Personalentscheidungen zählen im Unternehmen zu den bedeutsamsten und gleichermaßen auch anspruchsvollsten Entscheidungen. Vor diesem Hintergrund ist der Einsatz sinnvoller Instrumente zur Personalakquise von großer Relevanz. In Zeiten des Fachkräftemangels stehen Unternehmen vermehrt vor der Herausforderung geeignete und motivierte Mitarbeiter zu rekrutieren. Doch qualifizierte Fach- und Führungskräfte lassen sich nicht mehr ausschließlich über „klassische“ Stellenanzeigen in Printmedien erreichen, da das Internet auch hier auf dem Vorsprung ist. Bewerber informieren sich über potenzielle Arbeitgeber und Arbeitsstellen vermehrt über diesen schnellen und kostengünstigen Weg. Diesem Zeitgeist müssen sich die Aktivitäten des Personalmarketings öffnen. Das Internet als Plattform bietet dabei unzählige Möglichkeiten, welche Unternehmen vor verschiedene Probleme stellen: Welche verfügbaren Instrumente bringen einen Mehrwert für Nutzer und Unternehmen? Kann zukünftig ganz auf „klassische“ Methoden verzichtet werden oder bietet das Internet nur eine Erweiterung der bestehenden Instrumente?
Ziel der vorliegenden Thesis ist die vergleichende Analyse vier webbasierter Online-Self-Assessments von Unternehmen aus unterschiedlichen Branchen, um herauszufinden, wie Online-Self-Assessments von Unternehmen genutzt werden. Es sollen dabei Möglichkeiten und Grenzen der jeweiligen Modelle für Unternehmen und Bewerber aufgezeigt werden. Es wird geprüft, wie Inhalte kommuniziert werden, wie viel Zeit die Self-Assessments in Anspruch nehmen und welche Kriterien über den potenziellen Bewerber abgefragt werden. Letztendlich soll aus diesen Informationen eine Stärken-/ Schwächenanalyse abgeleitet werden um Unternehmen und Bewerbern eine Handlungsempfehlung geben zu können.
Inhaltsverzeichnis
Abbildungsverzeichnis
Tabellenverzeichnis
Abkürzungsverzeichnis
1 Einleitung
1.1 Problemstellung und Zielsetzung
1.2 Aufbau
2 Personalmarketing
2.1 Einführung und Definition des Personalmarketings
2.2 Erfordernis des Personalmarketings
2.3 Ziele des Personalmarketings
2.4 Disziplinen des Personalmarketings
2.4.1 Recruitment
2.4.2 Assessment
3 Online-Personalmarketing
3.1 Definition E-Recruitment
3.1.1 Online-Jobbörsen
3.1.2 Firmen-Homepages
3.1.3 Chancen und Grenzen von E-Recruitment
3.2 Definition E-Recrutainment
3.2.1 Online-Assessment
3.2.2 Online-Self-Assessment
3.2.3 Chancen und Grenzen von E-Recrutainment
4 Erhebung
4.1 Untersuchungsstrategie
4.2 Untersuchungsmethode
4.2.1 Forschungsfragen
4.2.2 Auswahl der Unternehmen
4.3 Bewertungsraster
5 Fallstudie
5.1 Unilever GmbH
5.1.1 Das Online-Self-Assessment der Unilever GmbH
5.1.2 Auswertung
5.2 Franz Haniel & Cie. GmbH
5.2.1 Das Online-Self-Assessment der Franz Haniel & Cie. GmbH
5.2.2 Auswertung
5.3 RWE AG
5.3.1 Das Online-Self-Assessment der RWE AG
5.3.2 Auswertung
5.4 Allianz SE
5.4.1 Das Online-Self-Assessment der Allianz SE
5.4.2 Auswertung
5.5 Vergleichende Analyse
5.5.1 Bewertung
5.5.2 Stärken-/ Schwächenanalyse
6 Fazit und Ausblick
Fachsprachliches Glossar
Literatur- und Quellenverzeichnis
Abbildungsverzeichnis
Abbildung 1: Wechselwirkungen im Personalmarketing
Abbildung 2: Personalbeschaffungsprozess
Abbildung 3: Jobbörse Bundesagentur für Arbeit
Abbildung 4: Jobbörse des Kölner-Job-Stellenmarktes
Abbildung 5: Karriereseite der Lufthansa AG
Abbildung 6: Self-Assessments in der Schnittmenge
Abbildung 7: Drei Dimensionen von Online-Self-Assessments
Abbildung 8: Startseite "Could it be U?"
Abbildung 9: Beispielfrage "U know"
Abbildung 10: Ergebnisübersicht "Could it be U?"
Abbildung 11: Infobox "U fit"
Abbildung 12: Usability "Could it be U?"
Abbildung 13: Werte-Check Haniel & Cie. GmbH
Abbildung 14: Antwortmöglichkeit im Werte-Check
Abbildung 15: Ergebnisseite Werte-Check
Abbildung 16: Informationstext Werte-Check
Abbildung 17: Interessentest der RWE AG
Abbildung 18: Interessenprofil im Überblick
Abbildung 19: Berufsorientierungsspiel "Industriekaufleute"
Abbildung 20: RWE Wissensquiz
Abbildung 21: Allianz Job-Matcher Zielgruppenauswahl
Abbildung 22: Job-Matcher Ergebnisse
Abbildung 23: Allianz JobChecker
Abbildung 24: Auswertung Drei-Dimensionen-Grafik
Abbildung 25: Stärken-/ Schwächenanalyse
Tabellenverzeichnis
Tabelle 1: Ziele und Zielgruppen des Personalmarketings
Tabelle 2: Elemente einer Karriere-Homepage
Tabelle 3: Unterschied zwischen traditioneller Personalbeschaffung und E-Recruitment
Tabelle 4: Chancen E-Recrutainment
Tabelle 5: Grenzen E-Recrutainment
Tabelle 6: Methoden nach Yin
Tabelle 7: Unterscheidung von Fallstudien
Tabelle 8: Bewertungsraster
Tabelle 9: Ausgewertetes Bewertungsraster
Abkürzungsverzeichnis
Abbildung in dieser Leseprobe nicht enthalten
1 Einleitung
Qualifizierte und geeignete Fachkräfte zu finden scheint bei einer Anzahl von 2,9 Milli- onen Erwerbslosen (Stand: Februar 2014) in Deutschland problemlos möglich zu sein.1Werden Mitgliedsstaaten der EU hinzugezogen vervielfacht sich diese Anzahl noch deutlich - EU-weit liegt die Quote der Erwerbslosen unter 25 Jahren bei 22,9 Prozent2und dennoch scheint der Markt an befähigten Fachkräften leer zu sein. Die Anzahl qualifizierter Bewerber3ist drastisch rückläufig.4Unternehmen stehen vor der Heraus- forderung geeignete und motivierte Mitarbeiter für ihr Unternehmen zu rekrutieren.
