Das Ziel dieser Arbeit ist zunächst die Definition und Abgrenzung des OpRisk, vor allem
zum Markt- und Kreditrisiko, um im weiteren Verlauf ausgewählte Ansätze zur
Messung der regulatorischen Eigenkapitalunterlegung zu erläutern. Fokus sind hierbei
auch die aktuellen Eigenkapitalvorschriften nach Basel II zu veranschaulichen.
Anschließend folgt deren Bedeutung für Banken. Hierbei wird besonders dem geforderten
Risikokapital Bedeutung zugemessen als auch mögliche Chancen und Auswirkungen
des OpRisk diskutiert.
Inhaltsverzeichnis
Abkürzungsverzeichnis
1. Einleitung
2. Operationelles Risiko
2.1 Definition
2.2 Abgrenzung zum Markt- und Kreditrisiko
2.3 Kategorien des operationellen Risikos
3. Messung operationeller Risiken
3.1 Regulatorische Anforderungen
3.2 Systeme zur Quantifizierung
4. Bedeutung des operationellen Risikos für Banken
5. Zusammenfassung und Ausblick
Tabellenverzeichnis
Literaturverzeichnis
Abkürzungsverzeichnis
Abbildung in dieser Leseprobe nicht enthalten
1. Einleitung
Seit der Finanzkrise 2007 haben medienwirksame Prozesse wie etwa derzeit das zivil- rechtliche Verfahren gegen JPMorgan & Co. bezüglich umstrittener Vertriebspraktiken für Immobilienpapiere, das die Investmentbank voraussichtlich 13 Mrd. US-Dollar kos- ten wird1, oder laufende Untersuchungen wegen Zinsmanipulationen, an denen neben weiteren die Deutsche Bank, UBS und Barclays involviert gewesen sein sollen2, ne neue Debatte um die Handhabung des operationellen Risikos ausgelöst. Oft sind diese Risiken auf personelle Schwächen, aber auch auf Fehler in Geschäftsprozessen sowie auf die Geschäftskultur und mangelhafte Informationstechnologien zurückzuführen3 wie die technische Panne bei Goldman Sachs im August 2013, bei der die Bank versehent- lich eine hohe Anzahl von Optionsgeschäften getätigt hat, zeigt. Insgesamt entstand dem Unternehmen hierbei ein Verlust von 440 Mio. US-Dollar.4
Aufgrund ebenfalls spektakulärer Verluste in der Vergangenheit wie etwa der Pleite der Barings Bank 1995, ausgelöst durch den Terminhändlers Nick Leeson5, kündigten die Bankaufsichten 1999 Pläne für die Einführung von regulatorischem Kapital für operati- onelles Risiko an. Obwohl dies teilweise auf Widerstand seitens der Banken traf (Der Finanzvorsitzende einer großen internationalen Bank beschrieb die Pläne als das „Däm- lichste, was [er] je gesehen habe“6 ), traten mit Basel II ab dem 01. Januar 2007 neue Eigenkapitalvorschriften in Kraft, die neben dem Markt- und Kredit- nun auch das ope- rationelle Risiko berücksichtigen.
Das Ziel dieser Arbeit ist zunächst die Definition und Abgrenzung des OpRisk, vor al- lem zum Markt- und Kreditrisiko, um im weiteren Verlauf ausgewählte Ansätze zur Messung der regulatorischen Eigenkapitalunterlegung zu erläutern. Fokus sind hierbei auch die aktuellen Eigenkapitalvorschriften nach Basel II zu veranschaulichen. Anschließend folgt deren Bedeutung für Banken. Hierbei wird besonders dem geforder- ten Risikokapital Bedeutung zugemessen als auch mögliche Chancen und Auswirkun- gen des OpRisk diskutiert.
Schließlich fasst das Abschlusskapitel die bereits genannten Ausführungen zusammen und gibt eine Einschätzung möglicher zukünftiger Entwicklungsszenarien im Bereich OpRisk wider.
