Das "Phänomen Daddy". Zuckerwerbung in Deutschland und Frankreich im Vergleich


Bachelorarbeit, 2012

68 Seiten, Note: 1,3


Leseprobe


Inhaltsverzeichnis

Vorwort

Einleitung

1 Grundlagen, Begriffsklärungen und Forschungsgegenstand
1.1 Grundlagen und Begriffsklärung
1.1.1 Marketing
1.1.2 Werbung
1.1.3 Zucker aus wirtschaftlicher Sicht
1.2 Kulturgeschichte des Zuckers
1.2.1 Gewürz und Medizin
1.2.2 Luxusgut und Genussmittel
1.2.3 Lebensmittel und Grundnahrungsmittel
1.2.3.1 Nährstoff- und Energielieferant
1.2.3.2 Krank- und Dickmacher
1.3 Untersuchte Marken

2 Deutsche und französische Werbung im Vergleich
2.1 Theoretische Grundlagen
2.1.1 Bestandteile und schematischer Aufbau von Printwerbung nach Barmeyer
2.1.2 Informations verhalten nach Barmeyer
2.1.2.1 Hoher Kontext in Frankreich
2.1.2.2 Geringer Kontext in Deutschland
2.1.3 Kommunikativer Stil nach Dmoch
2.2 Praktische Anwendung auf deutsche und französische Plakat- und Printwerbung
2.2.1 Nordzucker
2.2.2 Südzucker
2.2.3 Diamant Zucker
2.2.4 Beginn Say
2.2.5 Saint Louis
2.2.6 Daddy
2.3 Vergleich der Plakate und Anzeigen

3 Vergleich der Relation Bild-Sprache-Musik in TV-Werbespots
3.1 Vorstellung der Werbespots
3.1.1 Diamant Eis-Zauber
3.1.2 Daddy
3.2 Die Bilder der Werbespots
3.3 Die Musik in den Werbespots
3.4 Die Sprache in den Werbespots
3.5 Gesamtwirkung

4 Das „Phänomen Daddy“
4.1 TV-Werbung
4.2 Internetauftritt und Social Media
4.2.1 Webseite
4.2.2 Facebook
4.3 Event-Marketing: die „Pink Invasion“
4.4 Werbung für ein Lebensgefühl

5 Die heutigen Zucker-Märkte Deutschlands und Frankreichs
5.1 Werbung für Zucker
5.2 Konkurrenz
5.2.1 Zucker
5.2.2 Fruchtzucker
5.2.3 Süßstoff
5.2.4 Zucker aus Süßkraut (Stevia)
5.2.5 Agaven- und Ahornsirup
5.3 Verkaufssituation
5.4 Sortiment
5.5 Folgen für die Zuckerhersteller
5.5.1 in Deutschland
5.5.2 in Frankreich

6 Fazit

Literaturverzeichnis

Primärquellen

Sekundärquellen

Literatur

Internetquellen

Nachschlagewerke

Anhang

Abbildungen

Feldstudie

Bildnachweise

Vorwort

Das Feld der interkulturellen Werbung stellt, wie jedes andere Gebiet der interkulturellen Kom­munikation, auch für die Translationswissenschaft einen interessanten Forschungsbereich dar. Insbesondere durch die Globalisierung und die durch sie entstehenden Möglichkeiten der In­ternationalisierung für Unternehmen stellt sich die Frage nach der Verbreitung einheitlicher Werbung in verschiedenen Kulturkreisen - egal ob aus Kosten- oder Imagegründen. Die Frage der Übersetzbarkeit von Werbung ist nicht nur abhängig von den linguistischen Möglichkeiten, die die Zielsprache bietet, sondern auch von der Verständlichkeit der Gesamtbotschaft (beste­hend aus Bild und Text) innerhalb der Zielkultur, weshalb eine interdisziplinäre Betrachtung der Fragestellung notwendig ist.

Werbung wurde schon oft auf kulturelle Unterschiede hin untersucht, auch im Sprach- und Kulturpaar Frankreich-Deutschland, jedoch stützen sich die Untersuchungen fast ausschließlich auf den Vergleich von Werbung für Gebrauchsgüter wie Autos und Schmuck sowie Verbrauchs­güter wie Kosmetik und Parfüm - Güter, die nicht von allen Angehörigen eines Kulturkreises konsumiert werden können und deren Kauf in den meisten Fällen weder regelmäßig noch häu­fig vorgenommen wird. Die getroffenen Aussagen der entsprechenden Arbeiten beziehen sich daher in erster Linie auf die Werbemaßnahmen selbst und nur auf jeweils eine kleine Gruppe des betrachteten Kulturkreises, wobei sich die Gruppen beider Länder grundlegend unterschei­den können - beispielsweise wenn eine Marke in dem einem Land als mittelklassig und in dem anderen Land als hochwertig eingestuft wird. Dieser Aspekt, die Konnotationen und Assozia­tionen, mit denen Werbeaussagen unweigerlich verknüpft sind, wird, ebenso wie andere äußere Umstände, meist zu stark vernachlässigt oder ausgeblendet, obwohl gerade sie zum Treffen von Aussagen über die entsprechenden Kulturkreise notwendig sind.

Die Betrachtung von Verbrauchsgütern, die von allen Angehörigen beider Kulturkreise kon­sumiert werden, bietet sich also an, um allgemeingültigere Aussagen zu treffen. Da jeder Mensch Nahrung zu sich nimmt, liegt die Betrachtung eines Lebensmittels nahe. Da es sich um einen Kulturvergleich handelt, gilt es jedoch ein Lebensmittel zu finden, das 1. in beiden Kulturen in der selben Form vorhanden ist und 2. von möglichst vielen Angehörigen des Kulturkreises konsumiert werden kann und darf. Zucker ist in beiderlei Hinsicht ein geeignetes Gut, da er in Deutschland und Frankreich vertrieben wird und auch Menschen, die - krankheits- oder diätbe­dingt - keinen Zucker konsumieren, auf Zuckerersatzstoffe zurückgreifen und somit am selben Markt einkaufen.