Hauptgrund für den Nachwuchskräftemangel ist der demografische Wandel in Deutschland und anderen Industriestaaten. Durch eine sinkende Geburtenrate schwin- det auch der Anteil junger Menschen stetig. Das Statistische Bundesamt geht von ei- nem Bevölkerungsrückgang in der BRD im Zeitraum von 2005 bis 2050 von 17 Prozent aus.5Vor diesem Hintergrund hat sich in den letzten Jahren ein Begriff manifestiert, der den Wettstreit der Unternehmen um qualifizierte Bewerber als „War of Talents“ be- zeichnet. Geprägt wurde dieser Begriff durch Ed Michael, der amerikanische Direktor der Unternehmensberatung McKinsey.6Mitarbeiter wurden lange Zeit vorwiegend als Kostenverursacher im Unternehmen betrachtet.7Der „War of Talents“ verdeutlicht je- doch, dass Talente oder sogenannte „High Potentials“ im Informationszeitalter die wichtigste und gleichzeitig knappste Ressource des Unternehmenserfolges darstellen.8
Ein weiterer Einflussfaktor ist das veränderte Denken und Verhalten der Mitarbeiter. Karrierepläne werden losgelöst vom Unternehmen realisiert, da Mitarbeiter dazu nei- gen sich nicht mehr an ein bestimmtes Unternehmen zu binden.9Aus den beschriebe- nen Gegebenheiten resultiert für Unternehmen folglich die Frage, welche Wege der Personalbeschaffung geeignet sind, um die wenigen qualifizierten Fach- und Füh- rungskräfte zu rekrutieren.
An erster Stelle steht hierbei ein effektives Personalmarketing. Es müssen geeignete Maßnahmen realisiert werden, um qualifizierte Mitarbeiter zu finden und sich diesen gegenüber als attraktiver Arbeitgeber am Markt zu präsentieren. Geeignete Nach- wuchskräfte sind längst nicht mehr nur über „klassische“ Stellenanzeigen in Printmedi- en erreichbar. Die Suche nach einem Arbeitsplatz über das Internet ist für Bewerber mittlerweile alltäglich geworden, da die Medienkompetenz der Anwender sich positiv entwickelt hat und zu einer stetigen Digitalisierung im täglichen Leben führt.10Gleich- zeitig eröffnet das Internet den Unternehmen die Möglichkeit über verschiedene Kanäle potenzielle Bewerber schnell, kostengünstig und weltweit anzusprechen. Um im wach- senden Wettbewerb das eigene Unternehmen erfolgreich zu positionieren, sind von Seiten des Personalwesens deshalb verstärkt Aktivitäten im Bereich der Rekrutierung über das Internet zu unternehmen.
Große und internationale Unternehmen haben diesen Trend längst erkannt; Online- Recruiting, meist eingebettet in die eigene Unternehmenshomepage, ist für sie obliga- torisch geworden. Bereits 2001 belegt eine Studie, dass 88 Prozent der 500 größten internationalen Unternehmen das Internet zur Rekrutierung nutzen.11Die Möglichkeiten den Bewerbungsprozess verstärkt online durchzuführen sind dabei jedoch vielfältig. Die Herausforderung liegt vor allem darin, innovative und einzigartige Online-Angebote zu schaffen und sich so im „War of Talents“ durchzusetzen. So genannte Recrutainment-Angebote bieten hierbei eine sinnvolle Basis, da sie nicht nur der reinen Vermittlung von Informationen oder dem Abfragen von Wissen dienen, sondern auch einen spielerischen Charakter haben. Online-Self-Assessments stellen hierbei eine Variante der verfügbaren Instrumente dar. Potenzielle Bewerber sollen sich mit Hilfe der Online-Self-Assessments auf spielerische Art und Weise ein Bild von den Unter- nehmen und deren Erwartungen machen können. Doch wie sinnvoll sind solche Onli- ne-Self-Assessments? Die vorliegende Arbeit soll Aufschluss über die Möglichkeiten und Entwicklungen in diesem Bereich geben.
1.1 Problemstellung und Zielsetzung
Personalentscheidungen zählen im Unternehmen zu den bedeutsamsten und glei- chermaßen auch anspruchsvollsten Entscheidungen. Vor diesem Hintergrund ist der Einsatz sinnvoller Instrumente zur Personalakquise von großer Relevanz. In Zeiten des Fachkräftemangels stehen Unternehmen vermehrt vor der Herausforderung geeignete und motivierte Mitarbeiter zu rekrutieren. Doch qualifizierte Fach- und Führungskräfte lassen sich nicht mehr ausschließlich über „klassische“ Stellenanzeigen in Printmedien erreichen, da das Internet auch hier auf dem Vorsprung ist. Bewerber informieren sich über potenzielle Arbeitgeber und Arbeitsstellen vermehrt über diesen schnellen und kostengünstigen Weg. Diesem Zeitgeist müssen sich die Aktivitäten des Personalmar- ketings öffnen. Das Internet als Plattform bietet dabei unzählige Möglichkeiten, welche Unternehmen vor verschiedene Probleme stellen: Welche verfügbaren Instrumente bringen einen Mehrwert für Nutzer und Unternehmen? Kann zukünftig ganz auf „klassi- sche“ Methoden verzichtet werden oder bietet das Internet nur eine Erweiterung der bestehenden Instrumente?
Ziel der vorliegenden Thesis ist die vergleichende Analyse vier webbasierter Online- Self-Assessments von Unternehmen aus unterschiedlichen Branchen, um herauszu- finden, wie Online-Self-Assessments von Unternehmen genutzt werden. Es sollen da- bei Möglichkeiten und Grenzen der jeweiligen Modelle für Unternehmen und Bewerber aufgezeigt werden. Es wird geprüft, wie Inhalte kommuniziert werden, wie viel Zeit die Self-Assessments in Anspruch nehmen und welche Kriterien über den potenziellen Bewerber abgefragt werden. Letztendlich soll aus diesen Informationen eine Stärken-/ Schwächenanalyse abgeleitet werden um Unternehmen und Bewerbern eine Hand- lungsempfehlung geben zu können.
