Die Unterstützung benachteiligter Kinder und Jugendlicher im Sozialgesetzbuch (SGB)


Trabajo Escrito, 2014

21 Páginas, Calificación: 2,3


Extracto


Inhaltsverzeichnis

1. Einleitung

2. Dimensionen der Benachteiligung

3. Kinder und Jugendliche im Sozialgesetzbuch
3.1 SGB II (Grundsicherung für Arbeitssuchende)
3.2 SGB III (Arbeitsförderung)
3.3 SGB V (Gesetzliche Krankenversicherung)
3.4 SGB VI (Gesetzliche Rentenversicherung)
3.5 SBG VII (Gesetzliche Unfallversicherung)
3.6 SGB VIII (Kinder- und Jugendhilfegesetz)
3.7 SGB IX (Rehabilitation und Teilhabe behinderter Menschen)
3.8 SGB XI (Soziale Pflegeversicherung)
3.9 SGB XII (Sozialhilfe)

4. Fazit

5. Literaturverzeichnis

1. Einleitung

„Die Bundesrepublik Deutschland ist ein demokratischer und sozialer Bundesstaat“, so heißt es im Artikel 20 des Grundgesetzes von 1949. Deutschland hat sich als Ziel gesetzt, soziale Gerechtigkeit und soziale Sicherheit für seine Bürger zu schaffen. Wir können in Deutschland auf eine lange Tradition der Sozialpolitik zurückblicken. Bereits vor dem Wirksamwerden des Grundgesetzes hat Deutschland im Jahre 1883 als erstes Land auf der Welt die Sozialversicherung eingeführt (vgl. Bundeszentrale für politische Bildung 2011). Allein das deutsche Sozialgesetzbuch (SGB) umfasst 12 Bücher mit hunderten von Paragrafen, die dafür konzipiert wurden, „(…) ein menschenwürdiges Dasein zu sichern, gleiche Voraussetzungen für die freie Entfaltung der Persönlichkeit, insbesondere auch für junge Menschen, zu schaffen, die Familie zu schützen und zu fördern, den Erwerb des Lebensunterhalts durch eine frei gewählte Tätigkeit zu ermöglichen und besondere Belastungen des Lebens, auch durch Hilfe zur Selbsthilfe, abzuwenden oder auszugleichen“ (§ 1 SGB I).

Das Bruttoinlandsprodukt (BIP), als ein Indikator für wirtschaftliche Stärke, lag in Deutschland im Jahr 2012 bei etwa 41,863 US$ pro Person. Damit nimmt Deutschland im weltweiten Vergleich die 19te Position ein. Betrachtet man die prozentuale Veränderungsrate des BIP, also dem Maß, das positives oder negatives Wirtschaftswachstum anzeigt, zeigt sich im Trend ein positives Wachstum seit Ende des zweiten Weltkrieges. Lediglich ein geringes Negativwachstum war in Folge von Wirtschaftskrisen und Bankenkrisen zu beobachten (Weltbank 2014). Betrachtet man zusätzlich den Human Development Index (HDI), als einen weiteren Index für Wohlstand, belegt Deutschland im Jahr 2012 mit 0,92 weltweit den fünften Rang. Trotzdem steigt die Anzahl derer, die in Deutschland in (relativer) Armut leben. Im besonderen Maße sind Kinder davon betroffen (vgl. Bäcker u.a. 2008a, 359-365). Die Folgen für Betroffene und für die Gesellschaft, die später noch intensiver beleuchtet werden, haben sowohl menschlich, als auch wirtschaftlich gravierende Konsequenzen.

Der negative Trend zeigt sich trotz regelmäßiger Anpassung der Sozialgesetzbücher. Die im SGB geregelten Leistungen und Unterstützungen scheinen nicht auszureichen oder berücksichtigen nicht die Kernprobleme, um Armut, Bildungsdefizite und andere Benachteiligungen - besonders bei Kindern und Jugendlichen - auszugleichen oder erst gar nicht entstehen zu lassen. Dieser Frage nachzugehen wird Inhalt der vorliegenden Ausarbeitung sein. Dabei soll die Ausarbeitung einen Einstieg in die Thematik darstellen und anregen, sich intensiver damit auseinanderzusetzen. Es wird eine Sichtung und Überprüfung des Sozialgesetzbuches unter der Perspektive der verschiedenen Dimensionen von Benachteiligungen bei Kindern und Jugendlichen erfolgen. Hierzu wird im ersten Schritt geklärt, welche Dimensionen von Benachteiligungen es bei Kindern und Jugendlichen gibt, welche konkreten Benachteiligungen in Deutschland zu beobachten sind und welche Konsequenzen daraus für die Betroffenen entstehen können. Im Anschluss daran wird das Sozialgesetzbuch systematisch nach Paragrafen durchforstet, die zur Vermeidung von Benachteiligungen bei Kindern und Jugendlichen dienen können. Dabei wird kurz geprüft, inwieweit die daraus resultierenden Leistungen und Ansprüche in der Realität helfen, um Benachteiligungen zu vermeiden oder zumindest zu verringern. Dazu werden die Paragrafen sinngemäß zusammengefasst und auf juristisch wesentliche, aber für die Überprüfung unwesentliche, Einschränkungen und Bedingungen zum Wohle der besseren Lesbarkeit und dem besseren Verständnis verzichtet. Im Fazit werden dann nochmals die entscheidenden Aspekte und Erkenntnisse zusammengefasst und überlegt, wie sich daran ein weiteres Vorgehen anknüpfen lässt. Die verwendeten Informationen werden durch Berichte, Statistiken, Monographien, Abhandlungen, Aufsätzen, Internetseiten und Sammelbänden zusammengetragen.

