Price-Cap-Regulierung des Telekommunikationssektors unter Berücksichtigung der Theorie zweiseitiger Märkte


Masterarbeit, 2013

53 Seiten, Note: 1,9


Leseprobe


Inhaltsverzeichnis

Abbildungsverzeichnis

Tabellenverzeichnis

1 Einleitung
1.1 Problemstellung
1.2 Ziel und Aufbau der Arbeit

2 Theorie der zweiseitigen Märkte
2.1 Grundlagen der Theorie zweiseitiger Märkte
2.1.1 Neztwerkexternalitäten in zweiseitigen Märkten
2.1.2 Plattformen in zweiseitigen Märkten
2.2 Ökonomische Besonderheiten der Theorie zweiseitiger Märkte
2.2.1 Monopolpreissetzung in zweiseitigen Märkten
2.2.2 Singlehoming vs. Multihoming

3 Telekommunikationssektor am Beispiel der BRD
3.1 Struktur des Telekommunikationssektors
3.2 Preissetzung der Terminierungsentgelte ohne Regulierung
3.2.1 Annahmen und Notationen der Preissetzung unregulierter Terminierungsentgelte
3.2.2 Preissetzung unregulierter F2M-Terminierungsentgelte
3.2.3 Preissetzung unregulierter M2M-Terminierungsentgelte

4 Regulierung von Telekommunikationsmärkten
4.1 Notwendigkeit von Regulierung bei kompetitiven Engpässen in der Terminierung von F2M-Gesprächen
4.2 Price-Cap-Regulierung der F2M-Terminierungsentgelte am Beispiel der BRD
4.3 Der Wasserbetteffekt – Modelle zur Evaluation der Regulierung von F2M-Terminierungsentgelten
4.3.1 Modell von Schiff
4.3.2 Modell von Genakos und Valetti
4.4 Implikationen des Wasserbetteffektes auf die Regulierung von F2M-Terminierungsentgelten

5 Alternativen zur Regulierung von F2M-Terminierungsentgelten
5.1 Receiving-Party-Pays-Verfahren
5.2 Mobilterminierungswettbewerb

6 Schlussfolgerung

Eidesstattliche Erklärung

Abbildungsverzeichnis

Abbildung 1: Kritische Masse (Quelle: Eigene Darstellung)

Abbildung 2: Anrufterminierung in Mobilfunknetzen (Quelle: Eigene Darstellung in Anlehnung an {Armstrong 2009 #7})

Abbildung 3: Optimale Subventionierung der Mobilfunkteilnehmer (Quelle: {Albon 2006 #25: 377}

Abbildung 4: Wohlfahrtsverlust durch sub-optimale Subvention (Quelle: {Albon 2006 #25: 378}

Abbildung 5: Preissetzungsverhalten der Telekommunikationsanbieter bei Regulierung (Quelle: Eigene Darstellung)

Abbildung 6: Durchschnittlicher Preis vor und nach Einführung der Regulierung in Vergleich zu unregulierten Preisen (Quelle:{Genakos 2011 #9}

Abbildung 7: Erreichbarkeit des Mobilfunkkunden im Mobilterminierungswettbewerb (Quelle: {Kruse 2006 #28})

Tabellenverzeichnis

Tabelle 1:Entwicklung der Mobilterminierungsentgelte in Deutschland von 2004 – 2012 in Euro-Cent (Quellen: Bundesnetzagentur/{Kruse 2006 #28}

Tabelle 2: Vergleich der Terminierungsentgelte 1999 in US-Cents (Quelle: {Littlechild 2006 #20}

1 Einleitung

Zwischen 2004 und 2011 stieg die Zahl der Teilnehmer in deutschen Mobilfunknetzen von 76,1 Mio. auf 114,13 Mio.[1] Im gleichen Zeitraum verbuchte Facebook einen Nutzerzuwachs von 90000%. Diese Zahlen sind beeindruckend, aber einfach zu erklären. Sowohl die Mobilfunknetze als auch Facebook sind so genannte Intermediäre, die Plattformen für die Kommunikation zwischen Menschen bereitstellen.