1.2 Aufbau
Zuerst sollen theoretische Grundlagen zum Thema Personalmarketing, und folgend zum Online-Personalmarketing, geschaffen werden. Hierbei gilt es, relevante Begriffe zu definieren um Online-Self-Assessments in einen sinnvollen Kontext zu setzen. Da- rauf folgt der Analyseteil der Thesis; mit Hilfe der Fallstudienmethodik nach Yin, welche im Vorfeld beschrieben wird, werden vier Unternehmen und deren Aktivitäten im Be- reich der Online-Self-Assessments vorgestellt und erklärt. Die Unternehmen sollen dabei zunächst unabhängig voneinander untersucht werden. Auf dieser Basis erfolgt ein Vergleich der Ergebnisse, um mögliche Unterschiede und Gemeinsamkeiten her- auszuarbeiten. Mit Hilfe der Fallstudie soll letztendlich untersucht werden, wie effektiv der Einsatz von Online-Self-Assessments genutzt wird und warum diese für Unterneh- men interessant sein können. Weiterhin gilt es herauszufinden, welchen Mehrwert die Anwendung von Online-Self-Assessments für den potenziellen Bewerber bietet. Auf Basis dieser Erkenntnisse soll ein Raster mit verschiedenen Kriterien erstellt werden, um folglich eine Stärken-/ Schwächenanalyse abzuleiten und eine Handlungsempfeh- lung erstellen zu können.
2 Personalmarketing
Die Bedeutung des Personalmarketings nimmt in den letzten Jahren stetig zu.12Auf Grund des beschriebenen Fachkräftemangels ist ein positives Arbeitgeberimage wichtiger denn je. Das Personalmarketing soll hierbei geeignete Instrumente finden, um das Unternehmen als attraktiven Arbeitgeber auf dem Arbeitsmarkt zu etablieren.
Das folgende Kapitel beschäftigt sich mit dem klassischen Personalmarketing. Nach einer einleitenden Definition und der Einführung in die Begrifflichkeit, werden die Notwendigkeit und die Ziele des Personalmarketings beschrieben. Folgend sollen die Tätigkeitsfelder des Personalmarketings aufgezeigt werden. Es wird dabei ein besonderes Augenmerk auf die Bereiche Recruiting und Assessment gelegt, da diese Disziplinen für das Thema der Arbeit von besonderer Relevanz sind.
2.1 Einführung und Definition des Personalmarketings
Seit 50 Jahren wird dem Personalmarketing als Disziplin in der Wissenschaft Beach- tung geschenkt. 1962 wurde der Begriff „Personalmarketing“ erstmals von Maximilian Schubart in die Betriebswirtschaft eingeführt.13Folgend gewann das Personalmarke- ting bis Mitte der 1970er Jahre an immer größerer Popularität. Seit Ende der 1980er Jahre erlebt es eine Hochphase und ist seitdem aus der personalwirtschaftlichen Pra- xis nicht mehr wegzudenken.14Bis heute konnte sich jedoch keine einheitliche Definiti- on durchsetzen, was vor allem der stetigen Entwicklung in diesem Bereich geschuldet ist.15Um dennoch eine für die Arbeit notwendige Erklärung vorzugeben, wurde an die- ser Stelle eine von Bratscher geprägte Definition gewählt, die sich mit den meisten heutigen Auffassungen des Begriffes deckt und dem Kontext der vorliegenden Arbeit entspricht:
„Personalwirtschaft ist der Versuch der Anwendung des Marketinggedankens auf den Personalbereich, vor allem auf die Personalbeschaffung. Zu den Aufgabenbe- reichen des Personalmarketings gehören besonders die Personalmarktforschung, die Anwerbung von Personal sowieso die Betreuung der Mitarbeiter im Unterneh- men.“16
Aus dieser Definition lässt sich ableiten, dass Unternehmen nicht nur für ihre Produkte und Dienstleistungen werben, sondern auch für sich als Arbeitgeber. Dabei geht es gleichermaßen um die Beachtung von potenziellen und bestehenden Mitarbeitern. Die Mitarbeiter werden an dieser Stelle folglich als Kunden gesehen, die es zu gewinnen und zu halten gilt. Wie im klassischen Marketing ist auch hier die Kenntnis der Ziel- gruppe von bedeutender Relevanz, weshalb eine Zielgruppen- und Imageanalyse von Nöten ist, um herauszufinden wie Mitarbeiter das Unternehmen wahrnehmen.17Das Unternehmen muss sich analog zu einem Produkt oder einer Marke auf dem Markt positionieren und versuchen, eine Arbeitgebermarke, auch als Employer Brand be- kannt, aufzubauen.18Die Arbeitgebermarke signalisiert Bewerbern wofür ein Unter- nehmen als Arbeitgeber steht und unterstreicht die Einzigartigkeit des Unternehmens. Viele Unternehmen werben mit „sehr guten Aufstiegsmöglichkeiten“ und „einzigartigen Chancen“. Da diese Imagekampagnen austauschbar sind können sie jedoch schnell unglaubwürdig wirken. Dieses Beispiel macht deutlich wie wichtig ein gutes Personal- marketing ist und wie schnell falsche Maßnahmen auch einen gegenteiligen Effekt be- wirken können.
2.2 Erfordernis des Personalmarketings
Die Gründe für Personalmarketing sind vielfältig. Angetrieben wird der Gedanke des Personalmarketings vor allem durch die stetig wachsende Bedeutung des Erfolgsfak- tors „Personal“. Im internationalen Wettbewerb kommt es insbesondere für die so ge- nannten „Hochlohnländer“ immer stärker darauf an, mit einer international orientierten Belegschaft Wettbewerbsvorteile zu schaffen und zu verteidigen.19Problematisch bei der Erreichung dieses Zieles ist der bereits angesprochene Fach- und Führungskräf- temangel, mit dem Unternehmen schon seit Mitte der 80er Jahre zu kämpfen haben.20Die Gründe für diesen Mangel sind mannigfaltig und lassen sich nicht eindeutig auf einen Auslöser reduzieren.