Im vorliegenden Fall des Werbevergleichs kommt als drittes Kriterium hinzu, dass das aus­gewählte Produkt in beiden Ländern überhaupt beworben wird - auch dieses trifft auf Zucker zu. Bei der Verschaffung eines Überblicks über Zuckerwerbung in Deutschland und Frankreich sticht die Marketingstrategie einer französischen Marke hervor: Daddy. Ob es sich bei dieser Auffälligkeit um die Eigenheit einer einzelnen Marke oder den Hinweis auf eine grundlegende kulturelle Abweichung handelt, die bei der Übersetzung und Übertragung von Zuckerwerbung zu beachten wäre, gilt es in der vorliegenden Arbeit herauszufinden.

Kulturelle Gemeinsamkeiten, die eine einheitliche Version von Zuckerwerbung in Deutsch­land und Frankreich zuließen, wären insbesondere für Marken wie Südzucker oder Dr. Oetker interessant - Marken, die ihre Produkte in Deutschland und Frankreich verkaufen (Dr. Oetker) bzw. über ein französisches Tochterunternehmen verfügen (Südzucker). Die Erkenntnisse dieser Arbeit sind also in der Lage praktischen Nutzen zu stiften.

Abkürzungsverzeichnis

Abbildung in dieser Leseprobe nicht enthalten

Abbildungsverzeichnis

1 Werbung

2 Arten von Konsumgütern

3 Französische Zuckerwerbung aus den 50er und 60er Jahren

4 Top 9 Zuckerhersteller in Europa

5 Logos und Slogans der untersuchten Marken

6 Schematischer Aufbau von Werbeanzeigen

7 Europäische Werbestile

8 Plakatwerbung: Nordzucker, Puderzucker

9 Plakatwerbung: Südzucker, Puderzucker

10 Plakatwerbung: Diamant Zucker, brauner und feinster Zucker

11 Plakatwerbung: Beginn Say, brauner Zucker

12 Printwerbung: Saint Louis, brauner Zucker

13 Plakatwerbung: Daddy, runde Zuckerstücke

14 Werbespot: Diamant Eis-Zauber

15 Werbespot: Daddy

16 TV-Spots Daddy: sexuelle Überzeichnung

17 Präsenz von Zuckerherstellern auf Facebook

18 Plakatwerbung: Daddy, Pink Invasion

19 Plakatwerbung: Canderel, Süßstoff

20 Printwerbung: PureVia, St evia

21 Printwerbung: SunnyVia, Agavensirup

22 Plakatwerbung: Nordzucker, Zimt-Zucker

23 Plakatwerbungen: Nordzucker

24 Printwerbung: Südzucker, Backzucker

25 Printwerbung: Südzucker, Gelierzucker

26 Plakatwerbung: Diamant Zucker, Eis-Zauber

27 Plakatwerbung: Beginn Say, Rohrzucker

28 Plakatwerbung: Beginn Say, aromatisierter Zucker

29 Plakatwerbung: Daddy, runde Zuckerstücke

30 Plakatwerbung: Daddy, Zuckersticks und Glücks Zucker

31 Deutschland: Discounter (Aldi)

32 Deutschland: Discounter (Lidi)

33 Deutschland: Discounter (Norma)

vin

34 Deutschland: Supermärkte (REWE)

35 Deutschland: Hypermärkte (Real)

36 Frankreich: Discounter (Aldi)

37 Frankreich: Discounter (Lidi)

38 Frankreich: Supermärkte (Simply)

39 Frankreich: Hypermärkte (Cora)

Einleitung

Sowohl bei Werbung als auch bei dem Produkt Zucker handelt es sich um alltägliche Dinge, mit denen jeder Mensch in Berührung kommt, bei deren Definition und Zuordnung jedoch Schwie­rigkeiten auftreten können. Aufgrund dieser Schwierigkeiten und um Missverständnissen und Unklarheiten entgegen zu wirken, werden zunächst die Grundlagen der Arbeit gelegt, indem die Begrifflichkeiten der Werbung und des Zuckers als Gut geklärt werden. Anschließend wird die Kulturgeschichte des Zuckers mit Schwerpunkt auf Deutschland und Frankreich kurz Um­rissen. Auf dem deutschen wie auf dem französischen Zuckermarkt gibt es Premiummarken, die ihre Produkte bewerben und daher für einen Vergleich in Frage kommen. Aus ihnen wird eine Auswahl getroffen und sie werden kurz vorgestellt, um einen ersten Eindruck und Überblick zu schaffen.

Im folgenden Schritt sollen Print- und Plakatwerbungen beider Länder analysiert werden. Zu diesem Zweck werden Schemata vorgestellt, die im Hinblick auf deutsche und französische Printwerbung bzw. auf Werbung im Allgemeinen erstellt wurden und an denen sich die an­schließende Analyse orientiert. In einem Vergleich sollen Gemeinsamkeiten und Unterschiede herausgestellt und deren Übereinstimmung mit den vorliegenden Modellen geprüft werden. Da es sich bei Plakat- und Printwerbung nicht um die einzigen von Zuckermarken genutzten Medien handelt, werden anschließend zwei Fernsehwerbespots - ein deutscher und ein französischer - vorgestellt und miteinander verglichen, wobei nicht nur auf Unterschiede und Gemeinsamkeiten geachtet, sondern auch die Anwendbarkeit der Schemata für (Print)Werbung geprüft werden soll.

Da der französische Spot der Marke Daddy einige Auffälligkeiten aufweist, wird auch auf weitere Werbeinstrumente der Marke eingegangen, die insgesamt sehr ungewöhnlich scheinen - die Gesamtheit ihrer Werbemaßnahmen wird daher im Folgenden mit „Phänomen Daddy“ betitelt. Die einzelnen Werbemedien der Marke werden vorgestellt und in Hinblick auf andere Marken und Branchen auf ihre Ungewöhnlichkeit hin untersucht.

