Metaphysische vs. Linguistische Intuitionen. Über Saul A. Kripke und metaphysische Notwendigkeit


Hausarbeit, 2013

14 Seiten, Note: 2,3

Danny Krämer (Autor:in)


Leseprobe


Inhaltsverzeichnis

1 Einleitung
1.1 Saul A. Kripke und metaphysische Notwendigkeit
1.2 Problemfeld: Apriorizität, Notwendigkeit und Analytizität bei Kant

2 Saul A. Kripke „Name und Notwendigkeit“
2.1 Apriorizität und Notwendigkeit
2.2 Starre Bezeichnung
2.3 Mögliche Welten

3 Metaphysische Notwendigkeit
3.1 De dicto und de re Modalität
3.2 Putnams Argument gegen metaphysische Notwendigkeit
3.3 Metaphysischevs. linguistische Intuitionen

4 Schlussbemerkungen

Literaturverzeichnis

1 Einleitung

Saul A. Kripkes „Name und Notwendigkeit“ ist eines der einflussreichsten Werke der modernen Philosophie. Verschiedenste Debatten, über den semantischen Externalismus, den Essentialismus, den wissenschaftlichen Realismus oder die Modallogik sind davon angeregt wurden.

Das Problem, wie wir mit den Modalitäten der Notwendigkeit und Apriorizität umgehen, hat eine lange Tradition und wurde von Kripke aber neu formuliert. Durch seine Anschauungen über starre Bezeichnung und metaphysische Notwendigkeit, konnte Kripke den Essentialismus, der lange als überholt galt, neue Stärke verleihen. Viele sahen, dass Kripke da etwas entdeckt hatte, es war aber nicht genau klar, was es war.

Im Folgenden soll vor allem Kripkes Konzept der metaphysischen Notwendigkeit untersucht werden. Kripke behauptet, es gäbe Tatsachen, die in jeder möglichen Welt bestehen, also im starken Sinne notwendig sind. (Das berühmteste Beispiel ist wahrscheinlich, dass Wasser H20 ist.)

So eine starke These wurde viel kritisiert und das zu Recht. Es erscheint unklar zu sein, wie man mit Hilfe von Intuitionen über mögliche Welten, so etwas wie metaphysische Wahrheiten erkennen kann. Deswegen soll zuerst Kripkes Darstellung kurz skizziert werden, um sie dann zu kritisieren. Dabei wird sich vor allem auf Hilary Putnam berufen, der zuerst eine ähnliche Auffassung wie Kripke vertrat, dann jedoch sich von seinen starken metaphysischen Ansprüchen distanziert hat. Er hat versucht den Gehalt der Theorie zu übernehmen, indem er die metaphysischen Intuitionen, durch eine Rekonstruktion sprachlicher Intuitionen ersetzte.

Letztendlich soll gezeigt werden, dass für einen (wissenschaftlichen) Realismus, keine starken Thesen über metaphysische Notwendigkeit vertreten zu werden brauchen. Linguistische Intuitionen können uns dabei helfen, Kriterien festzulegen, die es ermöglichen bestimmte Probleme, wie zum Beispiel die Frage nach dem Wahrheitswert von kontrafaktischen Konditionalen zu lösen.

1.1 Saul A. Kripke und metaphysische Notwendigkeit

1.2 Problemfeld: Apriorizität, Notwendigkeit und Analytizität bei Kant

Kant ist in vielen Bereichen derjenige, bei dem bestimmte Probleme als erstes, in einer modernen Art und Weise, artikuliert wurden und an dem sich anschließende Diskussionen orientierten. So findet man in der „Kritik der reinen Vernunft“, auch Bemerkungen, über die Begriffe der Notwendigkeit und der Apriorizität.