2. Dimensionen der Benachteiligung

Die Benachteiligung von Kindern und Jugendlichen kann in verschiedenen Dimensionen gesehen werden. Hierzu bietet sich das Lebenslagenkonzept aus der Ungleichheitsforschung an. Das Konzept berücksichtigt Beeinträchtigungen von materiellen und immateriellen Lebensbedingungen Einzelner und Gruppen. Dabei sind Beeinträchtigungen der Lebensbedingungen einerseits durch das Verhalten und anderseits durch Verhältnisse, wie zum Beispiel der Wohngegend, determiniert. Holz (2006, S. 4) definiert die Lebenslage als eine „(…) Lebenssituation von Menschen in biologischer, psychischer und sozialer Hinsicht.“ Im Lebenslagenkonzept differenziert man zumeist sechs Dimensionen: (1) Ökonomische Lage (verfügbares Einkommen), (2) Versorgung mit sozialkulturellen Gütern (Wohnverhältnisse, Bildung), (3) persönliche Kontakte / soziale Aktivitäten (Freundschaften, Hobbys), (4) Lern- und Erfahrungsspielraum / Möglichkeit der Entfaltung der Interessen, (5) Partizipation, soziale Teilnahme und den (6) Gesundheitszustand.

Alle Bereiche haben einen direkten oder zumindest indirekten Einfluss auf das Wohlbefinden des Individuums (vgl. Bäcker u.a. 2008a, S. 45 f.; Holz 2006, S. 4).

Die daraus ableitbaren Benachteiligungen für Kinder und Jugendliche können somit von (relativer) Armut betroffene Familien, kinderreiche Familien, Einelternfamilien, Familien mit Migrationshintergrund, kranke Kinder und Kinder mit einer Behinderung sein. Den Hintergrund, die eventuell bestehenden Zusammenhänge und wie die entsprechende Situation der benachteiligten Gruppen in Deutschland ist, wird in der Folge näher beleuchtet.

Um relative materielle Armut bestimmen zu können, werden verschiedene Konzepte verwendet. Meist wird in Deutschland bei Unterschreitung von 50 oder 60 Prozent des durchschnittlichen gewichteten Haushaltsnettoeinkommens von relativer Armut gesprochen. Je nach Berechnungsmethode lebten demnach 2004 zwischen 13 und 19 Prozent der Minderjährigen in Deutschland in relativer Armut. Damit gehören die Minderjährigen zu der am häufigsten betroffenen Altersgruppe. Je nach Wohnort und -gegend war der Anteil auf bis zu 33 Prozent der Alterskohorte gestiegen. Besonders kinderreiche Familien, Kinder von Alleinerziehenden oder Kinder mit Migrationshintergrund sind überdurchschnittlich von Kinderarmut betroffen (vgl. Böhmer / Heimer 2008a, S. 7 f.; Holz 2006, S. 3 f.; Welser 2013, S. 68 f.).

Über genügend finanzielle Mittel zu verfügen ist zwar nicht der einzige Aspekt um ein erfülltes Leben führen zu können, dennoch ist das die Basis von vielem. Im schlimmsten Fall führt Armut in die soziale Isolation. Besonders bei Alleinerziehenden steigt die Gefahr der Isolation, wenn hier zusätzlich ein kleiner Freundes- und Bekanntenkreis hinzukommt, bei denen die verwandtschaftlichen Netze nicht funktionieren. Durch ausreichend Geld können Kinder am sozialen Leben teilnehmen, in Sportvereinen, beim Lernen eines Musikinstrumentes oder andere kulturelle Angebote nutzen (Museen, Ausstellungen, Kino etc.). Dies kann einerseits soziale und kognitive Fähigkeiten entwickeln und andererseits Freundschaften entstehen lassen. Die Konsequenzen daraus können sich auch auf die Gesundheit auswirken, denn besonders Freundschaftsbeziehungen spielen eine wesentliche Rolle, wenn es um gesundheitsfördernde Maßnahmen geht. Darüber hinaus ermöglicht ausreichend Geld, eine entsprechende Wohnung in einer kinderfreundlichen und gegebenenfalls kinderförderlichen Umgebung mieten oder sogar kaufen zu können. Finanzielle Unabhängigkeit ermöglicht außerdem eine längere und dadurch bessere Bildung (z.B. durch den Besuch eines Gymnasiums, Aufnahme eines Studiums o.ä.), die wiederum der wichtigste und anhaltendste Hebel zur Vermeidung und Überwindung von Armut im späteren Lebensverlauf ist. (vgl. Bäcker u.a. 2008, S. 277 und S. 283-290; Chassé / Zander / Rasch 2010, S. 169; Wehner 2005, S. 416 und S. 420; WZB 2013, S. 11).