Ob es sich bei den Marketingmaßnahmen der Marke Daddy tatsächlich um eine auffällige Ausnahme innerhalb Frankreichs handelt, oder ob sie den Hinweis auf ein kulturelles Phänomen darsteift, das über die einzelne Zuckermarke hinausgeht, soll ebenso geklärt werden wie die Fra­ge danach, wieso sich ein solches Marktverhalten bei keiner der untersuchten deutschen Marken zeigt. Zu diesem Zweck wird die aktuelle Marktsituation beider Länder, basierend auf einer Feldstudie, dargestellt. Das „Phänomen Daddy“ soll schließlich vor seinem kulturellen Hinter­grund verstanden werden, um Aussagen treffen zu können, die die Frage nach der Möglichkeit universeller Werbemaßnahmen für Zucker in Deutschland und Frankreich beantworten können.

1 Grundlagen, Begriffsklärungen und Forschungsgegenstand

Da sie oft verwechselt oder fälschlicherweise als Synonyme angesehen werden, sollen die Begriffe Marketing und Werbung zu Beginn der Arbeit voneinander abgegrenzt, kurz definiert und erläu­tert werden. Außerdem soll Zucker als Produkt, das beworben wird im ökonomischen Kontext verortet werden. Anschließend soll die Kulturgeschichte des Zuckers mit Fokus auf Deutschland und Frankreich in einem kurzen chronologischen Überblick vorgestellt werden. Schließlich sollen die Marken vorgestellt werden, auf deren Marketingmaßnahmen sich der deutsch-französische Vergleich in der Hauptsache stützt.

1.1 Grundlagen und Begriffsklärung

1.1.1 Marketing

Der Begriff des Marketing bezeichnet die „Gestaltung sämtlicher Austauschprozesse des Un­ternehmens“ (Alisch 2004:197) mit in Beziehung zum Unternehmen stehenden Personen und Institutionen (Kunden, Mitarbeiter, Staat, usw.). Daraus resultierende Aufgaben des Marketing sind u.a. die Analyse des Marktes, das Feststellen der Kundenbedürfnisse, sowie die Planung, Umsetzung und Kontrolle einer den internen und externen Gegebenheiten angepassten Marke­tingstrategie, aus der ein Mehrwert für das Unternehmen hervorgehen soll.1

1.1.2 Werbung

Werbung lässt sich verstehen als versuchte Verhaltensbeeinflussung, die mittels bezahlter Kommunikationsmittel erfolgt, von einem erkennbaren Sender ausgeht und sich an ein breites Publikum richtet. (Kroeber-Riel 1995:2692)

Werbung kann nach ihrem Zweck und ihren Empfängern in verschiedene Kategorien auf­gespalten werden, wie Abbildung 1 verdeutlicht. Die erste Unterscheidung wird anhand des Zweckes, den die Werbung verfolgt vorgenommen: soll der Konsument dazu gebracht werden, ein Produkt oder Produkte des als Sender auftretenden Unternehmens zu erwerben, spricht man von kommerzieller Werbung; ist dies nicht der Fall und die Werbung zielt lediglich auf die Beeinflussung von Denk- und Verhaltensweisen ab, ohne den Empfänger zu einem Kauf zu verleiten, spricht man von nicht-kommerzieller Werbung (auch Nonprofit-Werbung). Das zwei­te Unterscheidungskriterium ist der Empfänger, welcher durch die Werbung beeinflusst werden soll.2In dieser Arbeit soll es um die sich an Konsumenten richtende kommerzielle Werbung, die

Abbildung in dieser Leseprobe nicht enthalten

Durch Werbung wird von einem Unternehmen angestrebt, das beworbene Produkt3oder die beworbene Marke im Denken des Konsumenten präsent zu machen und zusätzlich besser als die Konkurrenz anzusiedeln. Hierzu muss das Prudukt (oder die Marke) sich von der Konkur­renz abheben und für den Konsumenten einen Mehrwert darstellen. Gelingt dies, wird in der Denkweise des Konsumenten eine Präferenz geschaffen, die sein Kaufverhalten beeinflusst. Die Schaffung einer solchen Präferenz beim Konsumenten ist das oberste Ziel der Werbung.4

Werbung kann mit verschiedenen Medien, den sog. Werbeträgern, betrieben werden. Sie lassen sich einteilen in Printmedien (auf Papier gedruckt: Zeitungen, Zeitschriften, Bücher, sonstige Druckerzeugnisse), elektronische Medien (elektronisch übertragen: Radio, TV, Telefon, Internet), neue Medien (Nutzung digitaler Daten; elektronische und computergestützte Medien, Internet, interaktive Koriimuriikatiorisformeri, Mobilfunkanwendungen), Medien der Außenwer­bung (Einsatz im Freien; Plakatwerbung, Verkehrsmittelwerbung, Lichtwerbung, Luftwerbung) und Medien der Direktwerbung (an ausgesuchte Empfänger gerichtet).5

1.1.3 Zucker aus wirtschaftlicher Sicht

Im folgenden soll Zucker als Gut in einen ökonomischen Kontext eingeordnet werden. Da es sich bei Zucker um ein Gut handelt, das vom Konsumenten genutzt wird, spricht man von einem Konsumgut. Korisumgiiter wiederum lassen sich anhand der Dauer ihrer Nutzbarkeit in Ge­brauchsgüter und Verbrauchsgüter einteilen. Als Lebensmittel zählt Zucker zu den Verbrauchs­gütern6, d.h. zu denjenigen Gütern, die „während einer oder weniger Nutzungen verbraucht worden“ (Becker 2009:591). Ob es sich bei Zucker um ein Nahrungs- oder ein Gonussmittol han­delt. ist teils strittig und kann nicht eindeutig festgelegt werden. Wird Zucker als Kohlenhydrat betrachtet, fällt er als Lebensmittel mit großem Nährwert in die Kategorie der Nahrungsmittel7, legt man den Fokus jedoch auf den süßen Geschmack des Zuckers und daraus herstellbare Lu­xusgüter (wie z.B. aufwändige Marzipandekorationen oder Konfekt), muss er als Gonussmittol angesehen werden8.

