Kunsthandwerk der Wikinger


Bachelorarbeit, 2013

119 Seiten, Note: 1,0


Leseprobe


INHALTSVERZEICHNIS

1 Einleitung

2 Forschungsgeschichte

3 Bildtrager
3.1 Trachtbestandteile
3.2 Runensteine
3.3 Schiffe
3.4 Architektur
3.5 wikingerzeitliche Mahnenstuhle

4 Kunststile der Wikingerzeit
4.1 Broastil
4.2 Osebergstil
4.3 Borrestil
4.4 Jellingstil
4.5 Mammenstil
4.6 Ringerikestil
4.7 Urnesstil
4.8 Ubergang zur Romanik

5 Einflusse
5.1 germanische Tierornamentik
5.2 Kulturaustausch und -beeinflussung mit fremden Landern
5.2.1 Ostseehandel
5.2.2 Wikinger in GroRbritannien und Irland
5.2.3 Kontakte zwischen dem Frankischen Reich und Skandinavien

6 Ikonographische Bedeutung

7 Fertigungstechnische Grundlagen
7.1 Die Kunstler
7.2 Die Werkzeugausstattung
7.3 Das Gussverfahren
7.4 Veredelungstechniken

8 Fazit

Anhang

Abbildungsverzeichnis

Literaturverzeichnis

1 Einleitung

Die Wikinger befuhren im 8. bis 11. Jahrhundert nicht nur den gesamten Ostseeraum und die Meere bis nach Island, Gronland und Neufundland, sondern auch das Mittelmeer und die Flusse des Ostens bis ins Schwarze Meer. Allerdings darf man sich die Wikinger nicht nur als plundernde und brandschatzende Krieger vorstellen, wie es heutzutage leider gern getan wird, sondern auch als Siedler, Handler und Handwerker.

Eine der bedeutendsten kulturellen Leistungen war sicherlich das Kunsthandwerk, welches, v.a. durch die verschiedenen Tierfiguren, der fruhmittelalterlichen Kunst im Einflussbereich der Skandinavier eine ganz charakteristische und unverwechselbare Auspragung verlieh. Das Kunsthandwerk selbst umfasst die handwerklich erzeugten Schmuck- und Gebrauchsgegenstande aller Volker, Zeiten und Stilrichtungen, die sich aus der riesigen Menge von Hand geschaffener Objekte durch ihre spezifische kunstlerische Gestaltung hervorheben. Dabei ist dem Erfindungsreichtum bezuglichderarchitektonischen, plastischen, farblichen und ornamentalen Gestaltung des Schopfers im Bezug auf Kunst, Gerate, GefaGe, Schmuck, Textilien, Bau- und Raumdekor keine Grenzen gesetzt[1].

In der vorliegenden Arbeit liegt der Fokus auf der Vermittlung eines umfassenden Oberblicks uber das Kunsthandwerk der Wikinger. Zu Beginn wird ein Einblick in die Forschungsgeschichte und die verschiedenen Bildtrager, auf denen sich die spezifischen Motive befanden, gegeben. In dieser Arbeit wird sich allerdings auf die Trachtbestandteile, Runensteine, Schiffe, Architektur und norwegischen Mahnenstuhle beschrankt.

Im Anschluss folgt eine detaillierte Ausarbeitung der einzelnen wikingerzeitlichen Kunststile. Dabei wird erst auf einige einleitende Informationen, wie die Frage nach der zeitliche Eingrenzung und Abfolge der einzelnen Kunststile, die Grundlage fur diese Einteilung und deren Benennung eingegangen. AnschlieGend werden die einzelnen Stile ausfuhrlich beschrieben und an zahlreichen Beispielen verstandlich gemacht.

Im weiteren Verlauf werden die Anregungen und Kulturaustausche aus fruheren und anderen Kunstrichtungen und Landern, welche auf die Entwicklung des wikingerzeitlichen Kunsthandwerks groGen Einfluss hatten, naher untersucht und ein kleiner Einblick in die Handelsbeziehungen zwischen Skandinavien und dem Ostseeraum, GroGbritannien, Irland und dem Frankischen Reich gegeben.

Im nachsten Abschnitt wird die ikonographische Bedeutung der einzelnen Motive anschaulich dargestellt. Dabei wird besonders auf die Unterscheidung szenischer bzw. narrativ ausgestalteter Bildfolgen auf Runensteinen und die teils ornamental bzw. symbolhaft herausgearbeiteten Arbeiten eingegangen und an anschaulichen Beispielen dargelegt.

Ein weiterer grower Gliederungspunkt ist die Ausarbeitung der fertigungstechnischen Grundlagen, wo neben allgemeinen Informationen die Werkzeugausstattung, die Kunstler, das Gussverfahren und die Veredelungstechniken ausfuhrlich beschrieben werden. AnschlieRend werden in einem Fazit die Kernaussagen dieser Arbeit zusammengefasst und auf noch bestehende Widerspruche oder unerforschte Bereiche hingewiesen.

2 Forschungsgeschichte

Die wikingerzeitlichen Kunststile erfuhren ihre erste Analyse im Jahre 1880 durch S. Muller. In seiner detaillierten Publikation „Dyreornamentiken i Norden..." suggerierte er den Einfluss irischer Vorbilder auf die skandinavische Kunstentwicklung[2]. Des Weiteren verwendete er die Tierornamentik als Hilfsmittel fur eine chronologische Einordnung und veroffentlichte erstmals eine Abfolge der verschiedenen Typologien[3]. Eine Feingliederung der Stile und Datierungen wurde erst 1920 durch H. Shetelig veroffentlicht. Er pragte die bis heute gultigen Kunststildefinitionen Borre-, Jelling-, Ringerike- und Urnesstil. Es folgte eine Epoche der Frage nach dem Ursprung der Ornamentik und der Richtung der stilistischen Beeinflussung. In diesem Sinne betonten zahlreiche Autoren irische, angelsachsische und karolingische Einflusse. Im weiteren Verlauf der Forschung widmeten sich nachfolgende Arbeiten verstarkt den Stiluntersuchungen innerhalb der skandinavischen Kunst. So beschaftigte sich B. Hougen in den Jahren 1931 bis 1932 mit dem zeitlichen und stilistischen Zusammenhang zwischen Borre- und Jellingstil und stellte eine zeitliche Oberlappung fest. Zur gleichen Zeit nahm S. Lidqvist eine Unterteilung des Jellingstils vor, benannte den jungeren Abschnitt nach der Prunkaxt aus Mammen „Mammenstil" und charakterisierte typische Tiergestalten der beiden Stile. Eine weitere Arbeit uber die Stil- und Chronologiediskussion erschien im Jahre 1933 von P. Paulsen. Er bezog in seine Untersuchungen ganz Skandinavien und die umliegenden Gebiete ein, behandelte aber uberwiegend das Fundspektrum der ovalen Schalenspangen. Ab dem Jahre 1950 widmete sich die Forschung den jungeren wikingerzeitlichen Stilen.

Von besonderer Bedeutung waren H. Christiansson der sich mit den sudskandinavischen Runensteinen beschaftigte und W. Holmqvist, der das Verhaltnis zwischen der skandinavischen Kunst des 11. Jahrhunderts und der englischen Buchmalerei und Metallkunst am Obergang von der Wikingerzeit zum Mittelalter untersuchte. Im Jahre 1965 erschien von D.M. Wilson und O. Klindt-Jensen eine Publikation, in derdie einzelnen Stile und reprasentative Objekte behandelt wurden. AuRerdem veroffentlichten sie grundlegende Informationen uber Charakteristika, Verbreitung, Zeitstellung und stilistische Beeinflussung. Von J. Graham-Campbells wurde 1980 ein Artikel veroffentlicht, indem erstmals verschiedene Ornamenttrager in einem Katalogteil im Detail beschrieben wurden.

Im selben Jahr beschaftigte sich S. Horn Fuglesang explizit mit dem Ringerikestil, unternahm differenzierte Untersuchungen der Objekttrager und analytische Aufschlusselungen von Motiven und Kompositionen. Es folgten weitere Publikationen uber die spaten und fruhen Stile, eine Obersicht uber die wikingerzeitliche Kunst und die Beziehungen zwischen skandinavischer und englischer Kunst, eine Oberblick uberden Mammenstil und seine stilbildenden Elemente und schlieRlich zwei zusammenfassende Darstellungen wikingerzeitlicher Kunst. Seit dem Ende der 60er Jahre beschaftigte sich I. Jansson, ausgehend von den ovalen Schalenspangen, mit unterschiedlichen Aspekten wikingerzeitlicher Kunst. Die groRe Anzahl an unterschiedlichen Stilbegriffen und deren differenzierte Anwendung geriet bei L. Karlsson im Jahre 1983 in starke Kritik. AuRerdem betonte er, im Gegensatz zu den anderen Forschungsmeinungen, eine homogene einheimisch-skandinavische Stilentwicklung ohne pragende Fremdeinflusse. Weitere Erkenntnisse in der Erforschung der wikingerzeitlichen Kunststile eroffnete uns die Dendrochronologie, aufwelche M. Muller-Wille im Jahr 2001 in seinem Beitrag zu einem internationalen Kolloquium naher einging[4]. Jungste umfassende Arbeiten sind zum Beispiel die im Jahre 2004 erschienene Publikation „Zwischen Tier und Kreuz - Untersuchungen zur wikingerzeitlichen Ornamentik im Ostseeraum", die im Jahre 2008 vom Historischen Museum der Pfalz Speyer publizierte Monographie „Die Wikinger" und die im Jahre 2010 veroffentlichte Publikation vom B. Maixner uber „Haithabu - Das Fernhandelszentrum zwischen den Welten". Ferner war die Thematik „Kunst der Germanen und Wikinger" erst vor kurzem Titelthema in der zuletzt erschienen Ausgabe der Zeitschrift „Archaologie in Deutschland".

