Primo Levi (1919 - 1987) und sein Buch "Ist das ein Mensch?"


Exposé Écrit pour un Séminaire / Cours, 2004

25 Pages, Note: 12 Punkte


Extrait


Gliederung

Einleitung

Die Biographie

„Ist das ein Mensch?“
Die Entstehung
Die Veröffentlichung
Der Inhalt
Die Fahrt nach Auschwitz
Die Aufnahme
Erste Erfahrungen
Hygiene
KB
Alberto
Die Börse
Der Kampf um das Überleben
Chemiker in Auschwitz
Selektionen
Der Laborant
Die letzten 10 Tage
Bedeutung

Schlusswort

Literaturliste

Abbildung in dieser Leseprobe nicht enthalten

Primo Levi

(1919 – 1987)

Abbildung in dieser Leseprobe nicht enthalten

Einleitung

Wenn man einen Menschen auf der Straße fragt, ob er den Namen Primo Levi schon mal gehört hat, wird er wahrscheinlich nur mit den Schultern zucken. Der Name dieses italienischen Schriftstellers ist in Deutschland nur wenigen bekannt. Genauso wenig, wie sein Pseudonym Damiano Malabaila. Bekannt wurde Primo Levi vor allem durch seine autobiographischen Romane, die das Leben während des Krieges (vor allem Auschwitz), aber auch nach dem Krieg beschreiben. Selber Häftling im Konzentrationslager, berichtet er über sein eigenes Leben und das Leben anderer Gefangenen mit atemberaubender Sachlichkeit, detailliert, schmerzhaft. Seine Bücher beschreiben den Krieg, die Diskriminierung, die Demütigung, den Tod. Sie ähneln in keiner Weise den Romanen, die wir gewohnt sind zu lesen, wo ein Happy End als selbstverständlich erwartet wird. Das sind Bücher über das Leben während des Zweiten Weltkrieges, über die Wahrheit, die viele von uns nicht sehen bzw. nicht wahrnehmen möchten. Vielleicht ist das der Grund dafür, dass man von Primo Levi so wenig kennt. Ich versuche mit meiner Arbeit, die wichtigsten Ereignisse seines Lebens darzustellen sowie ihn selber als einen Menschen anhand von seinen Büchern und Interviews mit ihm zu beschreiben. Im Mittelpunkt steht natürlich der bekannteste von seinen Romanen „Ist das ein Mensch?“, der kurz nach der Rückkehr aus Auschwitz geschrieben wurde und das dort verbrachte Jahr beschreibt.

Die Biographie

Primo Levi hat meistens autobiographische Erzählungen geschrieben, die später zu entsprechenden Bücher zusammengefügt wurden. So entstand auch das Buch „Das periodische System“, wo er über sein Leben erzählt. Das Buch ist in mehrere Kapitel unterteilt, die alle Namen von verschiedenen chemischen Elementen tragen und verschiedenen Erlebnissen des Schriftstellers entsprechen.

Primo Levi stammt aus einer bescheidenen Familie, die sich ihren Lebensunterhalt verdienen musste und bei der die Lebensmoral lautete: „Wer nicht arbeitet, soll nicht essen“.[1] Er kam am 31. Juli zur Welt und war zu vier Fünftel ein Italiener und zu einem Fünftel Jude, was ihm aber durchaus wichtig war. Levi war allerdings mehr amtlicherseits Jude, was heißt, er war Mitglied der jüdischen Gemeinde von Turin, aber kein praktizierender und nicht mal ein gläubiger Jude.[2] Seine Eltern haben das Leben von Primo Levi stark beeinflusst, besonders der Vater. Cesare Levi ist viel um die Welt gereist, absolvierte ein Ingenieursstudium und hatte besondere Vorliebe für Musik. Die Mutter, Ester Luzatti, war siebzehn Jahre jünger als ihr Ehemann, sprach noch den jüdisch-piemontesischen Dialekt und liebte Literatur sowie Musik. Beide der Eltern sind gegen den Faschismus. Allerdings hat diese Haltung nicht in den politischen Motiven ihre Ursache. Der Vater bezeichnete Faschisten einfach als oberflächlich. Er ist „zu seinem Glück“ 1942 am Magenkrebs gestorben, denn die maßlose Vernichtung der Juden hätte er nicht überlebt.[3] Am 27. Januar 1921 kam die kleine Schwester Anna Maria zur Welt. Sie wird allerdings nur ganz selten in den Werken von Primo Levi erwähnt aus Angst, die nächsten Verwandten zu verletzen.

