Der Arbeitnehmer erwirbt mit Beginn des Arbeitsverhältnisses Urlaubsansprüche für eine bestimmte Arbeitszeit.
Urlaubsansprüche für mehrere Referenzperioden können kumuliert werden, jedoch nur insoweit, als sie für Erholung und Entspannung des Arbeitnehmers zweckdienlich sind. Dies orientiert sich am Maßstab der Entscheidung des EuGH in der Schulte/KHS-Entscheidung.
Auf den Grund der Beendigung des Arbeitsverhältnisses (auch durch den Tod) kommt es nicht darauf an; unverschuldet nicht genommener Urlaub des Arbeitnehmers wandelt sich in einen Geldanspruch um, der auch von den Erben geltend gemacht werden kann. Die Umwandlung ist an keine weiteren Bedingungen geknüpft (etwa Urlaubsantrag.
Schließlich erweist sich ein finanzieller Ausgleich, wenn das Arbeitsverhältnis durch den Tod des Arbeitnehmers geendet hat, als unerlässlich, um die praktische Wirksamkeit des Anspruchs auf bezahlten Jahresurlaub sicherzustellen, der dem Arbeitnehmer nach der RL 2003/88/EG zusteht.
Inhaltsverzeichnis
- Kein Untergang des Urlaubsabgeltungsanspruchs mit Tod des Arbeitnehmers1/2
- Zum Sachverhalt
- Art. 7 der RL 2003/88/EG des Europäischen Parlaments und des Rates vom 4.11.2003 über bestimmte Aspekte der Arbeitszeitgestaltung
- Das Recht gibt dem Staat seine Struktur.
- Rechtsnormen sichern und begrenzen die staatlichen Handlungsspielräume.
- Es stellt einen Entzug des gesetzlichen Richters dar, wenn ein deutsches Gericht seiner Pflicht zur Anrufung des Gerichtshofs im Wege des Vorabentscheidungsverfahrens nach Art. 267 Abs. 3 AEUV nicht nachkommt.
- Art. 267 Abs. 3 AEUV fordert kein zusätzliches Rechtsmittel zur Überprüfung der Einhaltung der Vorlagepflicht.
- Der EuGH soll die Wahrung des Rechts bei der Auslegung und Anwendung der Verträge sichern.
- Mit dem in Art. 267 AEUV vorgegebenen Vorabentscheidungsverfahren hält das Europarecht ein Instrument der Kooperation zwischen nationaler Gerichtsbarkeit und EuGH wirkungsvoll bereit.
- Die Vorlagepflicht nach Art. 267 Abs. 3 AEUV besteht ohne Einschränkung.
- Der EuGH hat wie dem Leitsatz zu entnehmen ist entschieden.
- Aus den Gründen:
- Zu den Vorlagefragen
- Zunächst ist an die ständige Rechtsprechung des Gerichtshofs zu erinnern, wonach der Anspruch jedes Arbeitnehmers auf bezahlten Jahresurlaub als ein besonders bedeutsamer Grundsatz des Sozialrechts der Union anzusehen ist, von dem nicht abgewichen werden darf und den die zuständigen nationalen Stellen nur in den Grenzen umsetzen dürfen, die in der durch die RL 2003/88/EG kodifizierten RL 93/104/EG des Rates vom 23.11.1993 über bestimmte Aspekte der Arbeitszeitgestaltung (ABI. L 307, S. 18) selbst ausdrücklich gezogen werden.
- Außerdem ist darauf hinzuweisen, dass zum einen Art. 7 der RL 2003/88/EG nicht zu den Vorschriften gehört, von denen die Richtlinie ausdrücklich Abweichungen zulässt, und dass zum anderen diese Richtlinie die Ansprüche auf Jahresurlaub und auf Bezahlung während des Urlaubs als zwei Aspekte eines einzigen Anspruchs behandelt.
- Der EuGH hat auf das vom Arbeitnehmer erworbene, unmittelbar aus dem Arbeitsverhältnis selbst abgeleitete, vermögenswerte Recht auf Urlaub abgestellt, das als soziales Grundrecht – unabhängig von seiner Qualifikation nach nationalem Recht dem Arbeitnehmer bedingungslos bei jedweder Beendigung des Arbeitsverhältnisses, also auch über seinen Tod hinaus, erhalten bleibt.