2. Operationelles Risiko
2.1 Definition
Allgemein hat sich die Definition des Basler Ausschusses für Bankenaufsicht etabliert, die das OpRisk als „ ... die Gefahr von unmittelbaren oder mittelbaren Verlusten, die infolge der Unangemessenheit oder des Versagens von internen Verfahren, Menschen und Systemen oder von externen Ereignissen eintreten [charakterisiert]. Diese Definiti- on beinhaltet das Rechtsrisiko, schließt aber strategisches und Reputationsrisiko aus“.7 Grundsätzlich sind Finanzinstitute aber in der Ausgestaltung ihrer Definition des OpRisk, welche institutsspezifisch angepasst und erweitert werden kann, frei.8 Als Bei- spiel kann hierzu der Geschäftsbericht der Deutschen Bank aus dem Jahr 2012 dienen: „Operationelles Risiko ist das Verlustpotenzial (einschließlich rechtlicher Komponen- ten), das sich aus einem Fehlverhalten von Mitarbeitern, vertraglichen Vereinbarungen und Dokumentationen, technischen und infrastrukturbedingten Ausfällen und Katastro- phen sowie externen Einflüssen und Kundenbeziehungen ergeben kann.“9
Welches Risiko jedoch im Detail dem OpRisk zuzuordnen ist, muss von Banken und Finanzdienstleistern erkennbar klargestellt werden. Zudem ist eine eindeutige Abgrenzung zu gewährleisten.10
2.2 Abgrenzung zum Markt- und Kreditrisiko
Mit dem Inkrafttreten des Regelwerkes Basel II, welches seit Januar 2007 Anwendung findet, ist das OpRisk erstmals als materiell eingestuft worden und seitdem zu berück- sichtigen bzw. zu quantifizieren. Somit ist es mit dem Markt- und Kreditrisiko in der sogenannten ersten Säule verankert und muss mit Eigenkapital hinterlegt werden.11
Dass sich das OpRisk nicht immer auf den ersten Blick von Markt- und Kreditrisiko abgrenzen lässt, zeigt, laut Hull, die Pleite der Barings Bank 1995, die aufgrund der Bewegungen von Marktvariablen zustande kam. Bei näherer Betrachtung ist dieser Fall jedoch eindeutig dem OpRisk zuzuordnen, da der Terminhändler Nick Leeson seine hohen spekulativen Positionen in betrügerischer Absicht verschleiert hat.12
Tabelle 1: Strukturelle Unterschiede der Risikoarten
Abbildung in dieser Leseprobe nicht enthalten
In Anlehnung an: Kaiser / Köhne (2004), S. 25.
Ein Vergleich der Risikoarten in Tabelle 1 zeigt zum einen, dass die Portfolioelemente des OpRisk gegenüber dem Markt- und Kreditrisiko abstrakter sind und zum anderen, dass das Exposure bzw. die maximale Anzahl an Verlusten unbeschränkt sind (im Fall der maximalen Verluste lediglich durch den Liquidationswert des Unternehmens). Dar- über hinaus zeigt sich, wie im obigen Beispiel skizziert, dass einige Szenarien zwar ei- ner Risikoart zuordenbar sind, jedoch aus den operationellen Risiken resultieren können bzw. durch diese mitverursacht werden können. Als weitere Beispiele für die Überlap- pung des OpRisk mit Markt- und Kreditrisiken können nach Kaiser / Köhne hierfür Kreditausfälle, Kreditbetrug als auch Kursverluste von Finanztiteln, für deren Erwerb der Händler keine Autorisierung hatte, dienen.13 Praktiker etwa sind der Meinung, dass bis zu 35% aller Abschreibungen und Wertberichtigungen auf operationelle Risiken zurückzuführen sind.14 Eine Gefahr bei fehlender Abgrenzung, besonders bei der Ver- mischung von Kredit- und operationellen Risiken, stellt die doppelte Kapitalunterlegung dar. Aus diesem Grund ist stets auf die Ursache des jeweiligen Risikotreibers zu achten, da das OpRisk in der Regel einen endogenen, aus den betrieblichen Prozessen resultierenden Charakter aufweist.15
Insbesondere sind erhebliche Unterschiede in der Quantifizierung sowie Aggregation operationeller Risiken zu erkennen, da hierbei zum einen Vergangenheitsdaten schwie- riger zu beschaffen sind und zum anderen unterschiedliche qualitative Systeme in der Praxis angewandt werden. Hierauf wird in den Folgekapiteln noch näher eingegangen.
