Tiere als Erzieher und Heiler. Tiergestützte Therapie am Beispiel der therapeutischen Arbeit mit Pferden.


Proyecto/Trabajo fin de carrera, 2014

114 Páginas, Calificación: 2,0


Extracto


Inhaltsverzeichnis

I. Einleitung

II. Mensch - Tier Beziehungen in Geschichte und Religion
II.1 Tiere im Christentum
II.2 Tiere im Buddhismus
II.3 Tiere im Hinduismus
II.4 Tiere im Islam
II.5 Tiere im Judentum
II.6 Tiere in der Geschichte
II.6.1 Domestikation
II.7 Heutige Bedeutung von Tieren in unserer Gesellschaft

III. Tiergestützte Interventionen
III.1 Geschichte und Entwicklung
III.2 Du-Evidenz
III.3 Biophilie
III.4 Kommunikation
III.4.1 Interaktion
III.5 Voraussetzungen
III.5.1 Voraussetzungen beim Empfänger.
III.5.2 Voraussetzungen beim Anbietenden
III.5.3 Voraussetzungen beim Tier
III.5.3.1 Voraussetzungen für das Wohlergehen des Tieres
III.6 Hygiene
III.7 Tierschutz

IV. Formen der tiergestützten Interventionen
IV. 1 Formen im deutschsprachigen Raum
IV. 2 Formen im anglo-amerikanischen Raum
IV. 3 Tiergestützte Interventionen mit Hunden
IV. 4 Tiergestützte Interventionen mit Delfinen
IV. 5 Tiergestützte Interventionen mit anderen Tieren
IV. 6 Tiere mit geringem Ansatzpunkt

V. Therapeutische Arbeit mit Pferden
V. l Formen der therapeutischen Arbeit mit Pferden
V. 2 Warum eignen sich Pferde besonders gut?
V. 2.1 Das Therapiepferd
V. 2.1.2 Ausrüstung
V. 3 Arbeitsweisen und Arbeitsbeispiele
V. 4 Ausbildung eines Therapeuten
V. 5 Finanzierung und Förderung

VI. Und funktioniert das auch? - Praxisbeispiele
VI. l Schwerstbehindertes Mädchen
VI. 2 Mädchen mit Verhaltensauffälligkeiten

VII. Überschätzter Ansatz oder effektiver Raum für Möglichkeiten? Ein Fazit

VIII. Anhang

IX. Literatur.

I. Einleitung

„Es war einmal ein kleines Mädchen, dem starb seine Mutter. Da legte es sich ins Bett und sprach mit niemandem mehr. Sein Vater rief viele Ärzte herbei, aber keiner konnte helfen. Eines Tages kam eine Katze ins Zimmer, setzte sich auf ihr Bett und sagte: »Streichle mich!« Das Kind regte sich nicht. Da sagte die Katze noch einmal: »Streichle mich!« Aber das Mädchen sah starr vor sich hin. Da legte die Katze sich auf seine Brust, schnurrte und kitzelte es mit dem Schwanz an der Nase. Da lachte das Kind und streichelte die Katze. Danach stand es auf und wurde wieder gesund.“ (Buck­Werner/Greiffenhagen 2011,S.13)

Tiere üben auf den Menschen schon immer einen besonderen Einfluss aus. Seit Jahrtausenden begleiten sie den Menschen und machen das Leben ein bisschen angenehmer. „Ich behaupte, dass das Zusammenleben von Menschen und Tieren einen bedeutenden Einfluss auf unser Wohlbefinden und unsere Gesundheit ausübt“, äußerte sich der Psychiater Aaron Katcher schon 1983 (Buck-Werner/Greiffenhagen 2011, S.30). Das Thema Tiere erfreut sich immer größerer Beliebtheit. Die Zahlen sprechen Bände. 2003 lebten im europäischen Vergleich die meisten Heimtiere in Deutschland. 2011 lebten bereits über 24 Millionen Heimtiere in deutschen Haushalten, Tendenz steigend. Es lebten 2011 etwa 7 Millionen Katzen, 5 Millionen Hunde, 6 Millionen Kleintiere (Hamster, Meerschweinchen, Kaninchen usw.), 5 Millionen Ziervögel und 3 Millionen Fische unter den Einwohnern Deutschlands, vor allem in Mehrfamilienhaushalten. (vgl. ebd.)

Auch erfreuen sich die Menschen immer öfter an Tiersendungen und Berichten über Tiere. Ein, bei einem Erdrutsch verletzter Hund sammelt fast genauso viel erschütterndes Mitleid, wie ein hungerndes Kind. Diese besondere Wirkung der Tiere auf die Menschen hat nun auch die Werbung erkannt, weshalb dort vermehrt auf Tiere gesetzt wird. Und das mit positivem Erfolg.

Warum aber haben Tiere so einen besonderen Einfluss auf die Menschen? Kaum ein Thema ist so wenig erforscht, wie die Symbiose Mensch-Tier. Dabei kann man die Tatsachen nicht leugnen. Tiere haben eine positive Wirkung auf den Menschen. Das Zusammenleben mit einem Tier wirkt blutdrucksenkend, kreislaufstabilisierend und stressreduzierend. Was man schon lange ahnte, wurde letztlich erst zufällig durch eine Studie der Soziologin Eva Friedmann an Herzinfarktpatienten belegt. Tiere wecken die Lebensgeister und animieren die Menschen zu erstaunlichen Dingen. Sie ermöglichen Aspekte, die kaum zu erklären sind.

Warum Tiere aber überhaupt diese physiologische und psychologische Wirkung auf Menschen haben, ist bis heute aber noch nicht eindeutig geklärt, da schlicht und ergreifend die Beweise fehlen. Dies stellt sich aber nicht als Hinderungsgrund für eine erfolgreiche, tiergestützte Therapie heraus - ganz im Gegenteil. Vielleicht ist es auch gar nicht wichtig, wie Tiere auf Menschen wirken, sondern lediglich, dass sie auf Menschen wirken. Und das durchweg positiv.

In der vorliegenden Arbeit möchte ich mich näher mit der Wirkung von Tieren auf Menschen befassen. Ich möchte Wege, Räume und Wirkungen der tiergestützten Interventionen aufzeigen und ihre Sinnhaftigkeit kritisch hinterfragen. Bevor ich aber letztendlich auf die therapeutische Arbeit mit Pferden eingehe, möchte ich einen kurzen Einblick zu wichtigen Punkten der Mensch-Tier Beziehung geben und näher auf die verschiedenen Formen der tiergestützten Interventionen eingehen. Um einen Einstieg zu schaffen möchte ich vorab einen Einblick in die (Entwicklung der) Beziehungen zwischen Mensch und Tieren in Geschichte und Religionen geben.

II. Mensch - Tier Beziehungen in Geschichte und Religion

„Der Mensch wurde zum Menschen, indem er sich der Natur entfremdete“ (Buck-Werner/Greiffenhagen 2011, S. 17). Trotzdem ähneln die Menschen den Tieren weitaus mehr, als jedem anderen Lebewesen auf der Welt. Die Ähnlichkeiten sind kaum von der Hand zu weisen. Äußerlich haben die Menschen, wie die meisten Tiere, 2 Augen, eine Nase und einen Mund. Neuere Forschungen zeigen, auch innerlich sind wir den Tieren gar nicht so unähnlich, wie anfangs geglaubt. Durch diese äußere Ähnlichkeit werden die Menschen von Tieren auch als Tiere erkannt. Nicht zuletzt ist das der Grund, weshalb

Tiere oft als Reinkarnation der Menschen gelten. Auch werden Tieren göttliche Kräfte zugesprochen und so finden sich beispielsweise Götter, die halb Mensch-halb Tier sind, oder gar gänzlich Tiergestalt besitzen. Durch diese Ähnlichkeiten ist der Mensch gezwungen die Mensch-Tier, aber auch die Gott-Tier Konstellation immer wieder im Hinblick auf die gegenseitige Beziehung zu hinterfragen. Nur so kann sich der Mensch überhaupt über die eigene Identität bewusst werden und erkennen, welche Rolle er spielt und welchen Status er in seinem Leben hat. Im Laufe der Menschheitsentwicklung spielt das Tier immer wieder eine entscheidende Rolle. Ob als Heiligenbild, Nahrungslieferant oder treuer Begleiter - das Tier begleitet den Menschen seit Anbeginn der Zeit; in unterschiedlichen Rollen.