Auf Grund der hohen Arbeitslosenzahl wird davon ausgegangen, dass prinzipiell genug Arbeitskraft zur Verfügung steht. Das Problem ist jedoch oft, dass ein hoher Prozent- satz dieser Personen nicht über die geforderten Qualitäten beziehungsweise Qualifika- tionen verfügt. Ein weiterer Faktor ist der so genannte Time-Lag (dt. Verzögerungsef- fekt) bei Studienfach- und Berufsentscheidungen.21Besonders Beispielhaft für dieses Phänomen ist die Berufsgruppe der Ingenieure. In Zeiten des Überschusses an Ingeni- euren werden viele Absolventen nach ihrem Studium arbeitslos, da es nicht genügend freie Stellen gibt. Dies hat zum Ergebnis, dass viele junge Leute abgeschreckt werden und sich für andere Berufsgruppen entscheiden. Wenige Jahre später entsteht so ein Mangel an guten Ingenieuren mit der Folge, dass dieses Studienfach wieder attraktiv wird. Letztendlich handelt es sich dabei um einen immer wiederkehrenden Kreislauf, welcher natürlich auch auf andere Berufsgruppen übertragen werden kann. Weiterhin hat der Mangel an geeigneten Fachkräften auch zu einem großen Teil demographische Gründe, welche sich nach statistischen Schätzungen in Zukunft noch verstärkt auswir- ken werden.22Die sinkende Geburtenrate führt zu einer Verringerung der Gesamtbe- völkerung, wobei hierbei speziell Bevölkerungsschichten mit hohem Qualifikationsni- veau betroffen sind.23Wenn davon ausgegangen wird, dass das Erreichen hoher Qua- lifikationsstufen mindestens zum Teil durch genetische Faktoren mitbestimmt wird, verringert sich laut Felser insbesondere der Pool an Personen, die günstige Voraus- setzungen für hohe Qualifikationen mitbringen.24Dementsprechend werden in den kommenden Jahren deutlich mehr Akademiker aus dem Arbeitsleben austreten, als durch nachwachsende, hochqualifizierte Arbeitskräfte ersetzt werden können. Bezogen auf den hohen Anteil der Arbeitslosen bedeutet dies, dass ein Überangebot an potenti- ellen Arbeitskräften nur bei niedrig qualifizierten Erwerbspersonen zu erwarten ist.25
Auch der Trend zur Dezentralisierung und zum Entrepreneurship begünstigt den voranschreitenden Fachkräftemangel. Gefördert wird dieser Trend durch politische Strömungen und durch das Streben der jüngeren Generationen nach mehr Unabhängigkeit und Individualität.26Unternehmen müssen sich auf die so genannte „Generation Y“, eine neue Generation potenzieller Arbeitsnehmer die zwischen 1980 und 1994 geboren sind, einstellen. Diese Generation hat einen veränderten Anspruch an den zukünftigen Arbeitgeber, strebt nach einem internationalen Aufgabenfeld und misst emotionalen Aspekten des Arbeitsangebots mehr Wert bei.27
Die beschriebenen Entwicklungen bringen es mit sich, dass sich die Verantwortlichen in Unternehmen von dem Gedanken verabschieden müssen, qualifiziertes Personal über „klassische“ Wege zu akquirieren und an sich zu binden. Personalmarketing stellt unter den beschriebenen Umständen eines der wichtigsten Instrumente der Personal- wirtschaft dar und ist längst nicht mehr auf die reine Personalbeschaffung zu beziehen. Die Unternehmenskultur und das Image der Arbeitgebermarke werden immer mehr zu den Erfolgsfaktoren für den Arbeitsmarkt.28Das dringende Erfordernis des Personal- marketings lässt sich aus den vorangegangenen Erkenntnissen gut ableiten; nicht nur das Gewinnen, sondern vor allem auch das Halten und Motivieren von Mitarbeitern ist heute wichtiger denn je. Begünstigt wird dies durch Trends wie härterer Wettbewerb durch Internationalisierung, schnellere technische Erneuerungen und den permanenten Wandel von Organisationen.29Um diesen Anforderungen am Arbeitsmarkt gerecht zu werden sind Unternehmen auf kompetente und motivierte Mitarbeiter angewiesen.
2.3 Ziele des Personalmarketings
Durch die beschriebene Notwendigkeit des Personalmarketings lassen sich folgende Ziele ableiten und formulieren:
1. Aufbau und Pflege einer Arbeitgeberattraktivität, um
2. potenzielle, zukünftige Mitarbeiter anzusprechen und
3. vorhandene Mitarbeiter zu motivieren, fördern und langfristig an das Unternehmen zu binden.
Dabei lassen sich zwei unterschiedliche Zielgruppen definieren, welche in verschiede- ne Bereiche des Personalmarketings fallen. Zum einen die bestehenden Mitarbeiter, deren Aufmerksamkeit dem internen Personalmarkting zufällt, und zum anderen zu- künftige Mitarbeiter, welche dem externen Personalmarkting zugeordnet werden kön- nen. Das folgende Schaubild verdeutlicht die Wechselwirkungen der drei Bereiche des Personalmarketings nach der Deutschen Gesellschaft für Personalführung (DGFP):
Abbildung in dieser Leseprobe nicht enthalten
Abbildung 1: Wechselwirkungen im Personalmarketing
Quelle: Eigene Darstellung in Anlehnung an DGFP e.V. (2005), S.28.
Natürlich werden verschiedene Zielgruppen durch unterschiedliche Personalmarke- tingmaßnahmen erreicht. Es ist aber nicht außer Acht zu lassen, dass diese sich un- tereinander bedingen und deshalb nicht isoliert betrachtet werden dürfen. Um zusam-menfassend die Ziele und Zielgruppen des Personalmarketings aufzuführen soll folgende Tabelle in Anlehnung an Loffing/Loffing dienen:
Abbildung in dieser Leseprobe nicht enthalten
Tabelle 1: Ziele und Zielgruppen des Personalmarketings
Quelle: Eigene Darstellung in Anlehnung an Loffing/Loffing (2010), S.63.
2.4 Disziplinen des Personalmarketings
Die drei Bereiche des Personalmarketings nach der DGFP wurden im vorangegangen Kapitel bereits erwähnt und sollen nun näher beleuchtet werden, um das Thema der Arbeit dem richtigen Kontext zuordnen zu können. Die DGFP unterscheidet beim Per- sonalmarketing-Mix in drei Aktionsfelder - das interne Personalmarketing, das externe Personalmarketing und die Arbeitgeberattraktivität. Auch hier gibt es jedoch keine ein- deutige Definition; zum Beispiel ersetzt Strutz die Arbeitgeberattraktivität in seinem Personalmarketing-Mix durch die Personalforschung.30Grundlage für diese Arbeit soll jedoch die Definition der DGFP sein.
