Die Ideologie der Rockmusik vertritt die Werte Authentizität und Ehrlichkeit und lehnt es ab, sich Konventionen zu unterwerfen. Diese protesthafte, teilweise auch anarchistische Lebenshaltung steht außerdem stets mit dem Jugendalter und demnach mit jugendtypischen Entwicklungsproblemen in Verbindung, mit Identitätskrisen und dem jugendlichen Wunsch nach Individualität und Selbstverwirklichung. Auch wenn Rockmusik sich inzwischen längst zum Massenphänomen entwickelt hat und sowohl Künstler als auch Anhänger das Jugendalter zum Teil bereits weit überschritten haben, so wird trotzdem die auch durch die Texte vermittelte Einstellung häufig bewahrt. Dementsprechend ist die Entwicklung eines jungen Menschen, sein „Anderssein“ und die damit verbundenen Probleme ein oft aufgegriffenes Thema in der Geschichte der Rockmusik, wobei diese Thematik in der Literatur schon bei weitem länger existiert, als die Rockmusik selbst.
Die Darstellung eines Individuums und die Entwicklung seiner Persönlichkeit im Laufe des Lebens ist ein viel verwendetes Thema in der Literatur, vor allem in längeren narrativen Texten und Romanen. Besonders prägnant im viktorianischen Bildungsroman im England des 19. Jahrhunderts wurde das Leben eines Individuums von Geburt bis ins hohe Alter oder sogar bis in den Tod literarisch verarbeitet. Dabei zeigte sich zunehmend der Gedanke der Bildung im Sinne von Persönlichkeitsbildung, der Entwicklung einer eigenen Identität, die durch jedes einzelne Ereignis, die das Individuum im Laufe der Zeit erlebt, ein Stück weit geprägt wird. Doch dieses Schema findet sich nicht nur in Prosaliteratur; auch in der Rockmusik wurde das Motiv der Persönlichkeitsbildung durch die Erlebnisse und Begegnungen im Laufe des Lebens verarbeitet, wie in dieser Arbeit am Beispiel der zwischen 1991 und 2008 entstandenen Single-Auskoppelungen „The Unforgiven“ , The Unforgiven II“ und „The Unforgiven III“ der US-amerikanischen Heavy-Metal-Band Metallica sowie am Konzeptalbum "The Wall" der britischen Band Pink Floyd deutlich gemacht werden soll.
Inhaltsverzeichnis
- 1. Einleitung: Gesellschaft und Individuum in Rockmusik und Literatur
- 2. Charles Dickens: David Copperfield und die Idee des Bildungsromans
- 2.1 Der Konflikt zwischen Individuum und Gesellschaft
- 2.2 Die verschiedenen Erziehungsmethoden in David Copperfields Leben
- 2.3 Die Auswirkung der Disziplinierungsversuche
- 2.4 Das Ende: Eine erfolgreiche Eingliederung in die Gesellschaft?
- 3. Metallica: „The Unforgiven“ – das Scheitern des Individuums
- 3.1 Teil I: Repression in jeder Hinsicht
- 3.2 „The Unforgiven II“: Der Versuch einer Öffnung
- 3.3 „The Unforgiven III“: Selbsterkenntnis
- 4. Pink Floyd: The Wall - „We don't need no education“
- 4.1 Ausgangssituation: Die Identitätssuche des Protagonisten
- 4.2 „Bricks in the Wall“: Autoritäten und daraus entstehende Traumata
- 4.2.1 Die Abwesenheit des Vaters
- 4.2.2 Die übertriebene Fürsorge der Mutter
- 4.2.3 Die Repression der Lehrer
- 4.2.4 Die gescheiterte Beziehung
- 4.3 Innerhalb der Mauer: Das Wiederaufsuchen des Traumas
- 4.4 „The Trial“: Die Selbstverurteilung
- 4.5 „Tear down the wall“ – Befreiung oder Strafe?