In Deutschland waren 2011 etwa 8,9 Prozent der Bevölkerung als schwerbehindert gemeldet und registriert. Die mit 83,4 Prozent häufigste Ursache für eine Behinderung sind Folgen einer Krankheit. Danach folgen Kriegsschäden, angeborene Handicaps und Unfälle. Daraus erklärt sich die verhältnismäßig „niedrige“ Anzahl der behinderten Kinder und Jugendlichen unter 15 Jahren in Deutschland. Sie betrug im gleichen Erfassungszeitraum 126.558 Personen. Das entspricht etwa einem Anteil von 1,9 Prozent an der Gesamtbevölkerung (Statistisches Bundesamt 2011, S. 4-8). Dennoch dürfen die schwerwiegenden Konsequenzen für die Betroffenen und deren Familien nicht außer Acht gelassen werden. Eckert (2013, S. 194 f.) skizziert den Weg einer Mutter eines behinderten Kindes. Auf Grund der neuen, unbekannten Situation muss sich in den ersten Lebensjahren verstärkt um das Kind gekümmert werden, die Bedeutung des Berufslebens geht zurück, Erziehungszeiten werden verlängert, die berufliche Tätigkeit wird zeitlich reduziert oder komplett aufgegeben. Ein späterer Wiedereinstieg wird umso schwieriger und kann so zur Altersarmut führen. Aufgrund der höheren Scheidungsraten bei Ehepartnern mit behinderten Kindern, können so noch die Sorgen und Gefahren einer alleinerziehenden Person hinzukommen. Neben dem finanziellen Mehrbedarf mangelt es den Familien auch an Unterstützung.

Nachdem nun einige Aspekte und Dimensionen der Benachteiligung von Kindern und Jugendlichen und deren Folgen aufgezeigt wurden, kann konstatiert werden, dass die verschiedenen Benachteiligungen in den meisten Fällen (relative) Armut und soziale Isolation nach sich ziehen können. Mit dieser Kenntnis erfolgt nun die Sichtung des Sozialgesetzbuches.

3. Kinder und Jugendliche im Sozialgesetzbuch

Der Ursprung des Sozialgesetzbuches (SGB) liegt im Jahr 1969. Der Gesetzgeber begann damals viele Einzelgesetze zu einem zusammenhängenden Gesetzeswerk zusammenzufassen. Daraus entstand das Sozialgesetzbuch, das wiederum aus 12 einzelnen Büchern (SBG I bis SGB XII) besteht. Das SGB I trat im Jahr 1975 als erstes in Kraft (BMJ o.J.).

Die Überprüfung der einzelnen Bücher erfolgt in chronologischer Reihenfolge und zur besseren Lesbarkeit erfolgt dann direkt die Prüfung der Potentiale für die Vermeidung oder Reduzierung von Benachteiligungen. Die angegebenen Beträge sind die aktuell gültigen, es sei denn, es wird explizit ein anderer Zeitraum genannt.

In den Büchern I (Allgemeiner Teil), IV (Gemeinsame Vorschriften für die Sozialversicherung) und X (Sozialverwaltungsverfahren und Sozialdatenschutz) des Sozialgesetzbuches gibt es keine relevanten Eintragungen, die explizit zur Reduzierung von Benachteiligung bei Kindern und Jugendlichen beitragen könnten und deswegen bleiben sie unberücksichtigt.

3.1 SGB II (Grundsicherung für Arbeitssuchende)

Das zweite Sozialgesetzbuch hat unter anderem das Ziel, eine Grundsicherung für Arbeitssuchende zu gewährleisten, die „(…) die familienspezifischen Lebensverhältnisse von erwerbsfähigen Leistungsberechtigten, die Kinder erziehen (…) berücksichtigen (…)“ (§ 1). Im § 4 (Leistungsformen) wird darauf hingewiesen, dass die zuständigen Träger darauf hinwirken sollen, dass Kinder und Jugendliche Zugang zu geeigneten Angeboten der gesellschaftlichen Teilhabe erhalten. Zur Zielerreichung soll eine Zusammenarbeit mit allen Beteiligten geschaffen werden. Hierzu wird dem Leistungsberechtigten nach § 20 (Regelbedarf zur Sicherung des Lebensunterhalts) neben der Sicherung des Lebensunterhalts auch „(…) in vertretbarem Umfang eine Teilhabe am sozialen und kulturellen Leben in der Gemeinschaft“ gewährt. Zur Sicherung des Lebensunterhaltes stehen Einzelpersonen monatlich 391 Euro zur Verfügung. Lebt die Person in einer Beziehung oder in einer Bedarfsgemeinschaft reduziert sich der Betrag für die zweite Person auf 353 Euro. Für sonstige, minderjährige erwerbsfähige Angehörige der Bedarfsgemeinschaft werden als Regelbedarf monatlich 296 Euro anerkannt. Ist der sonstige Angehörige volljährig, steht ihm 313 Euro im Monat zu (Absatz 2).

Werdende Mütter können nach der zwölften Schwangerschaftswoche Mehrbedarfe (§ 21) von 17 Prozent des Regelbedarfs geltend machen (Absatz 2). Ferner bei Alleinerziehenden, die mit minderjährigen Kindern zusammenleben. Die Höhe richtet sich dann nach der Anzahl und dem Alter der Kinder. Der gestattete Mehrbedarf bewegt sich bei einem Kind zwischen 12 Prozent und bei mehreren Kindern bei höchstens 60 Prozent des maßgebenden Regelbedarfs (Absatz 3). Der § 24 (Abweichende Erbringung von Leistungen) gewährt weitere Leistungen für die Erstausstattung für Bekleidung und Erstausstattung bei Schwangerschaft und Geburt (Absatz 3).