Abbildung in dieser Leseprobe nicht enthalten

Abbildung 2: Arten von Konsumgütern nach Both (2008:205). ergänzt nach Brockhaus (1990:178)

1.2 Kulturgeschichte des Zuckers

Zuckerrohr wurde in Neuguinea bereits um 6.000 v.Chr. angebaut9, gelangte jedoch erst kurz voi­der Wende zum 11. Jahrhundert über Indien und den Orient nach Europa. Nach seiner Ankunft wurde es wird auf den Kanaren und im Mittelmeerraum kultiviert und in europäischen Städten, besonders in Venedig, raffiniert. Nach der Entdeckung der neuen Welt wurde Zuckerrohr in den Kolonien angebaut und in großen Mengen nach Europa importiert.10

1.2.1 Gewürz und Medizin

Bei einer Ankunft in Europa wurde der Zucker als Gewürz klassifiziert. Er war daher sehr teuer und wurde als solches ausschließlich von den Reichen und in kleinen Mengen verwendet. Da der Zucker in der arabischen Medizin genutzt wurde, fand er auch in Europa als Medikament Anwendung.11Er wurde zum einen verwendet, um bitter schmeckende Medizin angenehmer zu machen, zum anderen avancierte der Zucker selbst zu einem Heilmittel, das gegen allerlei Arten von Beschwerden verschrieben wurde, weshalb er lange Zeit nur bei Apothekern und Gewürzhändlern12erworben werden konnte.13

1.2.2 Luxusgut und Genussmittel

Bereits im 13. Jahrhundert wurde Zucker am französischen Hof zur Herstellung von Marzipan für aufwendige Zuckerdekorationen verwendet, konnte sich jedoch nicht etablieren. Das Hand­werk der Zuckerbäcker wurde allerdings vor allen Dingen in Großbritannien fortgeführt und weiterentwickelt14und erst im 17. Jahrhundert entwickelte sich Zucker in Frankreich zu einem Luxusgut, das am Hof Verwendung fand und so zu einem Symbol für Reichtum und Wohlstand avancierte. Er wurde nicht nur in Form von Dekorationen aus Marzipan oder Karamell verwen­det, sondern es entstanden auch neue Lebensmittel wie Speiseeis, Pralinêes, Limonaden und Liköre.15Die Vielzahl neuer süßer Gerichte rückte nach und nach ans Ende der französischen Menüfolge und das Dessert entwickelte sich zum letzten Gang. In einer parallel verlaufenden Entwicklung erhielt die strikte Trennung zwischen süßen und salzigen Speisen16Einzug in die französische Küche.17

1.2.3 Lebensmittel und Grundnahrungsmittel

Durch sinkende Zuckerpreise wurde der Zucker auch für die mittleren Schichten der Bevölkerung zugänglich, die ihn, nach dem Vorbild der Wohlhabenden, als Genussmittel ansahen. Durch den Import von Kaffee, Tee und Kakao aus den Kolonien, stieg der Bedarf an Zucker weiter an und er wurde nach und nach zu einem alltäglich gebrauchten Gut, das durch seine steigende Verfüg­barkeit und Verwendung in allen gesellschaftlichen Schichten seinen Symbolcharakter verlor.18

Während der Napoleonischen Kriege erlitt der gestiegene Zuckerkonsum Frankreichs durch Embargos, Steuern und dadurch steigende Preise einen Einbruch.19In Deutschland hatte An­dreas Marggraf bereits 1747 den Zuckergehalt von Futterrüben entdeckt, die Extraktion des Zuckers gelang jedoch erst 52 Jahre später durch Marggrafs Schüler Archard und die finanzi­elle Unterstützung Wilhelms III.; während der Kontinentalsperre Napoleons ab 1806 entstan­den weitere Zuckerfabriken in ganz Europa, um den verteuerten Importzucker aus Übersee zu subsituieren.20Anfang 1812 wurde in Frankreich die industrielle Produktion von Zucker aus Zuckerrüben aufgenommen, nachdem dem Franzosen Delessert deren Züchtung gelungen war.

Das Stroben nach einem Zuckersubstitut zeigt den hohen Stellenwert, den der vom Genussmit­tel zum Lebensmittel gewordene Zucker einnahm.21 Durch weiter fallende Preise konnten sich im 19. Jahrhundert schließlich auch die Ärmsten Zucker leisten und das Nahrungsmittel wurde zum Grundnahrungsmittel.22

1.2.3.1 Nährstoff- und Energielieferant

1853 bewies der Franzose Claude Bernard, dass Zucker als Nährstoff förderlich für den Aufbau von Muskelniasse sei. was die Sicht auf Zucker als Energielieferant seit seiner eindeutigen Zu­ordnung zu den Kohlenhydraten unterstrich. Aufgrund dieser Eigenschaft und seines niedrigen Preises wurde er fortan zum empfohlenen Grundnahrungsmittel für den armen Teil der Bevöl­kerung.23

Um und nach 1900 wurden immer wieder Experimente mit Vorliebe an Sportlern und Soldaten durchgeführt, die die Eigenschaft von Zucker als Energie- und Kraftlieferant bestä­tigten.24Dieses Image des Zuckers war von langer Dauer und findet sich auch in französischer Werbung der Collective du Sucre25für Zucker aus den 1950er und 1960er Jahren (Abbildung 3).

Abbildung in dieser Leseprobe nicht enthalten

Abbildung 3: Plakatwerbung für Zucker: Zucker als Energielieferant. Links: Werbeplakat aus den 50er Jahren, rechts: Plakat der Kampagne „Quelle énergie dans le sucre“ von 1968

1.2.3.2 Krank- und Dickmacher

Auch wenn Zucker im Mittelalter als Allheilmittel angesehen wurde, wird er in der heutigen Zeit vor allen Dingen als schädlicher Stoff bestrachtet und für Krankheiten und Übergewicht verantwortlich gemacht.26 Obwohl Zucker von manchen schon im 16. und 17. Jahrhundert dia-
bolisiert wurde, hat sich seine negative Konnotation erst Mitte des 20. Jahrhunderts in den Köpfen der Menschen etabliert.27 Zu dieser Meinungsbeeinflussung leisteten die Massenmedien einen erheblichen Beitrag28, unter anderem durch das in der Werbung verwendete „Prädikat ‘zuckerfrei’ f...] als positiv besetztefn] Begriff“ (Merki 2001:266).

