Im Zuge der europäischen Expansion, welche etwa im 15. Jahrhundert einsetzte, fasste die britische Kolonialmacht im 18. Jahrhundert auch auf dem kleinsten Kontinent der Erde Fuß. Die britische Krone deklarierte Australien als terra nullius, einem Land, das niemandem gehört und somit staatsrechtlich herrschaftslos ist, um es für sich zu beanspruchen. Dabei wurden den Ureinwohnern Australiens, den Aborigines, jegliche Rechte an dem Kontinent aberkannt. In deduktiver Abhängigkeit zu der Unterdrückung und Abwertung dieses Volkes, wurde ihre vielschichtige Sprache marginalisiert und teilweise vollkommen verdrängt. Infolge dieser Kolonialpolitik verschwanden rund die Hälfte der australischen Sprachen, die - Schätzungen zur Folge - ein Repertoire von ca. 250 Einzelsprachen umfasste. Lediglich 20 Sprachen werden heute noch aktiv an Nachkommen weitervermittelt. Die Sprachlandschaft vor Ankunft der Europäer war demgemäß mannigfaltig und umfasste verschiedene Sprachfamilien sowie einzelne isolierte Sprachen. Heute sind sie alle durch eine koloniale Protektions- und Sprachpolitik akut vom Aussterben bedroht. Doch wie genau kam es zu dem Verschwinden der australischen Sprachen? Welche Prozesse führten dazu und welche kulturelle Disposition vertraten die Einwanderer gegenüber den Aborigines?
Um die komplexen Abläufe zu beleuchten, die schlussendlich dazu führten, dass viele Sprachen der Ureinwohner für immer verstummten, ist es notwendig nachzuvollziehen, welche politischen, ökonomischen und kulturellen Entwicklungen in Europa, wie auch im kolonialen Australien, stattfanden. Im direkten Zusammenhang dazu stehen die politischen, ökonomischen sowie sonstige Voraussetzungen und Interessen der Kolonialmacht gegenüber dem australischen Kontinent sowie die Erläuterung der Machtverhältnisse, die zur Unterdrückung der Aborigines und im weiteren Verlauf zu einem Sprachimperialismus führten. Anhand eines Auszuges aus J.G. Woods The natural history of man (1870) wird diesbezüglich exemplarisch einen Ausblick darauf geben, wie Europäer das Naturvolk wahrnahmen. Ein solcher Ausblick soll hierbei als Erweiterung des Verständnisses für die Sicht der Europäer auf die Aborigines und daraus resultierender (sprach-)politischer Verhaltensweisen, dienen. The natural history of man bietet sich diesbezüglich besonders als Quelle an, da hier viele zeitgenössische Denkmuster Eingang fanden, welche nicht allein von J.G. Wood vertreten wurden, sondern auch auf breiter europäischer Basis. Unter
Inhaltsverzeichnis
1. Einleitung
1.1 Themenrelevanz und Aufbau der Arbeit
2. Kolonialgeschichte Australiens – Das britische Empire
2.1 Politische/ökonomische Interessen und (sprachliche) Voraussetzungen
2.2 Erläuterung asymmetrischer Machtverhältnisse
2.3 Sprachlicher Imperialismus in Australien
3. Blick auf die Aborigines aus europäischer Sicht
3.1 Auszug aus John George Wood’s The natural history of man: Being an Account of the Manners and Customs of the Uncivilized Races of Men, London 1870.
3.2 Quellenkritik
4. Der Prozess der Verdrängung australischer Sprachen im Kontext der Stadien Wolfgang Reinhards
4.1 Drei Stadien der Marginalisierung und Verdrängung nach Wolfgang Reinhard
4.2 Sprachlandschaft und Zeichensystem vor Ankunft der Europäer
4.3 Australische Sprachen im Marginalisierungsprozess
5. Schlusswort
6. Literaturverzeichnis
6.1 Bibliographie
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