II.1 Tiere im Christentum

Die Grundlage des christlichen Glaubens ist der Gedanke, dass Gott als Schöpfer, sowohl Himmel und Erde, also auch Natur, Tiere und Menschen erschaffen hat. Dabei fungiert der Mensch als Krone der Schöpfung. Das heißt aber nicht, dass er mutwillig Tiere und Pflanzen zerstören und ausrotten darf, sondern vielmehr, dass ihm die Bürde auferlegt wurde, sich um Flora und Fauna zu kümmern.

Im Gegensatz zu anderen Religionen wird im Christentum kein Tier verehrt. Vorkommende Tiere haben oft Symbolcharakter, wie die Taube, welche den Frieden symbolisiert. Das abstrakte Zeichen des Fisches steht für Jesus (griech. Ichthys). Auch wird das Lamm immer wieder im Bezug zu Jesus betrachtet, denn es symbolisiert seinen Opfertod (das ist auch der Grund, warum am Ostersonntag oft Lamm gegessen wird - es wird der Auferstehung gedacht). Tieren werden immer wieder Eigenschaften zugesprochen, welche auch auf den Menschen übertragbar sind, wie die Stärke des Ochsen/Bullen („Du bist bullenstark“), oder die Anmut der Gazelle.

Oft wird in der Bibel das Thema der Mensch-Tier-Beziehungen aufgegriffen. Noah rettet zwei Tierejeder Art, um sie vor dem Ertrinken zu retten, Maria und Joseph finden am Weihnachtsabend, nur mit Hilfe des Esels, den rettenden Stall, in dem sie das Jesuskind zur Welt bringen. In der Bibel werden Tiere immer wieder als Hilfe zum Heilen dargestellt, wie beispielsweise in Matthäus 8,28-32:

„Und er kam jenseits des Meeres in die Gegend der Gergesener. Da liefen ihm entgegen zwei Besessene, die kamen aus den Totengräbern und waren sehr grimmig, also dass niemand diese Straße wandeln konnte. Und siehe, sie schrien und sprachen: Ach Jesu, du Sohn Gottes, was haben wir mit dir zu tun? Bist du hergekommen, uns zu quälen, ehe denn es Zeit ist? Es war aber ferne von ihnen ein große Herde Säue auf der Weide. Da baten ihn die Teufel und sprachen: Willst du uns austreiben, so erlaube uns, in die Herde Säue zu fahren. Und er sprach: Fahret hin! Da fuhren sie aus und die Herde Säue. Und siehe, die ganze Herde Säue stürzte sich von dem Abhang ins Meer und ersoffen im Wasser.“

Hier stellt sich die Frage, ob diese Aussagen das Quälen von Tieren erlauben und Massentierhaltungen und ähnliche „ökonomische Formen der Tierhaltung“ durch Belegen von Bibelstellen deshalb besser werden.

Die Bibel beschreibt, wie der Mensch mit dem Tier umzugehen hat. „Sechs Tage sollst du deine Arbeit tun; aber am siebten Tage sollst du feiern, auf dass dein Rind und Esel ruhen und deiner Sklavin Sohn und der Fremdling sich erquicken“ (Ex 23,12). Nicht nur der Mensch soll einen Tag in der Woche zum Ausruhen haben, sondern auch das Tier benötigt eine Ruhepause, denn man wusste schon damals, dass niemand ohne Pause gute Arbeit verrichten kann. Trotzdem haben christliche Gemeinschaften in den letzten Jahrhunderten, immer wieder Tiere gequält, geopfert und ausgenutzt. Erst 1980 haben deutsche Bischöfe den Schutz von Tieren und der Pflanzen gefordert. Fakt ist, Pflanzen und Tiere sind ein Grundbestand der göttlichen Schöpfung und sollen dementsprechend behandelt werden.

II.2 Tiere im Buddhismus

Im Buddhismus sind alle Tiere heilig, da man davon ausgeht, dass man nach der Geburt als Tier wiedergeboren werden kann (siehe Anhang 1). Für Buddhisten haben Tiere eine Buddha-Natur. Das bedeutet, dass sie die Fähigkeit besitzen zu Buddhas[1] zu werden. Deshalb gehen die Buddhisten besonders sorgsam und mitfühlend mit ihnen um. Im Lebensrad, einem uralten indischen Symbol, welches das Sinnbild des universellen Gesetzes und der Lehre Buddhas ist, sind drei Tiere abgebildet, welche die Kräfte symbolisieren, die das Rad des Lebens antreiben: Hahn, Schlange und Schwein. Der Hahn steht für die Gier des Menschen, das Schwein für die Verblendung und die Schlange für den Hass, den der Mensch in sich trägt. Alle drei unliebsamen Wurzeln werden trotz allem verehrt, da man diese Tiere nicht verärgern und Neid, Hass und Verblendung heraufbeschwören möchte. Alles Leiden eines Menschen geht von diesen drei unliebsamen Wurzeln aus.

Vor allem in Tibet wird der Hund als heiliges Tier verehrt. Da er den Menschen treu begleitet und versteht, wird ihm eine Seele zugesprochen. In Tibet symbolisieren Hunde außerdem wiedergeborene Mönche.

Oftmals ernähren sich die Glaubensanhänger in buddhistischen Ländern streng vegetarisch, da Tiere wiedergeborene Verwandte sein könnten. Fleisch wird meistens nur mit der Begründung gegessen, dass Buddha das Essen von Fleisch erlaubt habe, wenn das Tier nicht speziell für sie getötet worden sei.

II.3 Tiere im Hinduismus

Keine Weltreligion bietet so viele heilige Tiere, wie der Hinduismus. Heilige Tiere gehören im hinduistischen Glauben zur Normalität, denn fast alle Tiere, die einem der indischen Göttern zugeordnet sind, oder diesem ähneln, werden von den Hindus verehrt. Im Hinduismus lassen sich Parallelen zum Buddhismus ziehen. Hindus glauben, dass man als Mensch, Tier oder sogar als Stein wiedergeboren werden kann. Sie schonen alles Lebendige, schlachten und essen im Normalfall keine Tiere.

Entgegen dem Glauben der meisten Menschen, ist die Kuh im Hinduismus nicht überall das heilige Tier schlechthin. In manchen Gegenden von Indien (und über die Landesgrenzen hinaus) ist der Affe das, am stärksten geheiligte Tier. Generell werden neben der Kuh und dem Affen, aber auch Elefant, Ratte, Pfau und Schlange verehrt. Das Nationaltier der Inder hingegen, ist kein heiliges Tier, sondern der Königstiger.

Die Kuh wird trotz allem besonders verehrt und geschützt. Ihr indischer Name aghnya bedeutet übersetzt die Unantastbare. Sie gilt als Mutter der Menschen, denn der Mensch erhält durch sie alles wichtige zum Leben (Milch, Arbeitstier...). Weil der Gott Krishna zum Schutz in einer Hirtenfamilie und mit Kühen aufwuchs, gilt die Kuh zudem als heilig.

Auch der Elefant ist in Indien heimisch und geheiligt. Die göttliche Figur Ganesh(a) trägt den Elefantenkopf und symbolisiert Weisheit, bringt Glück und vertreibt Hindernisse.

Affen gelten im Hinduismus als heilig, weil sie in Hanuman, einem indischen Gott, einen direkten Verwandten haben. Deshalb sind Affen, vor allem Languren, gerne in hinduistischen Tempeln gesehen.

Die Schlange ist in Indien und hinduistischen Ländern durch die Tradition des Tantra und Yoga heilig, denn das Ziel beider Meditationstechniken ist die Erweckung der Schlangenkraft im Menschen.

Der Tiger ist neben dem Nationaltier Indiens, auch das Reittier der Göttin Durga und damit ihr und dem Volk heilig. Er gilt deshalb als Symbol für Macht und Fruchtbarkeit. Trotz all seiner Heiligkeit wird er erbarmungslos gejagt.

Der Pfau gilt auf der ganzen Welt als Symbol für Schönheit und Macht. Als Reittier der Götter Sarasvati, Indra und Skanda ist er den Hindus heilig. Außerdem wird er in Indien, aufgrund seines gellenden Schreis, auch als Wächter von Bauernhöfen eingesetzt.