3 Bildtrager

Das Kunsthandwerk der Wikinger war sehr vielseitig, sowohl in der Wahl der Motive und deren stilistischer Ausgestaltung, als auch die Verwendung verschiedenster Bildtrager. Die skandinavische Tierstilornamentik war demnach nicht ausgewahlten Einzelobjekten vorbehalten oder an exquisite Materialien gebunden, sondern verzierte eine Vielzahl an Bildtragern. So fand sich die wikingerzeitliche Kunst auf Gegenstanden aus Holz oder Leder, aufsilbertauchiertenWaffen, hochwertigen MaterialienfurSchmuckgegenstande und auRerdem auf Runensteinen, Schiffen und norwegischen Stabkirchen. Allerdings waren die wikingerzeitlichen Motive anfangs trotzdem eher auf statusanzeigende Reprasentationsobjekte, wie das Osebergschiff (Abb. 1) oder die hochwertige Zaumzeuggarnitur aus dem gotlandischen Broa (Abb. 2) beschrankt. Erst ab dem mittleren 10. Jahrhundert folgte die Ausgestaltung anderer, weniger rangbetonender Objekte. In der spaten Wikingerzeit uberwog dann die Dekoration von Gedenksteinen und Architektur. Zusammenfassend kann man daraus schlieRen, dass die Ornamentik zunachst im weltlich- herrschaftlichen, spater vorallem im liturgisch-religiosen Bereich angewandtwurde. Der Wandel in der Wahl der Bildtrager ist allerdings stark mit den Oberlieferungsbedingungen der archaologischen Funde verknupft. So sind uns, abhangig vom Herstellungsmaterial und von den Oberlieferungsbedingungen, furverschiedene Abschnitte der Wikingerzeit, unterschiedliche Objekttrager erhalten. Die Erforschung der verschiedenen Objekttrager wird dadurch erschwert, dass bereits zur Wikingerzeit bestimmte Materialen zur Wiederverarbeitung erneut eingeschmolzen wurden und somit die ehemalige Gesamtzahl bzw. einzelne Objekttrager nicht in vollem Umfang erfasst werden konnen[5]. Im Folgenden werden die wichtigsten Objekttrager im Detail naher erlautert.

3.1 Trachtbestandteile

Die Fundgruppe derTrachtbestandteile, welche in der Wikingerzeit groRe Verwendung fanden, wird in Frauen- und Mannertrachtbestandteile unterschieden.

Zu den Frauentrachtbestandteilen gehorten, neben der haufigsten skandinavischen Fibelform, die ovale Schalenspange, auch gleicharmige Spangen, Kleeblattfibeln, kleine und groRe Rundspangen, zungenformige Fibeln und Schmuckspangen. Wahrend die ovalen Schalenspangen paarig getragen wurden und dazu dienten die Trager desTragerrockes zu befestigen, hatten gleicharmige Spangen, groRe Rundspangen und Kleeblattfibeln die Funktion inne, den Mantel bzw. den Kittel zusammen zu halten.

Die kleinen Rundspangen fanden eher beim VerschlieRen des Halsschlitzes Verwendung.

Von groRer Bedeutung in der wikingerzeitlichen Frauentracht waren auRerdem Anhanger mit Tierstildekor, die an einem Band oder einer Schnur um den Hals getragen werden konnten[6]. Die Verzierung ovaler Schalenspangen mit wikingerzeitlicher Ornamentik lasst sich anhand zweier Exemplare aus einem weiblichen Kammergrab aus Birka gut darstellen (Abb. 3). Die Oberschale der doppelschaligen ovalen Schalenspange setzt sich aus vierTeilen zusammen und tragt die Verzierung mehrererTierfiguren, wie zum Beispiel die zwei von vorne dargestellten Tierkorper, die im Zentrum der Spange mit ihren gescheitelten Haarschopfen aneinanderstoRen und zwei, in Borrestil ausgefuhrte, Tierkopfe, die in der Mitte des Seitenfeldes separat befestigt sind. Des Weiteren sind aufjeder Spangenhalfte zwei weitere Tierkopfe, ein brezelformig ausgestaltetes Borre-Tier und zwei aufrecht stehende Tiere in Borrestilverzierung durch BeiRen und Krallen zu einem zusammenhangenden Schalenstuck kombiniert. Das andere einschalige Exemplar steht fur die Obergangsphase vom Oseberg- zum Borrestil und gliedert sich so durch ein zweigeteiltes Ruckenband und drei symmetrisch angeordnete Rundelpaaren, sodass sieben dazwischen liegende Felder entstehen. Die auf den Seitenfeldern dargestellten Tiere weisen sich durch ihre deutlich voneinander getrennten Oberkorper und Hinterleibe, Greifpfoten und perlverzierten Taillen, Nackenschopfe und Schwanze als charakteristische Greiftiere aus.

Ein ahnlich dargestelltes Tier ist auch im Mittelfeld anzutreffen[7].

In verschiedenen Grabern aus Birka wurden auRerdem mehrere gleicharmige Spangen mit fruherwikingischerVerzierung, hauptsachlich im Oseberg-oderBorrestil, ergraben.

Ein Beispiel mit dertypischen Osebergverzierung ist die gleicharmige Spange aus einem Schachtgrab, an deren Armenden sich je eine Maske mit gescheiteltem Haarschopf und je eine weitere ihr gegenuber befindet (Abb. 4). Dazwischen verbinden sich die dreieckigen Halse mit Huftpartien, an die C-formig verschrankte Extremitaten und dreizehige Pfoten anschlieRen. Weitere solche Haarschopfe wurden an den Seitenvorsprungen angebracht. Charakteristisch fur die Verzierung im Borrestil ist eine leider schlecht erhaltene gleicharmige Spange aus Birka, die an ihren Enden inje einer Maske abschlieRt, zu denen zwei Arme greifen. Weitere Maskendarstellungen mit in der Mitte gescheiteltem Haarschopf finden sich auf den Vorsprungen der Spangenarme.

Neben stark vereinfachten Borre-Brezeltieren wurden hier auch einige Muster aus Kreisen, Bandern und Ringketten angewendet[8].

Die Mehrzahl der groRen Rundspangen aus Birka erhielt eine Verzierung im Borrestil, allerdings sind auch einige Exemplare der Obergangsphase vom Borre- zum Jellingstil und ein Beispiel im Mammenstil bekannt.

Die typische Borrezier in Form von oben wiedergegebenen Brezeltieren findet sich auf den Zwischenfeldern einer Rundspange aus einem Sarggrab, dessen Bildflache durch ein Kreuz mit sich an den Enden verbreiternden Armen in vier Felder gegliedert wird. Die Tier- und Bandornamentik auf einer groRen Rundspange aus Birka (Abb. 5)ist dem Borre- und Jellingstil nahestehend. Auf dem Schmuckstuck finden sich vier bandformige Tiere mit verbreitetem Bug und en face dargestellten Kopfen, die sich wirbelartig uber die Oberflache verteilen. Allerdings konnte diesbezuglich in der Literatur keine geeignete Abbildung gefunden werden, weshalb diese Verzierung mit Hilfe eines Parallelfundes illustriert wird (Abb. 6). Die Ausgestaltung im Mammenstil findet man auf einer ovalen Schalenspange aus einem Schachtgrab, deren Schauseite von einem im Profil dargestellten Raubvogel mit quergeripptem Korper und Flugeln eingenommen wird (Abb. 7). Die Extremitaten und Flugelenden laufen in bandformige Schlingen mit rankenartigen Enden aus[9].

Ein ahnliches Bild erhalt man fur die kleinen Rundspangen, deren Verzierung neben einigen Exemplaren im Jelling- und Mammendekor, hautsachlich im Borrestil vollzogen wurde[10]. Aufden in Birka ergrabenen Kleeblattfibeln uberwog auch die Borrestilornamentik in Form von Greifposen und den anderen typischen Charakteristika, jedoch ist auch ein Beispiel in Jellingstildekor uberliefert (Abb. 8). Hier wurde der Bildtrager mit einer bandformigen, tropfenformig zusammengelegten Tiergestalt mit Kopf im Profil und weit geoffnetem Kiefer ausgestaltet, an dessen birnenformigen Schenkeln und Extremitaten dreizehige Pfoten sitzen, die um den quergestreiften Korpergreifen[11].

Die Verzierung der zungenformigen Fibeln aus Birka beschrankte sich auf den Jellingstil, in Form von bandformigen Tieren mit quergestreiften Korpern, im Profil dargestellten Kopfen mit runden Augen, Nackenschopfen und schlanken verflochtenen Extremitaten, wie zum Beispiel auf einem Exemplar aus einem Brandgrab aus Birka (Abb. 9)[12].

Wahrend diverse Schmuckspangen aus Birka die charakteristischen Kennzeichen des Stil III- (Abb. 10) und des Oseberg- (Abb. 11), Borre- (Abb. 12) und Mammenstils (Abb. 13) trugen, deckte das Ornamentrepertoire der gegossenen Anhanger in Birka die Verzierung im Borre- (Abb. 14) und im Jellingstil (Abb. 15) ab[13].