- 5. Gesellschaftsentwürfe und Werte in ihrer Entwicklung
- 5.1 Der viktorianische Bildungsroman - eine Idealisierung?
- 5.2 Der Weltentwurf in „The Unforgiven“ und The Wall
- 5.2.1 Kunst als letztes freies Medium
- 5.2.2 Rocklyrik als postmoderner Realismus
- 5.2.3 Rockmusik und die Dekonstruktion bürgerlicher Werte
- 6. Schluss und Ausblick: Die Bewertung des Erziehungsbegriffs
Zielsetzung und Themenschwerpunkte
Die Arbeit befasst sich mit dem Motiv der Sozialisation, Autorität und Identitätsbildung in zwei Musikwerken, nämlich Metallica's „The Unforgiven“ und Pink Floyds The Wall. Ziel ist es, die Entwicklung der Protagonisten im Kontext des Bildungsromans zu analysieren und deren Interaktion mit gesellschaftlichen Normen und Erwartungen zu beleuchten. Dazu wird die Arbeit den viktorianischen Bildungsroman anhand von Charles Dickens' David Copperfield als Grundlage heranziehen. Die Arbeit erforscht, wie die Protagonisten mit verschiedenen Autoritätsfiguren umgehen, wie sie auf repressive Erziehung reagieren und welche Rolle die Gesellschaft in der Entwicklung ihrer Identität spielt. Die Arbeit beleuchtet auch die verschiedenen Gesellschaftsentwürfe und Wertesysteme, die in den Werken zum Ausdruck kommen.
- Der Konflikt zwischen Individuum und Gesellschaft
- Die Rolle von Autoritäten und deren Einfluss auf die Identitätsbildung
- Die Entwicklung des Protagonisten im Kontext von Repression und Disziplinierung
- Die Bedeutung von Kunst und Musik als Ausdruck von Individualität und Rebellion
- Die Dekonstruktion bürgerlicher Werte in der Rockmusik
Zusammenfassung der Kapitel
Kapitel 1 legt den Fokus auf das Thema Gesellschaft und Individuum im Kontext der Rockmusik und Literatur. Es stellt fest, dass Rockmusik oft mit Protest und Rebellion gegen gesellschaftliche Normen verbunden ist und die Entwicklung des Individuums zum Kernthema vieler Werke macht. Kapitel 2 analysiert den viktorianischen Bildungsroman am Beispiel von Charles Dickens' David Copperfield, wobei der Konflikt zwischen Individuum und Gesellschaft, verschiedene Erziehungsmethoden und die Integration in die Gesellschaft im Vordergrund stehen. Kapitel 3 beleuchtet Metallica's „The Unforgiven“ und analysiert die drei Teile der Trilogie hinsichtlich der Themen Repression, Versuch einer Öffnung und Selbsterkenntnis. Kapitel 4 befasst sich mit Pink Floyds The Wall und beleuchtet die Identitätssuche des Protagonisten, die Auswirkungen von autoritärem Einfluss, die gescheiterte Beziehung sowie die Selbstverurteilung. In Kapitel 5 werden die verschiedenen Gesellschaftsentwürfe und Wertesysteme in den Werken verglichen und der viktorianische Bildungsroman wird kritisch betrachtet. Kapitel 6 bietet einen Schluss und Ausblick, der die Bewertung des Erziehungsbegriffs in den untersuchten Werken diskutiert.
Schlüsselwörter
Die Arbeit behandelt zentrale Themen wie Sozialisation, Autoritäten, Identitätsbildung, Bildungsroman, Rockmusik, Repression, Individualität, Gesellschaft, bürgerliche Werte, Dekonstruktion, Kunst, Musik, The Unforgiven, The Wall, David Copperfield, Charles Dickens, Pink Floyd, Metallica.
- Arbeit zitieren
- Senta Gekeler (Autor:in), 2013, „Never free, never me“ - Autoritätenkritik in der Rockmusik, München, GRIN Verlag, https://www.grin.com/document/274499