Die junge Disziplin der zweiseitigen Märkte erklärt und beschreibt seit einer Dekade die Theorie von der optimalen Preissetzung der Intermediäre über die Notwendigkeit von Regulierung bis hin zu Effizienzuntersuchungen. Um das Konzept der zweiseitigen Märkte zu erklären, haben Evans und Schmalensee[2] ein einfaches Beispiel gewählt, welches ich hier aufgreifen werde. Eine Diskothek bietet heterosexuellen Frauen und Männern eine Plattform an, um sich kennen zu lernen. Da Frauen einerseits von der Anwesenheit von Männern und Männer von der Anwesenheit von Frauen profitieren, muss die Diskothek also sowohl Frauen als auch Männer auf die Tanzfläche locken. Die Preissetzung der Diskothek ist eine Möglichkeit zur Kontrolle der Anzahl teilnehmender Personen. Stellt der Diskothekenbetreiber eine nicht ausreichende Anzahl von Frauen im Club fest, so werden aus der wartenden Menge die Damen herausgepickt und bevorzugt in die Diskothek gelassen. Aber auch Freigetränke oder niedrigere Preise für die potentielle weibliche Kundschaft sind beliebte Anreize.[3] Anhand dieses Beispiels lassen sich alle relevanten Themenbereiche von zweiseitigen Märkten zusammenfassen.

1.1 Problemstellung

In der hier vorliegenden Arbeit wird auf den Telekommunikationssektor und im speziellen auf die Notwendigkeit und Auswirkung von Regulierung auf die Wohlfahrt eingegangen. Der Spezialfall Telekommunikationsmarkt unterscheidet sich leicht von anderen zweiseitigen Märkten. Wie im Diskothekenbeispiel beschrieben, wählt der Intermediär je nach Gegebenheit die Preise für beide Seiten des Marktes. Im Telekommunikationsmarkt herrschen jedoch Markteintrittsbarrieren in Form von versunkenen Kosten für die Errichtung der notwendigen Netzinfrastruktur. Jeder Netzbetreiber hat somit ein Monopol für die Terminierung von Telefonaten in seinem Netz, konkurriert aber um die Verbraucher. Das entstandene System des kompetitiven Engpasses und damit verbundene Wohlfahrtsverluste kann standardwirtschaftlichen Theorie zu einer Notwendigkeit der Regulierung dieses Marktes und folglich zu einer Beschneidung der Preissetzungsmöglichkeiten der Incumbents bei den Terminierungsentgelten führen. Die exogene Festsetzung von F2M-Terminierungsentgelten (Festnetz-zu-Mobilnetz) hat aufgrund der Komplementarität zwischen der Terminierung und der Originierung von Telefonaten folglich eine Auswirkung auf die Verbraucherpreise. Die hier aufgegriffenen Studien zeigen einen negativen Zusammenhang von F2M-Terminierungsentgelten und Verbraucherpreisen. Sinken also die F2M-Terminierungsentgelte, so steigen die Verbraucherpreise.

1.2 Ziel und Aufbau der Arbeit

Die Intention dieser Arbeit ist daher die Auswirkung einer Regulierung der Terminierungsentgelte auf die Verbraucherpreise und damit auch auf die Gesamtwohlfahrt darzustellen. Darüber hinaus wird erörtert, ob mögliche Alternativen zur Regulierung des Telekommunikationssektors existieren.