Vom sechsten bis zum elften Lebensjahr (1925 – 1930) besuchte Primo Levi die Grundschule in der hinter ihrem Haus gelegenen Via Massena. Mit elf verliebte er sich zum ersten Mal in ein kleines, neunjähriges Mädchen Lidia. Primo war sehr schüchtern, traute sich nicht, seine Gefühle zu zeigen, hat Lidia aber öfters Briefmarken für ihre Sammlungen geschenkt, deren Urheber er übrigens selber war. Diese Liebe wird in „Liebe aus dem Baukasten“ von Levi selber beschrieben.

1934 wurde Primo Levi ein Jahr lang zu Hause unterrichtet als Vorbereitung auf das Gymnasium. Er war ein zurückhaltender und fleißiger Schüler, und doch langweilte ihn das humanistische Gymnasium faschistischer Prägung etwas. 1937 nahm Primo Levi sein Studium am chemischen Institut auf. Dabei fühlte er sich wie befreit. Das Chemiestudium war für ihn „eine Insel der Vernunft inmitten des faschistischen Wahnsinns“.[4] Auch der Professor war dem Student sympathisch. „Die klare strenge seiner Vorlesungen gefiel mir… Ich schätze seine beiden Lehrbücher“, schreibt Levi in „Das Periodische System“.[5]

Nach 1941 arbeitete Primo Levi zunächst für zwei Jahre als Industriechemiker in Mailand.[6] Das bedeutete für ihn das Ende der Isoliertheit, der Einsamkeit und der Ohnmacht, denn Levi war nicht der einzige Turiner Jude, der hier Arbeit fand. Hier schließt er sich am 9. September 1943 einer Widerstandsbewegung an, die gegen die deutschen Truppen in Norditalien kämpfte. „Wir froren und hungerten, wir waren die wehrlosesten Partisanen im ganzen Piemont, und wahrscheinlich auch die naivsten. Wir wähnten uns in Sicherheit…; aber jemand verriet uns, und im Morgengrauen des 13. Dezember 1943 erwachten wir, umzingelt von Truppen der Republik.“[7] Viele von seinen Freunden wurden ermordet oder hingerichtet. Levi selber wurde gefangen genommen und ins Konzentrationslager Auschwitz deportiert. Nach der Befreiung im Januar 1945 und einer anschließenden neunmonatigen Irrfahrt, die ihn bis weit in die Sowjetunion und dann durch Rumänien und Ungarn über Wien und München führte, kam Primo Levi am Morgen des 19. Oktober 1945 am Bahnhof Porta Nuova in Turin an. Seine Familie blieb von der Massenvernichtung verschont, allerdings gab es keine Bewunderung oder Freude bezüglich seiner Rückkehr. Es schien so, als ob keiner mehr mit ihm gerechnet und sich damit abgefunden hätte. Aber Levi selber war beruhigt. „Der innere Traum, der Traum vom Frieden, ist nun zu Ende.“[8] Von 1947 bis 1974 war Levi wieder als Chemiker für die Industrie tätig. Seinen Beruf übte er mit Hingabe aus, er fühlte sich wie ein Gott im Labor, ein Schöpfer. Im September 1947 heiratete er Lucia Morpurgo. Aus dieser gegenseitigen Liebe, für die er Lucia sehr dankbar war, schöpfte der Schriftsteller neue Energie um zu schreiben. Aus der Ehe gingen zwei Kinder hervor (Lisa und Renzo). Die Tochter Lisa Lorenze wurde 1948 geboren. Ihr zweiter Vorname wurde ihr zur Erinnerung an Lorenzo Perrone gegeben, der ihm in Auschwitz das Leben gerettet hatte, indem er ihm sechs Monate täglich einen Napf Suppe brachte.