2.3 Kategorien des operationellen Risikos
Finanzinstitute, die einen fortgeschrittenen Ansatz zur Risikomessung verwenden (siehe Kapitel 3.2), sind seitens der Bankenaufsicht dazu angehalten, die jeweiligen Risikoereignisse zu identifizieren und zwecks Datenerhebung für eingetretene Schadensfälle zu dokumentieren.16 Der Basler Ausschuss für Bankenaufsicht nennt hierfür sieben Kategorien des operationellen Risikos und führt dazu Beispiele an. Laut den sogenannten „Sound Practices“ sind diese im Einzelnen (gekürzt):
- interne betrügerische Handlungen wie Diebstahl durch Mitarbeiter und Insider- geschäfte
- externe betrügerische Handlungen wie Raub, Fälschung und Scheckbetrug
- Einstellungspraktiken und Sicherheit am Arbeitsplatz wie Haftungsansprüche von Mitarbeitern oder Diskriminierungsklagen
- Kunden, Produkte und Geschäftspraxis wie unsaubere Handelspraktiken auf Rechnung der Bank, Geldwäsche und Verkauf nicht genehmigter Produkte
- Schäden am Sachvermögen wie Terrorismus, Vandalismus oder Erdbeben
- Geschäftsunterbrechungen und Systemausfälle wie Hardware- und Software- pannen, Telekommunikationsprobleme und Stromausfälle
- Ausführung, Lieferung und Prozessmanagement wie fehlerhafte Dateneingabe, Fehlverhalten von Kontrahenten oder Auseinandersetzungen mit Zulieferern17 Banken sind laut der BIZ dazu aufgefordert, jede der sieben Risikokategorien mit den acht Geschäftsfeldern, die in Tabelle zwei dargestellt sind, zu kombinieren und daraus einen VaR zu bestimmen.18
Tabelle 2: Geschäftsfelder und Beta-Faktoren
Abbildung in dieser Leseprobe nicht enthalten
In Anlehnung an: BIZ (2004), S. 130
Somit ergibt sich eine Zusammensetzung aus 56 Möglichkeiten.
3. Messung operationeller Risiken
3.1 Regulatorische Anforderungen
Die erste abgeschlossene und veröffentlichte Empfehlung, die sich ausschließlich auf das OpRisk konzentriert, ist, nach Kaiser / Köhne, das „Sound Practices for the Management and Supervision of Operational Risk“-Paper, welches auf den zwei Konsultationspapers vom Dezember 2001 und Juli 2002 von der BIZ basiert. Jedoch haben diese „Sound Practices“ lediglich Empfehlungscharakter zur Organisation, inhaltlichen Ausgestaltung sowie Offenlegung des OpRisk und erhielten erst mit Basel II ab Januar 2007 verbindliche Regeln zur Behandlung und Eigenkapitalunterlegung.19
Die Regeln von Basel II schreiben vor, dass bei Banken „[das] Verhältnis von anrechenbarem Eigenkapital zu gewichteten Risikoaktiva .. nicht geringer .. als 8% [sein darf]. Die Summe aller gewichteten Risikoaktiva wird bestimmt, indem die Eigenkapitalanforderungen für Marktrisiken und operationelle Risiken mit 12,5 (dem Kehrwert der Mindesteigenkapitalquote von 8%) multipliziert und zur Summe der gewichteten Risikoaktiva aus dem Kreditgeschäft addiert werden.“20 Wie das OpRisk im Detail quantifiziert wird, wird im Folgekapitel erläutert.
[...]
1. Vgl. Handelsblatt (2013a).
2. Vgl. Manager Magazin (2013).
3. Vgl. Basler Ausschuss für Bankenaufsicht (2003), S. 8.
4 Vgl. Neue Zürcher Zeitung (2013).
5.Vgl. Handelsblatt (2013b).