Im zweiten Kapitel werden einleitend die Theorie der zweiseitigen Märkte und deren Besonderheiten dargestellt. Das dritte Kapitel ist in zwei Unterpunkte gegliedert, von denen im ersten Unterpunkt die Struktur des Telekommunikationssektors am Beispiel der Bundesrepublik Deutschland erläutert wird. Um die Notwendigkeit einer Regulierung der Terminierungsentgelte zu evaluieren, zeigt das zweite Unterkapitel die Preissetzung der Terminierungsentgelte im unregulierten Fall. Die Intuition, dass die Mobilfunknetzbetreiber einen monopolistischen Preis für die Terminierung der F2M-Gespräche wählen, wird in diesem Kapitel bestätigt. Dieser Beweis ist jedoch noch kein hinreichender Grund für eine Regulierung der F2M-Terminierungsentgelte. Durch eine effiziente Quersubventionierung des Verbraucherpreises der Mobilfunkkunden kann eine wohlfahrtsmaximale Allokation erreicht werden.

Im vierten Kapitel wird die Notwendigkeit der Regulierung daher zunächst mit Hilfe eines theoretisch-formalen Modells zur Bestimmung der optimalen und tatsächlichen Subventionierung der Mobilfunkkunden eingeführt. Werden die Mobilfunkkunden nun optimal Subventioniert, ist ein Staatseingriff nicht notwendig. Die Mobilfunkkunden erfahren jedoch eine übermäßige Subventionierung, was in einem Wohlfahrtsverlust mündet.

Aufgrund dieser Beobachtungen kann die Einführung einer Regulierung einen wohlfahrtssteigernden Effekt haben. Um die meist verbreitete Form der Regulierung kennen zu lernen, wird im zweiten Unterkapitel auf die elementaren Details der Price-Cap-Regulierung am Beispiel der Bundesrepublik Deutschland eingegangen. Die Price-Cap-Regulierung kann jedoch aufgrund der Zweiseitigkeit des Telekommunikationsmarkt eine Implikation auf die Verbraucherpreise haben. So zeigen die im dritten Unterkapitel aufgegriffenen Studien von Schiff[4] und Genakos/Valetti[5] einen signifikanten negativen Effekt einer Einführung der Price-Cap-Regulierung der F2M-Terminierungsentgelte auf den Verbraucherpreis – den Wasserbetteffekt.

Im fünften Kapitel werden zwei Alternativen zur Price-Cap-Regulierung der F2M-Terminierungsentgelte aufgegriffen. Die erste Option beinhaltet eine Abkehr vom in Europa typischen Calling-Party-Pays-Verfahren (CPP), bei dem lediglich der Anrufer den Preis des Telefonats an seinen Netzbetreiber zahlen muss, hin zum in Nordamerika typischen Receiving-Party-Pays-Verfahren (RPP). Bei diesem Verfahren zahlt der originierende Teilnehmer den Preis für das Telefonat an seinen Netzbetreiber, der angerufene Teilnehmer den Preis für die Terminierung an seinen Anbieter. Es entsteht folglich ein Wettbewerb um die Originierung und um die Terminierung von Gesprächen. Das zweite Prinzip macht von der Existenz mehrerer Mobilfunknetzbetreiber gebraucht. Eine Veränderung der Software von Endgeräten und Mobilfunkantennen erlaubt eine Nutzung aller Mobilfunknetze. Dieses hätte den Vorteil, dass auch hier, bei Beibehaltung des CPP-Prinzips, ein Wettbewerb bei der Terminierung von Gesprächen erreicht werden würde.

Im abschließenden sechsten Kapitel folgt eine kritische Würdigung sowie ein Fazit.