Im 20. Jahrhundert wurde nicht nur Übergewicht, sondern auch Gewicht im Allgemeinen zu einem Feind des Menschen, insbesondere der Frauen. Ernährungs- und Diätpläne verteufeln Zucker daher ebenso wie fetthaltige Produkte als so genannte Dickmacher.29Auch wird dem Zucker vorgeworfen, den Menschen von Süßspeisen abhängig zu machen wie eine Droge30- ein Vorwurf, der der Wahrheit nicht gerecht wird.31

Auf den paradoxen Vorwurf Zucker sei chemisch und den Trend hin zu Convenience-Produkten reagierte die Collective du Sucre 1997 mit der Werbekampagne „Avec le Sucre, vous êtes dans le Vrai!“. Unter der Schlagzeile „Etes-vous prêt à avaler n’importe quoi?“ verdeutlichen TV-Spots und Plakate, welch absurde Ausmaße die Einstellung zur Ernährung einnehmen könnte und der Zucker als natürliches Produkt im Kontrast zu dieser Entwicklung steht.32Dennoch, trotz der Kampagne, bleibt Zucker der zentrale Punkt in jeglicher Diskussion um Ernährung - sowohl in den Medien als auch in der Politik.33

1.3 Untersuchte Marken

Innerhalb Europas sind die deutsche und die französische Zuckerproduktion heute - mit jeweils drei Produzenten unter den wichtigsten neun - die relevantesten, wie Abbildung 4 verdeutlicht. Da es in dieser Arbeit um den kulturellen Vergleich Deutschlands mit Frankreich geht, werden je Land drei Zuckermarken genauer betrachtet: auf deutscher Seite Nordzucker, Südzucker und Diamant Zucker (bzw. Kölner Zucker ) von Pfeifer & Langen34und auf französischer Seite Saint Louis (gehört zu Südzucker), Tereos’ Béghin Say und Cristal Unions Daddy.

Auffällig ist, dass alle deutschen Zuckermarken das Wort „Zucker“ in ihrem Markennamen

Abbildung in dieser Leseprobe nicht enthalten

Abbildung 4: Die Top 9 der Zuckerhersteller in Europa in Anlehnung an Nordzuckor nach LebensmittelZeitung.net und (bis auf Diamant Zucker) auch in ihrem Logo tragen bei den französischen Marken trifft dies weder auf ihre Namen noch auf ihre Logos zu. Bei der Betrachtung der Logos (s. Abbildung o35) sticht außerdem umgehend die unterschiedliche Farbgebung hervor: während sich die Logos in Deutschland auf den Einsatz der Farben Weiß. Blau und Rot beschränken36, ist festzustellen, dass die Logos der französischen Marken sich durch andere und unterschiedliche Farben deutlich voneinander abheben.

Abbildung in dieser Leseprobe nicht enthalten

Abbildung 5: Logos und Slogans der untersuchten deutschen und französischen Mar­ken

Ebenfalls auffällig ist die Wahl der Slogans, da sie sich in beiden Ländern des Wortfelds von Zuckers als Genussmittel bedienen: „süß“ (Nordzucker). „Zaubern“ (Südzucker). „Freude“. „Genuss“ (Diamant Zucker), „idées“ (Beginn Say) und „Sucrez“ (Saint Louis)37. Lediglich bei Daddys Slogan „Pour un monde plus rose“ kann kein Bezug zum Produkt - Zucker - hergestellt werden. Die übrigen Slogans lassen sich in Hinblick auf den Fokus ihrer Aussage in zwei Katego­rien teilen: auf den Genuss von zuckerhaltigen Süßspeisen (Nordzucker, Diamant Zucker, Saint Louis) und die Verwendung von Zucker zur Zubereitung von Süßspeisen (Südzucker, Beginn Say).

2 Deutsche und französische Werbung im Vergleich

2.1 Theoretische Grundlagen

2.1.1 Bestandteile und schematischer Aufbau von Printwerbung nach Barmeyer

Werbeanzeigen folgen, unabhängig von dem Land, in dem sie veröffentlicht werden, einem gro­ben Aufbau (s. Abbildung 6). dessen Komponenten im Folgenden näher erläutert werden sollen. Die Schlagzeile dient als Hinweis auf oder Einleitung für die restlichen Bild- und Textanteile der Anzeige und ihre Hauptaufgabe bestellt darin, die Aufmerksamkeit des Lesers an die Wer­beanzeige zu fesseln. Die Hauptabbildung, die größte Bildkoniponente der Anzeige, zeigt das beworbene Produkt oder eine Assoziationen zum Produkt hervorrufende andere Abbildung.38Durch den Haupttext werden Schlagzeile und Haupttabbildung zueinander in Relation gesetzt. Er soll den Leser über das Produkt informieren. Die Länge des Haupttextes richtet sich in vielen Fällen nach der Komplexität und den Kosten des beworbenen Produkts. Das Ziel des Slogans ist es. dem Leser im Gedäclmis haften zu bleiben. Zu diesem Zweck fasst er die Aussa­ge der Anzeige und damit das Produktversprechen auf kurze und prägnante Weise zusammen.30

Abbildung in dieser Leseprobe nicht enthalten

Abbildung 6: Schematischer Aufbau von Werbeanzeigen nach Barmeyer (2000:481)

Obgleich der schematische Aufbau von Anzeigen auf die Werbung beider Länder zutrifft, kann es inhaltlich zu kulturellen Abweichungen kommen. Die Hauptabbildung bestellt in Deutsch­land häufig aus dem beworbenen Produkt selbst, welches in voller Größe im Zentrum der Anzeige abgebildet wird. In Frankreich hingegen rückt oft eine andere Darstellung in den Vordergrund. Im Gegensatz zu Deutschland kommt der Hauptabbildung in Frankreich zusätzlich die Aufgabe zu, den Leser auf die Anzeige aufmerksam zu machen und ihn daran zu fesseln, was die Schlag­zeile in ihrer Funktion komplettiert.39Der Haupttext ist in Frankreich manchmal sehr kurz und nicht immer vorhanden. Ist dies doch der Fall, handelt es sich dabei oftmals um „kleine Geschichten [..], die sich um das Produkt ranken [..], Zitate aus der französischen Theater- und Literaturwelt [..] oder einfen] historischefn] Rückgriff“ (Barmeyer 2000:482).