6. Hull, J. (2011), S. 438.
7. Basler Ausschuss für Bankenaufsicht (2003), S. 2.
8. Vgl. Abenthum, S. (2012), S. 8.
9.Deutsche Bank (2012).
10. Vgl. Abenthum, S. (2012), S. 8.
11. Vgl. Wernz, J. (2012), S.36.
12. Vgl. Hull, J. (2011), S. 438f..
13. Vgl. Kaiser, T. / Köhne, M. (2004), S. 26f..
14 Vgl. Reif, Schäl, Weingessel (2006), S. 1.
15 Vgl. Minz, K.-A. (2004), S. 16.
16 Vgl. Abenthum, S. (2012), S. 25.
17 Basler Ausschuss für Bankenaufsicht (2003), S. 8
18 Vgl. Hull, J. (2011), S. 443.
19 Vgl. Kaiser, T. / Köhne, M. (2004), S. 10.
Häufig gestellte Fragen
Was ist das operationelle Risiko laut Basler Ausschuss für Bankenaufsicht?
Das operationelle Risiko wird definiert als die Gefahr von unmittelbaren oder mittelbaren Verlusten, die infolge der Unangemessenheit oder des Versagens von internen Verfahren, Menschen und Systemen oder von externen Ereignissen eintreten. Es beinhaltet das Rechtsrisiko, schließt aber strategisches und Reputationsrisiko aus.
Wie grenzt sich das operationelle Risiko vom Markt- und Kreditrisiko ab?
Obwohl es Überlappungen geben kann, resultiert das operationelle Risiko typischerweise aus endogenen Faktoren, die in den betrieblichen Prozessen begründet liegen. Markt- und Kreditrisiken hingegen sind stärker von externen Faktoren beeinflusst. Es ist wichtig, die Ursache des Risikotreibers zu identifizieren, um eine doppelte Kapitalunterlegung zu vermeiden.
Welche Kategorien des operationellen Risikos gibt es laut Basler Ausschuss?
Der Basler Ausschuss unterscheidet sieben Kategorien:
- Interne betrügerische Handlungen
- Externe betrügerische Handlungen
- Einstellungspraktiken und Sicherheit am Arbeitsplatz
- Kunden, Produkte und Geschäftspraxis
- Schäden am Sachvermögen
- Geschäftsunterbrechungen und Systemausfälle
- Ausführung, Lieferung und Prozessmanagement
Was sind die regulatorischen Anforderungen bezüglich des operationellen Risikos nach Basel II?
Basel II schreibt vor, dass Banken eine Mindestkapitalquote von 8% einhalten müssen. Das operationelle Risiko muss quantifiziert und mit Eigenkapital unterlegt werden. Die Eigenkapitalanforderungen für operationelle Risiken werden zur Summe der gewichteten Risikoaktiva aus dem Kreditgeschäft addiert.
Welche Geschäftsfelder werden bei der Messung des operationellen Risikos berücksichtigt?
Banken sind aufgefordert, jede der sieben Risikokategorien mit den acht Geschäftsfeldern zu kombinieren und daraus einen VaR zu bestimmen. (siehe Tabelle 2 im Dokument).
Warum ist eine klare Abgrenzung des operationellen Risikos zu anderen Risikoarten wichtig?
Eine fehlende Abgrenzung, insbesondere die Vermischung von Kredit- und operationellen Risiken, kann zu einer doppelten Kapitalunterlegung führen. Daher ist es wichtig, die Ursache des jeweiligen Risikotreibers zu identifizieren.
Welche Bedeutung hat das operationelle Risiko für Banken?
Das operationelle Risiko beeinflusst das benötigte Risikokapital und kann sowohl Chancen als auch Risiken mit sich bringen. Eine effektive Steuerung des operationellen Risikos ist entscheidend für die Stabilität und Rentabilität von Banken.
- Citar trabajo
- Philipp von Schoenfeldt (Autor), 2013, Die Bedeutung des operationellen Risikos für Banken, Múnich, GRIN Verlag, https://www.grin.com/document/273072