2 Theorie der zweiseitigen Märkte

Die Theorie zweiseitiger Märkte wurde erstmals 2002 von Jean-Charles Rochet und Jean Tirole im Paper „Platform Competition in Two-Sided Markets“ benannt und veröffentlicht.[6] Essentiell für zweiseitige Märkte sind vor allem die Existenz von Plattformen sowie die Interdependenzen zwischen den meist zwei Nutzergruppen des Marktes. Die Nutzergruppen profitieren wechselseitig bis zu einem gewissen Punkt von der Anzahl der Nutzer der jeweils anderen Nutzergruppe(n). Die Verbindung der Nutzergruppen wird über die Existenz von Plattformen oder Intermediären möglich gemacht. Gern gewählte Beispiele für zweiseitige Märkte sind unter anderem Märkte für Videospiele, Kreditkarten, Magazine oder der Telekommunikationssektor. Zur Einleitung in die Theorie zweiseitiger Märkte werden im Laufe dieses Kapitels zunächst die Grundlagen dargestellt. Im weiteren Verlauf stehen die ökonomischen Implikationen auf die Konsumenten und die Intermediäre durch die Besonderheiten der zweiseitigen Märkte im Fokus.

2.1 Grundlagen der Theorie zweiseitiger Märkte

Die bereits angesprochenen, wesentlichen Unterschiede zwischen zweiseitigen Märkten und typischen einseitigen Märkten ergeben sich durch die Netzwerkexternalitäten sowie durch die Existenz einer Plattform.[7] Im Rahmen der Netzwerkexternalitäten wird zwischen den direkten und den indirekten Externalitäten unterschieden.

2.1.1 Neztwerkexternalitäten in zweiseitigen Märkten

Direkte Netzwerkeffekte stehen in engem Zusammenhang mit der Anzahl Nutzer des jeweiligen Marktes.[8] Um eines der genannten Beispiele aufzugreifen, steigt der Nutzen der Teilnehmer eines Telefonnetzes mit der Gesamtanzahl der Teilnehmer. Hat ein Markt, wie in der Anfangszeit der mobilen Telefonie, nur sehr wenige Teilnehmer, ist der Nutzen durch den Besitz eines Mobiltelefons nicht sehr hoch.[9] Der Besitzer erreicht nur eine sehr geringe Anzahl an anderen Teilnehmern. Eine Vergrößerung der Teilnehmerzahl führt, bis zu dem Zeitpunkt der Netzüberlastung, zu einer signifikanten Erhöhung des Nutzens aller Teilnehmer. Sollte die Anzahl der Nutzer hingegen so rasant ansteigen, dass dies eine Überlastung des Mobilnetzes zur Folge hat, sinkt der Nutzen jedes bestehenden Nutzers durch jeden Neuteilnehmer. Direkte Netzwerkexternalitäten können also sowohl positiv als auch negativ sein.

Indirekte Netzwerkeffekte treten häufig im Zusammenhang mit komplementären Gütern auf. Als Beispiel ist vor allem der Videospielmarkt zu nennen. Auf diesem Markt befinden sich neben den Spielern auch die Entwickler von Videospielen. Der Besitz einer Spielkonsole führt ohne eine ausreichende Anzahl an kompatiblen Videospielen nicht zu einem erhöhten Nutzen der Spieler. Dieses gilt vice versa auch für die Entwickler von Videospielen. Die Entwicklung von Videospielen für wenig genutzte Konsolen führt ebenfalls nicht zu einem Nutzenzuwachs bei den Entwicklern. Beide Marktseiten profitieren also wechselseitig, im Gegensatz zum Telekommunikationssektor jedoch indirekt, von der Anzahl der Nutzer auf der jeweils anderen Seite des Marktes.[10]

Sobald zwei Nutzergruppen wechselseitig von der Existenz der jeweils anderen Nutzergruppe profitieren, die direkte Verbindung aufgrund zu hoher Transaktionskosten jedoch scheitert, treten Intermediäre oder Plattformen auf. Über die durch die Intermediäre bereitgestellte Technologie können die Nutzergruppen zu reduzierten Transaktionkosten miteinander agieren bzw. kommunizieren.

