Der Nahostkonflikt scheint eine nicht enden wollende Auseinandersetzung zu sein, die gleichwohl internationale wie transnationale Staatengemeinschaften immer wieder aufs Neue beschäftigt. So ist nicht nur die Länge dieses andauernden Konflikts bemerkenswert, auch die fortdauernden Anstrengungen, Lösungswege zu suchen, sind wohl in ihrer Zeitspanne genau so alt wie die nahöstliche konfliktive Auseinandersetzung selbst. Staaten, Nichtregierungsorganisationen sowie UN-nahe Friedensorgane und die UN selbst planen Friedensabkommen, versuchen jeweils – auch und gerade in Israel und Palästina selbst – Menschen zusammenzuführen, die gleichsam gegenteilige Schicksalsschläge erleiden mussten, Angehörige also von Opfern und Tätern darstellen, um eine zumindest minime Reputations- und Vertrauensbasis zu generieren. Die Vehemenz dieser Organisationen, Frieden mittels „Roadmaps“ sowie theoretischen Plänen herbeiführen zu wollen, war mithin von gravierenden Rückschlägen geprägt. Einerseits nahm die eine oder andere Seite ihre Versprechungen zur Beilegung des Konflikts mit friedlichen Mitteln wieder zurück, andererseits sahen sich internationale Organisationen mit dem Vorwurf konfrontiert, sie mischten sich in innere Angelegenheiten ein, die nur von den jeweiligen involvierten Stellen gelöst werden könnten. Die neuerlichen in der Knesset wohl noch zu behandelnden Anträge, wonach Nichtregierungsorganisationen bei – wie auch immer gearteten – israelkritischen Äusserungen ihr Aufenthaltsrecht verwirkten und neuerdings ihrer jurisdiktiven Immunität beraubt sähen, stellen insgeheim neue Konstellationen dar, mit denen Israel auch die Begrifflichkeit der Sicherheit weitestgehend neu zu definieren scheint. So scheinen die Friedensabkommen und -pläne in nunmehr vierundsechzig Jahren das gleiche Schicksal zu erleiden, wie der Nahostkonflikt selbst: Sie repräsentieren gleichsam augenscheinlich die Wirkungslosigkeit beteiligter ansonsten durchaus wirkmächtiger Organisationen, wenn es darum geht, diesen zum perpetuum mobile verkommenen Konflikt in gewaltlose Dimensionen zu lenken. So soll in diesem Kurzessay die Frage erörtert werden, ob nicht radikal neue Ideen diese Spirale des unaufhörlichen „Entweder-oder-Konflikts“ zu lösen im Stande sind. Augenscheinlich sind bisher alle Versuche, der Zweistaatenlösung vollständige theoretische wie praktische Grundlagen zu bieten, mitunter sowohl am Rückkehrrecht der Palästinenser wie auch am Siedlungsbau Israels spektakulär gescheitert.
Inhaltsverzeichnis
- Einleitung
- I. I. Fragestellung
- Hauptteil
- 2. I. Wegfall des ökonom ischen Ost- West- Gefälles als Chance
- 2.2. Die binationale Einstaa tenlösung in der po litisehen D imension
- 2.3. Die Rolle der Religion im Einstaatengeflech t
- Schlussteil
- 3. I. Problemfelder und Hoffnungen
Zielsetzung und Themenschwerpunkte
Der Essay untersucht die binationale Lösungsstrategie als möglichen Weg zur Bewältigung des Nahostkonflikts. Er analysiert die veränderten geopolitischen Rahmenbedingungen, die die binationale Lösung als Option wieder in den Vordergrund rücken könnten, und untersucht die politischen und rechtlichen Aspekte der Einstaatenlösung. Darüber hinaus wird die Rolle der Religion im Kontext einer binationalen Lösung im Detail beleuchtet.
- Veränderte geopolitische Konstellationen und ihre Auswirkungen auf den Nahostkonflikt
- Die binationale Einstaatenlösung als politisches und rechtliches Konzept
- Die Rolle der Religion im Kontext einer binationalen Lösung
- Problemfelder und Hoffnungen im Hinblick auf eine binationale Lösung
- Der Einfluss des arabischen Frühlings auf die Konfliktlösung
Zusammenfassung der Kapitel
Die Einleitung stellt die Fragestellung des Essays vor und beleuchtet die bisherige Wirkungslosigkeit von Friedensabkommen und -plänen im Nahostkonflikt. Der Schwerpunkt liegt dabei auf der Frage, ob radikal neue Ideen, wie die binationale Lösung, den Konflikt lösen können.
Der Hauptteil analysiert zunächst den Wegfall des ökonomischen Ost-West-Gefälles als Chance für die binationale Lösung. Die veränderten hegemonialen Machtverhältnisse und die neue Rolle von China im internationalen Staatengefüge werden als Faktoren betrachtet, die die USA zu einer konsenstätigeren Politik im Nahostkonflikt zwingen könnten. Im Anschluss wird die binationale Einstaatenlösung in ihrer politischen Dimension beleuchtet. Es werden die notwendigen territorialen Anpassungen und die Bedeutung einer neuen Verfassung für die Gleichbehandlung aller Bürger im binationalen Staat diskutiert. Die Rolle der Religion im Einstaatengeflecht wird im dritten Kapitel des Hauptteils behandelt. Die Bedeutung einer strikten Trennung von Religion und Staat für die Funktionsfähigkeit einer Demokratie wird hervorgehoben. Die freie Religionsausübung unter staatlicher Neutralität wird als wesentlicher Bestandteil einer toleranten und friedlichen Gesellschaft angesehen.
Schlüsselwörter
Die Schlüsselwörter und Schwerpunktthemen des Textes umfassen den Nahostkonflikt, die binationale Lösung, die Einstaatenlösung, die Rolle der Religion im Staat, die geopolitischen Machtverhältnisse, den arabischen Frühling und die Bedeutung von Humanismus und Aufklärung für die Konfliktlösung.
- Arbeit zitieren
- Master of Arts UZH Roman Weber (Autor:in), 2012, Der binationale Lösungsweg als Versuch einer Bewältigung des Nahostkonflikts, München, GRIN Verlag, https://www.grin.com/document/273626