Gegenwärtig erfährt die Thematik Rechtsextremismus in Deutschland wieder eine erhöhte Aufmerksamkeit in den Medien und der Öffentlichkeit. Geschuldet ist dies vor allem den aktuell geführten Debatten über ein erneutes NPD-Verbotsverfahren sowie der seit mittlerweile mehr als zwei Jahren andauernden Aufarbeitung der Verbrechen des sog. `Nationalsozialistischen Untergrunds´ (NSU), welche die Gesellschaft aufgeschreckt und ihre `Scheinrealität´ über die aktuelle Lage des Rechtsextremismus in Deutschland erschüttert hat (vgl. Decker et al., 2012, S.10-12). Hier zeigt sich ein bzgl. der Thematik Rechtsextremismus typisches Bild, denn allzu gerne verschließt die Mitte der Gesellschaft hierzulande die Augen vor dieser unliebsamen Thematik. Sie wird in ihrer gesellschaftlichen Problemhaftigkeit, Brisanz und Aktualität oft nicht ausreichend wahrgenommen, lieber an den Rand der Gesellschaft projiziert und damit verbunden gern als alleiniges Ost- und/oder Jugendproblem dargestellt (Butterwegge, 2010, S.273). In den Medien wird zumeist erst dann über die Thematik berichtet und auf diese Weise der Bevölkerung verstärkt ins Bewusstsein gerufen, wenn es zu besonders erschreckenden und aufmerksamkeitsbündelnden Geschehnissen gekommen ist. Häufig folgt, nach anfänglicher Aufregung, schnell auch wieder Desinteresse; andere (Sensations-) Themen rücken in den Fokus. Zwar ist der NSU aufgrund der Ausmaße seiner Verbrechen und dem aktuell laufenden NSU-Prozess auch nach mehr als zwei Jahren noch immer in den Medien präsent, doch findet auch bei hiesiger Berichterstattung oft die Tatsache zu wenig Beachtung, „dass es menschenfeindliches Denken und Rassismus in ihrer all-täglichen Ausprägung sind, die den Resonanzboden bilden für das Entstehen von organisiertem, gewalttätigem Rechtsextremismus“ (Decker et al., 2012, S.7) und somit das Problem durchaus in der Mitte der Gesellschaft, d.h. in der Mehrheitsgesellschaft, angesiedelt ist. Es ist daher zu befürchten, dass in Zukunft die Mitte der Gesellschaft, langfristig gesehen, weiterhin die Augen vor der Problematik Rechtsextremismus verschließt, sie erneut allein an den Rand der Gesellschaft projiziert und sich somit von ihrer Mitverantwortung für den Erhalt der Demokratie und der Freiheit sowie der Einhaltung der Menschenrechte entlastet. [...]
Inhaltsverzeichnis
- Einleitung
- Grundlagen zum Rechtsextremismus
- »Rechtsextremismus« — eine Begriffsbestimmung
- Ideologieelemente des Rechtsextremismus
- Ursachen rechtsextremer Einstellungen
- Exkurs: Die politische Sozialisation
- Verbreitungsgrad rechtsextremaffiner Einstellungen in Deutschland
- Ergebnisse der Studie zur Gruppenbezogenen Menschenfeindlichkeit
- Ergebnisse der Mitte-Studien
- rechtsextremes Einstellungspotenzial in der Gesellschaft — eine Gefahr für die Ausbreitung des Rechtsextremismus
- Der Rechtsextremismus als Erlebniswelt
- »Erlebniswelt Rechtsextremismus« — eine Begriffsbestimmung
- Elemente der »Erlebniswelt Rechtsextremismus«
- Lifestyle und Symbolik
- Musik
- Internetelemente
- Aktionismus und Freizeitgestaltung
- Strategien im Rahmen der »Erlebniswelt Rechtsextremismus«
- »Erlebniswelt Rechtsextremismus« — eine Gefahr für die Ausbreitung des Rechtsextremismus speziell bei Jugendlichen
- Präventionsarbeit gegen Rechtsextremismus im Rahmen schulischer (politischer) Bildung
- Die Rolle der schulischen (politischen) Bildung — eine Einordnung
- Ansätze politischer Bildungsarbeit gegen Rechtsextremismus
- Historisch-politische Bildung
- Aufklärung zu aktuellen Aspekten des Rechtsextremismus
- Ansätze sozialen Lernens und Demokratie-Lernens
- Zwischenfazit mit grundlegenden didaktisch-methodischen Gestaltungshinweisen
- Exkurs: Thematisierung des Rechtsextremismus unter Beachtung des Beutelsbacher Konsens
- Planung einer Unterrichtsreihe im Fach Sozialwissenschaften
- Lernvoraussetzungen: Schülervorstellungen zum Themenkomplex Rechtsextremismus
- Thematische Begründung und Einordnung in den Kernlehrplan
- Auswahl des fachdidaktischen Prinzips und der Makromethode
- Lernziele und Kompetenzen — Worin besteht der Lernzuwachs?
