Cluster als Konzept für regionale Entwicklung


Seminar Paper, 2003

17 Pages, Grade: 1,7


Excerpt


Inhalt

1 Einleitung

2 Das Cluster-Konzept
2.1 Wirtschaftlicher Hintergrund
2.2 Der Cluster-Begriff
2.3 Innovative Milieus und Netzwerke
2.4 Kritik

3 Cluster und Politik
3.1 Regionalpolitik und Wirtschaftsförderung
3.2 Lokale Maßnahmen

4 Mediencluster Leipzig
4.1 Untersuchungskonzept
4.2 Ergebnisse

5 Fazit

Literatur

1 Einleitung

Cluster sind als Analyseinstrument und als Leitvorstellung regionaler und lokaler Wirtschaftspolitik in aller Munde. Seit Beginn der 90er Jahre haben sich eine Reihe von Untersuchungen mit der Entwicklung von Clustern beschäftigt, wobei die positive Wirkung von Clusterung auf die regionale Innovations- und Wettbewerbsfähigkeit betont wurde. Dabei wird der Begriff von verschiedenen Autoren sehr unterschiedlich verwendet. Auch die zu Grunde liegenden Annahmen, wie etwa die Zunahme der Bedeutung innerregionaler Verflechtungen, sind umstritten. In dieser Arbeit möchte ich überblicksartig den Cluster-Begriff diskutieren, die Hintergründe für seine Entstehung darstellen, ihn an zwei Beispielen konkretisieren und abschließend Ansatzmöglichkeiten von Cluster-Politik und Clustermanagement auf lokaler Ebene darstellen.

2 Das Cluster-Konzept

2.1 Wirtschaftlicher Hintergrund

Eine Reihe aktueller Tendenzen, in deren Mittelpunkt die Globalisierung der Wirtschaft steht, führen zu veränderten Rahmenbedingungen für regionale Wirtschaftsentwicklung. War früher der Nationalstaat der entscheidende Rahmen für wirtschaftliches Handeln, müssen sich heute alle Branchen auf einem globalen, mindestens aber europäischen Markt behaupten. Die Wettbewerbsintensität steigt, weil Barrieren für internationalen Handel, wie etwa innereuropäische Wechselkursunterschiede und protektionistische Politik fallen und die Bedeutung von Kostenvorteilen steigt. Jeder Standort in Deutschland muss sich in seiner Wettbewerbsfähigkeit mit anderen Standorten weltweit messen. Gleichzeitig steigt die Bedeutung der lokalen und regionalen Einbettung von Unternehmen. Dafür bietet der Regulationsansatz eine Erklärung an: Die traditionell fordistisch organisierte Wirtschaft mit einem hohen Grad an vertikaler Integration, Massenproduktion, großen bürokratischen Industrieunternehmen und hoher Produktstandardisierung wird mehr und mehr – wenn auch wohl nie völlig – von einer postfordistischen Wirtschaft abgelöst: Die Bedeutung von Dienstleistungen, insbesondere hochwertigen unternehmensbezogenen Dienstleistungen steigt, große Unternehmen konzentrieren sich mehr auf ihre Kernkompetenzen und gliedern einzelne Bereiche aus (horizontale Desintegration), die jedoch oft in einer engen Beziehung zum „Mutterunternehmen“ verbleiben. An der Herstellung eines Produkts sind mehr Unternehmen beteiligt (vertikale Desintegration), die jeweils flexibel auf Veränderungen der Nachfrage reagieren müssen. Die Produktion wird insgesamt wissens-, kapital- und dienstleistungsintensiver. Produkte werden vermehrt in spezialisierten Kleinserien produziert. Aus diesen Veränderungen ergibt sich, dass für Unternehmen die Bedeutung einer schnellen und flexiblen Abstimmung mit anderen Unternehmen entlang der Wertschöpfungskette zunimmt. Daraus wird eine steigende Bedeutung der regionalen Einbettung von global agierenden Unternehmen abgeleitet. Mit dem Globalisierungsprozess gehe parallel ein Regionalisierungsprozess einher, der die Bildung regionaler Unternehmenskonzentrationen begünstige (vgl. Krätke 1996).