- „Den anderen achten", Kirchhof, FAZ vom 6. März 2014, S. 6 - die Europäische Union ist eine Rechtsgemeinschaft, deren Rechtlichkeit allerdings noch nicht hinreichend gefestigt ist.
- Die Wortfolge „Urlaub gewähren“ lässt daran denken, dass Urlaub eine soziale Gnade ist, die gewährt wird, auf die aber kein Anspruch besteht.
- Vgl. EuGH, EU:C:2009:18 = NZA 2009, 135 = NJW 2009, 495 = EUZW 2009, 147 m. Anm. Abele, S. 152 RN 22 - Schultz-Hoff u. a; EuGH, EU:C:2011:761 = NZA 2011, 1333 NJW 2012, 290 = EUZW 2011, 958 m. Anm. Stiebert/Pötter, S. 960 RN 23 - Schulte/KHS, und EuGH, EU:C:2012:33 = NZA 2012, 139 RN 16 – Dominguez).
- Vgl. EuGH, EU:C:2009:18 = NZA 2009, 135 = NJW 2009, 495 = EuZW 2009, 147 m. Anm. Abele, S. 152, RN 24 - Schultz-Hoff u.a.
- Fazit
- Literaturverzeichnis
Zielsetzung und Themenschwerpunkte
Der Text befasst sich mit der Frage, ob der Anspruch auf Urlaubsabgeltung bei Tod des Arbeitnehmers untergeht. Er analysiert die Rechtsprechung des Europäischen Gerichtshofs (EuGH) zu Art. 7 der Richtlinie 2003/88/EG über bestimmte Aspekte der Arbeitszeitgestaltung und setzt diese in Bezug zu nationalem Recht.
- Recht auf Urlaub als soziales Grundrecht
- Auslegung von Art. 7 der Richtlinie 2003/88/EG
- Zusammenspiel von nationalem und europäischem Recht
- Vorlagepflicht nach Art. 267 AEUV
- Rolle des EuGH als „gesetzlicher Richter“
Zusammenfassung der Kapitel
Der Text beginnt mit einer Darstellung des Sachverhalts, der sich auf einen Rechtsstreit zwischen einer Witwe und dem ehemaligen Arbeitgeber ihres verstorbenen Ehegatten bezieht. Die Witwe fordert Abgeltung für den nicht genommenen Urlaub ihres Mannes. Das vorlegende Gericht möchte vom EuGH wissen, ob Art. 7 der Richtlinie 2003/88/EG einzelstaatlichen Rechtsvorschriften entgegensteht, die den Anspruch auf Urlaubsabgeltung bei Tod des Arbeitnehmers verneinen.
Im weiteren Verlauf des Textes werden die Rechtsgrundlagen und die Rechtsprechung des EuGH zum Recht auf Urlaub und zur Vorlagepflicht nach Art. 267 AEUV beleuchtet. Der Autor argumentiert, dass der Anspruch auf Urlaub ein soziales Grundrecht ist, das dem Arbeitnehmer auch über seinen Tod hinaus erhalten bleibt. Er kritisiert die Rechtsprechung des Bundesarbeitsgerichts, die den Anspruch auf Urlaubsabgeltung bei Tod des Arbeitnehmers verneint, und plädiert für eine Auslegung des Unionsrechts, die den Arbeitnehmern einen umfassenden Schutz gewährt.
Der Text analysiert die Rolle des EuGH als „gesetzlicher Richter“ und die Bedeutung des Vorabentscheidungsverfahrens für die Einheitliche Auslegung des Unionsrechts. Er betont die Notwendigkeit einer engen Zusammenarbeit zwischen nationalen Gerichten und dem EuGH, um eine kohärente Rechtsanwendung zu gewährleisten.
Schlüsselwörter
Die Schlüsselwörter und Schwerpunktthemen des Textes umfassen das Recht auf Urlaub, die Urlaubsabgeltung, die Richtlinie 2003/88/EG, das Vorabentscheidungsverfahren, die Vorlagepflicht, der Europäische Gerichtshof, das Bundesarbeitsgericht, das Sozialrecht, das Unionsrecht und die Rechtsprechung.
- Quote paper
- Prof. Dr. Dr. Assessor jur., Mag. rer. publ. Siegfried Schwab (Author), 2014, Kein Untergang des Urlaubsabgeltungsanspruchs mit dem Tod des Arbeitnehmers, Munich, GRIN Verlag, https://www.grin.com/document/276562