2.1.2 Plattformen in zweiseitigen Märkten

Auktionsplattformen sind gern gewählte Beispiele für die Korrelation zwischen Netzwerkexternalitäten und der Minimierung von Transaktionskosten. Ein Verkäufer kann sein Gut über die Plattform an eine große Zahl von potentiellen Käufern adressieren, wohingegen die Interessenten an einem Gut einer großen Zahl von Verkäufern gegenüber stehen, die das interessante Gut verkaufen. Melden sich nun noch mehr Verkäufer an, erhöht dieses die Wahrscheinlichkeit für die potentiellen Käufer, sein gewünschtes Gut zu erwerben. Vice versa gilt dieses ebenfalls für die Verkäufer. Die Intention der Auktionsplattformen ist nun, die Verkäufer und die Käufer von Gütern derart zusammenzubringen, als dass diese wechselseitig von dem Handel profitieren. Der Verkäufer erhält also einen größtmöglichen Betrag für sein verkauftes Gut, der Käufer zahlt den kleinsten möglichen Preis.[11] Ausgehend von der Annahme, dass Käufern und Verkäufern bei Abwesenheit einer Auktionsplattform vor allem durch die Suche nach geeigneten Handelspartnern enorme Transaktionskosten entstehen, führt die Existenz der Auktionsplattform zu einer Reduzierung der Transaktionskosten.

Nicht nur die Nutzer von Plattformen profitieren von deren Existenz. Je mehr Teilnehmer auf einer Plattform aktiv sind, desto interessanter wird sie für weitere Teilnehmer. In Folge dessen ist das Ziel einer Plattform, die Anzahl der Teilnehmer beider Nutzergruppen zu erhöhen.[12]

Zu diesem Zweck internalisieren die Plattformen die Netzwerkexternalitäten über eine Preisstruktur. Hierbei wird im Wesentlichen zwischen dem Nutzungspreis und der Grundgebühr unterschieden. Der Nutzungspreis beeinflusst das Transaktionsvolumen zwischen den Teilnehmern, wohingegen die Höhe der Grundgebühr für die Anzahl der Teilnehmer der Plattform verantwortlich ist. Somit wählt die Plattform ihre Preisstruktur derart, dass sich beide Seiten des Marktes für einen Zutritt entscheiden. In Anlehnung an Evans und Schmalensee[13] ergeben sich folgende Determinanten der Preissetzung von Plattformen:

Annahmegemäß sind auf einer Plattform zwei Nutzergruppen A und B aktiv. Die Nutzergruppen zahlen jeweils festgelegte Preise für den Service. Wenn der Intermediär nun seine Preise für die Nutzergruppe A erhöht, geht die Anzahl der A-Nutzer gemäß der Preiselastizität der Nachfrage zurück. Da der Nutzen der B-Nutzer mithin von der Anzahl der A-Nutzer der Plattform abhängt, entsteht bei gegebenem Preis ebenfalls ein Rückgang der Anzahl von B-Nutzern. Diese Verminderung hat wiederrum eine negative Auswirkung auf die Anzahl A-Nutzer der Plattform. Die Erhöhung des Preises für A-Nutzer hat also einen direkten Einfluss auf die Anzahl der A-Nutzer über die Preiselastizität und einen indirekten Einfluss auf beide Nutzergruppen über die indirekten Netzwerkexternalitäten.

Formal lassen sich die oben beschriebenen Auswirkungen wie folgt darstellen:

Abbildung in dieser Leseprobe nicht enthalten

Die Anzahl der Teilnehmer einer Nutzergruppe hängt neben dem Preis für die eigene Nutzergruppe von der Anzahl der Nutzer der jeweils anderen Nutzergruppe ab.

Die Preiselastizität der Nachfrage in Abhängigkeit des eigenen Preises ergibt sich mit

Abbildung in dieser Leseprobe nicht enthalten

Hierbei wird von einer konstanten Anzahl an Teilnehmern der jeweils anderen Nutzergruppe ausgegangen.