Aktuelle Weiterentwicklungen der ökonomischen Theorie reflektieren die Beobachtung, dass Wachstum und Innovation sich nicht mit der Zeit im Raum gleich verteilen, sondern dauerhaft und sogar zunehmend konzentriert auftreten. So wurden Agglomerationsvorteile und technischer Fortschritt, die steigende statt fallende Grenzerträge des Kapitals erklären, in neuere Modelle integriert (Krugman 1991). Verschiedenste Ansätze, die pragmatisch der „New Economic Geography“ zugerechnet werden, wie „Lange Wellen“ und „Industrielle Distrikte“ bieten Erklärungen für regional unterschiedliches Wirtschaftswachstum und unterschiedliche Innovations- und Wettbewerbsfähigkeit an (Schätzl 2003). Das Cluster-Konzept hat aktuell die größte Bedeutung. Als Erfolgsfaktoren für regionale Konzentrationen von Unternehmen einer Branche – Cluster – werden das Vorhandensein und die Qualität von Humankapital (bzw. „Tacit Knowledge“, also nicht kodifizierbares Wissen und Fertigkeiten der Bevölkerung), informelle Netzwerke zwischen Unternehmen und öffentlichen Einrichtungen bzw. zwischen den Unternehmen selbst, Wissenstransfers von Bildungs- und Forschungseinrichtungen in die Wirtschaft, spezialisierte Infrastruktur, Economies of Scale und die Gleichzeitigkeit von Kooperation und Konkurrenz zwischen Unternehmen genannt. Eine Differenzierung des Begriffs wird im Folgenden vorgenommen.

2.2 Der Cluster-Begriff

Der Begriff des Clusters ist nicht notwendigerweise an eine regionale räumliche Struktur gebunden. Als in den 80er Jahren damit begonnen wurde, systematisch die Schlüsselstellung des Produktionsfaktors Wissen in Relation zur Akkumulation von Kapital und Arbeitskraft für langfristiges wirtschaftliches Wachstum zu untersuchen, standen vergleichende empirische Studien auf Ebene der Nationalstaaten im Vordergrund. Auch in einer jüngeren Untersuchung der OECD wird die Bedeutung der Verflechtung von Unternehmen mit Bildung und Forschung sowie die Vernetzung der Unternehmen untereinander, besonders im F&E-Bereich, für die Innovationsfähigkeit auf nationaler Ebene untersucht. Cluster ist in diesem Zusammenhang ein Analysekonzept für eine ganze Volkswirtschaft, das deren innere Dynamik vermutlich besser erfassen kann als eine reine Sektorenbetrachtung. Ein Cluster ist demnach ein „Produktionsnetzwerk von stark interdependenten Unternehmen (einschließlich spezialisierte Zulieferer), die in einer Wertschöpfungskette verbunden sind.“ Weiterhin heißt es: „Manchmal schließen Cluster auch strategische Allianzen mit Universitäten, Forschungsinstituten, wissensbasierten Dienstleistungen, Brücken-Institutionen (Broker, Berater) und Kunden ein.“ (OECD 1999). Der Staat kann in diesem Konzept kaum eine lenkende Position einnehmen. Ihm wird lediglich die Rolle eines Maklers zugebilligt, der Informationskosten senken kann. Zudem wird betont, dass im Niedergang befindliche Branchen nicht geeignet sind, Ausgangspunkt eines Clusters zu sein. Eine Aussage, die Cluster-orientierten Ansätzen in der regionalen Wirtschaftspolitik fundamental widerspricht, besonders in altindustriellen Regionen, wo Unternehmen der fordistischen Industrie durch Integration in ein Cluster Innovationsimpulse erhalten sollen.

Für den auf die regionale Ebene bezogenen Cluster-Begriff sind vor allem die Arbeiten von Porter (2000) und im deutschsprachigen Raum die von Rehfeld (2003) maßgeblich. Grob sind zwei Denkrichtungen zu unterscheiden, die Unterschiede in der Innovationskraft verschiedener Regionen erklären, in der politischen Praxis aber nicht zu trennen sind: Einmal wird die Konzentration von Unternehmen einer in einer Region und deren marktvermitteltes Verhältnis sowie ihre Stellung auf dem Weltmarkt betont – diese Vorstellung wird von Porter vertreten und könnte als engerer Cluster-Begriff bezeichnet werden –, während zum anderen soziokulturelle Faktoren, Milieus und Netzwerke in den Vordergrund treten.

Ausgangspunkt für Porters Überlegungen ist die Frage der Wettbewerbsfähigkeit von Unternehmen. Räumliche Ballung von Unternehmen einer Branche erhöht aus verschiedenen Gründen die Wettbewerbsfähigkeit: Regional unterschiedliche Nachfragebedingungen können als Stimulus für die Ansiedlung von Unternehmen wirken. Im Fall einer Ballung, werden sich das Humankapitalangebot und die Infrastruktur (die auch als erster Anreiz für die Ansiedlung wirken können) an die spezifischen Unternehmen der Branche anpassen. Gemeinsame Nutzung angepasster Infrastruktur macht die Unternehmen effizienter und wettbewerbsfähiger. Darüber hinaus wird sich ein spezifisches Branchenumfeld mit spezialisierten Zulieferern bilden, dass ebenfalls die Wettbewerbsfähigkeit fördert. Schließlich ist das Wettbewerbsverhalten der Unternehmen untereinander zu nennen, dass durch eine Mischung von Konkurrenz und Kooperation gekennzeichnet ist. Besonders im F&E-Bereich bieten sich wegen der Unteilbarkeit vieler Projekte – die ein beleibtes Argument für technologiepolitische Eingriffe des Staates ist (vgl. Sternberg 1998) – Kooperationen an. Zentrale Charakteristika von Clustern sind somit:

- Die räumliche Konzentration von Unternehmen, die miteinander im Wettbewerb, sich ergänzen und/oder kooperieren;
- ähnliche Anforderungen an Qualifikationsmöglichkeiten, Arbeitskräftepotential, Technologien und Infrastruktur;
- die Fähigkeit zur dynamischen Unternehmensentwicklung und Anpassung an Strukturveränderungen in der Wirtschaft und bei den wirtschaftlichen Rahmenbedingungen;
- das Vorhandensein von „exportorientierten“ Unternehmen, d.h. Unternehmen, die außerhalb der Region, des Nationalstaats oder Wirtschaftsraums, in dem das Cluster agiert, Produkte und Dienstleistungen absetzen kann, auf die sich die jeweiligen regionalen wirtschaftlichen Zusammenhänge ausrichten;
- die Rolle als Antrieb für nationale, regionale und städtische Ökonomie.

Rehfelds Cluster-Begriff ist dem von Porter ähnlich. Auch er betont die Konzentration von Unternehmen, die Elemente einer Wertschöpfungskette sind, ohne dass sie über den marktlichen Austausch hinaus untereinander vernetzt sind, sowie die Bedeutung einer überregionalen Markteinbindung der Unternehmen. Zentral ist zudem die regionale Spezialisierung: Eine Region kann nicht in allen Wirtschaftsbereichen gleichermaßen eine Spitzenstellung beziehen. Vielmehr müssen Ressourcen konzentriert werden um spezielle Kompetenzen aufzubauen, die ein Alleinstellungsmerkmal der Region darstellen.

2.3 Innovative Milieus und Netzwerke

Der Einfluss soziokultureller Faktoren auf die Regionalentwicklung wurde von der Forschungsgruppe GREMI bei der Untersuchung des „Dritten Italien“ in den Vordergrund gestellt. Demnach spielen informelle Netzwerke und ein innovatives Milieu eine entscheidende Rolle bei der Herausbildung von Wirtschaftsclustern. Ein kreatives oder innovatives Milieu ist demnach „ein komplexes bzw. dichtes Netzwerk von vor allem informellen sozialen Beziehungen innerhalb einer abgrenzbaren Region, die oft nach außen ein bestimmtes Image prägen und nach innen eine bestimmte Wahrnehmung bzw. ein Zugehörigkeitsgefühl“. Beliebte Beispiele für solche regionalen innovativen Milieus sind Silicon Valley und als deutsches Beispiel Schwaben bzw. Baden-Württemberg. Die Entstehung eines nach außen wirksamen Image ist auch durch gezielte Marketing-Maßnahmen beeinflussbar, wenn etwa behauptet wird die Bewohner einer Region könnten „alles außer Hochdeutsch“. Charakteristika innovativer Milieus sind:

- ein informelles Beziehungsgeflecht regionaler Innovationsakteure, das vernetztes Handeln und kollektives Lernen ermöglicht und Unsicherheit (z.B. während der Einführungsphase neuer Produkte) verringert;
- die Kooperation zwischen zumeist kleinen und mittleren Unternehmen für die face-to-face-Kontakte von besonderer Bedeutung sind;
- die Identifikation der regionalen Innovationsakteure mit ihrer Region und die damit verbundene Einbettung in ein soziokulturelles Umfeld.

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Details

Title
Cluster als Konzept für regionale Entwicklung
College
University of Potsdam  (Institut für Geographie)
Course
Projektseminar Standortanalyse und -bewertung
Grade
1,7
Author
Year
2003
Pages
17
Catalog Number
V27512
ISBN (eBook)
9783638295444
File size
615 KB
Language
German
Notes
Die Arbeit beleuchtet den "Cluster"-Begriff und untersucht, was das Konzept in der Praxis taugt.
Keywords
Cluster, Konzept, Entwicklung, Projektseminar, Standortanalyse
Quote paper
Felix Müller (Author), 2003, Cluster als Konzept für regionale Entwicklung, Munich, GRIN Verlag, https://www.grin.com/document/27512

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