Propagandafilme im Dritten Reich

6. HITLERJUNGE QUEX
6.1 Die Filmhandlung
6.2 Propagandistische Inhalte
6.2.1. Anti-kommunistische und pro-nationalsozialistische Propaganda

7. Zusammenfassung

Literaturverzeichnis

1. Einleitung

Im März 1945 diktierte Dr. Joseph Goebbels für sein Tagebuch: „Meine Kriegspropaganda wird jetzt in London unverhohlen gerühmt. Man sagt, sie stellt das Vorbildlichste dar, was heute in den Kriegsanstrengungen überhaupt noch zu verzeichnen sei.“1. Um jene Kriegspropaganda zu ermöglichen, hatte er mit der Kaiserhofrede am 28. März 1933 eine neue Ära des Deutschen Films einleiten müssen.2 Welche Veränderungen, Forderungen und Möglichkeiten diese neue Ära mit sich brachte und welche Rolle Goebbels innerhalb der Filmpolitik des Dritten Reiches einnahm, soll in dieser Arbeit, auch unter der Heranziehung des Führerprinzips, analysiert werden.

Darüber hinaus sollen an einem konkreten Beispiel, dem Film HITLERJUNGE QUEX3, „der erste große zeitnahe Film aus dem Bereich der deutschen Revolution“4, die propagandistischen Mittel des Nationalsozialismus und die damit verbundenen Filminhalte näher beleuchtet werden.

2. Joseph Goebbels‘ Positionierung innerhalb der nationalsozialistischen Filmpolitik

Um sich der Fragestellung zu nähern, welchen Einfluss Goebbels innerhalb der nationalsozialistischen Filmpolitik hatte und welche Rolle er einnahm, bedarf es zunächst einer genaueren Betrachtung seiner Ämter und der damit einhergehenden Aufgaben.

Bereits während seiner Mitgliedschaft bei der NSDAP besetzte er als Teil der Reichspropagandaleitung das Amt des Reichspropagandaleiters und war neben den Bereichen Rundfunk, Aktivpropaganda, Rednereinsatz, Kultur und Presse auch für den Bereich Film zuständig.5 Durch die Ernennung seiner Person - bewirkt vom neuen Reichskanzler Adolf Hitler -als Reichsminister des Reichsministeriums für Volksaufklärung und Propaganda, „eine bemerkenswerte Neuschöpfung“6, so Karl- Dietrich Abel, welches am 13. März 1933 gegründet wurde, erweiterte sich das Aufgabenfeld von Goebbels.7 Dieses sollte von nun an „der Aufklärung und Propaganda unter der Bevölkerung, [der] Politik der Reichsregierung und [dem] nationalen Wiederaufbau“8 dienen.

So erweiterte eine Verordnung Hitlers vom 30. Juni 1933 den Geschäftsbereich des Propagandaministeriums um das Nachrichtenwesen und die „Aufklärung im Auslande, Kunst, Kunstausstellungen, Film und Sportwesen im Auslande“ aus dem Geschäftsbereich des Auswärtigen Amtes. Vom Innenministerium übernahm das Propagandaministerium die „allgemeine innerpolitische Aufklärung“ und im wesentlichen Presse, Rundfunk, Kunst, Musikpflege, Theater und Film sowie eine Anzahl anderer Bildungsbereiche. Die Übernahme dieser Sachgebiete durch das Propagandaministerium bedeutete, daß sie vor allem propagandistischen Zwecken dienstbar gemacht werden sollten. Die Tätigkeit des Ministeriums wurde unter den Gesichtspunkt gestellt, daß es sich „schlechthin um alle Gebiete zu kümmern“ hatte, „auf denen eine geistige Einwirkung auf die Nation möglich“ war.9

Weiterhin war er der Präsident der Reichskulturkammer, womit der „Goebbels- Bereich“10 abgeschlossen war.