FUrdie Mannertrachtbestandteiletypisch waren Ringnadeln, Ringspangen und verschiedenes GUrtelzubehor, wie Riemenzungen- und schnallen, die zum Zusammenhalten der Mannerbekleidung dienten. Aus der Lage in den Korpergrabern geht die Forschung davon aus, dass die Ringnadeln auf der rechten Brustseite befestigt worden sein mussten. Der Unterschied zwischen Ringnadel und -spange bestand darin, dass die Nadel der Ringnadel gewohnlich mehr als doppelt so lang und bei der Ringspange die Nadel nur wenig langer als der Durchmesser des Rings war. Die Ringspangen waren in zwei verschiedenen GroRen vertreten. Die kleineren Spangen stammten uberwiegend aus Frauen- und die groReren aus Mannergrabern. Die Forschung schlieRt anhand ihrer Lage in den Grabern daraus, dass die kleinen Ringspangen im VerschlieRen der Hemden oder Armelrocke ihre Benutzung fanden, wohingegen die groReren Ringspangen meistens in der Nahe des Knies, der Hufte oder der Achsel angetroffen wurden, sodass sie wahrscheinlich am Mantel befestigt waren[14].

Ahnlich wie bei den Frauentrachtbestandteilen fand in Birka fur die Ausgestaltung der Mannerschmuckstucke Uberwiegend der Borrestil Anwendung, wie man zum Beispiel an den ergrabenen Ringnadeln und -spangen, Riemenschnallen und -zungen feststellen kann. So wird, neben von oben dargestellten Kopfen, Flechtwerk und Maandermuster, das Zentrum einer Ringnadel von einem prachtigen Tierkopf im Borrestil (Abb. 16), eine Ringspange von Kopfen mit weitaufgerissenen Rachen, herausgestreckten Zungen, Haarschopfen und Uberkreuzten Flechtbandern (Abb. 17), eine Riemenschnalle, deren Riemenhalter komplett von einem Borre-Brezeltier mit en face dargestellten Kopf und bandartigem Schwanz (Abb. 18) und zu guter Letzt eine Riemenzunge von einer en face ausgestalteten Maske, an der sich ein ringkettenartiges Flechtwerk anschlieRt, eingenommen (Abb. 19)[15].

FUrdas Reiter- und Pferdezubehor, in Form verschiedener Riemen- und Kummetbeschlage, wurde ein weites Stilspektrum vom Oseberg- bis zum Jellingstil verwendet[16].

3.2 Runensteine

Die Errichtung von dekorierten Runensteinen datiert in Skandinavien in die jungere Wikingerzeit und ist eine Sitte, die groRe Unterschiede aufweist, sowohl zeitlich als auch in der dekorativen Ausgestaltung. Runendenkmaler aus alterer Zeit sind zum Beispiel auf Gotland aus dem 8. und fruhen 9. Jahrhundert, auf der Insel Man, Nordengland, Danemark, Schweden und Norwegen aus dem 10. Jahrhundert bekannt. Dabei handelt es sich um Bildsteine, Steinkreuze mit Bildern und Ornamentik des Borre- und Jellingstils und reine Inschriftensteine. An Techniken fand sowohl die Ritzung, als auch das Flachrelief Verwendung. Die Sitte, Runensteine mit dekorativen Elementen zu versehen, breitete sich zuerst aufSchonen, Vastergotland, Ostergotland und Norwegen aus und scheint in Danemark im dritten Viertel des 10. Jahrhunderts aufgekommen zu sein[17]. Man geht davon aus, dass deren Verbreitung wahrscheinlich durch Anregungen aus dem insularen Westen gefordert wurde. Als ein mogliches Vorbild wurde von T. Capelle ein Stein vom St. Pauls- Kirchhof in London genannt (Abb. 20). Er tragt als einziges flachendeckendes Motiv einen groRen VierfuRler im Flachrelief mit spiralem Schenkelansatz, zangenartigen FuRen, Nackenschopf und aufgerollter Zunge. Die Technik und Motivausgestaltung konnte eine unmittelbare Vorstufe des Jellingsteins gewesen sein[18]. Wahrend in Schonen und Norwegen die Mode nur kurzfristig angewandt wurde, lag in Schweden zur Zeit des spaten 11. Jahrhunderts der qualitative und quantitative Schwerpunkt.

Wie bereits erwahnt gab es auch in der Ikonographie regionale Unterschiede. Die inseldanischen undjutischen Steine wurden uberwiegend mit Masken und Spiralen des Mammenstils verziert. Im Gegensatz dazu dominierten in Schonen die halbnaturalistischen Tiere aus der Obergangsphase zwischen Mammen- und Ringerikestil. In Norwegen sind nur wenig dekorierte Steine uberliefert, meistens mit narrativen Darstellungen und ornamentalen Motiven des Ringerikestils. Der Anfang des Urnesstiles auf den schwedischen Runenmonumenten datiert in das zweite Viertel des 11. Jahrhunderts und zeichnet sich durch die Hauptmotive Kreuz, bandformigesTier, Schlange, VierfuRler und eine Runeninschrift aus[19].

Die Runeninschriften bilden, neben den sehr viel spater aufgezeichneten islandischen Sagen, die einzigen direkten literarischen Oberlieferungen der Zeit der Wikinger.

Die altesten uberlieferten Inschriften datieren in die Zeit um 200 n. Chr. und fanden sich auf den Kehrseiten eines Amulettes oder einer Fibel, verborgen vor den Augen des Betrachters oderTragers. Ganz im Gegenteil dazu wurden die Inschriften mit dem Beginn der Runensteinverzierung prachtvoll und vor allem gut sichtbar ausgestaltet und gaben ein weitgefachertes, detailliertes und lebendiges Bild der Wikingerzeit wieder: Sie handelten von Kriegen- und Beutezugen nach England, Arabien und Suditalien, von Handelsfahrten in das Baltikum und den Vorderen Orient, vom sozialen und familiaren Alltag und konnten juristische Funktionen beinhalten. Wahrend es sich in manchen Fallen um Hersteller-, Benutzer- und Schenkerinschriften gehandelt hat, konnten die Inschriften derjungeren Runensteine zahlreiche Informationen uber die fortschreitende Christianisierung Skandinaviens beinhalten. So wurden rund 50% der 1200 allein in Uppland aufgestellten Runensteine mit einem Kreuz und ca. ein Viertel mit einer christlichen Inschrift versehen. Zwei bekannte Beispiele hierfur sind der groRe Jellingstein, sowie der Runenstein von Froso, deren Ornamentik und Inschrift auf die Christianisierung einzelner Regionen hinweist[20].

Die heidnische Religion Skandinaviens fundierte auf traditionellen germanischen Glaubensvorstellungen, deren Gotter die hochgeachteten Ideale, wie zum Beispiel Starke, verkorperten. Diese Bilder von Walhall, Odin und Thor mussten dementsprechend zurZeit der Christianisierung durch ahnliche Vorstellungen wie Paradies, Gott, Kreuz und Christus ausgetauscht und ersetzt werden[21]. In diesem Fall nahmen die Runensteine die Mittlerfunktion zwischen dem alten und dem neuen Glauben ein.

Das Errichten von undekorierten Gedenksteinen war im gesamten skandinavischen Raum durch die ganze Periode bis ins 12. Jahrhundert vertreten. In diesem Sinne war die Dekoration der Runendenkmaler eine Mode, aber aufjeden Fall keine Notwenigkeit.

Die Mehrheit der verschiedenen Runendenkmaler hatte die Funktion inne, als Andenken fur einen Verstorbenen zu fungieren. Allerdings gibt es auch Denkmaler, wie zum Beispiel der groRe Jellingstein (Abb. 21), die vom noch lebenden Auftraggeber zum eigenen Ruhm errichtet wurden[22]. Deshalb befanden sich die verzierten Steine meist an exponierten Platzen, wo sie jedem sofort ins Auge stachen, wie zum Beispiel an StraRen, Brucken, Grenzen, Siedlungen, Kirchen oder an Versammlungsplatzen[23].

Allerdings ergeben sich bei der Deutung der Steinmetzarbeiten einige Schwierigkeiten. Voraussetzung ist namlich nicht nur das Erkennen der einzelnen Bilder, sondern auch das Sichtbarmachen ganzer Bildprogramme oder Episoden. Da naturlich verwitterte Gesteinsoberflachen, gerade bei nur geringer Eintiefung der Bildlinien, jedoch sehr schwer zu lesen sind, ist das vollstandige Potential dieser Quelle bei weitem noch nicht ausgeschopft[24]. AuRerdem scheinen die meisten Steine ursprunglich mit einer prachtigen Farbenvielfalt ausgeschmuckt gewesen zu sein. Dieser Erforschung hat sich in groRtem MaRe S. Lindqvist angetan, der mit auRerordentlicher Genauigkeit eine Technik mit kraftiger Schragbeleuchtung angewandt hat, die es ermoglicht, Linien und Behauungsspuren auch auf oft stark verwitterten und abgenutzten Flachen zu erkennen[25]. Des Weiteren wurden die wenigsten der einzelnen Bildsteine an ihrem ursprunglichen Ort gefunden, sondern als Baumaterial fur Kirchen, Brucken oder als Schwellensteine fur Eingange benutzt, was eine Interpretation u.a. zur Verbreitung in groRem MaRe erschwert[26].