Im März 1987 erfährt Primo Levi mit Bestürzung, dass er sich einer Prostataoperation unterziehen muss. Nun beginnt auch für ihn der Zyklus der Krankheit und der ersten Alterserscheinungen. Im Krankenhaus erlaubt Levi nur den Besuch seinen engsten Freunden und Verwandten. Als der Kranke genesen ist, kommt er nach Hause, hat aber dennoch Angst vor den Folgen der Operation und Schmerzen.

Am Samstag, den 11. April um zehn Uhr, klingelt die Concierge des Hauses, wie jeden Morgen bei Levi, um ihm seine Post zu bringen. Er ist allein mit seiner krebskranken Mutter. Lucia ist ausgegangen, um Besorgungen zu machen. Die Concierge bemerkt nichts Ungewöhnliches an Levis Verhalten. Wenige Minuten nachdem sie wieder in ihrer Loge ist, hört sie einen furchtbaren, dumpfen Krach. Sie kommt heraus und sieht hinter dem Aufzugsschacht den blutigen und zerschmetterten Körper von Primo Levi. Ein paar Minuten später kommt Lucia Levi vom Einkaufen nach Hause und sieht den Leichnam ihres Mannes unten an der Treppe liegen.[9]

„Ist das ein Mensch?“

Die Entstehung

Primo Levi hat schon im Konzentrationslager angefangen, das Buch zu schreiben, als er neben weiteren zwei Häftlingen fürs Labor ausgesucht wurde und Möglichkeit zum Schreiben hatte. Allerdings konnte Levi seine Aufzeichnungen nicht aufbewahren, da sie ihm das Leben hätten kosten können. Unmittelbar nach der Befreiung begann der Schriftsteller wieder, seine Erlebnisse aufs Papier zu bringen. „Ich schrieb sogar in der Bahn, auf der Strecke zwischen Turin und Avigliana, wo ich in einer Fabrik arbeitete. Ich schrieb nachts und in der Mittagspause: fast das ganze Kapitel `Der Gesang des Odysseus` habe ich in der halben Stunde zwischen zwölf Uhr dreißig und ein Uhr geschrieben. Ich war ständig in einer Art Trance.“[10] Zu dem Buch „Ist das ein Mensch?“ hatte Primo Levi ein besonderes Verhältnis. Nicht nur, weil das Leben im Lager ein besonderes Ereignis war, das ihn zutiefst verändert und ihm Reife gegeben hat. Nicht nur, weil das Buch diese seine persönlichen Erinnerungen, seine Erlebnisse und seinen Schmerz schildert. Es ist viel mehr. Mit „Ist das ein Mensch?“ hat Primo Levi sein Lebensziel erfüllt. In einem längeren Gespräch mit Carlo Paladini[11] erklärt er, dass er das Buch „für die Deutschen geschrieben“ habe. „Weil sie Partei waren in dem Prozess. Wer war der Angeklagte? Ich war ein Zeuge, aber wer war der Angeklagte? Ich betrachte dieses Buch als ein Gerichtsprotokoll. Ich fühlte mich als Zeuge.“ Und so hat Primo Levi sein Zeugnis abgelegt, er hat das deutsche Volk seine Stimme hören lassen und denen, die ihm wehgetan haben, „geantwortet“. Nachdem das Buch in die deutsche Sprache übersetzt wurde, kam er sich vor, wie ein Vater, dessen Kind volljährig geworden ist und fortgeht; und man kann sich nicht mehr um es kümmern.[12] Aber nicht mal dann konnte Primo Levi sagen, dass er die Deutschen verstanden habe. „Und was man nicht verstehen kann, bildet eine schmerzhafte Leere, ist ein Stachel, ein dauernder Drang, der Erfüllung fordert. Ich hoffe, dass dieses Buch einigen Widerhall in Deutschland findet: nicht nur aus Ehrgeiz, sondern weil mir die Natur des Widerhalls vielleicht erlauben wird, die Deutschen besser zu verstehen und diesen Drang zu beschwichtigen“[13].