- Hauptlernziel(e)
- Teillernziele
- Leistungsbewertung
- Evaluation der Unterrichtsreihe
- eigene Reflexion der Reihenplanung
- Fazit
- Literaturverzeichnis
- Anhang 1: Fragebogen der Mitte-Studien zum primären und sekundären Antisemitismus
- Anhang 2: Materialzusammenstellung für die Unterrichtsreihe
- Anhang 3: Auflistung der nachfolgend angefügten Internetquellen aus dem Literaturverzeichnis
Zielsetzung und Themenschwerpunkte
Die vorliegende Masterarbeit befasst sich mit dem Rechtsextremismus in Deutschland und dessen Ausbreitung, insbesondere unter Jugendlichen. Sie analysiert das rechtsextreme Einstellungspotenzial in der Mehrheitsgesellschaft und den Erlebnisweltcharakter der rechten Szene, um Möglichkeiten der Gegenprävention im sozialwissenschaftlichen Unterricht aufzuzeigen und eine eigene Unterrichtsreihe zu entwickeln. Ziel ist es, ein realistisches Problembewusstsein zu schaffen und Handlungsmöglichkeiten für die schulische Präventionsarbeit zu erarbeiten.
- Rechtsextremes Einstellungspotenzial in der Mehrheitsgesellschaft
- Erlebnisweltcharakter der rechten Szene
- Prävention im sozialwissenschaftlichen Unterricht
- Entwicklung einer eigenen Unterrichtsreihe
- Sensibilisierung für die Gefahren des Rechtsextremismus
Zusammenfassung der Kapitel
Kapitel 2 bietet eine grundlegende Beschreibung des Rechtsextremismus, indem es zentrale Ideologieelemente und Ursachen für die Entstehung rechtsextremer Einstellungen beleuchtet. Der Prozess der politischen Sozialisation wird als wichtiger Faktor für die Entwicklung politischer Einstellungen vorgestellt. Kapitel 3 analysiert den Verbreitungsgrad rechtsextremaffiner Einstellungen in der deutschen Gesellschaft anhand der Ergebnisse zweier repräsentativer Studien: der Studie zur Gruppenbezogenen Menschenfeindlichkeit und der Mitte-Studien. Die Ergebnisse zeigen, dass rechtsextremes Einstellungspotenzial in der Mitte der Gesellschaft verbreitet ist und ein erhebliches Gefahrenpotenzial für die Ausbreitung des Rechtsextremismus darstellt.
Kapitel 4 beleuchtet den Erlebnisweltcharakter der rechten Szene und zeigt auf, wie die Szene versucht, insbesondere Jugendliche für ihre Sache zu gewinnen. Es werden die wichtigsten Elemente der Erlebniswelt, wie Lifestyle, Musik, Internetelemente und Aktionismus, vorgestellt und die damit verbundenen Strategien der Szene analysiert. Kapitel 5 befasst sich mit der Rolle der schulischen (politischen) Bildung im Kampf gegen den Rechtsextremismus. Es werden verschiedene Ansätze der Präventionsarbeit vorgestellt, darunter die historisch-politische Bildung, die Aufklärung zu aktuellen Aspekten des Rechtsextremismus sowie Ansätze sozialen Lernens und Demokratie-Lernens.
Kapitel 6 stellt eine eigene Unterrichtsreihe im Fach Sozialwissenschaften vor, die als ein möglicher Beitrag zur schulischen Präventionsarbeit gegen den Rechtsextremismus verstanden wird. Die Reihe orientiert sich am Prinzip der Handlungsorientierung und umfasst eine Analyse der rechten Erlebniswelt. Die Lernziele, Kompetenzen und die Evaluation der Reihe werden ebenfalls diskutiert.
Schlüsselwörter
Die Schlüsselwörter und Schwerpunktthemen des Textes umfassen den Rechtsextremismus, rechtsextreme Einstellungen, Erlebniswelt Rechtsextremismus, Jugend, politische Sozialisation, Prävention, schulische Bildung, sozialwissenschaftlicher Unterricht, Gegenprävention, Gruppenbezogene Menschenfeindlichkeit, Mitte-Studien, Demokratie, politische Kultur, Identität, Handlungskompetenz, Lernvoraussetzungen, Kernlehrplan, Handlungsorientierung, Projektmethode, Evaluation, Beutelsbacher Konsens.
- Quote paper
- Lucia Postrach (Author), 2014, Rechtsextremes Einstellungspotenzial in der Mehrheitsgesellschaft und der Erlebnisweltcharakter der rechten Szene, Munich, GRIN Verlag, https://www.grin.com/document/273053