Die Ratte gilt in Indien als besonders klug. Sie werden als Ahnen der Völker Karni Matas verehrt, weshalb ihnen in Nordindien ein Tempel zur Verfügung steht, in dem sie leben können. Der kluge und geschickte Gott Ganesh(a) benutzte ebenfalls eine Ratte als Reittier.

II.4 Tiere im Islam

Im Islam haben vor allem Hund und Schwein, als unreine Tiere, einen besonderen Stellenwert im Islam. Unrein hat weder etwas mit hygienischer, noch mit moralischer Reinheit zu tun. Es drückt vielmehr die Funktion einer kulturellen Gruppenidentität aus. Muslime dürfen nur reine Tiere, also wiederkäuende Tiere mit gespaltenen Klauen essen, zu denen das Schwein nicht zählt. Der Hund wird aufgrund seines Speichels im Islam als unrein betrachtet. Andere Meinungen widerlegen diese Ansicht und zählen den Hund als rein, da er dem Menschen vor allem als Jagdhund, treue Dienste leistet. Eine dritte Meinung wiederum besagt, dass der Hund gänzlich unrein ist; er wird teilweise sogar als böses Omen angesehen. Generell sollte ein Hund kein Haus betreten, oder dort wohnen, denn ein islamisches Sprichwort sagt, dass die Engel keine Wohnung betreten, in der sich ein Hund oder ein Abbild eines Menschen oder eines Tieres befindet[2]. Im Islam darf eine Seele nicht abgebildet werden.

Der Koran erzählt die Geschichte der Barmherzigkeit gegenüber Tieren. Ein durstender Mann kommt an einen Brunnen und klettert herab, um seinen Durst zu stillen. Als er wieder hinaus klettert, sieht er einen durstenden Hund vor dem Brunnen. Also klettert er wieder hinunter, um dem Hund Wasser zu holen, und dessen Durst zu stillen. Aufgrund dessen, erhält er von Allah seine Sünden erlassen, denn man erhält eine Belohnung, wenn man anderen Lebewesen Gutes tut.

Im Allgemeinen verlangt der Islam Barmherzigkeit, Freundlichkeit gegenüber, und angemessene Pflege und Haltung von Tieren. Außerdem verbietet er alle Taten, die Tieren schaden können und jegliche Gewalt gegenüber Tieren. Der Islam legt auch humane Schlachtbedingungen fest, denn er möchte, dass Tiere weder vor den Augen anderer Tiere geschlachtet werden, noch, dass sie lange unter Schmerzen leiden müssen. Keine andere Religion hat ähnliche Verhaltensbedingungen gegenüber Tieren festgelegt.

II.5 Tiere im Judentum

Tiere haben im Judentum einen hohen Stellungswert. So ist auch der Umgang mit Heim- und Nutztieren geprägt von Respekt und Verantwortung.

Besitzt man ein Tier, so muss man sich angemessen um es kümmern und es füttern, bevor man sich selbst versorgt. Außerdem muss dem Tier Schabbatruhe gewährt werden, der Mensch allerdings muss seine Ruhe unterbrechen, um das Tier zu versorgen. "Du darfst keinem Lebewesen Schmerz und Leiden zufügen" ist das als "tsaar baalei chajim" bekannteste Gesetz des jüdischen Tierethos. Ursprünglich ist der Verzehr von Fleisch nicht für Juden vorgesehen, was an den fehlenden Segenssprüchen für Fleisch und Tierprodukte in der Tora deutlich wird. Gläubige Juden achten darauf, dass ihre Speisen koscher sind. Koscher bedeutet rein, und verbietet auch das Essen von unreinen Tieren, heißt nicht-wiederkäuenden Tiere ohne Klauen, wie beispielsweise Schweinen. Hier sind Parallelen zum Islam zu ziehen. Auch muss die Aufnahme von Milch, oder Milchprodukten) und Fleisch um mindestens 6 Stunden voneinander getrennt sein. Im Bezug auf die Unreinheit treffen sehr orthodoxe Juden strenge Vorkehrungen. Teilweise gestatten sie sich und ihrer Familie keinen Kontakt zu unreinen Tieren und Abbildern von diesen (z.B. Kuscheltiere).

Im Judentum gilt das Tier als Begegnung, um die eigene Seele zu erkennen. Tiere können dem Sprecher das eigene Verhalten verdeutlichen. Das steht auch schon in der Tora geschrieben: "Da öffnete der Ewige den Mund der Eselin und sie sprach zu Bileam: Was habe ich dir getan, daß du mich nun dreimal geschlagen?"[3] (Num 22,28).

Auch haben die Juden besondere Regeln im Bezug auf Sodomie. Sie gilt als verboten und wird mit dem Tode von Mensch und Tier bestraft.

II.6 Tiere in der Geschichte

Am Beginn der Geschichte des Menschen war sein Selbstbewusstsein noch nicht völlig von dem des Tieres trennbar. Er konnte gleichzeitig Mensch und tierischer Jäger sein. Erst im Laufe der Zeit bildete sich die menschliche Identität heraus. In der Menschheitsgeschichte wurden Tiere vergöttert und geächtet, sie waren aber immer Dialogpartner des Menschen und beeinflussten die Fantasie des Menschen. „In den alten schamanischen Jägerkulturen galten die weißen Knochen eines erlegten Tieres als heilige Garanten seiner Wiedergeburt. Besonders die Schädel bargen nach diesem Glauben die Kraft ewiger Lebenserneuerung, deshalb wurden sie nie weggeworfen, sondern an Ehrenplätzen aufgestellt“ (Savory-Deermann 1995, S.2). Bis heute hält sich der Glaube an mystische Kräfte in Tierknochen (z.B. Horn des Nashorns)stetig. In den abendländlichen Kulturen gilt die Ausstellung von Jagdtrophäen als Symbol für das endgültig vergangene Leben.

Vor allem die nördlichen, protestantisch-puristische Völker lehnten den Körperkontakt zu Tieren über Jahrhunderte ab. Dabei haben Menschen, wie die Tiere auch, einen Drang zur Fellpflege. Beim Spiel mit einem Tier besinnt sich der Mensch zurück auf seine Wurzeln. Tiere darf man streicheln, anfassen und in den Arm nehmen. Dies ist vor allem für Männer wichtig, da Körperkontakt zwischen Männern in der Gesellschaft oft nicht anerkannt ist.

Die Philosophen Aristoteles und René Descartes gehen davon aus, dass von den Lebewesen auf der Welt, nur den Mensch eine Seele besitzt, Tiere also nicht. Keine Philosophie behauptet das Gegenteil. Die Seele gilt als Lebensantrieb und bestimmt die Weise des Seins. Damit hat das Tier keinen Verstand, keine Sprache und kein Bewusstsein. Das bedeutet auch, dass Tiere keinen Schmerz empfinden können. Mit dieser Sichtweise werden bis heute Tierversuche gerechtfertigt.

Schon im Mittelalter setzten sich Tierschützer gegen Tierquälerei, beispielsweise bei Hahnenkämpfen oder Jagden, ein. Quäker und Puritaner beriefen sich immer wieder auf die Schöpfung Gottes, welche Mensch und Tier verbindet. Ganz langsam erst kam es zu einer Trennung und ein ökologischen Bewusstseins entwickelte sich. Erst während der Industrialisierung im 19./20. Jahrhundert änderte sich die Beziehung. Das Tier wurde vom Nahrungslieferanten, Lastenträger und Arbeitsmittel zum Statussymbol. Zu dieser Zeit entwickelte sich auch die Tierethik: Das Tier wurde zum Partner und Freund. Trotzdem hegt die Verhaltens- und Hirnforschung noch Zweifel, ob Tiere eine Seele besitzen, denn bisher fehlen die Beweise.

II.6.1 Domestikation

Seit Anbeginn der Zeit genießt der Mensch die Anwesenheit der Tiere, darunter vor allem Hunde und Katzen. Domestikation, das bedeutet das Gewöhnen an den Menschen und das Zutraulichmachen von ursprünglichen Wildtieren. So wird ein Zusammenleben mit dem Menschen möglich. Papageien, Vögel und Kleintiere sind aber oft nur Gefangene, obwohl diese auch im Haus des Menschen leben, und wenig zutraulich. Dabei gibt es zwei Arten von Menschen. Diejenigen, die mit Tieren leben und diejenigen, die neben Tieren leben. Dabei haben Hund und Katzen einen höheren Stellenwert, als beispielsweise Pferd oder Schaf.