Die Filmproduktion und deren Überwachung, die, in Folge der neu erworbenen Kompetenzen von Goebbels, maßgebliche Änderungen zu vollziehen hatte - dazu später mehr - erfolgte im Jahre 1942 schlussendlich durch vier Institutionen: Der Reichsfilmkammer, dem Reichsfilmdramaturg, dem Reichsbeauftragtem für die deutsche Filmwirtschaft und dem Reichsfilmintendanten.11 Letztendlich waren es jedoch eben diese Institutionen, „die dem Reichsminister für Volksaufklärung und Propaganda […] zur Kontrolle des Filmes zur Verfügung standen“12 Denn Goebbels war nicht nur Dienstvorgesetzter des Reichsfilmintendanten und des Präsidenten der Reichsfilmkammer, auch der Reichsbeauftragte für die deutsche Filmwirtschaft und die Filmabteilung des Ministeriums für Volksaufklärung und Propaganda mussten den Anweisungen des Reichsministers, also Goebbels, Folge leisten.13 Nicht zuletzt deshalb stellt Gerd Albrecht fest, dass Goebbels „demnach der Herr des deutschen Films“14 war. „Ein Herr, der möglichst häufig seine Entscheidungen durch seinen Führer billigen ließ, aber frei schalten und walten konnte“15, so Albrecht weiter. Karl-Günter Zelle bezeichnet Goebbels gar als „ Medienzar, der - wenigstens in der Theorie - einhundert Prozent der gesamten deutschen Medienproduktion beherrschte“16. Und auch Karl- Dietrich Abel kommt in seinen Ausführungen zu dem Ergebnis, dass Goebbels „durch seine Persönlichkeit und den Umfang der von ihm wahrgenommenen Funktionen zweifellos den historisch-politisch bedeutsamsten der Bereiche der Presselenkung im NS-Staat“17 bildete.

3. Das Führerprinzip - Ein notwendiger Exkurs

Um den vorangegangenen Erläuterungen Nachdruck zu verleihen und der Gewichtung von Goebbels Kompetenzen gerecht zu werden, gilt es im Folgenden auf das Führerprinzip, welches nicht nur in Bezug auf die nationalsozialistische Filmpolitik, sondern auch auf den Nationalsozialismus im allgemeinen, von großer Wichtigkeit ist, einzugehen.18

Das Führerprinzip des Nationalsozialismus heißt […]: „Autorität jedes Führers nach unten und Verantwortung nach oben“. Dies bedeutet, daß es mehrere Führer gibt, daß die Berechtigung zu Sachentscheidungen delegiert werden kann, daß aus dieser Verfügungsgewalt sich aber keine Entscheidungsgewalt aus eigener Machtvollkommenheit ableiten lässt, viel mehr jene übergeordnete Instanz im Zugriff-Verfahren die Kompetenzen aller nachgeordneten an sich ziehen kann und berechtigt ist, deren Entscheidungen von sich aus zu kontrollieren und zu ändern.19

Zieht man nun die bereits genannte Erkenntnis, dass Goebbels der „eigentliche Organisator und Beherrscher der Propaganda“20 und der nationalsozialistischen Filmpolitik im Dritten Reich war, hinzu, bleibt festzuhalten, dass „eine Entscheidung, die von Goebbels im Bereich des Films gefällt wurde, als verbindlich und beständig in erheblich höherem Maße gelten“21 musste, was ihm, insbesondere auf die nationalsozialistische Filmpolitik bezogen, erhebliche Macht und demnach auch Entscheidungsfreiheit zu Gute kommen ließ.22

Es mag demnach zweifelhaft und fraglich erscheinen, ob im Betrieb des Films - oder auch andere Bereiche - im Dritten Reich überhaupt für den einzelnen noch die Möglichkeit abweichenden Verhaltens bestand oder auch nur die Wahrscheinlichkeit gegeben war, durch solche Vorstellungen und Vorschläge, die denen der Führung abwichen, Änderungen in den von der Führung sanktionierten Verfahrensweisen, Verhaltensnormen und Aktionszielen zu erreichen.23

Das Zusammenspiel des Führerprinzips und der Ämter von Goebbels garantierte zwar keine Filmpolitik im Sinne des Nationalsozialismus, „deren erklärtes Ziel eine möglichst weitgehende von der Führung andererseits jederzeit zu limitierende Selbstständigkeit der Filmwirtschaft war“24, aber erleichterte diese ungemein.