Schon in der Einleitung erläutert Kant die Unterschiede, zwischen der Erkenntnis a priori und der Erkenntnis a posteriori. Eine Erkenntnis a priori sei demnach eine Erkenntnis, die von den sinnlichen Eindrücken unabhängig gemacht werden kann. Sollte eine Erkenntnis empirische Quellen der Erfahrung benötigen, so sei sie a posteriori. (Vgl. Kant, 1995: S. 49)

Kripke bemerkt in einem Abschnitt (Vgl. Kripke, 1981: S. 44), dass Kant Apriorizität und Notwendigkeit gleichsetzt. Sieht man von den erheblichen Unterschieden im metaphysischen Standpunkt zwischen Kripke und Kant ab, ist bei Kant dahingehend tatsächlich Folgendes zu finden:

Erfahrung lehrt uns zwar, daß etwas so oder so beschaffen sei, aber nicht, daß es nicht anderes sein könnte. Findet sich also erstlich ein Satz, der zugleich mit seiner Nothwendigkeit gedacht wird, so ist er ein Urteil a priori; ist er überdem auch von keinem abgeleitet, als der selbst wiederum als ein nothwendiger Satz gültig ist, so ist er schlechterdings a priori. (Hervorhebungen im Original) (Kant, 1995: S. 50f.)

Mit Erkenntnissen a priori verbindet Kant die Merkmale der Notwendigkeit und der Allgemeinheit. Wichtig ist zu beachten, dass Kant hier von Urteilen spricht. Es wird daher nicht eindeutig klar, ob von einer de dicto oder eine de re Modalität gesprochen wird (siehe unten). Da dies hier keine Kant Exegese werden soll, sei diese Frage nur dahingestellt.

Wichtig scheint noch die Unterscheidung zwischen analytischen und synthetischen Urteilen.[1] Kant definiert analytische Urteile, als Urteile, bei dem das Prädikat im Subjekt selbst enthalten sei, während im synthetischen Urteil, das Prädikat dem Subjekt etwas hinzufüge. (Vgl. Kant, 1995: S. 56) Kant gibt einige Beispiele: ein analytisches Urteil sei zum Beispiel: (1) Alle Körper sind ausgedehnt. Das Prädikat ausgedehnt ist, nach Kant bereits im Begriff des Körpers enthalten. (1) ist daher ein a priori und notwendiges, d.h. analytisches Urteil..

(2) „Alle Körper sind schwer.“, ist ein Urteil, dass laut Kant a posteriori und damit synthetisch ist. Alle Urteile a posteriori sind synthetisch.[2] Letztendlich gibt es für Kant noch a priori Urteile die synthetisch sind (z.B. (3) „Alles was geschieht, hat seine Ursache“). Schließlich erhalten wir folgende Urteilstypen:

Abbildung in dieser Leseprobe nicht enthalten

Tabelle 1: mögliche Urteile nach Kant

Für Kant gibt es keine Urteile die sowohl synthetisch, als auch a priori sind. Kripke hat in „Name und Notwendigkeit“ genau solche Urteile eingeführt (siehe Unten). Außerdem wollte Kripke die Anwendung der Begriffe der Notwendigkeit und der Apriorizität klären. Er kritisiert die Verbindung der beiden Bereiche, ohne ein philosophisches Argument vorzubringen.

2 Saul A. Kripke „Name und Notwendigkeit“

2.1 Apriorizität und Notwendigkeit

Saul A. Kripke stellt fest, dass es erhebliche Verwirrung im Gebrauch der Begriffe der Apriorizität und Notwendigkeit gibt. Deshalb führt er eine klare Unterscheidung ein und erläutert seine Sicht der Dinge. Apriorizität sei laut Kripke ein erkenntnistheoretischer Begriff. Demzufolge komme es darauf an, dass ein Erkenntnissubjekt, die entsprechende Erkenntnis unabhängig von jeder Erfahrung machen kann. (Vgl. Kripke, 1981: S. 44) Damit ist Kripke nah an der Definition Kants dran, ohne jedoch den Begriff der Notwendigkeit mit einzubeziehen. Typische Beispiele für Erkenntnisse a priori sind Sätze der Mathematik oder der Logik. Sie können ohne den Bezug auf Erfahrung gewusst werden. Der Gegenstandsbereich bezieht sich hierbei auf Sätze.[3]

Der Begriff der Notwendigkeit stellt jedoch, nach Kripke, ein Begriff der Metaphysik dar. Wir betrachten nicht die Erkenntnis bestimmter Sachverhalte, sondern die Sachverhalte selbst. Es kommt darauf an, ob etwas hätte anders sein können, als es aktuell ist. Ist dies nicht der Fall, ist es eine notwendige Tatsache. (Vgl. Ebd. S. 45)