Der Hund ist das älteste, domestizierte Haustier. Schon in der Altsteinzeit war er ständiger Begleiter des Menschen. Der Grund ist bis heute ungeklärt. Wissenschaftler vermuten, dass der Hund entweder als Nutztier (Wächter, Hirte, Jäger, Abfalleimer, Nahrungsmittel), oder als Gefährte genutzt wurde, der beruhigend und belebend zugleich wirkte. Die Katze wurde ursprünglich nicht zum Nutzen für den Menschen domestiziert. Um die Vorräte zu schützen und Mäuse zu jagen, wurden überwiegend Frettchen, Mungos und Iltisse eingesetzt. In Ägypten gelten Katzen als heilig, und Bewacher der heiligen Grabstätten und dürfen nicht getötet werden. In Rom wurden Katzen anfangs wegen ihrer Schönheit ins Haus geholt. Letztlich ist die Domestikation der Katze voller Widersprüche. Im Christentum wurden sie oftmals geopfert, weil sie das Liebste waren, was man damals hatte. Im Hochmittelalter und der frühen Neuzeit galt die Katze sogar als Teufelstier. Man wollte sie nicht im Haus haben und verbannte sie in den Stall. Dadurch, und weil man seine Zuneigung eher dem Hund schenkte, konnte man mit ihnen schlecht eine persönliche Beziehung aufbauen.

Der Katzenforscher Prof. Dr. Paul Leyhausen kam letzten Endes aber zu erstaunlichen Forschungsergebnissen. Seine Katzen begrüßten ihn jedes Mal, wenn er den Raum betrat. Sogar nach 1-2 Tagen Futterentzug freuten sie sich umso mehr auf ihn, weil sie sich an ihn gewöhnt hatten. Sie strichen ihm intensiv um die Beine und forderten Streicheleinheiten. Das spricht für das soziale Bedürfnis von Katzen. Dieses können sie zwar auch mit Artgenossen stillen, scheinen aber zum Menschen eine stärkere Beziehung, als zu anderen Katzen aufbauen zu können und wollen (vgl. Buck-Werner/Greiffenhagen 2011, S.21f.).

Die Domestikation vereinfacht dem Menschen das Zusammenleben mit Tieren. Für die Gesundheit der Tiere hat diese aber nicht nur positive Auswirkungen. In der Obhut und Fürsorge des Menschen, können auch schwächere Tiere überleben. Trotzdem führt die fehlende natürliche Selektion zu einer höheren Anfälligkeit gegenüber Krankheiten, wie genetischen Anomalien. Knochenfunde beweisen diese Mangel- und Fehlernährung, Überlastung und Verletzungen.

Grund für die Domestikation ist die gemeinsame Verwurzelung in der Natur.

Auch werden hierbei auf beiden Seiten Bedürfnisse befriedigt; emotional, sozial und physisch. Durch die Symbiose von Mensch und Tier wird das Verlangen nach Solidarität von Lebewesen, welche fühlen, dass man verwandt ist, hervorgerufen. Dies ist vor allem bei der Trauerbewältigung, auf beiden Seiten hilfreich. Durch diese Symbiose sind starke Freundschaften nicht nur nur im Bereich Mensch-Tier, sondern auch im Bereich Tier-Tier, wie zum Beispiel bei Hund und Katze möglich, und immer wieder beobachtbar.

II.7 Heutige Bedeutung von Tieren in unserer Gesellschaft

Tiere sind in der heutigen Gesellschaft für die Menschen wichtiger den je. Sicherten sie früher das Überleben des Menschen, so sind sie heute Partner, Familienersatz und Statusobjekt. Die Mensch-Tier-Beziehung muss allerdings im Gesamtkontext gesehen werden. Der Wandel der gesellschaftlichen Stellung des Tieres, und dessen Nutzung im Laufe der Zeit, ist stark von der sozialen und kulturellen Entwicklung der Menschheitsgeschichte abhängig. Die ökonomische und kulturelle Stellung des Tieres ist also abhängig davon, welche Haltung die Gesellschaft im Bezug auf das Tier einnimmt. So ist es in manchen asiatischen Ländern, wie Korea, Vietnam und Teilen Chinas Normalität Hunde zu verspeisen, weil sie dort als Nahrungstier gelten. In Deutschland würde man aber nicht auf die Idee kommen, seinen Hund wie ein Spanferkel zu grillen und zu verspeisen.

In vielen Religionen bilden Tiere eine Brücke zwischen Menschen und den Göttern. Tiere bringen den Menschen die Götterwelt nahe, weshalb manche Religionen Tiertötungen komplett ablehnen (z.B. Hinduismus, Jainismus). Altägyptische Religionen benutzten Tiere ebenfalls, um dem Menschen etwas über das Wesen der Götter mitzuteilen.

Heute tragen Tiere einen veränderten, aber dennoch wesentlichen Teil zu unserer Gesellschaft bei. Egal ob als Nahrungsmittel, heiliges Tier, oder Freund und Familienmitglied. Aus keinem Teil der Erde sind Tiere in der Gesellschaft wegzudenken.

III. Tiergestützte Interventionen

Mensch-Tier-Beziehungen und die damit verbundenen Zusammenhänge und Wirkungen der Interventionen, in einem Satz umfassend zu beschreiben, ist kaum möglich, da diese sehr komplex sind. Durch die Anthropomorphisierung neigen die Menschen dazu, Tiere wie Menschen zu behandeln. Sie erhalten einen eigenen Namen und bekommen Gefühle und Eigenschaften zugeschrieben. Das Tier erhält Charakter. Dieses Phänomen ist vor allem bei Kindern beobachtbar und vollkommen normal, da bei ihnen die Endkulturation und Sozialisation noch nicht abgeschlossen ist. Die Anthropomorphisierung ist Bedingung für den Beziehungsaufbau und damit Voraussetzung für gelungene Interventionen (dazu mehr in III.2). Allerdings muss die Vermenschlichung sich auch Kritik aussetzen. Möglicherweise kann eine, vom Tier ausgehende Gefahr nicht erkannt werden, oder wird fehlinterpretiert, wenn man dem Tier zu vertraut ist. Hierzu zählt auch die Legitimation für grausame Behandlungen in menschenähnlichen Eigenschaften (dazu mehr in III.2). Tiergestützte Interventionen erfreuen sich immer größer werdender Beliebtheit. Tiere sind das perfekte Kommunikations- und Therapiemedium. Sie erwarten kein gutes Benehmen, setzen keinen Zwang ein, erhoffen sich keinen Beweis des Könnens. Tiere haben auch einen Einfluss auf die Kommunikation des Menschen. Der Mensch entspannt sich automatisch und verändert Mimik und Gestik, sobald er mit einem Tier kommuniziert, im Fachjargon das sogenannte „loosing the stiff upper lip“ (benannt nach dem Veterinärmediziner R.D. Ryder) (vgl. Buck-Werner/Greiffenhagen 2011, S.39). So hat fastjeder schon mal eine Person beobachtet, die einen Hund streichelt und dabei die Tonfrequenz erhöht und fast automatisch in die Babysprache verfällt (fraglich ist, ob hier ein Zusammenhang zwischen Babysprache und Tiersprache besteht. Weder Baby, noch Tier können eine Antwort geben, muss/kann/sollte man also in einer hochfrequenten, leicht verständlichen Sprache mit beiden sprechen, damit sie einen besser verstehen?).

Unter tiergestützten Interventionen versteht man alternative Behandlungsmethoden und -verfahren in Kooperation mit Tieren. Sie werden zur Heilung, oder zumindest zur Linderung von belastenden Symptomen, im Bereich von psychiatrischen und neurologischen Erkrankungen, sowie (vorübergehenden) körperlichen und geistigen Behinderungen eingesetzt. Tiergestützte Interventionen verfolgen das Ziel Entwicklungsprozesse zu unterstützen, fördern und anzuregen (Entwicklungsförderung). Durch sie hat man die Möglichkeit stagnierende, oder verzögerte Entwicklungsprozesse (wieder) in Gang zu setzen, oder sie zu aktivieren (Entwicklungsaktivierung). Ebenfalls kann man fehlgelaufene, oder gestörte Entwicklungsprozesse in andere Bahnen lenken und korrigieren (Entwicklungskorrektur). Bei Erwachsenen wird zusätzlich der Aspekt der Verbesserung der Lebensqualität angestrebt, was bei Kindern eher im Hintergrund geschieht. Das Tier wird hierbei als Medium zur Zielerreichung eingesetzt. Oftmals fungiert es als Zielobjekt, denn schon die bloße Anwesenheit löst positive Emotionen aus. Als lebendes Objekt ist es dabei nicht bloß reiner Gegenstand, sondern gestaltet den Interventionsprozess aktiv mit.

