Leseprobe
Inhaltsverzeichnis
1. Einleitung
2. Allgemeine arbeitsvertragliche Aspekte
3. Entsendungs- und Versendungsmodell
4. Das internationale Arbeitsrecht
5. Rom I
5.1 Inhalt
5.2 Praktische Bewertung der EU-Verordnung
6. Schlussbemerkung
7. Literaturverzeichnis
1. Einleitung
Auslandsentsendungen sind aus unserem gegenwärtigen Globalisierungsprozess nicht mehr wegzudenken. Es betrifft besonders Fach- und Führungskräfte, welche als Entsandte die Aufgaben eines Unternehmens oder einer Organisation wahrnehmen. Doch auch Manager die in interkulturellen Teams zusammenarbeiten, Repräsentanten welche internationale Kontakte pflegen und Stammorganisationen im Heimatland, welche im Residenzland ausländische Tochter- oder Partnerorganisationen betreuen, kommen mit ihnen in Berührung. Der Fokus dieser Belegarbeit liegt jedoch besonders auf den Expatriates. Dies sind Arbeitnehmer welche meist für etwa drei Jahre in einem Residenzland bleiben, wodurch es zu einem einer speziellen Einsatzvor- und Nachbereitung bedarf und zum anderen die Gestaltung des Arbeitsvertrages einige Herausforderungen beinhaltet, welche ein Human Ressource Manager in einem international tätigen Unternehmen kennen sollte.[1]
Die EU nahm sich dieser Herausforderung an. Denn ein Kerngedanke der EU ist es u.a. die Wirtschaft zu fördern, in dem Hürden des Personen-, Dienstleistungs- und Warenverkehrs gemindert werden. Dies ist wichtig um einen gemeinsamen Binnenmarkt zu schaffen, von dem alle EU-Bürger Vorteile haben sollen[2].
Doch für den einzelnen EU-Bürger kann der volkswirtschaftliche Gewinn im Ganzen unter Umständen nachteilig sein. Der Wettbewerb könnte steigen, was für den einen oder anderen Unternehmer unerwartete Risiken birgt und ebenso könnten sich Arbeitsbedingungen ändern. Möglicherweise verlieren sogar einzelne Arbeitnehmer dadurch ihre Stelle.[3] Zur Verwirklichung der Dienstleistungsfreiheit und des fairen Wettbewerbs gehört auch der Schutz der Arbeitnehmer[4]. Dieser sollte in einem Arbeitsvertrag, welcher sich auf einen rechtlichen Rahmen stützt, verankert sein. Doch bei Expatriates greift der herkömmliche Arbeitsvertrag eines Nationalstaates nicht ohne weiteres. Die Ursachen dafür und die Abhilfe dessen sollen auf den nachfolgenden Seiten behandelt werden. Neben dem Arbeitsrecht im Privatrecht, soll außerdem das Europarecht im öffentlichen Recht angesprochen werden, um so die Entwicklung der Rom I Verordnung analysieren zu können. Ziel ist es, die Hintergründe für einen Arbeitsvertrag für Expatriates zu verstehen, um wohlmögliche Erkenntnisse daraus zu ziehen, welche hilfreich für das zukünftige Recht sein könnten.
2. Allgemeine arbeitsvertragliche Aspekte
Ein Arbeitsvertrag ist ein Austauschvertrag aus dem Privat- und Schuldrecht, zwischen Arbeitnehmer und -geber. Hierdurch entstehen verschiedene Rechte und Pflichten. So muss der Arbeitnehmer nach § 611 BGB eine Arbeitsleistung gegenüber dem Arbeitgeber erbringen und der Arbeitgeber verpflichtet sich zu einer Zahlung eines Lohns, für die entgegengebrachte Arbeit. Außerdem verpflichtet er sich zur Gleichbehandlung aller Arbeitnehmer und ihm ist es verboten Maß zu regeln.[5]
Neben diesen Hauptpflichten gibt es zahlreiche Nebenpflichten beider Parteien. Der Arbeitnehmer verpflichtet sich zur Verschwiegenheit, Treue, Auskunft gegenüber dem Arbeitgeber, Anzeige drohender Schäden und er unterlässt Rufschädigung und Wettbewerb. Neben der dominierenden Beschäftigungspflicht, gewährt der Arbeitgeber außerdem Urlaub, Fürsorge, Schutz der Gesundheit, der Persönlichkeitsrechte, des Eigentums und vor sexueller Belästigung des Arbeitnehmers.[6]
Grundsätzlich bedarf es im Arbeitsvertrag keiner Form nach § 126 BGB. Allerdings hat der Arbeitgeber die Pflicht die Vertragsinhalte schriftlich niederzulegen und dem Arbeitgeber auszuhändigen.[7] Hier enthalten sein müssen:
- „Name und Anschrift der Vertragsparteien,
- Zeitpunkt des Beginns des Arbeitsverhältnisses,
- bei befristeten Arbeitsverhältnissen die voraussichtliche Dauer des Arbeitsverhältnisses
- Arbeitsort oder der Hinweis darauf, dass der Arbeitnehmer an verschiedenen Orten eingesetzt werden soll,
- Charakterisierung/Beschreibung der Tätigkeit,
- Zusammensetzung und Höhe des Arbeitsentgelts und deren Fälligkeit,
- vereinbarte Arbeitszeit,
- jährlicher Erholungsurlaub,
- Kündigungsfristen,
- Hinweis auf geltende Tarifverträge, Betriebs- und Dienstleistungsvereinbarungen.” (W. Schmeisser, 2010, S. 134)
Sofern Einzelheiten fehlen, werden die gesetzlichen Bestimmungen herangezogen[8]. So beim Fehlen einer Angabe zur Arbeitsbefristung, hier gilt der Vertrag nach § 14 und § 16 TzBfG auf unbestimmte Zeit.
