War er ein Tier, daß ihn Musik so ergriff?
Es ist der zum „ungeheuren Ungeziefer“ entstellte Gregor Samsa, der sich diese Frage gegen Ende seines Lebens stellt, und der überdies gar noch glaubt, im Geigenspiel der Schwester, der Kunst also, den „Weg zu der ersehnten unbekannten Nahrung“ zu erblicken. Doch die Frage nach dem Unterschied zwischen Tier und Mensch verschiebt sich nur scheinbar auf das Violinenspiel, wird sie doch sogleich vom Wunsch Gregors nach dem Besitz der Schwester, der (auch sexuell konotierten) bedingungslosen Alleinherrschaft mehr über die Schwester als deren Spiel überlagert. Expliziter noch fragt Franz Kafka im Prozeß nach der Existenzmöglichkeit und –berechtigung der Kunst und des Künstlers, hier in der Figur des Malers Titorelli. Dieser nun lebt in einer Zwischenwelt, die sowohl lasterhaftanrüchige Privatheit, als auch die von ihm als exponiert wahrgenommene Stellung als Schöpfer von Richterportraits umfasst, ein Posten allerdings, dessen Kehrseite die nur noch verkümmert vorhandene Fähigkeit zur autonomen Kunstproduktion ist, ein Umstand, der sich in der Anfertigung von zum Vertauschen ähnlichen düsteren Heidelandschaften, die verstaubt unter dem Bett lagern, versinnbildlicht. Zur Hauptfigur wird der Kunstschaffende, sieht man vom Künstler-Affen Rotpeter aus dem Bericht für eine Akademie und der Kunstreiterin aus dem Stück Auf der Galerie einmal ab, allerdings erst in drei der vier Erzählungen des Sammelbandes Ein Hungerkünstler. In ihnen reflektiert Kafka nicht nur das Verhältnis des Künstlers zu seinem Publikum, sondern auch die Frage nach der grundsätzlichen Situation der Kunst, die für ihn als Dichter zunächst auch eine sehr persönliche war.
Inhaltsverzeichnis
- Kafka und Mann - Kunst und Künstler im literarischen Werk und in der zeitgeschichtlichen Reflexion
- Kunst und Künstler in Franz Kafkas „Josefine oder das Volk der Mäuse“
- Gesang oder Pfeifen? - Die Kunst Josefines
- „...praktische Schlauheit [...] halten wir für unsern größten Vorzug“ - Das Volk in Josefine, die Sängerin
- Auch ein Künstler? – Die Erzählerfigur in Josefine, die Sängerin
- Kunst und Künstler in Thomas Manns „Mario und der Zauberer“
- Der Erzähler
- Die Kunst Cipolla
- Kunst am Nullpunkt? – Ein Vergleich.
Zielsetzung und Themenschwerpunkte
Dieser Text untersucht die Darstellung von Kunst und Künstlern in Franz Kafkas „Josefine, die Sängerin oder Das Volk der Mäuse“ und Thomas Manns „Mario und der Zauberer“. Ziel ist es, die unterschiedlichen Perspektiven beider Autoren auf das Verhältnis von Kunst und Gesellschaft zu analysieren und dabei insbesondere die Frage nach der Existenzmöglichkeit und -berechtigung der Kunst im 20. Jahrhundert zu beleuchten.
- Die Rolle des Künstlers in der Gesellschaft
- Die Frage nach der Autonomie und dem Selbstverständnis der Kunst
- Der Einfluss der zeitgeschichtlichen und politischen Situation auf die Kunst
- Die Beziehung zwischen Künstler und Publikum
- Die Grenzen und Möglichkeiten der Kunst im 20. Jahrhundert
Zusammenfassung der Kapitel
Kafka und Mann - Kunst und Künstler im literarischen Werk und in der zeitgeschichtlichen Reflexion
Dieses Kapitel setzt sich mit der Frage auseinander, wie Franz Kafka und Thomas Mann in ihren Werken mit dem Thema „Kunst und Künstler“ umgehen. Es werden sowohl die literarischen Werke als auch die zeitgeschichtlichen Reflexionen der beiden Autoren in Bezug auf das Verhältnis von Kunst und Gesellschaft untersucht.
Kunst und Künstler in Franz Kafkas „Josefine oder das Volk der Mäuse“
Dieses Kapitel analysiert die Darstellung von Kunst und Künstler in Franz Kafkas Erzählung „Josefine, die Sängerin oder Das Volk der Mäuse“. Es wird insbesondere auf die Frage eingegangen, wie Kafkas Erzählung das Verhältnis von Kunst und Gesellschaft in einer fragmentierten und komplexen Welt darstellt.
Kunst und Künstler in Thomas Manns „Mario und der Zauberer“
Dieses Kapitel widmet sich der Darstellung von Kunst und Künstler in Thomas Manns Novelle „Mario und der Zauberer“. Es untersucht, wie Manns Werk das Verhältnis von Kunst und Gesellschaft in Zeiten gesellschaftlicher Umbrüche und politischer Konflikte beleuchtet.
Schlüsselwörter
Die zentralen Schlüsselwörter des Textes sind: Kunst, Künstler, Gesellschaft, Autonomie, Selbstverständnis, Verhältnis, Kritik, Zeitgeschichte, Politik, Franz Kafka, Thomas Mann, Josefine, die Sängerin oder Das Volk der Mäuse, Mario und der Zauberer.
- Quote paper
- Kathleen Niebl (Author), 2004, Kunst am Nullpunkt? Zum Problem des Künstlers und der Kunst in Franz Kafkas "Josefine, die Sängerin oder Das Volk der Mäuse" und Thomas Manns "Mario und der Zauberer", Munich, GRIN Verlag, https://www.grin.com/document/27320