Internes Personalmarketing: Das interne Personalmarketing beschäftigt sich mit den unternehmensinternen Zielgruppen. Neben allen Mitarbeitergruppen stehen hier vor allem die strategisch relevanten Mitarbeiter im Fokus. Von ihnen hängt es maßgeblich ab, ob das Unternehmen jetzt und in Zukunft erfolgreich sein kann.31Das interne Per- sonalmarkting zielt folglich darauf ab, das Commitment der Mitarbeiter zu sichern und fortwährend zu steigern. Daraus resultieren eine geringe Fluktuation und eine hohe Loyalität seitens der Mitarbeiter. Die Kernfrage des internen Personalmarketings dreht sich dabei darum, wie Mitarbeiter im Unternehmen gehalten und gefördert werden können.32Dabei gibt das Personalmarketing durch gezielte Kommunikationsmaßnahmen und eine zielgruppengerechte Ausgestaltung des Arbeitsverhältnisses Antwort auf diese Kernfrage.33
Externes Personalmarketing: Im Gegensatz zum internen Personalmarketing be- schäftigt sich das externe Personalmarketing mit den unternehmensexternen Zielgrup- pen, das heißt mit potenziellen Bewerbern und sonstigen externen Beobachtern des Unternehmens. Ziel des externen Personalmarketings ist es den Zugang zu diesen Zielgruppen zu sichern und dauerhaft ein aktives Interesse am Unternehmen als Ar- beitgeber zu erzeugen. Daraus soll eine einfache und schnelle Gewinnung neuer Mit- arbeiter resultieren.34Kernfrage des externen Personalmarketings ist folglich, wie und wo sich geeignete Mitarbeiter am besten gewinnen lassen. Besonders wichtig im Hin- blick auf das zu untersuchende Thema der Arbeit ist die erste Phase der Personalbe- schaffung - die so genannte Kontaktanbahnung. Das Unternehmen soll hierbei Ziel- gruppen auf sich aufmerksam machen, mit denen vorher kein oder nur ein geringer Kontakt bestand.35Eine typische Maßnahme heutzutage ist dabei ein gelungener In- ternetauftritt mittels dessen sich Bewerber über das Unternehmen informieren können. Das Unternehmen wird dabei für die Zielgruppe präsent ohne dass es zu einem direk- ten Kontakt zwischen den potenziellen Bewerben und Unternehmensvertretern kom- men muss.36
Arbeitgeberattraktivität: Ziel sowohl des internen als auch des externen Personal- marketings ist die positive Beeinflussung der Arbeitgeberattraktivität und damit der Aufbau eines positiven Unternehmensimages. Dabei sind verschiedene Attraktivitäts- faktoren zu unterscheiden; zum einen gehören dazu spezifische Attraktivitätsfaktoren, also diejenigen Merkmale eines Arbeitgebers, die ein Alleinstellungsmerkmal begrün- den und das Unternehmen von anderen Arbeitgebern differenziert.37Desweiteren sind auch Erfahrungen, die Bewerber oder Mitarbeiter mit den Unternehmen machen, rele- vant. Insbesondere hierbei verfügt das Personalmarketing über einen Gestaltungshe- bel, da es Einfluss auf die Personalprozesse nimmt und dabei versucht, deren Wirkung auf die Arbeitgeberattraktivität positiv zu beeinflussen.38Ziel ist letztendlich ein klares Arbeitgeberprofil zu entwickeln, welches prägend auf sämtliche Personalmarketingakti- vitäten wirkt.39Diverse Attraktivitätsfaktoren zu identifizieren, zu kommunizieren und danach erfahrbar zu machen, ist demnach die Hauptaufgabe des Personalmarketings.
Von besonderer Relevanz sind im Sinne der vorliegenden Arbeit die Methoden des externen Personalmarketings, da es im Rahmen der Online-Self-Assessments um die erste Kontaktanbahnung der potenziellen Bewerber mit dem Unternehmen geht.
Im Folgenden sollen zunächst die traditionellen Beschaffungsmethoden kurz skizziert werden, um nachkommend das Hauptaugenmerk auf die internetgestützte Personalbeschaffung zu legen.
2.4.1 Recruitment
Unter Recruitment, Recruiting oder Personalbeschaffung, wird die Planung, Organisa- tion, Umsetzung und Kontrolle all jener Aktivitäten verstanden, welche dazu dienen eine Stelle durch die Einstellung neu hinzukommender Arbeitnehmer oder durch die Umsetzung vorhandener Arbeitnehmer bestmöglich zu besetzen.40Dabei stellt das Recruitment einen wichtigen Teil des Personalmarketings dar. Bevor die eigentliche Personalbeschaffung beginnt sind jedoch Vorarbeiten, wie zum Beispiel die Erstellung einer sowohl quantitativen als auch qualitativer Personalplanung und eine Personalan- forderung in Form von Anforderungsprofilen und Stellenbeschreibungen, zu leisten.41Der gesamte Personalbeschaffungsprozess wird folgend abgebildet:
Abbildung 2: Personalbeschaffungsprozess
Abbildung in dieser Leseprobe nicht enthalten
Quelle: Eigene Darstellung in Anlehnung an Knapp (2010), S.37.
In diesem Kapitel soll der Fokus auf der traditionellen Personalsuche liegen. Dabei ist der Terminus traditionell nicht mit veraltet beziehungsweise überholt gleichzusetzen, sondern dient als Abgrenzung gegenüber dem webbasierten E-Recruitment.
Die Beschaffung von Mitarbeitern kann grundsätzlich auf zwei verschiedene Arten voll- zogen werden; neben der möglichen internen Personalbeschaffung, beispielsweise durch die innerbetriebliche Stellenausschreibung, besteht die Möglichkeit der externen Beschaffung.42Klassischerweise erfolgt die externe Stellensuche dabei über Personal- anzeigen, beispielsweise in Tageszeitungen, Fachzeitschriften, Studentenzeitungen oder Info-Broschüren.43Weitere Möglichkeiten wären das Personalleasing, das Rekru- tieren über Arbeitsämter oder private Arbeitsvermittler und die Inanspruchnahme von Headhuntern. Auch Aushänge an Hochschulen oder die Teilnahme an Job- und Karrie- reveranstaltungen stellen eine Möglichkeit dar.44Dabei weisen traditionelle Rekrutie- rungsmaßnahmen im Vergleich zu den webbasierten Methoden oftmals Schwächen auf, zum Beispiel ist die traditionelle Personalbeschaffung vergleichsweise kostenin- tensiv.45Das Internet kann die traditionellen Beschaffungsmethoden demnach sinnvoll erweitern und zu einer Zeit- und Kostenersparnis führen, wobei sich der abgebildete Personalbeschaffungsprozess dabei nicht ändert.
2.4.2 Assessment
Die Beurteilung (englisch: Assessment) von Bewerbern und Mitarbeitern erfolgt durch das so genannte Assessment Center (kurz: AC).