Die Veränderung der Nachfrage einer Nutzergruppe in Folge einer Veränderung der Anzahl der Teilnehmer der anderen Gruppe, also die entstehenden Netzwerkexternalitäten durch die Verknüpfung beider Nutzergruppen resultiert aus

Abbildung in dieser Leseprobe nicht enthalten

Interessant für die Determinierung der Preissetzung ist nun die Veränderung der Nachfrage bei einer Veränderung der Teilnehmerzahl. Dieses wird durch die Preiselastizität der Nachfrage unter Berücksichtigung der Veränderlichkeit der Teilnehmerzahl ermittelt. Aus

Abbildung in dieser Leseprobe nicht enthalten

ergibt sich nach der totalen Differenzierung beider Nachfragefunktionen nach dem jeweiligen Preis

Abbildung in dieser Leseprobe nicht enthalten

Selbst wenn die Preissensitivität einer Nutzergruppe nicht besonders hoch ist, kann die Anzahl der Teilnehmer einer Nutzergruppe an der Plattform in Folge von starken Netzwerkexternalitäten zwischen beiden Nutzergruppen dennoch von der Höhe des Preises beeinflusst werden.

Das veranschaulichte Beispiel führt zur ersten Determinante der Preissetzung in zweiseitigen Märkten:

(a) Optimale Preise in zweiseitigen Märkten werden vor allem durch die Preissensitivität der Nachfrage beider Seiten, sowie der Stärke der Netzwerkexternalitäten zwischen beiden Nutzergruppen als auch von den Grenzkosten der Veränderung des Outputs auf einer Marktseite determiniert.

Aufgrund der Stärke der Netzwerkexternalität, die von der einen auf die andere Nutzergruppe wirkt, entsteht die zweite Determinante der Preissetzung. Jene Seite, die eine größere Wirkung auf die jeweils andere Seite des Marktes hat, wird durch die Preissetzung der Plattform subventioniert.[14]

(b) Gewinnmaximierende Preise können für jede Marktseite unterhalb der Grenzkosten oder sogar negativ werden.[15]

Die Intention der, insbesondere markteintretenden, Intermediäre besteht in der Erreichung einer gewissen Anzahl an Kunden, die die Plattform für die andere Seite des Marktes interessant macht – die kritische Masse. Ist die kritische Masse nicht erreicht, haben die Teilnehmer der Plattform keine Vorteile durch die direkten bzw. indirekten Netzwerkeffekte und treten der Plattform folglich nicht bei.[16] Aus diesem Kontext ergibt sich die Problematik für die Intermediäre. Die Nutzer einer Marktseite sind nur bereit Nutzer der Plattform zu werden, wenn sich bereits eine ausreichend große Zahl an Teilnehmern der anderen Marktseite auf der Plattform befindet. Allerdings sind diese Nutzer wiederrum nur bereit Mitglied der Plattform zu werden, wenn eine ausreichende Anzahl an Teilnehmern der ersten Marktseite vorhandenden ist. Für die Intermediäre führt dieses Verhalten zu dem sogenannten Henne-Ei-Problem.

Die Subventionierung einer Marktseite ist eine Möglichkeit der Lösung des in zweiseitigen Märkten obligatorischen Henne-Ei-Problems. Sony subventioniert beispielsweise die Käufer einer PlayStation, in dem es die Verkaufspreise unterhalb der Grenzkosten ansetzt, um Konsumenten mit einer niedrigen Zahlungsbereitschaft in den Markt zu treiben. Dieses führt zu einer größeren Basis an Besitzern der PlayStation, was wiederrum den Entwicklern von Spielen einen Anreiz zum Eintritt in den Markt bietet. Die Plattform Sony erwirtschaftet ihre Gewinne dann durch die Vergabe von Programmierungslizenzen an die Entwickler, sowie durch den Verkauf von Spielen an die Endnutzer.