Auch eine genaue Datierung der Runensteine bereitet gegenwartig noch allerlei Schwierigkeiten, da zum einen Neufunde langst eingefuhrte Chronologien verandern und erweitern und zum anderen naturwissenschaftliche Analysemethoden zur Datierung der Steinmonumente nicht benutzt werden konnen. Dies resultiert daraus, dass man Stein nicht direkt datieren kann und des Weiteren das Alter des Steins fur den Zeitpunkt der Ausgestaltung und Anbringung der Runeninschrift vollig irrelevant ist. Es gibt allerdings, neben der archaologischen Datierung, noch einen anderen Weg das Alter von Runeninschriften zu bestimmen, namlich mit Hilfe des sprachlichen Wandels, was in den meisten Untersuchungen als Grundlage einer Datierung angegeben wird[27].

Die Kunst der undekorierten und dekorierten Runendenkmaler derjungeren Wikingerzeit liegt aufjeden Fall im Spannungsfeld zwischen dem Europaischen und nordischen Traditionen, da sich ikonographisch sowohl christliche wie auch heidnische Motive und Ausfuhrungen ausmachen lassen[28].

Aufderen ikonographische Bedeutung beziehungsweise die Unterscheidung zwischen den, in den meisten Fallen, mit szenischen Inhalten verzierten Bildsteinen und den ornamental gestalteten Bildtragern wird an einer anderen Stelle im Detail eingegangen.

3.3 Schiffe

Der naturliche Oberfluss an Holz in Skandinavien hat es fur seine Einwohner immer zum wichtigsten Rohmaterial gemacht. Jeder Bauer der Wikingerzeit war sein eigener Zimmermann. Denn jeder Wikinger trug standig ein Messer bei sich und es gab wohl viele, die sich in ihrer Freizeit als Holzschnitzer beschaftigten. Zweifellos wurden also nicht nur verschiedene Schmuckstucke und Gedenksteine mit wikingischen Kunststilen verziert, sondern auch Holzgegenstande wie Schiffe, norwegische Stabkirchen und Mahnenstuhle mit herausragender Schnitzkunst ausgestaltet.

Vornweg stellt sich naturlich die Frage, wie es uberhaupt moglich ist, dass sich die Holzschiffe aus so alter Zeit teilweise so gut erhalten haben. Der Grund hierfur liegt in erster Linie bei dem Brauch der Machthaber in der Wikingerzeit ihre Toten in Schiffen zu bestatten und des Weiteren an den Bestattungsorten selbst, deren Boden besonders gunstig fur die Erhaltung von Holz war und somit einen Zerfall uber tausend Jahre hinweg verhinderte[29]. Von besonderer Bedeutung, nicht nur auf kunsthistorischem Gebiet, ist an dieser Stelle das Oseberg-Schiff (Abb. 22), dessen Fundort namensgebend fur einen wikingischen Kunststil geworden ist. Denn aufdiesem Fund zeigt sich zum ersten Mal, dass die Holzschnitzerei in der Zeit der Wikinger rein technisch schon ein sehr hohes Niveau erreichen konnte und kunstlerisch, neben der Kunstschmiede und Steinbildhauerei, eine fuhrende Rolle eingenommen hatte. Die einzelnen Stevenverzierungen des Osebergschiffes mit der charakteristischen wikingischen Kunstausfuhrung der verschiedenen Motive werden an entsprechender Stelle detailliert vorgestellt und sollen hier nur am Rand angeschnitten werden. Das etwa 22 m lange und 5 m breite Langschiff in typischer Klingerbauweise aus Eiche ist an einzelnen Steven so prachtig mit Schnitzereien im sog. Oseberg-Stil verziert, dass man es fur ein Zeremonialschiff halten konnte. Insgesamt sind auf dem Osebergschiff 12-15 qm mit kunstvollen Schnitzereien verziert[30].

Neben dem etwas groReren Aufbau unterscheidet sich das Gokstad-Schiff auch durch eine solidere Konstruktion vom SchiffausOseberg, die ihm wesentlich bessere Seetuchtigkeit verlieh und nicht nurfur eine Art Luxusschiff der Herrscher der Wikingerzeit verwendet wurde. Aus diesem Grund wurde das Schnitzwerk auf dem Schiff aus Gokstad vermutlich etwas einfacher gehalten, als auf den prachtigen Steven des Osebergschiffes. Hinzu kommt auRerdem, dass auch die zum Teil schlechte Erhaltung und die fehlende Konservierung nach der Ausgrabung eine detaillierte Analyse erschweren.

Ornamental hochwertig ausgeschmuckt ist im Falle des Gokstad-Schiffes nur die Steuerpinne in Form eines geschnitzten Tierkopfes. Moge diesem Schiff auch jede prachtige Verzierung fehlen, so steht es dem Osebergschiff in seiner handwerksmaRigen Ausfuhrung in nichts nach[31].

Ober dasTune-Schiff ist hinsichtlich einer Holzschnitzverzierung nichts uberliefert, allerdings ist von diesem Fund auch nur ein Bruchteil erhalten geblieben und vieles restauriert worden.

3.4 Architektur

Wie bereits erwahnt vollzog sich in der spaten Wikingerzeit ein Wandel in der Wahl der Motivtrager, sodass der Fokus der dekorativen Ausgestaltung sich auf die Architektur, genauer gesagt auf die Verzierung norwegischer Stabkirchen konzentrierte. Im Gegensatz zu der sonst ublichen Blockbauweise, bei der die Wande aus waagrecht ubereinander angeordneten Stammen bestanden, ist die Konstruktion einer Stabkirche ein System von aufrecht stehenden Masten, den „Staben", die in solide Holzschwellen eingezapft waren (Abb. 23). Durch eine sinnvolle Anordnung von Rahmenholzern, Saumdielen, Knaggen und Andreaskreuzen erhielt das Gefuge die erforderliche Aussteifung um Wind und Wetter standhalten zu konnen. Zur damaligen Zeit waren die mittelalterlichen Kirchen in Stabbauweise in ganz Nordeuropa verbreitet, allerdings mit einem klaren Schwerpunkt in Norwegen. Die Holzkirchen wurden jedoch bald, aufgrund mangelnder Haltbarkeit des Materials, durch Bauten aus Natur- und Bachstein ersetzt. Des Weiteren galt der Ausbau in Holz als eine zu schlichte Konstruktionsform, weshalb man also aus Prestigegrunden den Kirchen aus Stein den Vorzug gab. Vermutlich wurden wahrend des Mittelalters nahezu zweitausend Stabkirchen zwischen 1150 und 1350 vom Typus der heute noch erhaltenen errichtet. Die mit Holzschindeln gedeckten, ubereinandergestaffelten Dacher machen die Kirche zu einer fur uns fremdartigen Architektur. Die Kirchen hatten keine Fenster, nur kleine runde Lichtoffnungen, sog. „Glugger", unterhalb des offenen Dachstuhls. Dies hatte zur Folge, dass der Innenraum der Stabkirchen sehr dunkel war, welcher trotz seiner altertumlichen Konstruktion, in Ausformung und Errichtung, den ubrigen katholischen Kirchen des Mittelalters glich.

Die norwegische Stabkirche bestand aus Schiff und Chor und war in den meisten Fallen, mit dem Chor nach Osten weisend, in Ost- West-Richtung orientiert.

In vielen Fallen sind Portale an der Westwand und im Westende der Sudwand uberliefert, die vermutlich auf den Ablauf der liturgischen Prozessionen zuruckzufuhren sind. Wahrend alte und gebrechliche Menschen auf kleinen Banken an den Wanden des Schiffes Platz nehmen konnten, wohnte der Rest der Gemeinde der Messe im unbestuhlten Kirchenschiff stehend bei. Nicht selten scheint es nach Norden hin, aufder Frauenseite, einen Marienaltar gegeben zu haben, wahrend die andere Seite, die Mannerseite, einem Heiligen, wie zum Beispiel dem Schutzheiligen der Kirche, geweiht war.

In den meisten Fallen besaR der Chor ein eigenes Sudportal und der Hauptaltar der Kirche befand sich im Chor, auf dem die typischen liturgischen GefaRe und Altargerate standen[32] (Abb. 24). Die Dekoration der norwegischen Stabkirchen befand sich vor allem auf den Portalen und an den Giebeln, die oft reich mit Schnitzwerk versehen waren (Abb. 25).

Erst als im spaten Mittelalter Fenster in die Kirchenwande eingelassen wurden und Tageslicht den Innenraum erhellen konnte, wurde Malerei im Inneren angebracht, die aber in den meisten Fallen rein christlicher und biblischer Naturwaren[33]. Des Weiteren konnten die zum mittelalterlichen Inventar der Stabkirchen gehorenden Banke, wie zum Beispiel die Sitzgelegenheit aus der Stabkirche von Heddal in Telemark (Abb. 26), die sich heute in der Stabkirche von Gol befindet, und andere einfache Mobelstucke reich mit Schnitzwerk verziert sein[34].

Beim wikingerzeitlichen Motivrepertoire spielten haufig kampfende Drachen oder Lowen eine wichtige Rolle, die in der Forschung eine Metapher fur den Kampf der Kirche gegen das Bose und der vorchristlichen norwegischen Vorstellung uber dasJungste Gericht, darstellen sollten. Die altesten Verzierungen wurden auf wiederverwendeten Teilen der fruheren Stabkirche von Urnes am Sognefjord gefunden, denen der wikingerzeitliche Kunststil des 11. Jahrhunderts die Bezeichnung „Urnesstil" verdankt. Charakteristisch fur diesen Stil war die reine Tierornamentik mit kampfenden Lowen und Schlangen, die sehr grazios ausgeformt und eng ineinander umschlungen sind[35].