§ 23 (Besonderheiten beim Sozialgeld). Der Regelbedarf für Kinder und Jugendliche beträgt bis zur Vollendung des sechsten Lebensjahres 229 Euro, bis zur Vollendung des 14. Lebensjahres 261 Euro und ab dem 15. Lebensjahr 296 Euro. Damit Kinder und Jugendliche von Leistungsberechtigten (siehe § 7) am sozialen und kulturellen Leben teilnehmen können, wird im § 28 (Bedarfe für Bildung und Teilhabe) bestimmt, dass bei Schülerinnen und Schülern die tatsächlichen Aufwendungen für Schulausflüge und mehrtägige Klassenfahrten anerkannt werden (Absatz 2). Eine finanzielle Beteiligung für den persönlichen Schulbedarf wird in Höhe von 100 Euro pro Schuljahr gewährt (Absatz 3). Ebenso werden anfallende Fahrtkosten zur Schule übernommen, sofern sie fünf Euro im Monat übersteigen (Absatz 4). Schüler können schulische Angebote zur Lernförderung nutzen, soweit diese geeignet und zusätzlich erforderlich sind, um damit die Lernziele zu erreichen (Absatz 5). Mehrkosten für das gemeinschaftliche Schulmittagessen werden übernommen (Absatz 6). Kinder und Jugendliche können monatlich 10 Euro für die soziale Teilhabe erhalten (Absatz 7). (BMAS 2014; BMJ o.J.).

Die armutsreduzierende Wirkung der Mehrbedarfe (§ 21) wurde von Böhmer und Heimer (2008c, S. 33-35) überprüft. Dabei stellten sie fest, dass 2006 fast ein Viertel der Alleinerziehenden mit einem Kind und fast die Hälfte derer mit mehr als einem Kind diese Leistung in Anspruch nahmen. Würde diese Leistung nicht zur Verfügung gestellt werden, hätte das zur Folge, dass das Armutsrisiko bei Alleinerziehenden um 3,9 Prozent höher ausfallen würde. Somit wären fast 90 Prozent der Alleinerziehenden mit mehreren Kindern dem Armutsrisiko ausgesetzt. Im Falle des Sozialgeldes (§ 23) für Kinder halten Böhmer und Heimer (2008c, S. 41-44) fest, dass auch hier besonders Familien von Alleinerziehenden davon profitieren und so bei etwa 405.000 Kindern das Armutsrisiko vermieden werden kann.

Generell sind Familien, die auf Leistungen nach dem SGB II angewiesen sind, mit 65,2 Prozent mit größtem Abstand von dem Kinderarmutsrisiko betroffen (Böhmer / Heimer 2008b, S. 19-22). Das zeigt, dass die Leistungen im Allgemeinen nicht ausreichen, um dem Armutsrisiko nicht ausgesetzt zu sein. Noch deutlicher benennt Butterwegge (2014, S. 245 f.) das Problem. Er konstatiert: „Hartz IV führte zur Verschärfung der sozialen Schieflage im Land, zur Ausweitung der (Kinder-)Armut bis in die Mitte der Gesellschaft hinein (…)“ (Butterwegge 2014, S. 245). Einmalige Leistungen, wie die Bezuschussung des persönlichen Schulbedarfs, die Anerkennung der Kosten für Klassenfahrten, oder die 10 Euro für Mitgliedsbeiträge haben keine armutsreduzierende Wirkung, versuchen aber, der Zielsetzung Kindern und Jugendlichen Bildung und soziale Teilhabe zuteil kommen zu lassen, gerecht zu werden. Die Leistungen aus dem Bildungspaket, das überhaupt erst aufgrund eines Urteils des Bundesverfassungsgerichtes in Angriff genommen wurde, sollen eine bessere soziale Teilhabe ermöglichen. Dass der Wille allein nicht ausreicht macht von Welser (2014, S. 70) deutlich. Sie kommt zu dem Fazit, dass die Höhe der Beträge nicht ausreicht.

3.2 SGB III (Arbeitsförderung)

Im § 1 (Ziele der Arbeitsförderung) heißt es, dass die Leistungen der Arbeitsförderung insbesondere die „berufliche Situation von Frauen verbessern (will), indem sie auf die Beseitigung bestehender Nachteile (…) hinwirken (soll)“ (Absatz 2, Satz 4).

§ 8 (Vereinbarkeit von Familie und Beruf) hat das Ziel, dass die Leistungen der Arbeitsförderung „(…) die Lebensverhältnisse von Frauen und Männern berücksichtigen, die aufsichtsbedürftige Kinder betreuen und erziehen (…) oder nach diesen Zeiten wieder in die Erwerbstätigkeit zurückkehren wollen“ (Absatz 1).

Unter bestimmten Bedingungen kann bei einer Ausbildung, bei einer berufsvorbereitenden Bildungsmaßnahme (§ 64, Sonstige Aufwendungen) oder im Zuge einer beruflichen Weiterbildung (§ 87, Kinderbetreuungskosten) 130 Euro pro Monat und Kind für Aufwendungen für die Betreuung der aufsichtsbedürftigen Kinder beantragt werden.

Im Zusammenhang mit der Höhe des Arbeitslosengeldes regelt der § 149 (Grundsatz), dass Arbeitslose, die mindestens ein Kind haben oder deren Lebenspartner(in) mindestens ein Kind hat, 67 Prozent (erhöhter Leistungssatz), die übrigen Arbeitslosen 60 Prozent (allgemeiner Leistungssatz) des pauschalierten Nettoentgeltes erhalten. (BMJ o.J.).