Die Veröffentlichung

„Ist das ein Mensch?“ ist ein autobiographischer Bericht, der das Jahr von Februar 1944 bis zum 27. Januar 1945 dokumentiert. In 17 Kapiteln schildert Primo Levi einzelne Erlebnisse dieser Zeit, etwa die Fahrt nach Auschwitz, die Ankunft, den Alltag, die Arbeit, aber vor allem das Verhalten der Häftlinge[14]. Aus einem Interview mit Nico Orengo in „La Stampa“ vom 1. Juni 1985[15] ergibt sich, dass diese 17 Kapitel zuerst eigene Erzählungen waren, die nur insoweit zusammenhingen, dass darin die Erinnerungen vom KZ geschildert waren. Erst später wurde der Schriftsteller von seinen Freunden dazu überredet, die Lektüre „abzurunden“ und zu einem Buch umzugestalten, was im Jahre 1947 auch geschah. Man kann nicht sagen, dass dieses Buch eine Art von Popularität genießen konnte, sogar im Gegenteil. Nach der Vorstellung von „Ist das ein Mensch?“ bei dem damals berühmten und viel versprechenden Verlag Einuadi wurde die Ausgabe abgelehnt. Das Thema sei nicht interessant, war das Argument. Dafür hat sich der Verlag De Silva bereit erklärt, 2500 Exemplaren von dem Buch herauszubringen, von denen allerdings nur 1400 verkauft wurden. 1951 ging De Silva im Verlag La Nuova Italia auf, welche die Neuauflage von „Ist das ein Mensch?“ abgelehnt hat. Zum Glück gab es zu der Zeit eine Ausstellung über die Deportation, die Interesse geweckt hatte. Daher sprach Primo Levi 1955 erneut bei Einaudi vor, diesmal mit Erfolg. Die neue Fassung, die heute in mindestens neun Sprachen übersetzt und in Italien damals eine halbe Million Auflage überschritten hat, ist etwa dreißig Seiten länger als die Erstfassung.

[...]


[1] Levi Das periodische System S. 7

[2] Belpoliti S. 36

[3] Anissimow S. 34

[4] Anissimov S. 62

[5] Levi DPS S. 35

[6] www.home.eduti.at

[7] Levi DPS S. 140 f.

[8] Levi AP S. 238

[9] Anissimow S. 561

[10] Belpoliti S. 88: Aus dem Interview mit Rita Caccamo De Luca und Manuela Olagnero in „Mondo Operaio“ Nr. 3, März 1984 Belpoliti S. 88

[11] Belpoliti S. 88 : A colloquio con Primo Levi (Im Gespräch mit Primo Levi), in: Lavoro, criminalità, alienazione mentale, hg. Von P. Sorcinelli, Il Lavoro Editoriale, Ancona 1987

[12] Aus einem Brief Primo Levis an den Übersetzer; Levi „Ist das ein Mensch?“ S.7

[13] Levi, „Ist das ein Mensch?“ S.8

[14] www.friedenspaedagogik.de

[15] siehe in Belpoliti S. 87 f.

Fin de l'extrait de 25 pages

Résumé des informations

Titre
Primo Levi (1919 - 1987) und sein Buch "Ist das ein Mensch?"
Université
University of Rostock  (Juristische Fakultät)
Cours
Auschwitz-Seminar
Note
12 Punkte
Auteur
Année
2004
Pages
25
N° de catalogue
V27313
ISBN (ebook)
9783638293969
Taille d'un fichier
502 KB
Langue
allemand
Mots clés
Primo, Levi, Buch, Mensch, Auschwitz-Seminar
Citation du texte
Natallia Dabergott, geb. Bilyk (Auteur), 2004, Primo Levi (1919 - 1987) und sein Buch "Ist das ein Mensch?", Munich, GRIN Verlag, https://www.grin.com/document/27313

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