William Stern stellte 1914 die These auf, dass Umwelt und Anlage gleichermaßen die Entwicklung der Persönlichkeit beeinflussen (vgl.Schneider/Vernooji 2010, S.71). An der Persönlichkeitsentwicklung sind dabei 3 Faktoren beteiligt. Zum einen wirken hier genetische Faktoren, wie Wachstum und Reifung zum erwachsenen Menschen, oder Entfaltung der individuellen genetischen Anlagen mit. Zum anderen soziokulturelle Faktoren, wie Familie, Schule, Gesellschaft und biologischer Lebensraum beteiligt. Aber auch innerseelische, dynamische Faktoren, wie bewusste Selbststeuerung (wie Motive, Lebenspläne, Selbsterziehung), und unbewusste dynamische Prozesse auf der Basis von früher (verdrängten) Erlebnissen und Erfahrungen wirken hier bei der Entwicklung mit. Tiere werden oftmals dann eingesetzt, wenn kein anderer Therapieansatz mehr greift.

Tiergestützte Interventionen wirken ganzheitlich. Sie sprechen den körperlich­motorischen Bereich, den kognitiven Bereich, den emotionalen Bereich und den sozialen Bereich an. Dabei wirken tiergestützte Interventionen nach Schneider und Vernooji (2010, S.73) vor allem auf folgende Bereiche (siehe auch Anhang 2):

- Sprache/Kommunikation
- Kognition/Lernen
- Motorik/Körpergefühl
- Wahrnehmung
- Emotionalität
- Soziabilität

Bei einer Begegnung mit einem Tier werden aber auch die Sinne angesprochen. Oftmals werden mehrere Sinne gleichzeitig angeregt und wirken zusammen. So können der visuelle Bereich (Beobachten des Tieres), der auditive Bereich (Welche Geräusche macht das Tier?), der taktile Bereich (Wie fühlt sich das Tier an?), der kinästhetische Bereich (Wie nehme ich meinen Körper, z.B. beim Reiten wahr?) und der olfaktorische Bereich (Welchen Geruch hat das Tier?) gleichermaßen geschult und verbessert werden (vgl. Schneider/Vernooji 2010, S.21).

Im folgenden Kapitel möchte ich einen Überblick über die wesentlichen Punkte der tiergestützten Intervention geben, um zum besseren Verständnis zu verhelfen und einen Einblick in die Materie zu gewähren Dabei spielen vor allem die Kommunikation und die Art und Weise, wie der Mensch das Tier als Gegenüber behandelt, eine wesentliche Rolle, die man nicht außen vor lassen darf.

III.1 Geschichte und Entwicklung

Bereits im 8. Jahrhundert wurden Tiere in Belgien bewusst für therapeutische Zwecke eingesetzt (vgl Buck-Werner/Greiffenhagen 2011, S.13f.). Im 18. Jahrhundert gründeten Quäker in England die Nervenheilanstalt „York Retreat“, bei der Patienten mit im Einklang mit der Natur mit Tieren zusammenlebten, um die sie sich kümmern mussten. Im 19. Jahrhundert wurde in Deutschland die Einrichtung Bethel gegründet. Bethel begann als Zentrum für Epileptiker, das von Anfang an auf die heilende Wirkung von Tieren vertraute. Mittlerweile ist es das größte Zentrum weltweit im Bereich der Tierarbeit. Heute ist Bethel nicht mehr nur im Bereich der Epileptik tätig, sondern arbeitet bereichsübergreifend, unter anderem auch in der Altenhilfe, Behindertenhilfe und Psychiatrie mit Tieren als Partner (vgl. Bethel: http://www.bethel.de/angebote.html, Zugriff: 24.03.2014). Aus dem, anfangs sehr kleinen Zentrum, wurde ein ganzes Dorf mit Kliniken, Kindergärten, Schulen, Heimen, Wohngruppen, Werkstätten, sowie Einkaufs- und Freizeitmöglichkeiten. Bis heute werden dort Schafe, Ziegen, Hunde und Katzen zu Therapiezwecken eingesetzt. „Das Verantwortungsgefühl für die Tiere, das Leben mit der Natur, das Wohnen in der Gemeinschaft und die tägliche Arbeit machen den Tag für die behinderten Bewohner zu einem sinnerfüllten Erlebnis“ (Otterstedt 2001, S.97; zit.n. Schneider/Vernooji 2010, S.97).

Mitte des 20. Jahrhunderts wurden in New York erstmals Tiere in einem Krankenhaus eingesetzt, um Kriegsveteranen bei der Aufarbeitung von Traumata zu helfen. Leider wurden diese ersten Versuche weder dokumentiert, noch evaluiert, weshalb sie im Laufe der Geschichte neu entdeckt und erforscht werden mussten (vgl. Buck-Werner/Greiffenhagen 2011, S. 14). Auch wurden ab 1918 Blindenhunde speziell für verwundete und blinde Soldaten des 1. Weltkriegs ausgebildet.

1944 veröffentlichte James H.S. Bossard zahlreiche Artikel über den therapeutischen Wert eines Hundes, doch erst später, durch Levinsons Veröffentlichungen befassten sich Wissenschaftler näher mit dem Thema. Boris Levinson, ein Kinderpsychiater, stellte zufällig erstaunliche, positive Veränderungen in der Therapie fest, wenn sein Hund Jingles in Therapiesitzungen anwesend war. Er war der Erste, der gezielt Tiere in der Therapie einsetzte und gilt damit als Begründer der tiergestützten Therapie. Durch das Publizieren seiner Erfahrungen erregte das Thema der tiergestützten Interventionen immer mehr Aufmerksamkeit, bis letztlich der neue Wissenschaftszweig der „Mensch-Tier-Beziehungen“ (engl. „Human-animal- interactions“) entstand (vgl. Schneider/Vernooji 2010, S.26f.).

Seit den 1970er Jahren bilden sich immer mehr Vereine und Gesellschaften in verschiedenen Ländern heraus, welche sich intensiv mit dem Thema der tiergestützten Interventionen befassen. Zu den wichtigsten Organisationen gehört „The Delta Society“, welche 1977 in den USA gegründet wurde. „The Delta Society“ spielt bis heute eine maßgebliche Rolle in Bezug auf praktische Umsetzung und Richtlinien bei den tiergestützten Interventionen. Ebenfalls 1977 wurde „Institut für interdisziplinäre Erforschung der Mensch-Tier-

Beziehung“ (IEMT) von Konrad Lorenz gegründet. In Frankreich gründete sich im gleichen Jahr die „Association Française d'information et de Recherche sur l'Animal de Compagnie“ (AFIRAC). Nur zwei Jahre später wurde in Schottland die „Society for Companion Animal Studies“ (SCAS) gegründet. Seit 1990 gilt die IAHAIO („International Association of Human- Animal-Interaction-Organisations“) als internationaler Dachverband für die Erforschung der Mensch-Tier-Beziehungen. Sie umfasst alle nationalen Vereinigungen und andere Organisationen, welche sich mit dem Thema der tiergestützten Interventionen befassen. Der Hauptsitz der Organisation ist in Washington, USA bei „The Delta Society“.

Deutschland gilt zwar als Vorreiter, was das therapeutische Reiten anbetrifft (anfangs vor allem bei emotional gestörten Kindern eingesetzt), trotzdem wurde das Thema der tiergestützten Interventionen und damit verbundene Forschungen, im Gegensatz zu anderen Ländern und vor allem dem anglo- amerikanischen Raum, erst sehr spät in Deutschland aufgegriffen. Erste Studien dazu stellten in den 1980er Jahren Reinhold Bergler und Erhard Olbrich an. In dieser Zeit wurden auch in Deutschland zahlreiche Vereine gegründet; der größte ist „Tiere helfen Menschen e.V.“. Zu den wichtigsten deutschen Vereinen, welche national tätig sind, zählt der „Forschungskreis Heimtiere in der Gesellschaft“, welcher 1988 gegründet wurde und sich insbesondere mit der Beziehung zwischen Menschen und Heimtieren befasst.