Zu der Wirkung der Leistungen stehen keine empirischen Befunde zur Verfügung. Jedoch kann davon ausgegangen werden, dass die monatlich gewährten Kinderbetreuungskosten in Höhe von 130 Euro nicht ausreichen, einerseits ein Kind über einen längeren Zeitraum ganztags betreuen zu lassen, und andererseits dadurch dem Risiko der Kinderarmut zu entgehen. Jedoch steht hier im Vordergrund wieder einen Arbeitsplatz zu bekommen und die berufliche Situation von Frauen zu verbessern, was wiederum die beste Möglichkeit zur Vermeidung von Kinderarmut ist. Hinzu kommt, dass in der Betreuungseinrichtung soziale Kontakte entstehen, die auch in anderen Bereichen hilfreich sein können (siehe „2. Dimensionen der Benachteiligung“).

3.3 SGB V (Gesetzliche Krankenversicherung)

Im § 10 (Familienversicherung) heißt es, dass unter anderem die Kinder von Mitgliedern (beitragsfrei) mitversichert sind. § 23 (Medizinische Vorsorgeleistungen) gibt den Versicherten einen Anspruch auf ärztliche Behandlung und Versorgung mit Arzneimitteln, wenn damit einer Gefährdung der gesundheitlichen Entwicklung eines Kindes entgegengewirkt werden kann (Absatz 1). Absatz 2 gewährt einen Zuschuss bei einem ambulanten Aufenthalt von bis zu 13 Euro täglich. Ist das Kleinkind chronisch krank, kann der Zuschuss bis zu 21 Euro betragen.

Bis zum sechsten Lebensjahr haben versicherte Kinder Anspruch auf Untersuchungen (U1 bis U6 Vorsorgeuntersuchungen) sowie nach Vollendung des zehnten Lebensjahres auf eine Untersuchung (J1) zur Früherkennung von Krankheiten, die ihre körperliche oder geistige Entwicklung stark gefährden (§ 26 Abs. 1, Kinderuntersuchung).

Minderjährige sind von Zuzahlungen der verschriebenen Arzneimitteln befreit (§ 31 Abs. 3, Arznei- und Verbandmittel). Im Regelfall sind nicht verschreibungspflichtige Arzneimittel von der Versorgung durch einen Arzt ausgeschlossen. Eine Ausnahme stellen Kinder bis zum vollendeten 12. Lebensjahr dar (§ 34 Abs. 1, Ausgeschlossene Arznei-, Heil- und Hilfsmittel).

Des Weiteren können Versicherte Haushaltshilfe (§ 38) im Falle eines Krankenhausaufenthaltes erhalten, wenn das im Haushalt lebende Kind das zwölfte Lebensjahr noch nicht vollendet hat oder das behindert und auf Hilfe angewiesen ist.

Versicherte haben Anspruch auf Krankengeld, wenn sie zur Betreuung oder Pflege ihres kranken oder behinderten Kindes der Arbeit fernbleiben. Der Anspruch besteht jährlich für jedes Kind, das jünger als 13 Jahre ist, längstens für 10 Arbeitstage, für Alleinerziehende längstens für 20 Arbeitstage. Insgesamt besteht der Anspruch für nicht mehr als 25 Arbeitstage, für alleinerziehende Versicherte für nicht mehr als 50 Arbeitstage je Kalenderjahr (§ 45, Krankengeld bei Erkrankung des Kindes).

Hinzu kommen noch weitere unterstützende Möglichkeiten, die für oder bei Kindern in Anspruch genommen werden können. Da sie meist Einzelfälle berücksichtigen und deswegen nicht für die Allgemeinheit von Interesse sind, bleiben sie im Rahmen dieser Ausarbeitung unberücksichtigt. (BMJ o.J.).

Die direkten finanziellen Leistungen im SGB V sind eher von sekundärer Bedeutung, so, dass hier kein direkter Einfluss auf die Vermeidung oder Reduzierung der Kinderarmut vermutet werden kann. Jedoch wird durch die beitragsfreie Mitversicherung der Kinder eine monatliche Entlastung erreicht, von der zum Beispiel privat Krankenversicherte unter Umständen nicht profitieren können. Je nach Anzahl der Kinder kann dies mehrere hundert Euro im Monat sein. Eine Unterstützung zur sozialen Teilhabe der Kinder wird nicht explizit ermöglicht. Dennoch unterstützen Regelungen, wie der § 38, dass berufstätige Eltern ohne Erholungsurlaub nehmen zu müssen, ihr krankes Kind betreuen können. Durch die Zahlung von Krankengeld kann eine mögliche Hürde bei der Einstellung eines Arbeitnehmers mit minderjährigen Kindern genommen werden.

3.4 SGB VI (Gesetzliche Rentenversicherung)

Witwen oder Witwer haben unter Berücksichtigung weiterer Voraussetzungen Anspruch auf die große Witwen- bzw. Witwerrente, wenn sie ein minderjähriges Kind erziehen. Gibt es keine Kinder im Haushalt, steht ihnen die kleine Witwenrente zu (§ 46 Abs. 1, Witwenrente und Witwerrente).

Verstirbt ein Elternteil, hat das Kind Anspruch auf Halbwaisenrente, sind beide verstorben, kann Vollwaisenrente beansprucht werden (weitere Voraussetzungen sind zu erfüllen). Der Anspruch auf Halb- oder Vollwaisenrente besteht längstens bis zur Vollendung des 18. Lebensjahres. Die Bezugsdauer kann bis zur Vollendung des 27. Lebensjahres verlängert werden, wenn sich das Kind in einer Schulausbildung befindet oder wegen einer Behinderung außerstande ist, für sich selbst zu sorgen (§ 48, Waisenrente). (BMJ o.J.).