Die Stabkirche von Urnes (Abb. 27) ist eine einschiffige Saulenstabkirche mit 16 Masten, die ca. um 1130 bis 1150 erbaut wurde und ragt in einer Hohe von 120 Metern uber das Meer empor. Da die Schnitzereien der Stabkirche von Urnes an anderer Stelle im Detail erlautert werden, wird an dieser Stelle nurganz am Rande darauf eingegangen.

Das Westportal wird von hoch aufgerichteten Tierfiguren mit einem schmalen, empor gereckten Kopf, mandelformigen Augen mit scharfem Blick und einer aufgerollten Lippe mit spitzen Zahnen, in flieRender Linienfuhrung mit annahernd kreisformigen Schlingen geziert (Abb. 28)[36].Ob die Portale zur damaligen Zeit naturfarben belassen oder in unterschiedlichen Farben angestrichen waren ist heute nicht mehr klar nachvollziehbar, allerding geht man davon aus, dass einzelne Portale rot, weiR und in geringem MaRe schwarz bemalt waren. Neben eingeritzten oder gemalte Runen und Figuren gehorten zurgeschnitzten Ausschmuckung der Stabkirchen plastische Tierkopfe von Lowen und anderen Raubtieren, wie zum Beispiel die Schnitzerei auf dem Riegel des Westportals der Stabkirche von Borgund (Abb. 29) im Innersten des Sognefjords, die sich aber auch auf den Dachfirsten befinden konnten[37]. Die Kirche von Borgund (Abb. 30) war mit drei Schiffen, einem Chor und einer Apsis erbaut worden und um das gesamte Gebaude herum fuhrte ein Svalgang, der die Hauptwande mit den geschnitzten Portalen im Westen und im Suden verdeckte.

Das Westportal des Schiffes der Stabkirche von Borgund (Abb. 31) trug prachtige Schnitzereien und zeigte ein fur die damalige Zeit typisches Motivrepertoire mit drachenahnlichen, im Kampf verbissenen Tieren und ineinander verflochtenen Rankenmotiven in wellenformigen Rhythmus[38].

Auch das Portal dergroRten Stabkirche Norwegens, dergotischen Saulenstabkirche Heddal, ist mit auRerordentlich reichem Dekor verziert (Abb. 32). Bei der Ausgestaltung handelt es sich allerdings schon um fortgeschrittenes Stadium, da neben der alteren Tierornamentik hauptsachlich Pflanzenornamentik vertreten ist, die auf eine Verzierung um 1250 schlieRen lasst[39]. Ein Ausschnitt aus dem Sudportal des Chores zeigt eine teuflische Figur im Kampf mit einer Schlange und einem Lowen. Die Portale von Heddal unterscheiden sich allerdings von den ubrigen Stabkirchenportalen, da die Ahnlichkeit der dargestellten Tiere hier viel deutlicher ist als bei den meisten anderen Stabkirchenschnitzereien[40]. Diese narrativen Darstellungen, die von altnordischen Sagen erzahlen, sind von besonderer Bedeutung fur das Kunsthandwerk der spaten Wikingerzeit.

Ein weiteres Beispiel hierfur ist das Portal der fruhen Stabkirche von Hylestad im Setesdal (Abb. 33) und die beiden Turpfosten von Hellestad. Auf dem Portal berichten die Ausschmuckungen von Sigurd, dem Drachentoter, die dergermanischen Siegfriedsage entspricht[41]. In erzahlenden Bildfolgen wird auf den beiden Turkopfpfosten die Sigurd-Sage, unter anderem in Form vom Schmieden des Schwertes, dem Kampf mit dem Drachen und das Braten und Verspeisen des Drachenherzes, erlautert. Die Formensprache, die Art der Figurenbehandlung und das uppige Akanthuswerk entsprechen in diesem Fall durchaus schon der romanischen Kunst, allerdings ist der Inhalt der Darstellung, die episch erzahlende Art der Bildfolge und das innige Zusammenspiel von Bild und Rahmen noch rein nordisch[42]. Von der Stabkirche aus Heddal ist auRerdem ein mit reicher Ornamentik versehener „Bischofsstuhl" erhalten geblieben, der eines der bekanntesten wikingerzeitlichen Motive, das Greiftier, abbildet (Abb. 34)[43].

Weitere Exemplare fur die Kombination vorchristlicher Motive der Wikingerzeit und christlichen Ornamenten, die auf beeindruckende Weise miteinanderverwoben sind und als sog. Sogn-Valdres-Gruppe bezeichnet werden, sind uns unter anderem auf dem auReren und inneren Portal der Stabkirche von Hegge (Abb. 35)[44], dem Westportal der Stabkirche von H0re in Valdres (Abb. 36)[45] und dem Sudportal des Schiffes der Stabkirche von Gol (Abb. 37) uberliefert[46].

3.5 Wikingerzeitliche Mahnenstuhlpaare

Ein weiterer Bildtrager des wikingerzeitlichen Kunsthandwerks waren Mahnenstuhle, die uberwiegend im Jelling- und Mammenstil verziert wurden. Zwei bekannte Beispiele stammen aus dem historisch bedeutsamen Gebiet um Viborg und Odense, in dessen Einflussgebiet die beiden Fundstellen Mammen und S0llested liegen.

Die beiden Exemplare aus Funen (S0llested) weisen eine prachtige Verzierung im wikingischen Stil auf. So besitzen alle vier Endbeschlage einen plastischen Tierkopf mit stilisiertem Gesicht in Vorderansicht. Als weitere Verzierungselemente dienten ein verknotetes Schlangenpaar, ein paar prunkvolle Vogel und auf den Kantenbeschlagen einige Vierbeiner, Vogel und greifahnliche Tiere. Die Langsseiten sind mit einigen Einzelbeschlagen in Form von bartigen Gesichtern versehen.

Betrachtet man die Mittelbeschlage der Prachtkummets aus S0llested (Abb. 38) etwas genauer, so fallen direkt die zwei groGen Tiere auf, die nach auGen blicken. Diese Darstellung ist allerdings keine rein Bildliche, sondern bildet eine Art Architektur. Bei dem Bogen uber der Offnung fur die Ziegel handelt es sich namlich um eine hochgelegene Halle mit gerundetem Dach und Planken, die von zwei groGen Lowen mit Nackenschopf betonten Kopfen, linsenformige Augen, hochgestellten Ohren und aufgerissenen Maulern, flankiert wird. Des Weiteren besitzen sie breite Halse mit Mahnen und jeweils eine in den Bogen integrierte Brustpartie mit Knotenmuster. Von dieser Halle gehen zwei Tierextremitaten ab, deren Abschluss in die beiden Mauler der Tierkopfe des Kantenbeschlages ubergeht.

In dem erhohtem Raum uber der Halle, in der Mitte der Abbildung, stehen sich ein Mann und eine Frau gegenuber, was in der Forschung als Gotterheim mit Wodan/Odin und Frea/Frigg, aufgrund schriftlicherVergleiche, angenommen wird[47].

Das zweite Beispiel sind die prachtvollen Mahnenstuhlbeschlage aus Mammen, deren Mittelbekronung Maskengesichter darstellen, die von verschiedenen Tierfiguren, wie Vogeln, Vierbeinern und Schlangen eingerahmt sind. Auf den Bekronungs- und Seitenbeschlagen wurden verflochtene Tierfolgen als Verzierungselement angewandt, die in kleinen und groGeren Tierkopfen enden. Die Tierkopfe selbst wiederrum bilden ihrerseits auch Bildtrager, die als Gesicht, Vogelpaar oder Schlangen ausgefuhrt wurden.

Diese Darstellungen aufden Bekronungsbeschlagen stellen zwei szenische Bildfolgen dar, dessen ikonographische Bedeutung allerdings noch nicht zufriedenstellend interpretiert werden konnte, da keine zeitgenossischen Deutungen zur Verfugung stehen. Die Beschlage weisen nebenTierdarstellungen desWeiteren noch unterschiedliche Knotenformen und pflanzenahnliche Motive auf[48]. Das Motiv auf dem mittleren liegenden Kantenbeschlag (Abb. 39) ist demgegenuber etwas leichter zu deuten. Abgebildet ist eine Verschlingungsszene in Form eines groGen, schlangenhaften Tieres, in dessen Maul sich kopfuber eine menschliche Gestalt befindet. Der bandartig ausgestaltete Korper windet sich in einer achtformigen Schlinge und erhalt durch unterschiedlich gegeneinander angebrachte Schraffuren eine gewisse Gliederung. Der Kopfwird von einem linsenformigen Auge beherrscht und ist charakterisiert durch einen uberlangen Nackenschopf. Die Beine der menschlichen Figur sind durch eine Schlinge locker gefesselt, wobei das Ende des Fesselbandes in einer brezelartigen Schlinge endet.