2.1.2 Informationsverhalten nach Barmeyer

Um die Zusammenhänge und den Sinn der ihm präsentierten Werbung zu erkennen, braucht der Betrachter ein bestimmtes Maß an Informationen, das sich nach dem Hintergrundwissen rich­tet, welches er bereits besitzt40. Dieses vorhandene Wissen wird als „Kontext“ bezeichnet, wobei großes Vorwissen als „hoher Kontext“ und wenig Vorwissen als „geringer Kontext“ bezeichnet wird. Verfügt der Leser über einen hohen Kontext, muss nur wenig oder keine Zusatzinformati­on mitgeliefert werden, um das Verständnis zu gewährleisten. Ist der Kontext des Lesers jedoch gering, benötigt er zum Verständnis viel Zusatzinformation.41

2.1.2.1 Hoher Kontext in Frankreich

Die Höhe des Kontextes einer Gruppe bestimmt sich durch das Wissen, das alle Mitglieder der Gruppe teilen. Im Fall der Franzosen ist dieses geteilte Wissen sehr hoch, was sich vor allen Dingen durch das zentralisierte Bildungssystem des Landes erklären lässt. Die landes­weite „Diffusion eines relativ einheitlichen kanonisierten Wissens“ (Barmeyer 2000:483) wird so vom Kindesalter an und über den gesamten schulischen Bildungsweg gewährleistet. Paral­lel dazu und im Anschluss daran tragen auch die französischen (sehr auf Paris fokussierten) Medien, insbesondere die Fernsehnachrichten durch ihre lange und ausführliche, über die Fak­ten hinausgehende Berichterstattung, zur Vermittlung einheitlichen Wissens an alle Franzosen bei.42Dieses uniforme Vorwissen erlaubt es, Informationen implizit statt explizit zu vermitteln. Der französische Empfänger von Werbung wird durch die Notwendigkeit der Extraktion rele­vanter Informationen aus Ambiguitäten, „Wortspielefnj, [..] versteckten Botschaften f...] und Anspielungen“ gefordert und entwickelt ein gewisses „Vergnügen“ (Barmeyer 2000:484) an dieser Entschlüsselung verborgener Botschaften.43

2.1.2.2 Geringer Kontext in Deutschland

Deutsche hingegen brauchen ein hohes Maß an zusätzlich übermittelter Information, da sie nur über einen geringen Kontext verfügen. Durch die Variation der Lehrpläne von Bundesland zu Bundesland und auch da das Schulsystem in seiner Gänze nicht einheitlich gestaltet ist, wird den deutschen Bürgern kein einheitliches Wissen vermittelt, auf das sich die Werbung stützen könnte. Ebenso verhält es sich mit den Fernsehnachrichten, die sich im Deutschland - im deutlichen Gegensatz zu Frankreich - auf die Mitteilung der wichtigsten Informationen beschränkt und somit kürzer ausfallen und weniger Kontext vermitteln.44

2.1.3 Kommunikativer Stil nach Dmoch

Obwohl die rationalen Ansprüche der Konsumenten im internationalen Vergleich kaum von­einander abweichen, zeigen sich starke Unterschiede in den Erwartungen der Konsumenten an die Werbung. In den Industrienationen der ganzen Welt hat sich die Werbung mit Lebens­stilen - d.h. mit Emotionen - durchgesetzt. Die Produktqualität wird als selbstverständlich vorausgesetzt und die Werbung konzentriert sich stattdessen auf die Vermittlung des mit dem Konsum (oder Besitz) des Produktes verbundenen Lebensstils. Sie kommt auf diese Weise der zunehmenden Erlebnisorientierung der Konsumenten entgegen, die in allen Industriestaaten als Trend zu beobachten ist. Die Erlebnisorientierung der Konsumenten eines Landes schlägt sich entscheidend in dessen nationalem Werbestil nieder. Unterschiede finden sich daher lediglich „in dem Ausmaß, in dem emotionale Kernbotschaften eingesetzt werden, und um welche es sich handelt“ (Dmoch 1996:21).

Die nationalen Werbestile Deutschlands und Frankreichs sind sehr weit voneinander ent­fernt. Die Erwartung der deutschen Konsumenten an die Werbung ist die wahrheitsgemäße Darstellung und Beschreibung des Produktes und seines Nutzens: Ehrlichkeit. Für französi­sche Konsumenten hingegen stellen Witz und Ästhetik die Grundpfeiler einer als angenehm empfundenen und gefallenden Werbung dar. (vgl. Abbildung 7)

2.2 Praktische Anwendung auf deutsche und französische Plakat- und Printwerbung

Um herauszufinden, inwieweit das vorgestellte Schema und die länderspezifischen Merkmale Deutschlands und Frankreichs auf die Zuckerwerbung zutreffen, wird im folgenden je ein Plakat bzw. eine Printanzeige der sechs in Kapitel 1.3 vorgestellten Marken präsentiert und analysiert. Die Plakate und Anzeigen werden hierzu dem Leser zur Verfügung gestellt, anhand des Schemas von Barmeyer grob beschrieben und auf ihre Wirkung und ihren kommunikativen Stil hin untersucht. Außerdem wird auf weitere Plakate und Anzeigen der Marken verwiesen, um die

Abbildung in dieser Leseprobe nicht enthalten

Abbildung 7: Verschiedenen Werbestile innerhalb Europas: während die Deutschen in der Werbung Ehrlichkeit erwarten, wird die Aufmerksamkeit der Franzosen vor allen Dingen durch witzige und ästhetisch dargestellte Werbung erregt (nach Drnoch 1997:21) vorgestellte Auswahl in einen größeren Rahmen einzubetten.