III.2 Du-Evidenz

Die Du-Evidenz spielt in der Mensch-Tier Beziehung eine wichtige Rolle, denn ohne sie kann eine erfolgreiche, tiergestützte Intervention nicht stattfinden. Als Du-Evidenz bezeichnet man die Fähigkeit zu tiefgreifenderen Beziehungen zwischen Mensch und höherem Tier[4], als zwischen Tier-Tier, oder auch Mensch-Mensch. Sie beschreibt die Fähigkeit und das Bewusstsein des Menschen, ein anderes Lebewesen als Individuum wahrzunehmen. Evidenz ist eine unumstößliche Tatsache, oder eine faktische Gegebenheit (vgl. Duden, S.). Ein Sachverhalt ist also evident, wenn er richtig ist, und dies nicht bewiesen werden muss. Die Initiative geht meist vom Menschen aus, der sich einem höheren Tier nähert, ist aber auch umgekehrt möglich. Geprägt wurde der Begriff 1922 durch Karl Bühler, einem Denk- und Sprachpsychologen, der auch die Kommunikation hinreichend untersuchte. Du-Evidenz selbst ist nur möglich, wenn die Beziehung auf einer Partnerschaft beruht. Die Du-Evidenz wird aus Du-Erfahrungen gespeist, die aber auch einseitig, oder auf subjektive Erlebnisse beschränkt sein können, wie beispielsweise das Umschwärmen eines Stars, oder das Anhimmeln eines Autos. Das Tier gilt als Genosse mit personalen Qualitäten. Das Tier wird nicht unbedingt als Tier, sondern eher als Partner und Freund wahrgenommen. Du-Evidenz drückt Verbundenheit aus. Dies bringt auch die Namensgebung zum Ausdruck, wodurch das Tier Individualität erhält. So trägt der Hund in England beispielsweise auch den Familiennamen des Besitzers (vgl. Buck-Werner/Greiffenhagen 2011, S.44). Es wird zu einem Teil der Familie, zu einem Ansprechpartner, welcher Zuneigung erhält. Das Tier wird ein Subjekt mit Bedürfnissen und Rechten, dem man Respekt entgegenbringt, ähnlich einem Menschen. Vor allem aus diesem Grund gibt es Tierfriedhöfe, denn ein Familienmitglied wird nicht in den Müll gekippt, sondern angemessen beerdigt.

1931 versuchte Geiger die Du-Evidenz auf die Mensch-Tier Beziehung zu übertragen, wobei er diese eher in die Sparte des Erlebniswissens einordnete, statt in die Sparte des reflektierten Wissens (vgl. Schneider/Vernooji 2010, S.8). Geiger nahm an, dass persönliche Erlebnisse entscheidend für die Ausprägung der Du-Evidenz sind. So fließen subjektive Einstellungen und authentische Gefühle in die Entwicklung mit ein. Du-Evidenz wirkt also eher auf der sozioemotionalen, als auf der kognitiven Ebene. Auch Konrad Lorenz führte die Du-Evidenz auf Erlebnisse zurück. Dies schloss er vor allem aus Erfahrungen und Erlebnissen, die er mit seinem eigenen Hund machte (vgl. ebd.). Eine Mensch-Tier-Beziehung wird vor allem dann ausgeprägt, wenn Mensch und Tier eine gemeinsame Basis haben. Das heißt, beide Parteien sind gleichwertig in Bedürfnissen und Gefühlen und nehmen sich gegenseitig als „Du“ wahr. Dieses Wahrnehmen bedarf nicht zwangsläufig einer verbal­digitalen Sprache (siehe III.4), sondern kann auch ausschließlich auf Gefühlsebene vollzogen und zum Ausdruck gebracht werden.

Die Du-Evidenz prägt der Mensch vor allem mit sozial lebenden Tiere, wie Hund oder Katze aus. Grund hierfür ist, dass der Mensch in diesen Tieren einen gleich- oder zumindest ähnlichwertigen Partner sieht. Sozial lebende Tiere haben ähnliche Grundbedürfnisse und sind in ihrer Körpersprache, und den Komponenten, die sie damit zum Ausdruck bringen, dem Menschen vergleichbar. Von der Du-Evidenz profitieren beide Seiten gleichermaßen. Tiere bieten aufgrund ihrer Anthropomorphisierung immer größere und facettenreichere Identifikationsmöglichkeiten. Die Anthropomorphisierung spiegelt sich auch im Verhalten des Menschen und in der Ausprägung neuer Verhaltensweisen wieder. So ist diese gar nichts komisches mehr, sondern sogar „unersetzlich“ (Brockmann 2002, S.131; zit.n. ebd.). Das wird auch in vielen Filmen deutlich, welche die Thematik der Mensch-Tier-Beziehung thematisieren. Zu den bekanntesten Filmen zählen Flipper, Fury und Lassie, in denen die Tiere zwar antrainierte Kunststücke und Eigenschaften zeigen, doch selbst diese Art der Darstellung erfreut sich größter Beliebtheit.

Die Du-Evidenz bringt aber auch rechtliche Konsequenzen mit sich. Im Mittelalter schickte es sich, für ein unrechtmäßig getötetes Tier Buße zu tun. Teilweise wurden Tieren sogar rechtliche Prozesse gemacht, wenn sie gegen das Gesetz verstießen. So wurde beispielsweise ein Schwein, welches ein Kind verletzt hat, hingerichtet, während andere Schweine dabei zusehen mussten (vgl. Bruck-Werner/Greiffenhagen 2011, S.23). Auch im Bezug auf den Tierschutz hat die Du-Evidenz einige Veränderungen bewirkt. So wandelte sich beispielsweise das Gesetz vom Verbot öffentlichen Quälens von Tieren, zum allgemeinen Verbot der Tierquälerei. Seit 1972 ist Tierquälerei in Deutschland offiziell verboten und ein Gesetz schützt Leben und Wohlbefinden der Tiere. Allerdings ist es dem Menschen möglich, seine Interessen überzuordnen und „vernünftige Gründe“ zu finden, dieses Gesetz zu umgehen. So sind beispielsweise Tierversuche und Massentierhaltung noch immer erlaubt, obwohl sowohl Wohlbefinden, als auch Leben der Tiere eingeschränkt und gefährdet wird.

Du-Evidenz gilt als Voraussetzung, damit tiergestützte Interventionen und damit auch therapeutische und pädagogische Hilfe funktionieren. Diese beginnen beim Beobachten und Füttern von Fischen, bis hin zu einer partnerschaftlichen Beziehung. Vor allem Kinder sind für Du-Evidenz ansprechbarer und prägen die Kind-Tier Beziehung, da diese für Du- Subjektivität aufgeschlossener sind. Allerdings stellt sich auch hier die Frage, inwieweit ein Tier den Menschen überhaupt versteht. Ein Tier baut als Freund und Partner eine Bindung zum Menschen auf, die oftmals durch Rituale, beispielsweise Pfötchenheben des Hundes, geprägt ist. Das muss aber nicht zwangsläufig bedeuten, dass der Hund die Worte versteht. Sicherlich orientiert sich das Tier am Tonfall des Menschen, denn vor allem Hunde sind sehr sensibel und können kleinste Änderungen im Tonfall wahrnehmen. Die Namensgebung spielt ebenfalls eine entscheidende Rolle im Verlauf der Beziehung. Die Bindungstheorie versucht dieses Phänomen zu erklären. Sie geht davon aus, „dass die Erfahrungen früher Bindung an eine oder mehrere Bezugspersonen bzw. deren Fehlen entscheidenden Einfluss auf die sozio- emotionale Entwicklung von Kindern [Jugendlichen und Erwachsenen] haben“ (Schneider/Vernooji 2010, S.10). Heißt, die Art der Bindungserfahrung ist ausschlaggebend für späteres emotionales und soziales Verhalten, Beziehungen und Emotionen. Durch die Du-Evidenz gelten Tiere für den Menschen als Bezugsobjekte, und umgekehrt. Positive Bindungserfahrungen sind möglich und gewünscht und unter Umständen auch auf die Beziehung mit Menschen übertragbar. Ungünstige ausgeprägte Beziehungsmuster können durch den Einsatz von Tieren und die, mit der Ausprägung der Du-Evidenz verbundenen Erfahrungen, positiv beeinflusst und verändert werden.