„Das AC ist eine Zusammenstellung verschiedener Aufgaben zu einer ein- oder mehrtägigen Arbeitsprobe. Die AC-Teilnehmer durchlaufen unterschiedliche Aufgaben und Übungen, die Herausforderungen beinhalten, welche für die spätere Zielposition charakteristisch sind.“46
Durch das AC können Arbeitgeber Stärken und Schwächen ihrer Bewerber, bezogen auf die zu besetzende Position, einschätzen oder Führungsqualitäten, etwa bei einer Aufstiegsmöglichkeit eines bestehenden Mitarbeiters, prognostizieren.47Bezogen auf das Thema der Arbeit sollen im Weiteren jedoch nur Bewerber und deren Chancen und Möglichkeiten durch ein AC betrachtet werden. Da bei einem AC überfachliche Fähigkeiten, zum Beispiel die Kommunikationsfähigkeit, im Vordergrund stehen, wird das AC häufig für Führungs- und Führungsnachwuchskräfte eingesetzt.48
Im Hinblick auf die Principal-Agent-Theorie können AC außerdem die gegebene asymmetrische Informationsverteilung zwischen dem Principal (Arbeitgeber) und dem Agent (Bewerber) lösen. Der Principal versucht mit Hilfe des beschriebenen Auswahlinstrumentes seinen Informationsstand über die für ihn relevanten Qualitätsmerkmale eines Agenten (beziehungsweise dessen Leistungen) zu verbessern.49
Seit den 90er Jahren ist auch der Einbezug von Selbsteinschätzungen im AC ein be- liebtes Element zur Erweiterung der Beobachtungsmöglichkeiten. Bereits 2012 gaben in einer Studie mit 125 Unternehmen, darunter die Mehrzahl der DAX 30 Unternehmen, 44,9 Prozent an, Methoden der Selbsteinschätzung in ihrem AC zu nutzen.50Dabei können Selbsteinschätzungen durch verschiedene methodische Varianten realisiert werden. Gegenstand dieser Arbeit sind Self-Assessments, welche eine Variante der Selbsteinschätzung darstellen. Es handelt sich laut Obermann hierbei um ein Instru- ment, „mit eher offenen Fragen zur Selbstreflexion bezüglich Karriere, Werte oder be- ruflicher Vorstellungen“.51Eine Studie von Clapham untersucht seit Mitte der 90er- Jahre die Zusammenhänge zwischen Assessoren-Bewertung und Selbstbild. Clapham geht davon aus, dass Selbsteinschätzungen, die hoch mit der Beobachterbewertung im Zusammenhang stehen, als Konsequenz den Verzicht von formalen Beobachtern be- deuten könnten.52Auch an dieser Stelle kann ein Bezug zum Principal-Agent-Problem hergestellt werden. Die verborgenen Eigenschaften (engl. Hidden chraracteristics) des Agents, können durch die Selbstselektion teilweise verringert werden. Es wird davon ausgegangen, dass Agents ihre verborgenen Eigenschaften zum Teil von sich aus offenbaren und daher nur Aufgaben/Tätigkeiten annehmen, die ihren Qualifikationen entsprechen. An dieser Stelle setzt die Selbstselektion an, welche vom Principal initiiert wird.53
Die Frage, ob sich ein Bewerber für eine bestimmte Stelle oder ein bestimmtes Unter- nehmen eignet, sollte folglich nicht nur von Unternehmensseite aus geklärt werden. Der Bewerber muss sich seiner Eignung für eine entsprechende Stelle in einem Betrieb selbst bewusst sein. Sinnvoller Weise sollte dieser Eignungsabgleich vor einer poten- ziellen Bewerbung stattfinden. Eine gute Möglichkeit bietet hierbei das webbasierte Online-Self-Assessment, welches in Kapitel 3.2.2 genauer beschrieben und definiert wird.
3 Online-Personalmarketing
Nachdem die klassischen Aktionsfelder des Personalmarketings beschrieben wurden, beschäftigt sich das folgende Kapitel mit dem webbasierten Personalmarketing. Dabei soll zunächst die webbasierte Personalbeschaffung ausführlich erläutert werden, um die Chancen und Risiken für Unternehmen und Bewerber herauszustellen. Anschlie- ßend sollen Maßnahmen des E-Recrutainments beschrieben werden, um letztendlich das Hauptaugenmerk auf die Online-Self-Assessments legen zu können.
Das Internet nimmt besonders im Bezug auf die relevanten Zielgruppen eines Unter- nehmens eine besondere Bedeutung ein. Der Anteil der Internetnutzung in Deutsch- land liegt bei 79 Prozent, wobei die 25- bis 44 Jährigen mit einem Anteil von ca. 96 Prozent am stärksten vertreten sind (Stand: 2013).54Im Hinblick auf das Personalmar- keting steht das Internet somit für ein neues Nutzungsverständnis, für mehr Partizipati- on der Nutzer, für mehr Interaktivität und damit letztendlich für eine Entwicklung vom passiven Rezipienten zum aktiven Konsumenten von Personalmarketing- und Recruiting-Informationen.55
Im Rahmen des internen Personalmarketings können beispielsweise Projekt-Blogs oder Wikis eingesetzt werden, welche die Partizipation und Interaktivität der Mitarbeiter stärken.56Aber auch dem externen Personalmarketing bieten sich durch die Nutzung des Internets neue Möglichkeiten. So ist es zum Beispiel über das Abonnieren von RSS-Feeds möglich, Informationen, beispielsweise zu einer Messeveranstaltung, schnell an die entsprechenden Zielgruppen zu kommunizieren.57Die firmeneigene Homepage ist ebenfalls eine klassische und vielgenutzte Plattform, um über das Un- ternehmen zu informieren und aktuelle Stellenausschreibungen zu veröffentlichen. Über 90 Prozent der großen und mittelständischen Unternehmen verfügen Schätzun- gen zu Folge über einen eigenen Internetauftritt.58