2.2.1 Nordzucker

Das Plakat für Puderzucker von Nordzucker zeigt als Hauptabbildung einen Küchentisch, auf dem gerade Waffeln gebacken werden: im Vordergrund liegen drei Waffeln auf einem Holzbrett, die von einer Frauenhand mit Hilfe eines Puderzuckerstreuers dekoriert werden, im Hintergrund befinden sich ein Teller mit einer halben Waffel mit Kirschen, eine Schale mit Kirschen, eine Schüssel mit Waffelteig und ein offenes Waffeleisen mit einer fertigen Waffel. Die Schärfe im Bild nimmt nach hinten stark ab. Der Puderzuckerstreuer befindet sich in der Bildmitte. Die Schlagzeile „Dekorieren leicht gemacht!“ befindet sich mittig im oberen Viertel des Bildes. In der rechten unteren Bildecke befinden sich Markennamc und Slogan („Für die süßen Augenblicke im Leben“). Haupttext und Zusatzabbildung sind nicht vorhanden, (vgl. Abbildung 8)

Die Abbildung wirkt insgesamt sehr gestellt: durch die zum Halten einer Streudose unnatür­liche und zu starre Haltung der Hand, die darauf bedacht ist. die Produktpackung so wenig wie möglich zu verdecken, entsteht ein Puderzucker-Fleck auf der obersten Waffel. Die naheliegende Schlussfolgerung, dass die Waffeln bereits vorher eventuell sogar von einer anderen Hand und mit einem anderen Produkt dekoriert wurden, wirkt sich negativ auf die Rezeption der Anzeige aus. Der viele Puderzucker auf dem vordernen Teil des Holzbretts wirkt außerdem der Aussage

Abbildung in dieser Leseprobe nicht enthalten

Abbildung 8: Nordzucker. Werbeplakat für Puderzucker

der Schlagzeile, die eine leichte Dosierung des Produkts dank seiner innovativen Verpackung verspricht, entgegen. Das Plakat ist daher insgesamt unstimmig. was die Werbewirkung mindert.

Gemeinsam mit dem Plakat für Puderzucker wurde auch ein Plakat für Zimt-Zucker lanciert, das einem sehr ähnlichen Aufbau folgt.45und dessen Schlagzeile ebenfalls nicht funktioniert. Insgesamt folgt die Plakatwerbung Nordzuckers keinem einheitlichen Aufbau und Konzept. Die Platzierung von Markermame und Slogan erfolgt nicht immer und an unterschiedlichen Bildpo­sitionen: sogar innerhalb eines Jahres und auf Plakaten für das selbe Produkt treten deutliche Unterschiede auf. (s. Abbildung 23 im Anhang)

2.2.2 Südzucker

Die Printwerbung für die Puderzuckermühle von Südzucker erschien am 22. Oktober 2012 in „Die Aktuelle“. Die Hauptabbildung zeigt, drei herzförmige Plätzchen mit Marmeladenfüllung. deren Rand mit Puderzucker bestreut ist. und die Hände einer Frau, die mit der Puderzuckermühle Pu­derzucker auf die Plätzchen rieseln lassen. Hinter den Plätzchen liegen einige Zimtstangen. der Hintergrund ist. cremefarben. Der Slogan „Ganz fein rieselt, der Puderzucker“ befindet, sich am oberen Bildrand und wird durch den Zusatztext „Im Handumdrehen perfekt, dosieren“ unmit­telbar darunter ergänzt. Der auf die Internetseite und Postanschrift von Südzucker verweisende Haupttext befindet, sich auf einem roten Hintergrund im unteren Bildviertel und wird durch eine Zusatzabbildung Südzucker-Susi ergänzt. Markermame und Slogan auf einem Schild

Abbildung in dieser Leseprobe nicht enthalten

Abbildung 9: Südzucker. Printwerbung für Puderzucker mit Anhänger bilden eine Verbindung zwischen Hauptabbildung und Haupttext.

Auch die Abbildung dieser Printanzeige wirkt sehr gestellt. Mit der abgebildeten Mühle die abgebildeten Plätzchen so zu dekorieren, dass kein Puderzucker auf die Marmeladenfüllung oder neben die Plätzchen gelangt, wie es auf der Abbildung der Fall ist. scheint unmöglich. Die Abbildung ist durch den cremefarbenen, nicht weißen. Hintergrund auf alt getrimmt, was die Assoziation „Tradition“ hervorrufen soll, jedoch auch als „Antiquiertheit“ empfunden werden kann. Diese Wirkung des Bildes steht der neuartigen und innovativen Verpackung des Puder­zuckers der praktischen Mühle entgegen, die in Schlagzeile und Zusatztext hervorgehoben wird. Die Rekurrenz der Schlagzeile auf das Weihnachtslied „Leise rieselt der Schnee“ wird deutlich, wirkt durch die höhere Anzahl von Worten und Silben jedoch sehr konstruiert und zu unrhythmisch. Der Mehrwert der Puderzuckermühle wird in der Anzeige deutlich, dennoch entstehen Spannungen zwischen Bild und Text.

Südzucker wirbt nicht mit Plakaten, sondern inseriert in Publikumsmagazinen. insbesondere in Frauenzeitschriften. Vor Weihnachten (ab Oktober) wird, wie im Fall der Puderzuckermühle. vorwiegend Zucker zum Backen beworben46, von Januar bis September werden Anzeigen für Gelierzucker geschaltet.47Die Anzeigen folgen seit Jahren dem selben Aufbau und haben daher einen hohen Wiedererkennungswert. Lediglich die Schriftart der Schlagzeilen ändert sich jährlich (vgl. Abbildung 25 im Anhang).