AuRerdem befindet sich je einmal auf einem der Kantenbeschlage ein weiteres Bildthema, namlich die Abbildung einervollstandig ausgefuhrten menschlichen Gestalt in Seitenansicht, deren Kopf eine Art Kopfbedeckung tragt und nach unten sieht (Abb. 40). Das Geschlecht ist nicht auszumachen, da der Korper von einem Gewand bedeckt ist, allerdings tragt die Person einen auffalligen Gegenstand bei sich. Die Forschung ist sich uber dessen Definition als Bischofsstab oder Pflanze nicht ganz einig. Der untere Abschnitt der Abbildung zeigt ein knotenahnliches Gebilde mit Spitze und kann ebenfalls nicht eindeutig definiert werden. Wahrend die christliche Deutung von Jonas und dem Walfisch spricht, kann man das Bild auch nach heidnischen Vorstellungen des Weltunterganges interpretieren, wo der Gott Odin vom Fenriswolf oder durch ein anderes Ungeheuer vernichtet wird[49].

4 Kunststile der Wikingerzeit

Aus dem Bereich der wikingerzeitlichen Kunst bildet die Ornamentik das Ruckrat der kunsthistorischen Untersuchungen. Besonders bedeutsam ist die Tierornamentik, deren durchgangige Tradition eine ausgezeichnete Quelle fur die skandinavische Stilentwicklung zwischen etwa 750 und 1200 darstellt[50]. Namensgebend fur die einzelnen Kunststile aus der Zeit der Wikinger waren sudskandinavischen Fundorte der Gegenstande, welche die jeweils deutlichsten stilistischen Auspragungen aufwiesen. Grundlagen fur die Einteilung waren die Detailausfuhrungen der Motive und die unterschiedlichen Ausgestaltungen derTierfiguren, die sich im Laufe der Zeit stark gewandelt haben. Die zeitliche Eingrenzung und Abfolge der einzelnen Kunststile resultierte aus Fundvergesellschaftungen von Grabern und munzfuhrenden Depots, stratigraphischen Fundlagen von Siedlungen, sowie Verknupfungen mit historisch uberlieferten Personen und Ereignissen[51]. Allerdings bleiben die Fundgruppen nicht dieselben fur die ganze Epoche, da die spatheidnische Wikingerkunst Skandinaviens gleichsam wie der Rest einer untergehenden Welt in das christlich-mittelalterliche Kunstschaffen des ubrigen Europas hineinragt. So ging die Bestattungssitte, dass Verstorbene in ihrer Festtagstracht und mit einigen Beigaben beigesetzt wurden, durch den ansteigenden christlichen Einfluss in der zweiten Halfte des 10. Jahrhunderts schrittweise zuruck, wohingegen die Schatzfunde erst ab etwa 925 aufgetreten sind und die Anzahl solcher Depots wahrend des 10. Jahrhunderts mit einem Hohepunkt im 11. Jahrhundert gewachsen ist[52].

Mit Hilfe der Dendrochronologie in derTierstilforschung, deren Moglichkeiten im Jahr 2001 von M. Muller-Wille dargestellt wurden, konnte die Richtigkeit der ermittelten Zeitstellung und folglich die Abfolge derTierstile bestatigt werden53.

4.1 Broastil

Der fruheste wikingerzeitliche Kunststil wurde benannt nach dem Fund von Broa auf der Ostseeinsel Gotland und datiert in die zweite Halfte des 8. Jahrhundert. In Broa wurde gegen Ende des 19. Jahrhunderts bei Bauarbeiten ein Mannergrab aus der fruhen Wikingerzeit ergraben, das mit 22 vergoldeten Bronzebeschlagen, die vermutlich zum Zaumzeug eines Pferdes gehorten, ausgesprochen reich ausgestattet war.

Ein groGerTeil dieserZaumzeugbeschlage war mit bandformig- und medaillonartig gestalteten Tieren mit an - und abschwellendem Korper verziert, die charakteristisch fur den entsprechenden Kunststil werden sollten (Abb. 41)54. Bei den dargestellten Tiergestalten handelte es sich um einen etwas abgewandelten Tierstil III, der durch einen leichten fremden Einfluss von irischer Seite her, die kennzeichnenden Stilelemente bildete55. Ein bekanntes Beispiel fur diese Tierfiguren ist der VierfuGler mit Vogelkopfauf dem Zaumzeugbeschlag aus Broa (Abb. 42). Der Hals der Tiergestalt ist von Triquetra-Knoten durchbrochen und vom Korper gehen gekreuzte und gefesselte Vorderbeine mit dreizehigen FuGen ab. Der bandformig ausgestaltete Korper endet in gekreuzten Hinterbeinen mit drei langen Klauen bzw. Zehen. Das runde Auge der Gestalt ist deutlich vergroGert und der Schnabel ist geoffnet56. Die Korper der Broa-Tiere konnen von einzelnen Lochern durchbohrt sein, die an der Kante aufbrechen und dann als einfache Knoten weiter ausgebildet werden. Diese Knoten konnen wiederrum zu gekreuzten Vorderbeinen mit der Fortfuhrung in Krallen oder gebogene Daumen ausgestaltet sein. In den spateren wikingischen Kunststilen des Jelling- und Mammenstil wurden gewohnlich zwei oder drei dieser Krallen ohne ersichtlichen Grund mit Flechtmuster-Bandern verbunden57. Die langgezogenen GliedmaGen sind in groGen Schlaufen miteinander und mit dem Korper verschlungen. Die Tiere haben einen relativ kleinen, vogelartigen Kopf, sind halbnaturalistisch dargestellt und zeichnen sich durch ein flaches Relief oder eingravierte Linien aus58.

Neben der gerade vorgestellten Tierfigur wurden auch Vogeldarstellungen im Broastil konzipiert. Ein Broa-Vogel auf einem bronzenen und vergoldeten Zaumzeug stammt aus dem namensgebenden Fundplatz Broa (Abb. 43). Im Korper des Vogels ist ein Loch, durch welches sich ein vom Schwanz kommender Haken spiralformig hindurch windet. Wahrend der Flugel durch diese Spirale lauft und dabei ein drittes Loch im Korper herstellt, ist der FuR als eine kleine, rudimentare Adlerklaue geformt. Bei dieser spezifischen Gestaltung der Durchlochung einzelner Korperteile ist ein charakteristisches Element des Salin Stil III und somit eine skandinavische Entwicklung[53].

Das Herausragende an dem Fund aus Broa ist allerdings, dass auf einem Teil der Beschlage ein neues Motiv in der skandinavischen Kunst auftritt, denn schon zu Beginn des 9. Jahrhunderts wurde dieser ganz in der Flache lebende Stil durch den kraftvollen Greiftierstil ersetzt, der sich besonders durch die vollplastischen Ausfuhrungen derTierfiguren vom Broastil absetzte. Charakteristisch fur die Gestaltung des Greiftieres ist die betonte Zweiteilung des Korpers, bei der Vorder- und Hinterleib nur durch eine stegartige Taille miteinander verbunden sind. Des Weiteren greifen die Tiere, mit den vom Korper abgespreizten GliedmaRen, in sich selbst, ein benachbartes Tier oder den Rahmen. Im Gegensatz zu dem bis dahin angewandten flachen Relief wurde, in Verbindung mit der Ausgestaltung des Greiftieres, eine plastische Darstellung vorherrschend. In vielen Fallen ist das Bildfeld von einer kreuzformigen Figur in vier Felder unterteilt, in denen sich jeweils ein Greiftier befindet[54]. Die Greiftierdarstellungen auf einem Zaumzeugbeschlag aus Broa (Abb. 44) sind jedoch nur eine reduzierte Vorlauferversion und werden als Bindeglied zwischen dem Salin Stil III und dem Borrestil gesehen[55]. Die Idee bzw. das Aufkommen des Greiftiermotives und etwaige Einflusse aus anderen Kunststilen werden in einem extra Kapitel ausfuhrlich behandelt und analysiert. Der Broastil verinnerlichte demnach drei unterschiedliche Tierdarstellungen: die bandformigen Tiere des Broastils, halbnaturalistische Tiere und Vogel eines Typs, wie er von frankischen Manuskripten und Beschlagen bekannt ist und schlieRlich Greiftiere.

4.2 Osebergstil

Namensgebend fur die neue Kunstrichtung im 9. Jahrhundert waren die Schnitzereien der reichen Grabbeigaben des Koniginnengrabes von Oseberg in Norwegen. Die prachtvoll ausgestattete Bestattung wurde 1904 unter einem Hugel am westlichen Ufer des Oslofjords entdeckt. Der Hugel enthielt ein Wikingerschiff in sehr gutem Erhaltungszustand und eine Grabkammer mit den zerstreuten Skelettresten zweier Frauen[56].

Nach schiffsbautechnischen Berechnungen im Jahr 1999 wies das Schiff eine Lange von 21, 64 m auf (Abb. 45)[57]. Man vermutet, dass es sich bei einer der beiden Leichen um eine Furstin gehandelt haben muss, der diese prunkvolle Bestattung galt. Beim zweiten Skelett wird es sich vermutlich um ein freiwilliges Opfer der Dienerin gehandelt haben, wie es nach dem Bericht eines arabischen Reisenden, spater, im fruhen 10. Jahrhundert, noch von den schwedischen Wikingern durchgefuhrt wurde[58]. Die optimalen Erhaltungsbedingungen resultierten aus dem uberwiegend aus Ton aufgebauten Hugel. Aufgrund der guten Holzerhaltung konnte dendrochronologisch ermittelt werden, dass das Schiff zwischen 815 und 820 gebaut und die Grabkammer, also die ganze Bestattung, 834 angelegt wurde[59].

Der GroRteil der Grabausstattung befand sich im Vorderschiff und beinhaltete unter anderem reich verzierte Wagen, drei Prachtschlitten (Abb. 46), drei reich mit Schnitzwerk verzierte Schlittendeichseln, zwei Truhen, drei Betten (Abb. 47), ein Zelt und hinter der Grabkammer, also auf dem Achterschiff, eine vollstandige Kucheneinrichtung[60].