3. Entsendungs- und Versendungsmodell
Der Arbeitgeber darf nach § 106 GewO die Arbeitszeit und -ort des Arbeitnehmers bestimmen. Jedoch gilt dies nicht bei der Entsendung ins Ausland.[9]
Denn die Arbeitnehmerinteressen sind zu berücksichtigen und Unzumutbarkeiten dürfen nicht verlangt werden. Eine Versetzung ins Ausland wäre jedoch meist unzumutbar. Der Arbeitgeber kann jedoch eine Versetzung ins Ausland bereits im Arbeitsvertrag verankern.[10] Dies soll nun näher betrachtet werden.
Denn um Expatriates ins Ausland versenden zu können, ist es nötig einen gültigen Arbeitsvertrag vorzuweisen. Dieser besteht, näher betrachtet, meist bereits schon vorher, in Form eines gültigen Inland-Arbeitsvertrages. Der Vertragsschluss erfolgt nach vorvertraglichen Handlungen nach § 311 II BGB, durch Angebot und Annahme §§ 145, 147 BGB, über eine Vereinbarung über die zu erbringenden Leistungen und deren Vergütung. Da sich jedoch für den Auslandseinsatz die grundlegenden Gegebenheiten des Arbeitsvertrages ändern, wird ein Entsendevertrag, als Nebenabrede zum bisher gültigen Arbeitsvertrag, unter Beachtung der Form von §§ 127, 125 S. 2 BGB, vereinbart. Der offizielle Arbeitgeber ist nach wie vor im Heimatland. In dieser Form, welche man auch als das Entsendemodell bezeichnet, bleibt der ursprüngliche Arbeitsvertrag also gültig.[11]
Wird ein Expatriate ins Ausland entsandt, stehen seine Interessen gegenüber dem Arbeitgeber im Heimatland im Vordergrund, weshalb der Arbeitsvertrag, der bis hier vordergründig im Interesse des Arbeitgebers lag, mit einem Ergänzungsvertrag addiert wird. Hier sind alle Regelungen getroffen, welche den Auslandseinsatz betreffen. Nicht nur der Arbeitgeber bleibt erhalten, sondern auch die Weisungsrechte. Hieraus resultiert, dass sich die Haupt- und Nebenpflichten zwischen Arbeitgeber und -nehmer nicht ändern.[12]
Es ist geläufig, dass im Arbeitsvertrag eine Rechtswahlklausel vereinbart wird, in welcher der Arbeitnehmer selbstständig entscheiden kann, ob das Recht des Heimat- oder des Ziellandes Anwendung findet. Gilt das Heimatunternehmen als alleiniger Arbeitgeber, so hat der Arbeitnehmer keine vertragliche Bindung zur Ziellandeinsatzorganisation. Eine solche Organisation könnte ein Drittunternehmen, ein Konzern oder eine unselbstständige Betriebsstätte sein. Jedoch regelt der Arbeitsvertrag die faktischen Einzelheiten über den Auslandseinsatz selbst, denn dieser ist die bestehende Rechtsgrundlage während der Entsendung.[13]
[...]
[1] Vgl. Thomas, 2005, S. 230 f.
[2] Vgl. EU-Vertrag Art. 2
[3] Vgl. ebd. U. Becker, 2009, S. 25-26
[4] Vgl. ebd. S. 26
[5] Vgl. W. Schmeisser, 2010, S. 134 und G. Schaub, 2008, S. 119
[6] Vgl. W. Schmeisser, 2004, S. 256
[7] Vgl. G. Schaub, 2008, S. 120
[8] Vgl. Schmeisser, 2008, S. 257
[9] Vgl. Schmeisser, 2008, S. 257
[10] Vgl. W. Schmeisser, 2010, S. 134
[11] Vgl. Spirolke, Expatriate-Anwalt, Abschnitt Arbeitsvertrag und Entsendevertrag
[12] Vgl. Schmeisser, 2008, S. 361
[13] Vgl. Spirolke, Expatriate-Anwalt, Abschnitt Klassische Vertragsmodelle für den Auslandseinsatz