4. Joseph Goebbels‘ Kaiserhofrede und ihre Konsequenzen

„In seiner Kaiserhofrede “, am 28. März 1933, nur kurze Zeit nach der Machtergreifung, „konfrontierte Goebbels die versammelten Vertreter der Filmindustrie mit einer Mischung aus offenen und verdeckten Forderungen nach Filmen“25. Diese sollten „im Sinn und nach Geschmack der neuen Regierung ausfallen.“26 Im Folgenden soll auf jene Forderungen und deren Umsetzungen eingegangen werden.

4.1 Die Kontrolle der Filminhalte

Bereits zu Beginn seiner Rede macht Goebbels deutlich, dass „nirgendwo ein Zweifel bestehen [kann], daß die nationalsozialistische Bewegung in die Wirtschaft und die allgemeinen kulturellen Fragen, also auch den Film, eingreift“. Jener Eingriff ergibt sich aus multiplen Gründen, von denen Goebbels einige nennt. So fehle dem deutschen Film Mut, Bekenntniseifer, Zivilcourage sowie Wirklichkeitsnähe.27 „Er ist ohne Kontakt zu den wirklichen Vorgängen im Volke“28 und habe zu wenig interessante und volksnahe Inhalte.29 Infolgedessen sollten Filme mit hohem Gegenwartsbezug produziert werden.30 Natürlich durften sie auch keine anti-nationalsozialistischen Inhalte haben.31 „Sie sollten zunächst deutsche Filme sein, einen nationalen Charakter tragen, der eigenen Kultur unzweideutig angehören“32 und das wirkliche Leben darstellen. Auch wurde betont, dass nicht der finanzielle Erfolg, sondern der Dienst am Volke zähle.33 Zudem sollte der deutsche Film auch international Erfolge verbuchen:

Der deutsche Film könne die Welt außerhalb Deutschlands nicht dadurch erobern, daß er möglichst verwaschen und farblos sei. Er werde die Welt erobern, wenn er als deutscher Film auftrete, wenn er die Wesensart, die Eigenschaften, den Charakter, die Tugenden des deutschen Volkes wieder zur Darstellung bringe.34

Es sollte ein „nationaler Qualitätsfilm“35 geschaffen werden, der „seinen Charakter als reine Unterhaltungsware überwinden und als nationale Kunst im In- und Ausland von der Blüte deutschen Kulturschaffens zeugen“36 sollte. Man war also versucht, dem Film deutsche, wiedererkennbare, Züge zu geben.37 Nicht zuletzt aus dem Grund, dass der deutsche Film sich auf erkenntlicher Weise von anderen - nicht-deutschen - Filmen unterscheiden und abheben sollte.38

Im Weiteren Verlauf der Kaiserhofrede attestiert Goebbels dem Film mögliche „gefährliche Auswirkungen“39, die vom Staat zu unterbinden seien.40 Jene Unterbindung beinhaltete eine Vorzensur aller produzierten Spielfilme und ein Großteil der sozialkritischen Filme,41 sowie als pazifistisch zu verstehende Kriegsfilme wurden aus den Kinoprogrammen genommen.42 Außerdem konnten Vorführungen nun verhindert werden, insofern „das nationalsozialistische oder künstlerische Empfinden verletzt wurde.“43 Unterstützt wurde dies durch das im Jahre 1934 neu verabschiedete Lichtspielgesetz, welches den Machtinhabern respektive Entscheidungsträgern folgende Eingreifmöglichkeiten gab:

[...]


1 Karl-Günter Zelle: Joseph Goebbels - Außen- und Innenansichten eines Propagandisten. In: Bernd Heidenreich / Sönke Neitzel (Hrsg.): Medien im Nationalsozialismus, Paderborn 2010, S. 31-52, hier: S. 36.

2 Vgl. Dr. Otto Kriegk: Der deutsche Film im Spiegel der Ufa - 24 Jahre Kampf und Vollendung, Berlin 1949, S. 184f.

3 HITLERJUNGE QUEX (HITLERJUNGE QUEX: EIN FILM VOM OPFERGEIST DER DEUTSCHEN JUGEND), Deutschland 1933, Erstausstrahlung (Deutschland): 19.09.1933, R: Hans Steinhoff.

