Mit dem beginnenden Zerfall der UdSSR spalteten sich die Teilstaaten nacheinander ab und erklärten sich für unabhängig. Ihre darauf folgende politische Entwicklung verlief sehr unterschiedlich. Einige Länder, unter ihnen zum Beispiel Polen oder Tschechien, wendeten sich in der posttotalitären Zeit der demokratischen Denkweise zu und können sich heute als Demokratien bezeichnen. Weißrussland hingegen schlug einen ganz anderen Weg ein. Heute wird Weißrussland oft als die letzte Diktatur Europas bezeichnet (siehe Rother 2008), da es sehr starke anti-demokratische Züge aufweist und auch keine Transformation in naher Zukunft abzusehen ist. Nach der Unabhängigkeitserklärung am 24. August 1991 und dem Wahlerfolg Lukaschenkos im Jahr 1994 begann der Weg hin zu einem autoritär ausgerichteten Staat. Somit erscheint die Betrachtung Weißrusslands unter analytischen Aspekten um herauszufinden, inwiefern sich Weißrussland als ein autoritäres System einordnen lässt. Im Mittelpunkt der Analyse stehen die drei Gewalten, die politischen Akteure, sowie die Medien, um zu sehen, inwieweit sie durch die politische Herrschaft beeinflusst werden.(...)
Juan Linz (2000) beschäftigte sich erstmals intensiv mit den Ausprägungen autokratischer Systeme und schuf Merkmale, die zur Identifizierung von Staaten als autoritärem beziehungsweise totalitärem System beitrugen. Auch Wolfgang Merkel (2010) beschäf-tigte sich mit diesen und versucht anhand von sechs Kriterien politische Systeme vonei-nander abzugrenzen. Diese sechs Herrschaftskriterien werden die theoretische Basis der Hausarbeit bilden.
Im zweiten Kapitel wird die theoretische Grundlage vorgestellt. Es werden die sechs Herrschaftskriterien von Wolfgang Merkel, sowie kurz die Kriterien nach Juan Linz, beschrieben und die notwendigen Konfigurationen aufgezeigt, um einen Staat als autori-tär bezeichnen zu können und ihn von Demokratien und totalitären Systemen abgrenzen zu können. Das dritte Kapitel befasst sich mit dem politischen System Weißrusslands und zeigt die verfassungsrechtliche Grundlage auf. Im vierten Kapitel wird analysiert, inwiefern sich Weißrussland als autoritäres System bezeichnen lässt, indem die sechs Herrschaftskriterien konkret auf die politische Realität in Weißrussland angewandt wer-den, um die Ausgangsfragestellung beantworten zu können. Abschließend wird in Kapitel 5 ein Fazit gezogen, in dem die Erkenntnisse der vorherigen Kapitel zusammengefasst werden.
Inhaltsverzeichnis
- Einleitung
- Autoritäre Systeme
- Juan Linz's Definition autoritärer Regime
- Herrschaftskriterien nach Wolfgang Merkel
- Zusammenfassung und Anwendung auf autoritäre Systeme
- Das politische System Weißrusslands
- Merkels Herrschaftskriterien am Fallbeispiel Weißrusslands
- Präsidiale Machtvertikale, „Scheinparlament" und die abhängige Judl- kative
- Legitimation durch manipulierte Wahlen und sowjetische Denkweise
- Medien
- Fazit
- Literaturverzeichnis
Zielsetzung und Themenschwerpunkte
Die Hausarbeit analysiert das politische System Weißrusslands, um zu untersuchen, inwiefern es als autoritäres System eingestuft werden kann. Sie verwendet die sechs Herrschaftskriterien von Wolfgang Merkel, die in der Arbeit ausführlich vorgestellt werden, als analytisches Werkzeug. Die Arbeit betrachtet die drei Gewalten, die politischen Akteure und die Medien, um zu analysieren, inwieweit diese von der politischen Herrschaft beeinflusst werden.
- Herrschaftskriterien nach Wolfgang Merkel
- Das politische System Weißrusslands
- Die Rolle der Medien
- Die Legitimation der Herrschaft Lukaschenkos
- Die Einschränkung von Menschen- und Bürgerrechten
Zusammenfassung der Kapitel
Die Einleitung führt in die Thematik ein und stellt die Fragestellung der Arbeit vor. Sie erläutert die Bedeutung der Analyse von Weißrussland als autoritäres System im Kontext der Transformationsprozesse nach dem Zerfall der UdSSR.
Kapitel 2 stellt die theoretische Grundlage der Arbeit dar. Es werden die sechs Herrschaftskriterien von Wolfgang Merkel, sowie die Definition autoritärer Regime nach Juan Linz, vorgestellt. Die Kriterien dienen als Grundlage für die Einordnung von politischen Systemen und die Unterscheidung von Demokratien, autoritären und totalitären Systemen.
Kapitel 3 befasst sich mit dem politischen System Weißrusslands und zeigt die verfassungsrechtliche Grundlage auf. Es werden die Entwicklungen nach der Unabhängigkeitserklärung 1991 und die Entstehung eines präsidialen Regierungssystems mit einem starken Präsidenten beschrieben. Die Arbeit analysiert die Verfassung von 1994 und ihre demokratischen Elemente sowie die Veränderungen, die durch Referenden und Verfassungsänderungen erzielt wurden.
Kapitel 4 analysiert, inwiefern sich Weißrussland als autoritäres System bezeichnen lässt. Es werden die sechs Herrschaftskriterien von Wolfgang Merkel konkret auf die politische Realität in Weißrussland angewandt. Die Arbeit analysiert die präsidiale Machtvertikale, die Rolle des „Scheinparlaments" und die Abhängigkeit der Judikative. Sie untersucht die Legitimation der Herrschaft Lukaschenkos durch manipulierte Wahlen und die Nutzung sowjetischer Denkweisen. Außerdem betrachtet die Arbeit die Rolle der Medien und die Einschränkungen von Meinungs- und Pressefreiheit.
Schlüsselwörter
Die Schlüsselwörter und Schwerpunktthemen des Textes umfassen den autoritären Staat, die Herrschaftskriterien nach Wolfgang Merkel, das politische System Weißrusslands, die Präsidiale Machtvertikale, die Legitimation der Herrschaft, manipulierte Wahlen, die sowjetische Denkweise, die Medienkontrolle, die Einschränkung von Menschen- und Bürgerrechten und die Abgrenzung von autoritären und totalitären Systemen.
- Arbeit zitieren
- Malte Blechschmidt (Autor:in), 2012, Weißrussland. Die letzte Diktatur Europas?, München, GRIN Verlag, https://www.grin.com/document/273276