Eine Abart der typischen direkten Subventionierung durch den Preis ist die Reduzierung der Produktionskosten für eine Nutzergruppe des zweiseitigen Marktes durch die Investition der Plattform. Dieses kann z.B. derart geschehen, als dass eine Software-Plattform ein Entwicklungstool zur vereinfachten Programmierung von Applikationen für die Entwickler bereit stellt und somit die Kosten der Entwickler reduziert.[17] Dieser Sachverhalt führt schlussendlich zur letzten Determinante der Preissetzung in zweiseitigen Märkten:

(c) Die Verknüpfung zwischen Preis und Kosten ist anders als im einseitigen Markt komplex und mit simplen, etablierten Formeln nicht zu beweisen.[18]

Schlussendlich ist festzustellen, dass die Preisstruktur auf zweiseitigen Märkten aufgrund der Existenz von Netzwerkexternalitäten in besonderem Maße von dem Preislevel auf einseitigen Märkten abweicht. Während auf einem einseitigen Markt für ein Gut lediglich ein Preis zu zahlen ist[19], können Plattformen durch die Subventionierung einer Marktseite über den Preis erhöhte Netzwerkexternalitäten generieren und das Henne-Ei-Problem überwinden. Diese Subventionierung führt zu unterschiedlichen Preisen auf beiden Seiten des Marktes.

2.2 Ökonomische Besonderheiten der Theorie zweiseitiger Märkte

Die Theorie der zweiseitigen Märkte beinhaltet neben den Netzwerkexternalitäten und der Existenz von Plattform weitere ökonomische Besonderheiten. Wie bereits beschrieben, können Intermediäre durch eine gezielte strategische Preissetzung die Anzahl der jeweiligen Teilnehmer an der Plattform beeinflussen. Allerdings können potentielle Nutzer durch die Teilnahme an mehreren Plattformen für Wettbewerb zwischen jenen sorgen – dem Multihoming.

In diesem Unterkapitel liegt der Fokus daher auf der theoretisch-formalen Darstellung der gewinnmaximierenden Preissetzung von monopolistischen Plattformen in zweiseitigen Märkten in Relation zum gleichen Kalkül in einseitigen Märkten sowie mögliche Auswirkungen von Multihoming seitens der Nutzer auf diese Preissetzung.

2.2.1 Monopolpreissetzung in zweiseitigen Märkten

In Kapitel 2.1.2 wurde bereits dargestellt, dass die Preissetzung von Plattformen in zweiseitigen Märkten von drei Determinanten abhängt. Um jedoch einen Eindruck von der konkreten und komplexen Preissetzungsstrategie von Intermediären zu bekommen, ist ein Vergleich zwischen Monopolpreissetzungen in einseitigen und zweiseitigen Märkten notwendig.

In einseitigen Märkten maximiert der Monopolist seinen Gewinn über die Ausbringungsmenge mit dem Preis und den Kosten .

Abbildung in dieser Leseprobe nicht enthalten

Die Bedingung erster Ordnung erhält man durch die Ableitung der Gewinnfunktion nach der Ausbringungsmenge.

Abbildung in dieser Leseprobe nicht enthalten

Aus der Bedingung erster Ordnung folgt nach Umstellungen der Lerner-Index

Abbildung in dieser Leseprobe nicht enthalten

mit als Preiselastizität der Nachfrage.

Der gewinnmaximierende Preis für den Monopolisten ergibt sich im einseitigen Markt also aus der Preiselastizität der Nachfrage bzw. über die obligatorische Grenzerlös-Grenzkosten-Regel.

Darüber hinaus können Monopolisten, die verschiedene Gruppen von Nachfragern mit unterschiedlichen Nachfragefunktionen identifizieren, über die Preisdiskriminierung voneinander abweichende Preise für die jeweiligen Nachfrager setzen.