4 Ebd., S. 213.

5 Vgl. Karl-Dietrich Abel: Presselenkung im NS-Staat, Berlin 1967, S. 4.

6 Ebd. S. 3.

7 Vgl. ebd.

8 Ebd.

9 Ebd.

10 Ebd., S. 1.

11 Vgl. Gerd Albrecht: Nationalsozialistische Filmpolitik, Stuttgart 1969, S. 32.

12 Ebd., S. 33.

13 Vgl. ebd.

14 Ebd., S. 56.

15 Ebd.

16 Zelle, S. 33.

17 Abel, S. 2.

18 Vgl. Rainer Rother: Nationalsozialismus und Film. In: Bernd Heidenreich / Sönke Neitzel (Hrsg.): Medien im Nationalsozialismus, Paderborn 2010, S. 125-144, hier: S. 136.

19 Albrecht, S. 91.

20 Gerhard Jagschitz: Filmpropaganda im Dritten Reich. In: Konlechner, Peter (Hrsg.): Propaganda und Gegenpropaganda im Film 1933 - 1945, S. 13-39, hier: S. 28.

21 Albrecht, S. 91.

22 Vgl. ebd., S. 260.

23 Ebd., S. 261.

24 Ebd. S. 91.

25 Rother, S. 128.

26 Ebd.

27 Vgl. Ebd.

28 Joseph Goebbels: Rede im Kaiserhof am 28.3.1933 In: Gerd Albrecht (Hrsg.): Der Film im 3. Reich, Karlsruhe 1997. S. 26-31, hier: S. 28.

29 Vgl. ebd.

30 Vgl. Rainer Rother, S. 125.

31 Vgl. ebd., S. 129.

32 Ebd., S. 130.

33 Vgl. Kriegk, S. 187.

34 Ebd.

35 Rother, S. 131.

36 Jürgen Spiker: Film und Kapital, Berlin 1975, S. 143.

37 Albrecht, S. 22.

38 Rother, S. 131.

39 Goebbels, S. 27.

40 Vgl. ebd.

41 Vgl. Gerhard Jagschitz, S. 30.

42 Vgl. Rainer Rother, S. 137f.

43 Jagschitz, S. 30.

Ende der Leseprobe aus 17 Seiten

Details

Titel
Dr. Joseph Goebbels, seine Filmpolitik im Dritten Reich und der nationalsozialistische Propagandafilm am Beispiel von "Hitlerjunge Quex"
Hochschule
Universität zu Köln  (Institut für Theater-, Film- und Fernsehwissenschaft)
Veranstaltung
Übung: Historische Medienanalysen in synchroner und diachroner Perspektive Ein Volk, ein Reich, ein Kino: Der Film des Dritten Reiches
Note
1,3
Autor
Jahr
2011
Seiten
17
Katalognummer
V272947
ISBN (eBook)
9783656651154
ISBN (Buch)
9783656651147
Dateigröße
421 KB
Sprache
Deutsch
Schlagworte
joseph, goebbels, filmpolitik, dritten, reich, propagandafilm, beispiel, hitlerjunge, quex
Arbeit zitieren
Christian Kresse (Autor:in), 2011, Dr. Joseph Goebbels, seine Filmpolitik im Dritten Reich und der nationalsozialistische Propagandafilm am Beispiel von "Hitlerjunge Quex", München, GRIN Verlag, https://www.grin.com/document/272947

Kommentare

  • Noch keine Kommentare.
Blick ins Buch
Titel: Dr. Joseph Goebbels, seine Filmpolitik im Dritten Reich und der nationalsozialistische Propagandafilm am Beispiel von "Hitlerjunge Quex"



Ihre Arbeit hochladen

Ihre Hausarbeit / Abschlussarbeit:

- Publikation als eBook und Buch
- Hohes Honorar auf die Verkäufe
- Für Sie komplett kostenlos – mit ISBN
- Es dauert nur 5 Minuten
- Jede Arbeit findet Leser

Kostenlos Autor werden