Im SGB VI gibt es weitere Paragrafen, die auf Kinder eingehen, wie zum Beispiel bei der Anrechnung oder Verlängerung von Fristen. Da daraus aber kein direkter Anspruch abgeleitet werden kann, bleiben diese im Zuge der Ausarbeitung unberücksichtigt. Die Deutsche Rentenversicherung (2013, S. 35, 37 und S. 49) zahlte 2012 im Schnitt eine Waisenrente in Höhe von etwa 161 Euro an 357.468 Waisen aus. Die durchschnittlich ausgezahlte Witwen-/Witwerrente betrug im gleichen Zeitraum etwa 546 Euro. Diese erhielten etwa 5,4 Millionen Leistungsempfänger. Eine Aufschlüsselung nach kleiner und großer Witwen-/Witwerrente lag nicht vor. Ebenso liegen keine armutsreduzierenden Erkenntnisse über die Witwen-/Witwer- und Waisenrenten vor. Demnach lassen sich keine gesicherten Aussagen über die Wirkung machen. Jedoch liegen die Zahlbeträge unter der relativen Armutsgrenze. Es ist anzunehmen, dass entweder die Leistungsempfänger durch eigene Altersrentenzahlungen, durch Arbeitseinkommen oder durch sonstige Transferleistungen weitere Einnahmequellen haben und so in der Addition dem Armutsrisiko generell nicht ausgesetzt sind oder diese Einnahmen nicht haben, was wiederum einen Aspekt der Altersarmut erklärt.

3.5 SBG VII (Gesetzliche Unfallversicherung)

Versichert sind Kinder während des Besuchs von Kindergärten, Kindertagesstätten und während des Besuchs von Schulen und während der Teilnahme an unmittelbar vor oder nach dem Unterricht von der Schule oder im Zusammenwirken mit ihr durchgeführten Betreuungsmaßnahmen (§ 2, Versicherung kraft Gesetzes).

Kinder der Versicherten erhalten Sterbegeld in Höhe eines Siebtels der im Zeitpunkt des Todes geltenden Bezugsgröße (§ 64, Sterbegeld und Erstattung von Überführungskosten). Kinder von verstorbenen Versicherten erhalten eine Halbwaisenrente, wenn sie noch einen Elternteil haben oder Vollwaisenrente, wenn beide Elternteile verstorben sind (§ 67 Abs. 1, Voraussetzungen der Waisenrente). (BMJ o.J.).

Hinzu kommen zum Beispiel, dass der Arbeitsweg um die Strecke, sein Kind während der Berufstätigkeit in fremde Obhut geben zu können, erweitert wird. Jedoch erscheint das in der Praxis als nicht so relevant, dass es eine Prüfung rechtfertigen würde. Ansonsten lässt sich ähnliches vermuten, wie im Falle des SGB VI, dass ein Teil der Leistungsbezieher weitere Zahlungen erhält und so nicht ausschließlich von den Leistungen der gesetzlichen Unfallversicherung angewiesen sind. Für den Einzelfall soll jedoch nicht die notwendige finanzielle Unterstützung in Abrede gestellt werden.

3.6 SGB VIII (Kinder- und Jugendhilfegesetz)

Das SGB VIII hat sich zur Aufgabe gemacht, die unterschiedlichen Lebenslagen von Mädchen und Jungen zu berücksichtigen und Benachteiligungen abzubauen (§ 9). Rätz, Schröer und Wolff (2014, S. 25) sprechen von einem Dienstleistungsgesetz, dass sowohl ein „(…) Recht auf Förderung der Entwicklung und Erziehung (…), als auch gerechte Lebensbedingungen für Kinder, Heranwachsende und Familien ermöglichen soll.“ Dabei soll das Gesetz junge Menschen in ihrer individuellen und sozialen Entwicklung fördern und dazu beitragen, Benachteiligungen zu vermeiden oder abzubauen (§ 1).

Dabei unterstützt die Jugendhilfe (§ 2 Aufgaben der Jugendhilfe) junge Menschen und Familien unter anderem mit:

- Angebote der Jugendarbeit, der Jugendsozialarbeit und des erzieherischen Kinder- und Jugendschutzes. Durch die Jugendbildung übernehmen sie präventive Aufgaben für das Wohl der Jugendlichen. Die Jugendsozialarbeit berät Jugendliche zum Ausgleich sozialer Benachteiligungen (Bäcker 2008b, S. 345).

- Angebote zur Förderung der Erziehung in der Familie. Hierunter fallen unter anderem die Familienbildung, Beratung und Familienerholungsangebote (Bäcker 2008b, S. 345).

- Hilfe zur Erziehung. Im Vordergrund steht das Wohl des Kindes. Beratungen und ambulante und teilstationäre Hilfen können so in Anspruch genommen werden (vgl. Bäcker 2008b, S. 345 f.; BMJ o.J.).

Die Unterstützung durch das Gesetzbuch liegt in erster Linie in der Sicherstellung von Angeboten für Hilfestellungen und Beratungen durch verschiedene Institutionen. Die Angebote sollen Entwicklungsstörungen bei Kindern und Jugendlichen verhindern, ebenso soll die familiäre Lebensform erhalten und gefördert werden. Darüber hinaus ermöglicht das Gesetz ein staatliches Einschreiten, wenn das Wohl des Kindes in Gefahr ist (vgl. Rätz / Schröer / Wolff 2013, S. 42-48; Bäcker u.a. 2008, S. 344-346). Eine materielle, armutsreduzierende Wirkung beabsichtigt das Gesetz nicht. Das Gesetzbuch ist auf einer Art Metaebene angesiedelt und scheint schützend über den Kindern und Jugendlichen zu wachen.