2.2.3 Diamant Zucker

Abbildung in dieser Leseprobe nicht enthalten

Abbildung 10: Diamant Zucker. Werbeplakat für braunen und feinsten Zucker (2008)

Das Werbeplakat für Diamant Zucker zeigt, ein mit braunem und feinstem Zucker gefüll­tes Kölschglas vor einem grünen Hintergrund. Das Glas befindet sich in der linken Bildhälfte. Rechts vom Glas befindet sich die Schlagzeile „Kölner Zucker/', links davon beschreiben die Zu­satztexte „70g Diamant Feinster Zucker “ und „170g Diamant Brauner Zucker “ den Inhalt des Bierglases. In der rechten unteren Ecke befindet sich der Verweis auf die Webseite von Diamant Zucker. Das Logo der Marke befindet sich auf dem Kölschglas und ist daher Teil der Hauptab­bildung. Haupttext. Zusatzabbildung und Slogan sind nicht vorhanden, (vgl. Abbildung 10)

Der lokale Bezug des Zuckers zu Köln wird deutlich, allerdings steht die Marke Diamant Zucker eher im Hintergrund wird durch den Titel „Kölner Zucker“ ersetzt. Wie in Kapitel

1.3 bereits erwähnt, vertreibt Pfeifer & Langen lediglich Kandiszucker unter der Marke Kölner Zucker, bei dem Zucker auf dem Plakat handelt es sich jedoch, wie auch dem Zusatztext zu entnehmen ist. um Diamant Zucker. Das Plakat dient weniger dem Verkauf eines Produkts als der Verbesserung des Images der Marke, die mit Kreativität und der Stadt Köln verbunden wer­den soll. Sie ist also in die Kategorie nicht-kommerzieller an Konsumenten gerichtete Werbung

[...]


1Vgl. Alisch (2004:197)

2vgl. Kroeber-Riel (1995:2693)

3,4Es muss nicht immer für Produkte geworben werden (Produktwerbung), sondern es kann auch das gesamte Unternehmen beworben werden (Unternehmenswerbung), (vgl. Kroeber-Riel 1995:2694)

4s. Kroeber-Riel (1995:2695)

5vgl. Poth (2008:483)

6vgl. Bruhn (2001:749)

7vgl. z.B. Brockhaus (1990:178)

8vgl. Becker (2000:1421)

9“vgl. Becker (2000:141)

10vgl. Charny (1950:711)

11vgl. Mintz (1987:109)

12 Erst im Laufe der 18. Jahrhunderts fand Zucker Einzug in Kolonial- und Gemischt Warengeschäfte, (s. Becker 2000:142)

13vgl. Mintz (1987:1271f)

14vgl. Mintz (1987:118), in Frankreich stiegen die Zahlen der ausgebildeten Konditoren, Zuckerbäcker und Chocolatiers erst ab der Mitte des 19. Jahrhunderts signifikant an. (Csergo 2010:34)

15vgl. Merki (2001:263)

16Mit dem starken Einfluss des Sauren auf den Geschmack der Franzosen, der (im Vergleich zu Frankreichs Nachbarländern) zu einer späten Entdeckung der Süße als wohnschmeckend führte, setzte sich Flandrin aus­einander. Er vollzieht die Entwicklung der Verwendung von Zucker in der französischen Küche anhand seines Auftauchens in Rezept- und Kochbüchern des 14. bis 18. Jahrhunderts nach. (Flandrin 1988)

17vgl. Becker (2000:142f)

18vgl. Becker (2000:142f)

19vgl. Charny (1950:18)

20vgl. Merki (2001:271)

21vgl. Charny (1950:21f)

22vgl. Becker (2000:479)

23vgl. Becker (2000:1441)

24vgl. Fisehler (1988:2541)

25“Auf die Collective du Sucre (CEDAL) wird später, in Kapitel 5.1. näher eingegangen.

26(is. Merki (2001:266)

27vgl. Fischler (1988:242)

28vgl. Fischler (1988:258)

29s. Cassuto (2010:120)

30Auch aufgrund seiner Farbe und Reinheit wurde Zucker immer wieder mit Chemikalien verglichen. Dufty ergänzte dies durch den Aspekt der Droge, indem er 1975 schrieb: „sugar ends up as chemically pure as the morphine or the heroine a chemist has on its leboratory shelves“ (zitiert nach Fischler 1988:244).

31vgl. Apfeldorfer (2010)

32TV-Spots, Plakat und die Beschreibung der Kampagne stehen auf LeSucre.com: Avec le Sucre, vous êtes dans le Vrai! zur Verfügung.

33vgl. Michels (2010:63f)

34Pfeifer & Langen vertreibt seinen Kandiszucker unter dem Label Kölner Zucker und den Rest des Sortiments als Diamant Zucker

35Logos entnommen von den jeweiligen Internetauftritten der Zuckerhersteller

36abgesehen vom gelben Herzen im Sweet Family-Logo, das in diesem Kontext vernachlässigbar ist

37,i7Saint Louis führte bis Ende Oktober 2012 keinen Slogan, sondern lediglich den Zusatz „depuis 1865“

38s. Barmoyor (2000:481)

39,s. Barmoyor (2000:482)

40s. Barmeyer (2000:481)

41dies gilt selbstverständlich nicht nur für die Werbung, sondern auch für jede andere Art von Text.

42vgl. Barmeyer (2000:482f)

43s. Barmeyer (2000:483f)

44vgl. Barmeyer (2000:484)

45vgl. Barmeyer (2000:483fj

46vgl. Abbildung 22 im Anhang

47für ein weiteres Beispiel s. Abbildung 24 im Anhang

48vgl. Horizont.not: Südzuckor

Ende der Leseprobe aus 68 Seiten

Details

Titel
Das "Phänomen Daddy". Zuckerwerbung in Deutschland und Frankreich im Vergleich
Hochschule
Universität des Saarlandes  (Angewandte Sprachwissenschaft sowie Übersetzen und Dolmetschen)
Note
1,3
Autor
Jahr
2012
Seiten
68
Katalognummer
V276330
ISBN (eBook)
9783656693239
ISBN (Buch)
9783656695172
Dateigröße
12653 KB
Sprache
Deutsch
Schlagworte
Werbung, Zucker, Interkulturelle Werbung, Translationswissenschaft, Übersetzen, Daddy, Marktsituation, Printwerbung, Plakatwerbung, Fernsehwerbung, TV-Werbung, Internationalisierung, Globalisierung, Deutschland, Frankreich, Werbespots, Transkulturelle Werbung, Medien, Genussmittel, Lebensmittel, Verbrauchsgüter, Verbrauchsgut, Stevia, Süßstoffe, Süßungsmittel
Arbeit zitieren
Isis Martinsen (Autor:in), 2012, Das "Phänomen Daddy". Zuckerwerbung in Deutschland und Frankreich im Vergleich, München, GRIN Verlag, https://www.grin.com/document/276330

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