Jakob Michael Reinhold Lenz, ein bedeutender Repräsentant des Sturm und Drang thematisiert in seinem Werk „Die Soldaten“ die soziale Ungleichheit innerhalb der Gesellschaft zu seiner Gegenwart sowie die sexuellen Machtverhältnisse, denen bürgerliche Mädchen ausgesetzt waren.
In meiner Hausarbeit werde ich zunächst einen kurzen Einblick zum Topos der Verführung im bürgerlichen Trauerspiel geben, da das Thema der Verführung das zentrale Thema zur Zeit des 18. Jahrhunderts darstellt. Als nächstes werde ich herausarbeiten, inwiefern Marie Wesener, ein Mädchen von bürgerlicher Herkunft, die nach Autonomie strebt, ihre ersehnte Freiheit nach Autonomie verwirklichen kann und welche Grenzen aufgrund der gesellschaftlichen Umstände bestehen bleiben. Darauf folgt ein Einblick in die Genieästhetik von Lenz, der als Sturm und Dränger in seiner Tragikomödie die handelnden, schöpferischen und individualisierten Charaktere im Zentrum stehen lässt. Marie Wesener repräsentiert die Strömung des Sturm und Drang. An dieser Stelle werde ich auf die Merkmale, die Marie als Vertreterin der Genieästhetik kennzeichnet, eingehen. Aufgrund der Verobjektivierung Maries', zu der ich in dieser Hausarbeit Stellung nehmen werde, kann ihr Drang zur Individualisierung nicht erfolgen. Hier werde ich Bezug auf das Verhältnis zwischen Marie und den Soldaten sowie auf das Verhältnis zwischen Marie und ihrem Vater nehmen, das ausschlaggebend dafür ist, dass Marie keine Chance hat, eigenständig als Subjekt zu agieren. Danach werde ich erörtern, inwiefern Marie als schuldig oder unschuldig zu betrachten ist. Es soll geklärt werden, inwiefern sie ein selbstverschuldetes Opfer der Verführungskünste von den Soldaten ist und wie Lenz als Sturm und Dränger auf diese Position Bezug nimmt. Inwieweit entspricht Marie tatsächlich dem Motiv der „verführten Unschuld“? Am Ende der Hausarbeit wird eine abschließende Zusammenfassung der Analyseergebnisse folgen.
Inhaltsverzeichnis
- Einleitung
- Bild der Weiblichkeit
- Autonomiestreben versus Determination
- Lenz' Genieästhetik
- Marie als Repräsentantin der Genieästhetik
- Verobjektivierung Maries - Das bürgerliche Mädchen als Objekt der Triebbefriedigung
- Maries Schuld oder Unschuld — „Marie als Engel oder Hure"
- Schluss
- Literaturverzeichnis
Zielsetzung und Themenschwerpunkte
Die Hausarbeit befasst sich mit Jakob Michael Reinhold Lenz' Werk „Die Soldaten" und analysiert die Darstellung der sozialen Ungleichheit, der sexuellen Machtverhältnisse und des Strebens nach Autonomie im Kontext des bürgerlichen Trauerspiels und der Genieästhetik des Sturm und Drang.
- Das Bild der Weiblichkeit im 18. Jahrhundert und die Stereotypen Heilige/Hure
- Die Genieästhetik von Lenz und die Forderung nach Autonomie und Individualität
- Die Verobjektivierung Maries durch die Soldaten und die Auswirkungen auf ihr Streben nach Selbstverwirklichung
- Die Schuldfrage der verführten Marie und die verschiedenen Perspektiven auf ihre Rolle
- Die Kritik an den gesellschaftlichen Verhältnissen und dem patriarchalen System
Zusammenfassung der Kapitel
Die Einleitung stellt das Thema der Verführung im bürgerlichen Trauerspiel des 18. Jahrhunderts vor und gibt einen Überblick über die zentralen Punkte der Hausarbeit. Sie beleuchtet das Streben Maries nach Autonomie, die Genieästhetik von Lenz und die Verobjektivierung Maries durch die Soldaten.
Das Kapitel „Bild der Weiblichkeit" untersucht die gängigen Stereotypen des bürgerlichen Trauerspiels, die Frauen auf die Extreme Heilige/Hure reduzieren. Lenz' Werk „Die Soldaten" bricht mit dieser Tradition, indem Marie den Tod nicht für ihre „Sünden" findet, sondern zur Hure wird.
Im Kapitel „Autonomiestreben versus Determination" wird Lenz' Genieästhetik im Kontext des Sturm und Drang beleuchtet. Lenz fordert die Autonomie des Künstlers und die Individualität seiner Figuren. Die Analyse zeigt, dass die Figuren in „Die Soldaten" jedoch durch die gesellschaftlichen Umstände determiniert sind und nicht autonom handeln können.
Das Kapitel „Verobjektivierung Maries - Das bürgerliche Mädchen als Objekt der Triebbefriedigung" beleuchtet die skrupellose Verführung Maries durch die Soldaten. Desportes, ein Offizier, der Marie zunächst als „gutes Gemüt" erscheint, macht sie zum Objekt seiner Begierde und behandelt sie als Objekt seiner Triebe. Die Soldaten werden als rücksichtslose Menschen dargestellt, die keine Empathie empfinden und das bürgerliche Mädchen als Mittel zur Befriedigung ihrer sexuellen Bedürfnisse betrachten.
Das Kapitel „Maries Schuld oder Unschuld — „Marie als Engel oder Hure"“ analysiert die Schuldfrage der verführten Marie. Die verschiedenen Perspektiven auf ihre Rolle werden beleuchtet, wobei die Frage im Vordergrund steht, ob Marie als unschuldiges Opfer der Soldaten oder als Opfer ihrer eigenen Naivität und ihres Strebens nach Autonomie zu betrachten ist.
Schlüsselwörter
Die Schlüsselwörter und Schwerpunktthemen des Textes umfassen das bürgerliche Trauerspiel, die Genieästhetik, das Sturm und Drang, die soziale Ungleichheit, die sexuellen Machtverhältnisse, die Verführung, die Autonomie, die Individualität, die Verobjektivierung, die Schuldfrage, die Weiblichkeit, die Stereotypen Heilige/Hure, das patriarchale System und die Kritik an den gesellschaftlichen Verhältnissen.
- Arbeit zitieren
- Nadia Müller (Autor:in), 2012, Maries Scheitern in ihrer Selbstverwirklichung in den "Soldaten" von Jakob Michael Reinhold Lenz, München, GRIN Verlag, https://www.grin.com/document/273516