III.3 Biophilie

Der Verhaltensbiologe und Begründer der Soziologie Edward O. Wilson verfasste die Hypothese der Biophilie. Diese geht davon aus, dass der Mensch seit Millionen von Jahren eine tiefe, innere und biologisch begründete Verbundenheit mit der Natur und den Lebewesen hat (vgl. Schneider/Vernooji 2010, S.4). Diese prägt den Menschen im Laufe seines Lebens und beeinflusst seine Entwicklung. Die Verbundenheit beeinflusst Verhalten, Gefühle, geistige Fähigkeiten, Ästhetik und spirituelle Entwicklung. Dabei handeln wir nicht nur nach dem Instinkt, sondern nach einem „komplexe[n] Regelwerk“ (Vernooji/Schneider 2010, S.4). Dabei beeinflusst die Natur nicht einfach so die Entwicklung des Menschen, (oder gar aller Lebewesen?) sondern der Mensch hegt ein inneres Bedürfnis eine Beziehung zur Natur aufzubauen, sei sie belebt, oder unbelebt. So „muss“ sich der Mensch mehr oder weniger um Tiere und Pflanzen sorgen. Sei es als Haustier, oder Heimpflanze, oder allein, wenn es nur um das eigen auferlegte Verbot geht, das Kaugummipapier nicht in die Landschaft, sondern in den Müll zu werfen. Tiere gelten hierbei als soziale Katalysatoren, welche den Austausch mit anderen Lebewesen, Landschaften und Ökosystemen ermöglichen und erleichtern (vgl. 0lbrich/0tterstedt2003, S. 96).

Der Mensch nutzt das Tier, seit der Domestikation, als Nutztier und Gefährte. Tiere sichern seit Millionen von Jahren das Überleben des Menschen, indem sie ihm als Nahrungslieferant dienen. Die Eiweiszufuhr, durch das Fleisch der Tiere, und das damit verbundene, wachsende Hirnvolumen, ist nur ein positiver Aspekt des Fleischverzehrs. So gut wiejedes „Überbleibsel“ des Tieres wurde nach der Schlachtung genutzt. Das Fell als Wärmelieferant, die Knochen als Schmuck und das Blut zum Durststillen oder Kochen. So nützlich das Tier als Nahrungslieferant ist, so nützlich ist es auch für die Seele. Es ist Ansprech­partner und Jagdgefährte (beispielsweise Frettchen oder Hund). Aber auch als Erdbebenwarner, Fährtenleser, oder als Verteidiger leisten Tiere schon seit Millionen von Jahren treue Dienste und sichern so, unter Umständen sogar das Überleben des Menschen.

Auch in der heutigen Zeit der Industrialisierung und Schnelllebigkeit hat das Tier weiterhin positive und heilsame Wirkung auf den Menschen. Laut Olbrich (2003, S.185) werden die Menschen durch die Beziehung zu Tieren wieder ihren „archetypischen Kommunikations- & Interaktionsmöglichkeiten gewahr.“ „[Sie] stärken oder bereichern das Gefüge von Beziehungen zwischen der Person und ihrer belebten Umgebung, und sie tragen dazu bei, dass auch psychisch [...] eine Verbundenheit zwischen bewussten und unbewussten, zwischen kognitiven und emotionalen, zwischen implizit-erfahrungsgeleiteten und explizit-kontrollierenden Prozessen verbessert wird“ (Olbrich 2003, S.69). Stephen R. Kellert erstellte 1993 neun Kategorien als biologische Grundlage für die Verbundenheit des Menschen mit der Natur (siehe Anhang 3). Diese Kategorien werden während tiergestützten Interventionen fast alle angesprochen. Manche sind weder steuer- noch kontrollierbar (z.B. Harmoniegefühl, Seelenverwandtschaft), andere können bewusst gesteuert, kontrolliert und genutzt werden (vgl. Schneider/Vernooji 2010, S.6f.).

Biophilie ist also die kognitive, emotionale und physische Hinwendung zum Leben mit der Natur, welche für die Entwicklung eines Menschen eine wichtige Bedeutung hat.

III.4 Kommunikation

Unter Kommunikation im engeren Sinne versteht man einen Vorgang zwischen zwei Personen, der in der Regel verbal, zum Zwecke der Informations­übermittlung abläuft. „Allgemein ist unter Kommunikation eine gerichtete Informationsübertragung und damit ein Einfluss von einem Sender-System auf ein Empfänger-System zu verstehen“ (Rosenbusch/Schober 1994, S.16ff; zit.n. Schneider/Vernooji 2010, S.16). Unter Kommunikation im weiteren Sinne versteht man alle Vorgänge, „in denen Informationen gesendet und empfangen, nicht unbedingt ausgetauscht werden“ (Vernooji 2004a, S.9; zit.n.

Schneider/Vernooji 2010, S.16). Der zentrale Prozess der Kommunikation ist die Umwandlung von Gedanken, Gefühlen, Bedürfnissen und Impulsen in Wörter, Symbole und Zeichen, welche vom Gegenüber verstanden werden können. Hierbei sind nicht nur die offensichtlich gesagten oder gezeigten Aspekte von Bedeutung, sondern auch individuelle Signale, wie Mimik, Gestik, Körperhaltung, Geruch, Geschmack, oder Stimmmodulation (hoch, tief, betont...). Diese Aspekte nennt man nonverbale Kommunikation (siehe Anhang 4). Sie treten sprachbegleitend auf und sprechen die Beziehungsebene an. So kann man anhand der nonverbalen Kommunikation seinen Standpunkt vertreten und dem Gegenüber kenntlich machen, auf welcher Ebene er sich befindet und welchen Status er hat. Eine Person kann eine andere Person sowohl als minderwertig, gleichwertig, oder höherwertig lediglich anhand seiner Körpersprache und Ausdrucksweise einstufen und es dieser deutlich machen. Menschen und Tieren verständigen sich überwiegend nonverbal. Tiere können der Lautsprache des Menschen zwar Signale entnehmen, doch können sie die Bedeutung des Gesprochenen nicht verstehen. Sie beziehen ihre Informationen lediglich aus den mitschwingenden, nonverbalen Signalen. Diese nonverbalen Signale senden Lebewesen bei jeder Art der Bewegung und Kommunikation aus. Verschränkte Arme signalisieren dem Gegenüber Ablehnung und auf-die-Lippe-beißen unbewusst Nervosität. „Man kann sich nicht nicht verhalten. Wenn man also akzeptiert, dass alles Verhalten [...]

Mitteilungscharakter hat, das heißt Kommunikation ist, so folgt daraus, dass man [...] nicht nicht kommunizieren kann. Handeln oder Nichthandeln, Worte oder Schweigen haben Mitteilungscharakter. Sie beeinflussen andere und diese können ihrerseits nicht nicht auf diese Kommunikation reagieren und kommunizieren damit selbst“ (Watzlawick et al. 1969, S.51; zit. n. Schneider/Vernooji 2010, S.17). Der Inhaltsaspekt vermittelt also lediglich die Daten, der Beziehungsaspekt gibt an, wie die Daten aufzufassen sind und vermittelt damit gleichzeitig Sachinformationen.