Die kunsthistorischen Aspekte des Fundes sind eine einzigartige Quelle fur die weitere skandinavische Kunstentwicklung. Erstmals tritt uns die ganze GroRe und Fulle dieser phantastischen Kunst in der Beginnstufe der Wikingerzeit entgegen und das Ergebnis einer in sich geschlossenen und rasch fortschreitenden Entwicklung, deren einzelne Stilphasen sich genau verfolgen lassen[61]. Das Schiff und dessen Verzierungen wurde von H. Schetelig bereits ausfuhrlich in dervom norwegischen Staat herausgegebenen Gesamtpublikation vorgestellt[62]. Die Ausschnitte der verzierten Teile des Vorderstevens zeigen deutlich zwei unterschiedliche Stile (Abb. 48).

Auf der einen Seite setzen sich die im Profil dargestellten, langschmalen, bandformigen Tiere mit groRem Kopf und Auge des Broastils fort, auf der anderen Seite handelt es sich bei den en face dargestellten, kompakten VierfuRer mit gegliederten Korperteilen und menschenartigem Kopf eine Weiterentwicklung des Greiftierstils[63]. Die einzelnen Huftpartien haben sich zu unregelmaRig geformten Platten entwickelt, die in der Regel sehr deutlich von den Huften im eigentlichen Sinn getrennt sind und die Stilisierung ist weiter fortgeschritten[64]. AuRerdem sind die Gestalten nicht verschlungen, sondern isoliert ubereinander geordnet[65]. Die Neuerungen sind uberwiegend formaler Art. So werden zum Beispiel Motive gleicher GroRe und gleichen kompositorischen Wertes zusammen angeordnet, wobei offene Schlaufen vermieden werden. Ein weiteres Charakteristikum ist die Plastizitat des Ornaments, durch dessen gestuftes Relief man verschiedene Licht- und Schatteneindrucke zu erzielen versuchte[66]. Daraus lasst sich schlieRen, dass der Osebergstil die Motive des Broastilsfortsetzte und die Neuerungen durch die uberwiegende oder ausschlieRliche Verwendung von Greiftieren in flachendeckenden Kompositionen charakterisiert wurden[67]. Besonders deutlich sieht man diese Stilmischung in der Holzschnitzerei der Hintersteven des Oseberg Schiffes (Abb. 48). Die Ornamentik besteht aus einem zusammenhangenden Fries von gleichartig gestalteten Tierfiguren, die der Komposition, durch eine regelmaRige Wiederholung des gleichen Musters, etwas Rhythmisches verleiht. Die en profil dargestellten Kopfe, die langen und elegant gewundene Halse, sowie die Auflosung der FuRe in Schlingen sind eindeutige Charakteristika fur den Broastil, wahrend die abnorm entwickelten Huftpartien als eine Folge der Einwirkung karolingischer Stilelemente aufzufassen sind[68]. Die Ornamentik am Wagen unterscheidet sich in kleinen Einzelheiten vom ubrigen Schnitzwerk des Osebergfundes, scheint aber von ein und demselben Handwerker gefertigt worden zu sein (Abb. 49). Dargestellt sind uberwiegend Tierfiguren verschiedenster Art und einzelne Menschendarstellungen. Dabei handelt es sich um kleine erzahlende Szenen, wie zum Beispiel die eines Mannes im Kampf mit Schlangen, die ihn von allen Seiten umgeben. Aufdiese Art der narrativen Darstellungsweise wird im Kapitel der ikonographischen Bedeutung im Detail eingegangen. Im Gegensatz dazu sind die verzierten Teile des Schlittens mit rein ornamentalem Schnitzwerk verziert und die Eckpfosten des Schlittenkastens sind mit plastisch ausgestalteten Tierkopfen versehen.

Besonders bedeutsam ist die Tatsache, dass einzelne Teile durch verschiedene Farben hervorgehoben wurden, was anhand von erhalten gebliebenen Farbresten belegt ist[69].

Des Weiteren wurden in der Grabkammer zwei reich verzierte Tierkopfpfosten gefunden, die vermutlich keinem praktischen, sondern kultischem Zweck dienten. Der akademische Tierkopfpfosten (Abb. 50) stellt eine Obergangsphase zweier unterschiedlicher Stile dar[70]. Statt der aufgelosten Huften, den in Schlingen gezogenen Leibern und eines anmutigen Linienspiels treten auf diesem einzigartigen Objekttrager abnorm ausgebildete Huftpartien, allgemein plumpe und massive Formen ohne Verschnorkselungen in Form eines Schwanzes oder Nackenschopfes auf[71]. Ausgestaltet wurde die Gesamtform des Kopfes, mit aufgerissenem Maul, groRen Augen, tief sitzenden Ohren und einer Schnauze mit Schachbrettmuster, die stilisierte Haare andeuten sollten. Die aufgezahlten Formen wollen als Einzelelemente gesehen werden und sind von einer Konturlinie umrissen. Der Hinterkopf des Tierkopfpfostens wurde als reines Ornament im Broastil konzipiert und bildet eine stilisierte Mahne ab (Abb. 51)[72]. Die Wangen- und Nackenpartie (Abb. 52) zieren in flachem Reliefjeweils zwei miteinander verschlungene Paare von bandformigen Tiere des Broastils: Von den vogelartigen Kopfen gehen Nackenschopfe aus, die in Huftspiralen und Extremitaten mit flossenartigen FuRen enden[73].

Die schon mehrmals angesprochen und behandelte Stilmischung erreichte ihren Hohepunkt in den Schopfungen des barocken Tierkopfpfostens (Abb. 53). Wahrend mehrere einzelne, knotenformig zusammengerollte, Tierfiguren die Schnauze des Drachens bilden, formen andere Greiftiere, die zu einem etwas lockeren flieRenden Geschlinge verflochten sind, die Ohren[74]. Der an manchen Stellen durchbrochen gearbeitete Tierkopfpfosten ist in plastischem Reliefausgefuhrt und man hat den Eindruck, dass die Ornamentik ab dem Hals des Drachen aus einer Reihe ovaler Medaillons zusammengesetzt wurde. Die Medaillons allerdings sind kein reines Zierwerk, sondern sind aus zwei gekrummten Tieren bzw. verschlungenen Greiftieren, die mit den Kopfen im Profil, langen Nackenschopfen und aus den karolingischen Stilelementen beeinflusste FuRe und Huftpartien dargestellt sind, gebildet worden.

Dabei schlieRen die beiden Tierfiguren zwei kleine Tiergestalten ein, die eine ahnliche Ausformung der Korper, Huften und FuRe aufweisen. Allerdings besitzen die zwei kleineren Tiere einen gemeinsamen Kopf von kreisrunder Form, der gerade aufwarts blickt. Die Ornamentik auf dem Tierkopfpfosten des Barockmeisters besteht somit aus vier zusammengefugten Tiermotiven[75].

Abgesehen von der ornamentalen Gestaltung des Osbergfundes wurde der Osebergstil auf kleinen in Massenproduktion gefertigten Metallgegenstanden, hauptsachlich ovalen Schalenspangen, angewandt. H. Fuglesang suggerierte in seinem Bericht im Jahr 1996 Einflusse aus dem angelsachsischen Bereich[76].

4.3 Borrestil

Ein weiterer wikingerzeitlicher Kunststil ist der Borrestil, der seine Blutezeit von ca. 875 bis 950 hatte[77] und damit in die letzte Periode des ausgepragten Heidentums fallt[78].

Allgemein geht die Forschung davon aus, dass der Borrestil, vor allem in Form der typischen Tierdarstellung mit katzenartigem Kopf en face, auf die im Anschluss im Detail eingegangen wird, eine eigene Ziergruppe darstellt, die sich vom Osebergstil absetzt, zugleich aber gemeinsame Zuge aufweist, die sich in der starken Gliederung und kraftigen Modellierung der Korperpartie, der en face-Darstellung und der Greifpose zeigen[79].

Dieser Stil erhielt seinen Namen nach dem Hugelgraberfeld von Borre am Ufer des Oslofjords. Einer der Hugel enthielt ebenso wie in Oseberg ein Schiffsgrab, welches 1952 bei Sandbauarbeiten entdeckt wurde[80]. Das etwa 17m lange Schiff war offenbar nicht mit einer Grabkammer ausgestattet. Des Weiteren fand man unter anderem Beigaben wie einen holzernen Mannerstuhl mit Metallbeschlagen, der mit Flechtknoten und stilisierten Tierfiguren verziert war, Teile der Zaumzeuggarnitur aus vergoldeter Bronze (Abb. 54) in unterschiedlicher Form, wie z.B. Lederriemen mit Darstellungen des charakteristischen Borretieres en face in Durchbruchstechnik, mehrere quadratische und rhombische Beschlage mit einem Tier en profil und/oder Ringgeflecht und Riemenkreuzungs- und Riemenendbeschlage mit Tierkopfen en face und Ringgeflecht, und fragmentarische Eisengegenstande[81].