In zweiseitigen Märkten agiert ein Monopolist aufgrund der existierenden Netzwerkexternalitäten abweichend. Neben einem Preislevel, der den Gesamtpreis für Käufer und Verkäufer bestimmt, wählt der Monopolist eine Preisstruktur, die angibt, wie der Gesamtpreis auf die Käufer und Verkäufer aufzuteilen ist. Zur Darstellung führen Rochet und Tirole[20] ein theoretisch-formales Modell zur Bestimmung der Preisstruktur eines Monopolisten auf einem zweiseitigen Markt ein. In dem Modell maximiert der Monpolist seinen Gewinn

Abbildung in dieser Leseprobe nicht enthalten

über den Preis der jeweiligen Nutzergruppe, wobei zwischen der Käuferseite und der Verkäuferseite unterschieden wird. Unter der Annahme, dass die jeweiligen „Quasi-Nachfragefunktionen“[21] und logarithmisch-konkav sind ergibt sich die logarithmisch-konkave Gewinnfunktion.

Die Bedingungen erster Ordnung folgen aus den partiellen Ableitungen der logarithmierten Gewinnfunktion nach den jeweiligen Preisen.

Abbildung in dieser Leseprobe nicht enthalten

Die gewinnmaximierende Preisstruktur ergibt sich demnach aus

Abbildung in dieser Leseprobe nicht enthalten

Mit der Einführung der Preiselastizität der Nachfrage für beide „Quasi-Nachfragen“

Abbildung in dieser Leseprobe nicht enthalten

resultiert aus (10) und (11)

Abbildung in dieser Leseprobe nicht enthalten

[...]


[1] {Bundesnetzagentur 2011 #13: 84}

[2] {Schmalensee 2005 #3}

[3] {Schmalensee 2005 #3: 153}

[4] {Schiff 2008 #26}

[5] {Genakos 2011 #9}

[6] Vgl. {Rochet 2003 #5}

[7] Vgl. {Schmalensee 2005 #3: 154}

[8] Vgl. {Dewenter 2008 #11: 3}

[9] Vgl. {Birke 2004 #14: 1}

[10] Vgl. {Schmalensee 2005 #3: 164}

[11] Vgl. {Schmalensee 2005 #3: 154 f}

[12] Vgl. {Rochet 2003 #5: 990}

[13] {Schmalensee 2005 #3}

[14] Vgl. {Evans 2002 #24: 39 f}

[15] Vgl. {Schmalensee 2005 #3: 160}

[16] Vgl. {Evans 2002 #24: 39}

[17] Vgl. {Evans 2002 #24: 40}

[18] Vgl. {Schmalensee 2005 #3: 160}

[19] Hierbei wird von möglichen Preisdiskriminierungen auf monopolistischen Märkten sowie von Lindahl-Preisen von öffentlichen Gütern aufgrund der fehlenden Netzwerkexternalitäten abstrahiert.

[20] Im weiteren Verlauf Vgl. {Rochet 2003 #5}

[21] In der Theorie der zweiseitigen Märkte ergibt sich die totale Nachfrage aus den Entscheidungen beider Marktseiten. Daher verwenden Rochet und Tirole den Begriff der „Quasi-Nachfrage“.

Ende der Leseprobe aus 53 Seiten

Details

Titel
Price-Cap-Regulierung des Telekommunikationssektors unter Berücksichtigung der Theorie zweiseitiger Märkte
Hochschule
Ruhr-Universität Bochum
Note
1,9
Autor
Jahr
2013
Seiten
53
Katalognummer
V274065
ISBN (eBook)
9783668705944
ISBN (Buch)
9783668705951
Dateigröße
977 KB
Sprache
Deutsch
Schlagworte
price-cap-regulierung, telekommunikationssektors, berücksichtigung, theorie, märkte
Arbeit zitieren
Patrick Mutert (Autor:in), 2013, Price-Cap-Regulierung des Telekommunikationssektors unter Berücksichtigung der Theorie zweiseitiger Märkte, München, GRIN Verlag, https://www.grin.com/document/274065

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