3.7 SGB IX (Rehabilitation und Teilhabe behinderter Menschen)

Ziel des Buches ist Behinderte oder von Behinderung bedrohte Menschen Leistungen zu gewähren, „um ihre Selbstbestimmung und gleichberechtigte Teilhabe am Leben in der Gesellschaft zu fördern, Benachteiligungen zu vermeiden oder ihnen entgegenzuwirken. Dabei wird den besonderen Bedürfnissen behinderter und von Behinderung bedrohter Frauen und Kinder Rechnung getragen“ (§ 1, Selbstbestimmung und Teilhabe am Leben in der Gesellschaft).

Hierzu stehen den Behinderten und von Behinderung bedrohten Menschen Leistungen der medizinischen Rehabilitation zu, die die Behinderungen einschließlich chronischer Krankheiten abwenden, beseitigen oder mindern. Leistungen zur medizinischen Rehabilitation umfassen dabei insbesondere Behandlung durch Ärzte und die Früherkennung und Frühförderung behinderter und von Behinderung bedrohter Kinder (§ 26, Leistungen zur medizinischen Rehabilitation).

Das Übergangsgeld von Kranken mit minderjährigen Kindern fällt um 7 Prozent höher aus als bei kinderlosen Kranken (§ 46 Abs. 1, Höhe und Berechnung des Übergangsgelds). Hinzu kommt die Erstattung von Kinderbetreuungskosten oder Haushaltshilfen, wenn ein Elternteil behindert ist und bei Qualifizierungsmaßnahmen oder gesundheitsfördernden Maßnahmen teilnimmt. (BMJ o.J.).

Bei einem behinderten Kind sieht Eckert (2013, S. 198 f.) die Unterstützung in Form von Sach- und Geldleistung durch das gesamte SGB durchaus positiv, dennoch ist die Auseinandersetzung mit den verschiedenen Leistungsträgern schwierig und kann bei benachteiligten Familien dazu führen, dass sie zu keinem erfolgreichem Ergebnis gelangen.

3.8 SGB XI (Soziale Pflegeversicherung)

Wie auch in der gesetzlichen Krankenversicherung sind unter anderem Kinder im Rahmen der Familienversicherung (§ 25) beitragsfrei mitversichert.

Der § 55 (Beitragssatz, Beitragsbemessungsgrenze) stellt bis dato in der Ausarbeitung eine seltene Ausnahme dar. Der reguläre Beitragssatz beträgt in Deutschland 2,05 Prozent der beitragspflichtigen Einnahmen der Mitglieder (Absatz 1). Statt eines geringeren Beitragssatzes für Mitglieder mit Kindern, müssen kinderlose Mitglieder nach Vollendung ihres 23. Lebensjahres einen Beitragszuschlag in Höhe von 0,25 Beitragssatzpunkten (Beitragszuschlag für Kinderlose) zusätzlich erbringen (Absatz 2). (BMJ o.J.).

Parallel zur Mitversicherung im Bereich der gesetzlichen Krankenversicherung sind Kinder auch bei der Pflegeversicherung beitragsfrei versichert. Aber ein um 0,25 Prozentpunkte günstigerer Beitragssatz kann nicht zur Armutsreduktion führen.

3.9 SGB XII (Sozialhilfe)

Vergleichbar zu den Regelungen im SGB II hat sich auch der § 27a (Notwendiger Lebensunterhalt, Regelbedarfe und Regelsätze) zum Ziel gesetzt, dass neben der zur Gewährleistung des Existenzminimums notwendigem Lebensunterhalt auch „(…) in vertretbarem Umfang eine Teilhabe am sozialen und kulturellen Leben in der Gemeinschaft (…)“ ermöglicht werden soll. Das gilt besonders für Kinder und Jugendliche.

Der Regelbedarf nach § 28 (Ermittlung der Regelbedarfe) beträgt bis zur Vollendung des sechsten Lebensjahres 229 Euro, bis zur Vollendung des 14. Lebensjahres 261 Euro und ab dem 15. Lebensjahr 296 Euro.

Der § 30 (Mehrbedarf) entspricht sinngemäß dem § 21 (Mehrbedarfe) SGB II (Grundsicherung für Arbeitssuchende). Der prozentuale Leistungsanspruch ist für werdende Mütter und Familien mit Kindern identisch. Auf eine erneute Nennung wird verzichtet. Details können im Absatz über das SGB II nachgelesen werden.

Auch der § 34 (Bedarfe für Bildung und Teilhabe) hat im SBG II einen Pendanten. Er entspricht inhaltlich dem § 38 (Bedarfe für Bildung und Teilhabe). Die prozentualen Leistungsansprüche und Grenzen sind gleich, deswegen wird an dieser Stelle auf den Abschnitt über die Ausführungen zum § 34 SGB II verwiesen. (BMJ o.J.).