Die Figuren des Borrestils verkorpern ein weiterentwickeltes Stadium des Greiftiermotives, haben allerdings schlankere GliedmaRen und scheinen den Betrachterfrontal anzusehen oder sind als ruckwarts blickende Tierfiguren dargestellt. Das Tier hat einen dreieckigen Kopf mit plastischer Nase, kugeligen Augen, hochgestellten Ohren und vier Extremitaten mit Maschette und dreizehigen Tatzen, die in einen das Tier umgebenden Rahmen oder den eigenen Korper greifen konnen. Die Figuren unterliegen also einer symmetrischen Anordnung. Oberkorper und Hinterleib des Tieres werden von einer schmalen, bogenformigen Taille voneinander getrennt und sind in der Regel geperlt[82]. Besonders hervorzuheben ist das charakteristische geometrische Flechtband des Borrestils, das eine skandinavische und vollig eigenstandige Umgestaltung europaischer Flechtbandmotive darstellt, und aufdiese eine Zeitstufe begrenzt zu sein schien[83].

Als altester Beleg fur ein im Borrestil verziertes Schmuckstuck fuhrt Wilson den Anhanger aus dem Hortfund von Hon (Abb. 55) auf, der vermutlich im zweiten Drittel des 9. Jahrhunderts niedergelegt wurde. Obwohl diese kleine Darstellung aufgrund ihrer Schenkelbildungen eher an Parallelen aus dem Broa- und Osebergstil denken lasst, erinnern einige Details, wie etwa der symmetrische Haarschopf, die verschrankten Extremitaten und die Greifpose an die charakteristischen Elemente eines Borretieres.

Detailliert veranschaulicht wird das Borretier auf einer Schnalle aus Birka (Abb. 56), in zahlreichen Varianten aufAnhangern in geschlossener oder durchbrochener Form und allgemein uberwiegend auf Metallarbeiten des Zaum- und Reitzeuges, sowie des Gurtel- und Fibelschmucks. Das prachtige Borretier aus Birka hat einen dreieckigen Kopf, einen zweiseitigen Haarschopf, einen bandartigen Hals- und Mittelteil, gegliederte Schenkelpartien, Kugelgelenke und Extremitaten, die sich verschranken bzw. zu den Haarschopfen fuhren. Die einzelnen Partien lassen sich deutlich voneinander unterscheiden, sind glatt gearbeitet oder mit Perl- und Stichreihen und Punkten verziert.

Ahnliche Arbeiten im Borrestildekor wurden im Hort von Varby gefunden, auf dessen qualitatsvollen Stucken Tierkopfe en face und en profil mit gerippten Korperpartien verbunden sind und ein Einzelstuck die kennzeichnenden Elemente des Borrestils, in Form zweier antithetisch angeordneter bandformigerTiergestalten en profil in verschrankter bzw. greifender Position, aufweist.

Ein weiteres Beispiel sind zum einen die Kleeblattfibel aus Norwegen, deren Fundort leider nicht bekannt ist, mit der Darstellung von sechs Borretieren, die durch eine Greifpose unter- und miteinanderverbunden sind (Abb. 57), die Fibel von Kvarberg (Abb. 58) mit dreieckigen Gesichtern, dessen Darstellung sich mit einer prachtigen Maske vergleichen lasst und zum anderen die Filigranarbeiten aus dem Hort von Vester Vedsted mit symmetrisch angeordneten Tierkopf- und Tierdarstellungen. Haufig ist die Darstellung auf den rundlichen Flachen von Kleeblattfibeln zu finden, da ihre Form willkommene Zierfelder boten.

Allgemein geht man davon aus, dass der Borrestil, vor allem in Form der Tierdarstellung mit katzenartigem Kopf, eine eigene Tiergruppe dargestellt hat.

Der wikingerzeitliche Kunststil des Borrestils war weitraumig von Skandinavien, Island, den Britischen Inseln, Finnland, uber das ostliche Europa verbreitet und wurde wohl im Zeitraum vom spaten 9. bis zum Anfang des 11. Jahrhundert gefertigt[84].

4.4 Jellingstil

Als Ausgangspunkt zur Betrachtung des Jellingstils widmen wir uns zu aller erst dem namensgebenden Fundort Jelling in Mitteljutland (Abb. 59). Der danische Ort Jelling stellt mit zwei groGen Hugeln, der dazwischen liegenden Kirche und zwei Runensteinen ein eindrucksvolles Bild dar. Der Nordhugel enthielt eine Grabkammer, die wohl fur den um 958 verstorbenen danischen Konig Gorm aus dem Geschlecht der Gormiden angelegt wurde. Dendrochronologisch wurde das Holz der Grabkammer auf 958-959 datiert. Die Kammer war allerdings alt gestort und der Tote wurde aus dem Grab entfernt.

Neben den Beigaben wie dem Fragment einer silbernen Platte oder eines Beckens, einem bronzevergoldeten Riemenzubehor und geschnitzten Mobelteilen mit Elementen des Mammenstils war der spektakularste Fund ein kleiner Silberbecher mit Tierornamentik, der wichtige Merkmale der neuen Kunstrichtung erkennen lasst (Abb. 60)[85]. Der Becher ist silbervergoldet, nielliert und ausgestaltet mit einer leicht konischen Cuppa, einem knopfartigen Nodus und einem scheibenformigen FuG. Hergestellt wurde er vermutlich um 950 und in der Literatur uberwiegt die Deutung eines christlichen Kelches oder eines profanen Trinkbechers. Als Verzierungselemente des Jellingbechers dienen zwei langgezogene, bandformige Tiere gleichbleibender Korperbreite, die symmetrisch in S-Form verflochten sind.

[...]


1 Hegemann 1975, 398.

2 Maixner 2004,17.

3 Kleingartner 2008, 277.

4 Maixner 2004,17-18.

5 Kleingartner 2008, 277-282.

6 Maixner 2004, 33-66.

7 Ebd 119-120.

8 Maixner 2004,121-122.

9 Ebd 123-129.

10 Ebd 132-139.

11 Ebd 130.

12 Ebd 139.

13 Maixner 2004,140-144.

14 Ebd 66-77.

15 Ebd 144-149.

16 Ebd 149-151.

17 Fuglesang 1986, 183-184.

18 Capelle 1988, 137-138.

19 Fuglesang 1986, 183.

20 Klos 2009, 7.

21 Westphal 2004, 383-386.

22 Fuglesang 1986, 184.

23 Westphal 2004, 383.

24 Capelle 1988,140.

25 Nylen/Lamm 1991,17.

26 Westphal 2004, 403.

27 Klos 2009, 135-136.

28 Fuglesang 1986, 209.

29 Sj0vold 1958, 6-7.

30 Ebd 42.

31 Sj0vold 1958, 60-68.

32 Sakuma/Storsletten 1997, 20-28.

33 Ebd 54.

34 Ebd 81.

35 Ebd 54.

36 Maixner 2010, 85.

37 Sakuma/Storsletten 1997, 54-58.

38 Valebrokk/Thiis-Evensen 1994,17-18.

39 Ebd 35-37.

40 Sakuma/Storsletten 1997, 94-95.

41 Sakuma/Storsletten 1997, 57.

42 Von Jenny 1943, 62.

43 Sakuma/Storsletten 1997, 95.

44 Valebrokk/Thiis-Evensen 1994, 65-66.

45 Sakuma/Storsletten 1997, 56.

46 Ebd 81.

47 Schmidt-Lornsen 1986, 297-299.

48 Muller-Wille 1986,173.

49 Schmidt-Lornsen 1986, 300-301.

50 Fuglesang 1992, 176.

51 Kleingartner 2008, 277-278.

52 Fuglesang 1992, 176-177.

53 Meehan 2001, 32.

54 Maixner 2010, 78-79.

55 Meehan 2001, 39.

56 Maixner 2010, 80.

57 Muller-Wille 2001, 218.

58 Van Scheltema 1929, 8.

59 Maixner 2010, 80.

60 Van Scheltema 1929, 8-16.

61 Ebd 34.

62 Muller-Wille 2001, 218.

63 Van Scheltema 1929, 56.

64 Aberg 1913, 95-96.

65 Van Scheltema 1929, 56.

66 Maixner 2004, 20.

67 Muller-Wille2001, 223.

68 Aberg 1913, 97-98.

69 ' Sj0vold 1958, 35-39.

70 ’ Muller-Wille 2001, 218.

71 ’ Aberg 1913, 93.

72 1 Van Scheltema 1929,61-62.

73 1 Muller-Wille 2001, 218.

74 'VonJenny 1943, 60.

75 Aberg 1913,100-101.

76 1 Maixner 2004, 20.

77 ’ Maixner 2010, 81.

78 ‘ Wilson 2001,150.

79 ’ Muller-Wille 1986, 163.

80 ’ Maixner 2010, 81.

81 ’ Muller-Wille 1986,153-154.

82 Maixner 2010, 81.

83 Fuglesang 1992, 176-178.

84 Muller-Wille 1986,157-164.

85 Maixner 2010, 82.

Ende der Leseprobe aus 119 Seiten

Details

Titel
Kunsthandwerk der Wikinger
Hochschule
Otto-Friedrich-Universität Bamberg
Veranstaltung
Mittelalter und Neuzeit
Note
1,0
Autor
Jahr
2013
Seiten
119
Katalognummer
V276822
ISBN (eBook)
9783656843160
ISBN (Buch)
9783656843177
Dateigröße
8111 KB
Sprache
Deutsch
Anmerkungen
Schlagworte
Kunsthandwerk, Wikinger, Tierornamentik, Stabkirchen
Arbeit zitieren
Nathalie Peter (Autor:in), 2013, Kunsthandwerk der Wikinger, München, GRIN Verlag, https://www.grin.com/document/276822

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