Kommunikation kann in digital und analog unterschieden werden. Digitale Kommunikation besteht dann, wenn dem mitzuteilendem Objekt (z.B. einer Bitte) willkürlich eine Ausdrucksform, beispielsweise ein Wort oder eine Ziffer, zugeordnet wird, welche/s aber lediglich ein Zeichen für das Gemeinte darstellt. So entstehen klar definierte Symbolsysteme, die dem Gegenüber bewusst sein müssen. Bedingung um diese Symbole zu verstehen ist, dass beiden Kommunikationspartner diese Symbole bekannt sind, sie die gleiche „Sprache“ sprechen. Die analoge Kommunikation verhält sich anders. Hier wird die Kennzeichnung nicht willkürlich festgelegt, sondern Inhalt und Ausdrucksform weisen ein Ähnlichkeitsverhältnis auf. So kommt die analoge Kommunikation ohne festgelegte Symbolsysteme aus. Analoge Kommunikation ist die gemeinsame Sprache zwischen Mensch und Tier und ist überall und mit jedem Lebewesen möglich; schon vor der eigentlichen Sprachentwicklung. Die analoge Kommunikation kommt insbesondere dann auf der Beziehungsebene zum Ausdruck, wenn positive, oder negative Emotionen mitschwingen. Eine Geste/Miene sagt mehr als 1000 Worte. „Worte können lügen. Unsere Körpersprache jedoch nicht: Als elementare Form des Selbstausdrucks spiegelt sie unsere Gefühle und unser Innenleben wider. Gedanken, Haltung, Gestik, Mimik, Atmung, Blickkontakt, Bewegungen im Raum, Distanz und Nähe: All diese Elemente zusammen machen den Gesamteindruck einer Person aus“ (Fiegler/Truckenbrodt 2004, S.20; zit.n. Schneider/Vernooji 2010, S.23f). Für einen Menschen ist die Körpersprache fast nicht kontrollierbar. Es ist schier unmöglich sie abzuschalten, oder bewusst zu verändern, und würde sehr großer Anstrengung und viel Übung bedürfen. Voraussetzung für analoge Kommunikation ist das Empfinden von Empathie, Selbstkongruenz und ein gewisses Grundvertrauen in Beziehungen.

Beide Formen zusammen ermöglichen das Erleben von Ganzheitlichkeit und Verbundenheit mit der Natur und der Umwelt (vgl. Olbrich 2003, S.86). Je besser sie miteinander verbunden sind, desto authentischer wird letztlich die Handlung. Digitale Kommunikation wird bewusst, analoge Kommunikation eher unbewusst eingesetzt.

Im Gegensatz zum Menschen fallt die Kontaktaufnahme zu einem Tier einer Person oft leichter, denn Tiere erlauben sich keine Vorurteile, oder sozialen und kognitiven Wertungen. Ihr Verhalten wird als echt empfunden. Diese Erfahrung des Angenommenwerdens ist vor allem für Personen mit sozialen Störungen, Behinderungen, oder geringem Selbstwertgefühl heilsam und hilfreich in der Gesellschaft. Tiere kommunizieren, bis auf geringe Ausnahmen, wie Laute (Bellen, Wiehern...) hauptsächlich analog. Deshalb ist es für den Therapeuten, bzw. den Führer/Besitzer des Tieres von enormer Wichtigkeit eine Führungsperson darzustellen, damit das Tier ihm folgt (vor allem bei der Arbeit mit Hunden und Pferden). Hat der Ausführende Zweifel an seinem Tun, dann vermittelt er dies dem Tier und dieses wird die geforderte Aufgabe falsch, oder gar nicht ausführen, was wiederum Unsicherheit beim Tier erweckt. Diese echte und ehrliche Spiegelung des eigenen Könnens und Verhaltens ist deshalb gerade für die pädagogische und therapeutische Arbeit sehr wichtig und hilfreich. Gerade durch die analoge Kommunikation mit dem Tier erhält der Menschen die Möglichkeit, sich selbstkritisch zu reflektieren und auf Vorgänge zu achten. Dadurch kann der Mensch Bindung, Vertrauen, Zuverlässigkeit und Zuneigung erfahren, was insbesondere bei Kindern von Vorteil ist. Tiere sind durch die Domestikation feinfühliger geworden und haben gelernt auch auf menschliche Signale zu reagieren. Besonders beim ersten Aufeinandertreffen von Mensch und Tier, vermittelt das Tier Signale, die seinen Gegenüber auffordern, sich ihm zuzuwenden und eine Beziehung mit ihm aufzubauen. Kommunikation ermöglicht die Einbindung in die Gesellschaft. Selbst stumme und sprachlich eingeschränkte/behinderte Menschen können sich anhand von Gebärdensprache, unterschiedlichen Formen der Zeichensprache (z.B. Zeigen) und Lauten verständigen. Sprache und Kommunikation stehen im engen Zusammenhang mit schulischem Lernen, Identitätsbildung und Gedächtnisleistung. Vor allem für das schulische Lernen sind das allgemeine Sprachniveau/der „Code“, Sprechbereitschaft und -freude und Formulierungs­geschick (Wortschatz, syntaktisches Vermögen, Sprachstil u.a.) sehr wichtig (vgl. Vernooji 2007a, S.280; zit.n. Schneider/Vernooji 2010, S.116f.). Bezogen auf den Bereich Sprache/Kommunikation können durch tiergestützte Interventionen vielfältige Kompetenzen gefördert und ausgeprägt werden. Liegt eine (Sprach-)Behinderung vor, so kann die Laut- und Wortproduktion unterstützt und erhöht werden. Ein ruhiges Kind, das selten lautiert, empfindet beispielsweise große Freude beim Schwimmen mit Delfinen und drückt diese anhand von Lauten aus. Im fortgeschrittenen Bereich können sowohl Sprachfähigkeit, als auch Sprechfreude unterstützt und erhöht werden. So ist man auch fähig über das Medium Tier eine Kommunikation anzubahnen und herauszufordern und -fördern. Auch kann man einem Patienten anhand eines Tieres, und dessen kommunizierte Reaktionen, die eigenen Reaktionen, beispielsweise Aggressivität, und wie das Umfeld auf diese reagiert, deutlich machen. Nicht-sprachliche (analoge) Ausdrucksformen emotionaler Befindlichkeit können erlernt und angewendet werden.

Häufig sind Tiere die einzigen Kommunikationspartner, denen man Gefühle, Gedanken und Emotionen näher bringen kann. Dies trifft vor allem bei alten, kranken und einsamen Menschen zu. Nicht selten legt sich ein älterer Mensch eine Katze, oder einen Hund zu, um einen Kommunikationspartner zu haben, aber auch um wieder aktiv zu werden. Oftmals teilen diese Personen sich dann aber nur dem Tier mit und fühlen sich nur von diesem verstanden. Das Kommunizieren mit dem Tier steigert das Wohlbefinden des Besitzers. Dieses gesteigerte Wohlbefinden wirkt oftmals auch übergreifend auf andere Bereiche (z.B. körperlich, psychisch), welche die Kommunikation und Interaktion mit Mitmenschen anregen und fördern. Hier wird deutlich, dass selbst, wenn tatsächlich nur ein Bereich angesprochen werden sollte, dieser aber letztlich auch Auswirkungen auf andere Bereiche hat.

III.4.1 Interaktion

Die Interaktion stellt einen wichtigen Punkt bei der Kommunikation dar und wird oftmals in einem Atemzug mit der Kommunikation genannt. Unter Interaktion versteht man eine Handlung, welche durch Bedürfnisse, Ziele und Wünsche, von sich selbst und anderen, gekennzeichnet ist.

[...]


[1] Wesen, welches aus eigener Kraft die Reinheit und Vollkommenheit seines Geistes erreicht. Damit erhält es die vollkommene Weisheit und ein besonderes Mitgefühl mit allen Lebewesen

[2] „Wahrhaftig! Die Engel betreten kein Haus, in dem es einen Hund oder eine Skulptur befindet.“ (Riyad-us-Salihien 18 ,Hadith 1686 ,frei übersetztvon Muslim)

[3] Freie Übersetzung

[4] Weiter entwickelte Tiere, i.d. R. Säugetiere, aber auch Vögel

Final del extracto de 114 páginas

Detalles

Título
Tiere als Erzieher und Heiler. Tiergestützte Therapie am Beispiel der therapeutischen Arbeit mit Pferden.
Universidad
Justus-Liebig-University Giessen
Calificación
2,0
Autor
Año
2014
Páginas
114
No. de catálogo
V274163
ISBN (Ebook)
9783656660651
ISBN (Libro)
9783656660644
Tamaño de fichero
2218 KB
Idioma
Alemán
Palabras clave
Erziehungswissenschaft, Pädagogik, Tiere, Erziehen, Heilen, Pferde, Tiergestützt, Intervention
Citar trabajo
Julia Bachmann (Autor), 2014, Tiere als Erzieher und Heiler. Tiergestützte Therapie am Beispiel der therapeutischen Arbeit mit Pferden., Múnich, GRIN Verlag, https://www.grin.com/document/274163

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