„Notwendig“ und „a priori“ sind also nicht synonyme Begriffe, wie sie es bei Kant zu sein scheinen. Außerdem verwirft Kripke explizit den Gedanken, dass es sich bei der Notwendigkeit von der er spricht, um schlichte, physikalische Notwendigkeit handele. Er schreibt (Ebd.):

Er (der Begriff der Notwendigkeit, D.K.) wird manchmal auf eine erkenntnistheoretische Weise verwendet, und dann kann er einfach die Bedeutung a priori haben. Und natürlich wird er manchmal auf eine physikalische Weise gebraucht, wenn zwischen physikalischer und logischer Notwendigkeit unterschieden wird. Doch der Begriff, um den es mir hier geht, ist nicht ein Begriff der Erkenntnistheorie, sondern der Metaphysik, der Metaphysik in einem bestimmten (hoffe ich) nicht-herabsetzenden Sinn.

Somit ergeben sich für Kripkes Standpunkt, vier verschiedene Kombinationen zwischen Apriorizität und Notwendigkeit[4]:

Abbildung in dieser Leseprobe nicht enthalten

Tabelle 2: Kripkes vier Kombinationen von Apriorizität und Notwendigkeit

Interessanterweise gibt es für Kripke Tatsachen die a priori und kontingent sind. So etwas war für Kant nicht möglich, da er Apriorizität mit Notwendigkeit verband.[5] Kripke ist also der Überzeugung, dass die Bereiche der Apriorizität und der Notwendigkeit klar getrennt werden sollten, da sie zwei verschiedenen Fragestellungen entsprechen.

Da es hier vor allem um den Begriff der metaphysischen Notwendigkeit gehen soll, ist es wichtig zu verstehen, was Kripke unter einer notwendigen Tatsache versteht. Was heißt es, dass eine Tatsache, die notwendig ist, nicht einfach physikalisch, sondern metaphysisch notwendig ist? Um zu erläutern, was das genau heißen soll, muss man sich Kripkes Konzept der starren Bezeichnung und der möglichen Welten ansehen.

[...]


[1] Die Unterscheidung zwischen analytischen und synthetischen Urteilen wurde schon zu genüge von Quine und anderen diskutiert. Ich führe sie nur ein, um den Problembereich abzustecken, werde sie aber nicht ausführlich diskutieren.

[2] Auch wenn mir das Beispiel intuitiv als ungewöhnlich erscheint. Man kann sicher darüber streiten, ob es überhaupt möglich ist, sich einen Körper vorzustellen, der kein Gewicht hat.

[3] Kant würde hier natürlich von Urteilen sprechen.

[4] Ich werde in der Tabelle Beispiele anführen, die Kripke selbst in „Name und Notwendigkeit“ verwendet.

[5] Es gibt eine immense Diskussion ob Kripkes kontingente Wahrheiten a priori existieren oder nicht. Da ich mich hier aber auf den Begriff der Notwendigkeit konzentrieren möchte, soll dies erst einmal so dahingestellt sein.

Ende der Leseprobe aus 14 Seiten

Details

Titel
Metaphysische vs. Linguistische Intuitionen. Über Saul A. Kripke und metaphysische Notwendigkeit
Hochschule
Universität Erfurt
Note
2,3
Autor
Jahr
2013
Seiten
14
Katalognummer
V274711
ISBN (eBook)
9783656676218
ISBN (Buch)
9783656676201
Dateigröße
424 KB
Sprache
Deutsch
Schlagworte
metaphysische, linguistische, intuitionen, über, saul, kripke, notwendigkeit
Arbeit zitieren
Danny Krämer (Autor:in), 2013, Metaphysische vs. Linguistische Intuitionen. Über Saul A. Kripke und metaphysische Notwendigkeit, München, GRIN Verlag, https://www.grin.com/document/274711

Kommentare

  • Noch keine Kommentare.
Blick ins Buch
Titel: Metaphysische vs. Linguistische Intuitionen. Über Saul A. Kripke und metaphysische Notwendigkeit



Ihre Arbeit hochladen

Ihre Hausarbeit / Abschlussarbeit:

- Publikation als eBook und Buch
- Hohes Honorar auf die Verkäufe
- Für Sie komplett kostenlos – mit ISBN
- Es dauert nur 5 Minuten
- Jede Arbeit findet Leser

Kostenlos Autor werden