Butterwegge (2014, S. 217) stellt eine soziale Teilhabe, mit Leistungen aus der Sozialhilfe, als völlig unmöglich dar, weil hierfür monatlich nur 1,26 Euro zur Verfügung stehe. Darüber hinaus kann die Wirkung der Leistungen ähnlich derer des SGB II gewertet werden. Sie ermöglicht weder eine soziale Teilhabe, noch reichen die Leistungen, um dem Kinderarmutsrisiko zu entgehen. Im Gegenteil, nach Butterwegge erzeugt insbesondere Hartz IV weitere Armut (vgl. Butterwegge 2004, S. 246). Merten (2011, S. 492), der die Leistungen aus dem Sozialhilfebezug und deren Wirkung auf Armut in Familien analysierte, kommt zu dem gleichen Ergebnis. 2008 betrug der Anteil am Regelsatz für Beherbergungs- und Gaststättenleistungen bei 14 bis 18 jährige Jugendliche 5,62 Euro im Monat. Von dem Betrag können maximal drei Getränke oder ein McDonalds Besuch bezahlt werden. Die Folgen sind, dass die betroffenen Jugendlichen nicht mit ihren Freunden, die nicht von Sozialhilfe leben müssen, gemeinsam weggehen können. Dadurch werden sie ausgegrenzt und das kann zur sozialen Isolation führen.

4. Fazit

Die Ausarbeitung hatte sich zum Thema und zur Aufgabe gemacht, das Sozialgesetzbuch nach kinderbezogenen Leistungen zu durchsuchen und deren Wirksamkeit bei der Bekämpfung von Benachteiligungen bei Minderjährigen in Deutschland zu prüfen. Das Ergebnis fällt dabei sehr unterschiedlich aus. Wie festgestellt wurde, können die Mehrleistungen oder das Sozialgeld für Kinder von Hartz IV Empfängern das Armutsrisiko senken, aber generell kann das SGB II nicht die finanzielle Benachteiligung der Zielgruppe lösen, ganz im Gegenteil, Armut wird dadurch erzeugt. Bei der Verminderung der Benachteiligung bei Behinderungen verhält es sich anders. Die Leistungen werden als hilfreich angesehen, aber die Auseinandersetzung mit den Entscheidungsträgern sei kompliziert und aufwendig und führe so nicht immer zum gewünschten Erfolg. Zu einigen anderen Leistungsansprüchen konnten nur Vermutungen angestellt werden. Hier bietet sich eine intensivere Auseinandersetzung mit dem Thema an, um auch so den Betroffenen und dem Gesetz gerecht zu werden.

Einige Leistungen, wie die beitragsfreie Mitversicherung der Kinder in der gesetzlichen Krankenversicherung oder den reduzierten Beitragssatz in der Pflegeversicherung, haben kostensenkende Wirkung, die additiv gesehen einen positiven Einfluss auf die materielle Benachteiligung haben können. Aber dennoch stehen die Vergünstigungen in keinem Verhältnis zu den Kosten, die Familien mit Kindern zusätzlich haben (Opportunitätskosten). Es lässt sich in allen Bereichen die besondere Stellung von Kindern herauslesen. Es wird besondere Rücksicht auf Kinder und auf die Belange von Kindern genommen, aber inwieweit diese auch in der Praxis umgesetzt und gelebt werden, konnte im Rahmen dieser Ausarbeitung nicht nachgewiesen werden. Hierzu bietet sich eine weitere Prüfung von anderer Stelle an.

Viele Sozialgesetzbücher haben sich zum Ziel gesetzt, Betroffenen eine Chance zur gesellschaftlichen Teilhabe zu ermöglichen. Hierbei setzen zumindest die Gesetze, um die Folgen von Benachteiligungen zu reduzieren, ein deutliches Zeichen. Wenn auch im Falle des SGB II und SGB XII die materiellen Leistungen bei weitem nicht ausreichen.

Abschließend lässt sich konstatieren, dass einige wenige Ansprüche die finanzielle Benachteiligung von Familien mit Kindern reduzieren, aber sie nicht ausreichen, um die in der Einleitung genannte Entwicklung zu stoppen. Unberücksichtigt darf jedoch nicht bleiben, dass der Fokus auf dem Sozialgesetzbuch lag, und somit weitere Leistungen (Wohngeld, Kindergeld, steuerliche Vorteile u.a.), die sich auf andere Gesetze beziehen, nicht berücksichtigt wurden und so das deutsche Sozialsystem nicht pauschal als wenig geeignet, um Benachteiligungen zu vermindern, abgestempelt werden darf.

5. Literaturverzeichnis

Bäcker, Gerhard u.a. 2008a: Sozialpolitik und soziale Lage in Deutschland, Band 1: Grundlagen, Arbeit, Einkommen und Finanzierung, 4. grundlegend überarbeite- te und erweiterte Auflage, Wiesbaden: VS Verlag für Sozialwissenschaften.

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Final del extracto de 21 páginas

Detalles

Título
Die Unterstützung benachteiligter Kinder und Jugendlicher im Sozialgesetzbuch (SGB)
Universidad
Johannes Gutenberg University Mainz  (Soziologie / Familiensoziologie)
Curso
Seminar: Dimensionen der Benachteiligung von Kindern
Calificación
2,3
Autor
Año
2014
Páginas
21
No. de catálogo
V276707
ISBN (Ebook)
9783656705949
ISBN (Libro)
9783656710271
Tamaño de fichero
413 KB
Idioma
Alemán
Palabras clave
unterstützung, kinder, jugendlicher, sozialgesetzbuch
Citar trabajo
Thomas Weis (Autor), 2014, Die Unterstützung benachteiligter Kinder und Jugendlicher im Sozialgesetzbuch (SGB), Múnich, GRIN Verlag, https://www.grin.com/document/276707

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