Ein weiteres, bedeutendes Thema im Rahmen der steigenden Internetnutzung stellt Social-Media dar. So genannte Social-Media-Plattformen bieten die Möglichkeit, Image und Vertrauen gegenüber Bewerbern aufzubauen, Kontakte zur Zielgruppe aufzuneh- men, zu pflegen und zu halten. Sie erlauben dabei tiefergehende Einblicke durch Insi- der-Wissen, zum Beispiel im Rahmen von Erfahrungsaustausch.59Laut einer Erhebung des Marktforschungsinstituts Comscore, können die sozialen Netzwerke im dritten Quartal 2009 in Deutschland rund 26,4 Millionen aktive Nutzer pro Monat verzeich-nen.60Dies bedeutet, dass mehr als ein Drittel der deutschen Bevölkerung mittlerweile über solche Netzwerke kommuniziert und die daraus entstehenden Informationen sich in Sekunden verbreiten. Dies birgt auf der einen Seite natürlich Gefahren, ermöglicht Unternehmen jedoch auch, schnell, kostengünstig und weltweit mit ihren Zielgruppen in Kontakt zu treten. Es kann beispielsweise gezielt auf neue Vakanzen hingewiesen und zur Bewerbung aufgerufen werden. Weiterhin stellen soziale Netzwerke ein wichtiges Employer Branding-Instrument dar, denn Unternehmen können sich über diese Netz- werke geschickt in den Alltag der User integrieren. Großkonzerne wie L’Oréal und die BMW Group nutzen beispielsweise das erfolgreichste Netzwerk Facebook, in welchem sie eigene Karriere-Seiten führen. Der „BMW Karriere“ Facebook-Seite folgen nach aktuellem Stand mehr als 172.000 Facebook-Nutzer (Stand: 26.05.2014).61Weiterhin gibt es auch sogenannte Business-Netzwerke wie Xing und LinkedIn. Es handelt sich hierbei um eine spezielle Form von sozialen Netzwerken, in denen der Schwerpunkt auf dem Ausbau und der Pflege von geschäftlichen Beziehungen liegt. Auch der Aus- tausch von beruflich interessanten und relevanten Themen ist hier erwünscht.62
Es wird deutlich, dass ein webbasiertes Personalmarketing vor dem Hintergrund der steigenden Internetnutzung unabdingbar ist und ein großes Potenzial birgt. Sowohl im Bereich des Employer Branding, als auch im Bereich der Personalbeschaffung stellt das Internet eine geeignete und zugleich sehr wichtige Plattform dar. Gleichermaßen birgt es jedoch auch Gefahren, da vor allem durch Social-Media-Netzwerke die Mög- lichkeit besteht, auch negative Erfahrungen, zum Beispiel eines ehemaligen Mitarbei- ters, schnell und weltweit zu verbreiten. Das Internet schafft somit eine Transparenz, die es vor allem potenziellen Bewerbern ermöglicht sich genau über ein Unternehmen zu informieren und es direkt mit anderen Arbeitgebern zu vergleichen. Unter diesem Aspekt scheint der Aufbau eines guten Unternehmensimages wichtiger denn je. Im Rahmen des Personalmarketings ist es demnach notwendig, das Internet für sich zu nutzen und relevante Maßnahmen zu ergreifen. Welche das im Bereich der Personal- beschaffung sein können soll im Folgenden geklärt werden.
3.1 Definition E-Recruitment
„Der Begriff E-Recuitment bezeichnet eine neue Art der Personalbeschaffung über das Internet, die von der Personalakquisition in Stellenbörsen bis zur Abwicklung des kom- pletten Bewerbungsprozesses im Inter-/ oder Intranet reicht.“63Prinzipiell ist der Begriff des E-Recruitments analog zum klassischen Recruitment zu sehen; der Unterschied liegt einzig in der Ausführung, welche auf elektronischem Wege über Inter-/ oder Intra- net erfolgt.
Ziel des E-Recruitment ist die Reichweite von Stellenausschreibungen und die Qualität der Personalbeschaffung zu erhöhen, den Beschaffungsprozess zu beschleunigen und die Kosten zu senken. Gleichzeitig soll für Personalverantwortliche und Bewerber glei- chermaßen eine hohe Transparenz über den Status und Fortschritt einer Bewerbung geschaffen werden.64
Wie bereits erwähnt erweitert das E-Recruitment „klassische“ Personalbeschaffungsmethoden. Stellenanzeigen werden nicht mehr vorwiegend in der Zeitung geschaltet sondern digitalisiert und ins Internet gestellt. Statt Bewerbungsmappen in Papierform kommen heute eher E-Mails, Online-Formulare oder Bewerber-Homepages zum Einsatz. In den vergangen Jahren, seitdem das Internet zunehmend als Medium für die Personalbeschaffung entdeckt und genutzt wurde, haben sich eine Vielzahl an Instrumenten und Methoden mit unterschiedlichen Erfolgen etablieren können - die zwei gängigsten sollen im Folgendem vorgestellt werden.
3.1.1 Online-Jobbörsen
Online-Jobbörsen beschreiben Stellenmärkte im Internet und stellen elektronische Marktplätze dar, welche Stellensuchende und Stellenanbieter zusammenführen und so eine Schnittstelle des Personalbeschaffungsprozesses bilden.65Online-Stellenmärkte haben sich zu einer starken Konkurrenz für die Anzeigen in Printmedien entwickelt; bedingt ist dies vor allem durch die überregionale Verfügbarkeit sowie die Vereinfa- chungen bei Suche und Bewerbung in Bezug auf Zeit- und Kostenvorteile.66Anbieter der Online-Stellenmärkte lassen sich dabei in die Bereiche staatliche (nicht- kommerzielle) Jobbörsen und kommerzielle Jobbörsen einteilen. Vertreter der nicht- kommerziellen Jobbörsen ist beispielsweise die Bundesagentur für Arbeit, welche mit ca. 785.000 Stellenangeboten (Stand: 27.05.2014)67, den größten Jobvermittler im In- ternet darstellt.68Die Jobbörse ist unterteilt in einen Bereich für Professionals und ei- nen für Ausbildungssuchende. Der Bewerber kann sich ein Profil anlegen und dort sei- ne Bewerbungsunterlagen, wie beispielsweise seinen Lebenslauf, hinterlegen. So ist eine Beschleunigung der zukünftigen Bewerbungsverfahren möglich. Weiterhin kann die Suche nach passenden Arbeitsstellen durch verschiedene Eingrenzungen im Be- reich der Branche, der Einstiegsposition oder des Arbeitsortes erfolgen - somit werden für den Bewerber irrelevante Stellen gar nicht erst aufgeführt.69
Stellenangebote sind in diesem Fall für die inserierenden Unternehmen komplett kostenlos einstellbar. Ebenso kostenlos ist die Suche in der Stellensuchdatenbank seitens des Bewerbers.70
Die folgende Abbildung zeigt die Startseite der Jobbörse der Bundesagentur für Arbeit. Durch die nicht-kommerzielle Stellung fällt direkt auf, dass die Seite nicht durch Werbung überlastet ist.
Abbildung 3: Jobbörse Bundesagentur für Arbeit Quelle: Bundesagentur für Arbeit (2014).
Abbildung in dieser Leseprobe nicht enthalten
Im Gegensatz zu den nicht-kommerziellen Jobbörsen stehen die kommerziellen Job- börsen. Hierbei handelt es sich um privat betriebene Stellenmärkte im Internet. Zu den bekannten Jobbörsen, welche hinsichtlich Angebot und Usability als professionell ein- zustufen sind, zählen unter anderem Monster, Stepstone und Jobscout24.71Diese Jobbörsen bieten dem Bewerber überregionale Stellenangebote aus allen Branchen. Schätzungen zufolge schauen sich 90 Prozent der Arbeitssuchenden zunächst in ihrer näheren Umgebung nach einer Beschäftigung um.72Um diesem Trend gerecht zu wer- den gibt es auch rein regionale Jobbörsen, wie den „Kölner-Job-Stellenmarkt“. Nachtei- lig ist hierbei, dass diese Seiten oftmals weniger komfortabel in der Benutzung sind und, wie in folgendem Beispiel ersichtlich, teilweise sogar Suchfunktionen zur Eingren- zung der angezeigten Stellen komplett fehlen. Weiterhin ist die Anzahl der angebote- nen Stellen natürlich begrenzt.
Abbildung 4: Jobbörse des Kölner-Job-Stellenmarktes Quelle: Kölner-Job-Stellenmarkt (2014).
Abbildung in dieser Leseprobe nicht enthalten
Prinzipiell funktionieren kommerzielle Stellenbörsen analog zu nicht-kommerziellen Stellenbörsen. Neben der reinen Stellensuche werden dem Bewerber auch zahlreiche Informationen und Hinweise für die Bewerbung bereit gestellt. Für Jobsuchende ist die Nutzung meist auch hier kostenfrei, Unternehmen hingegen müssen in vielen Fällen mit Anzeigenschaltungskosten rechnen. In Deutschland können diese Kosten zwischen 750 Euro und 1.200 Euro variieren.73
3.1.2 Firmen-Homepages
Im Rahmen der zunehmenden digitalen Personalbeschaffung ist eine unternehmensei- gene Homepage von großer Bedeutung. Längst dienen diese Seiten nicht mehr der reinen Informations- und Kontaktbereitstellung, auch Stellenangebote werden auf der Website veröffentlicht. Mit ihrer Internetpräsenz gelingt es den Unternehmen ihr Employer Branding zu stärken und Mitarbeiter gleichzeitig online zu rekrutieren. Über die unternehmenseigene Homepage wird eine größtmögliche, auch internationale Ziel- gruppe, erreicht.74Die Firmenhomepage dient als digitale Visitenkarte des Unterneh- mens und soll vor allem die Unternehmenskultur vermitteln.
[...]
1Vgl.: Arbeitsagentur (2014), S.5.
2Vgl.: Arbeitsagentur (2014), S.6.
3Vgl.: DDN (2013).
4Vgl.: Statistisches Bundesamt (2006), S.15.
5Vgl.: 4managers (2014).
6Vgl.: Prezewowsky (2007), S.34.
7 Vgl.: Ebenda.
8Vgl.: Gerceker (2007), S.5.
9 In dieser Arbeit werden unter den verwendeten Begriffen wie Bewerber, Nutzer, Teilnehmer etc. Personen weiblichen und männlichen Geschlechts gleichermaßen verstanden, da aus Gründen einer besseren Lesbarkeit auf eine geschlechterspezifische Unterscheidung ver- zichtet wird.
10 Vgl.: Wittmann et al. (2013), S.7.
11 Vgl.: Global 500 Web Site Recruiting 2001 Survey (2001), S.2.
12 Vgl.: Geißler (2007).
13 Vgl.: Beck (2008), S.9.
14 Vgl.: Nencheva (2010), S.5.
15 Vgl.: Beck (2008), S.5.
16 Gabler Wirtschaftslexikon (2014), Stichwort: Personalmarketing.
17 Vgl.: Felser (2010), S.3.
18 Vgl.: Ebenda.
19 Vgl.: Bröckermann/Pepels (2002), S.2.
20 Vgl.: Ebenda.
21 Vgl.: Ebenda.
22 Vgl.: Bröckermann/Pepels (2002), S.2.
23 Vgl.: Langhoff (2009), S.1.
24 Vgl.: Felser (2010), S.6.
25 Vgl.: Ebenda.
26 Vgl.: Strutz (1993), S.2.
27 Vgl.: Nitzsche (2011), S.14.
28 Vgl.: Parment (2009), S.26.
29 Vgl.: Ofner (2006), S.9.
30 Vgl.: Nencheva (2010), S.6.
31 Vgl.: DGFP (2006), S.32.
32 Vgl.: DGFP (2006), S.32.
33 Vgl.: Ebenda.
34 Vgl.: Ebenda, S.30.
35 Vgl.: Ebenda, S.31.
36 Vgl.: Ebenda.
37 Vgl.: Ebenda, S.29.
38 Vgl.: Ebenda, S.30.
39 Vgl.: Ebenda.
40 Vgl.: Bröckermann/Pepels (2002), S.17.
41 Vgl.: Kanja (2010), S.4.
42 Vgl.: Kanja (2010), S.4.
43 Vgl.: Beck (2002), S.12.
44 Vgl.: Ebenda.
45 Vgl.: Ebenda.
46 Obermann (2013), S.1.
47 Vgl.: Ebenda.
48 Vgl.: Ebenda.
49 Vgl.: Piske (2011), S.24.
50 Vgl.: Obermann (2013), S.206.
51 Obermann (2013), S.207.
52 Vgl.: Ebenda.
53 Vgl.: Piske (2011), S.27.
54 Vgl.: Statistisches Bundesamt (2013).
55 Vgl.: Beck (2008), S.46.
56 Vgl.: Ebenda, S.47.
57 Vgl.: Ebenda.
58 Vgl.: Hagen (2014), S.66.
59 Vgl.: Beck (2008), S.47.
60 Vgl.: Beck (2010), S.8, Zit. n. Comscore (2009).
61 Vgl.: Facebook AG, BMW Karriere (2014).
62 Vgl.: Beck (2010), S.12.
63 Krzywinska (2006), S.21.
64 Vgl.: Krzywinska (2006), S.21.
65 Vgl.: Beck (2002), S.24.
66 Vgl.: Krzywinska (2006), S.24.
67 Vgl.: Bundesagentur für Arbeit (2014).
68 Vgl.: Krzywinska (2006), S.24.
69 Vgl.: Bundesangentur für Arbeit (2014).
70 Vgl.: Krzywinska (2006), S.29.
71 Vgl.: Krzywinska (2006), S.30.
72 Vgl.: Ebenda, S.30.3 Online-Personalmarketing 22
73 Vgl.: Zils (2014).
74 Vgl.: Krzywinska (2006), S.36.
- Arbeit zitieren
- Nina Olbrück (Autor:in), 2014, Online-Self-Assessments als Instrument des Personalmarketings, München, GRIN Verlag, https://www.grin.com/document/277523
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