Die Rolle des Pferdes in Medizin, Pädagogik, Psychologie und Sport


Akademische Arbeit, 2006

16 Seiten, Note: 1,7


Leseprobe

Inhaltsverzeichnis

1. Vom Zugpferd zum Therapeutischen Helfer- geschichtlicher Rückblick

2. Therapeutisches Reiten- das Pferd in Medizin, Pädagogik, Psychologie und Sport
2.1 Krankengymnastik auf dem Pferd – Hippotherapie
2.2 Sportlich aktiv mit dem Pferd- Behindertenreitsport
2.3 Das Pferd in Psychologie und Pädagogik – Heilpädagogisches Reiten und – Voltigieren
2.3.1 Der Unterschied zwischen Voltigieren und Reiten

Excurs Situation des Therapeutischen Reitens im Ausland

Literaturverzeichnis (inklusive weiterführender Literatur)

Quellenangaben

Abbildungsnachweise

Abkürzungsverzeichnis

1. Vom Zugpferd zum Therapeutischen Helfer- geschichtlicher Rückblick

Die Partnerschaft von Mensch und Pferd ist eine uralte, archaische Beziehung. Die Menschen schätzen seit Jahrtausenden die Ausdauer, Kraft und Schnelligkeit der Pferde. Trotzdem war die Beziehung zu Pferden damals eine andere als heute:

Vor etwa 5000 Jahren wurde das Pferd gezähmt um im Dienste des Menschen eingesetzt zu werden. Vorerst diente es als Zugpferd in der Landwirtschaft, dann wurde es zum Ziehen von Streitwagen in vielen Kriegen benutzt. Etwa 500 v. Chr. wurde es als Reittier entdeckt. Man ritt es um Kriege zu führen. Die Syten, Hunnen und Ungarn – die Reitervölker – hinterließen Vernichtung, aber breiteten auch Kulturen aus.

Bereits 400 v. Chr. schrieb Xenophon ein Buch „Über die Reitkunst“, das immer noch unserer heutigen Auffassung von Dressur entspricht.

(vgl. Vogel 1987, S. 25)

Die Anfänge des Therapeutischen Reitens lassen sich bis ins Altertum zurückverfolgen. Der Arzt Hippokrates beschreibt den „heilsamen Rhythmus“ des Reitens und ordnete es unter die „Exercitia universalis“ (allumfassende Übungen) ein. Im Mittelalter wurde das Reiten durch einige Ärzte als heilsames Exercitium im Rahmen der Gesundheitsfürsorge und Gesundheitspflege empfohlen.

(vgl. Bausenwein 1984, S. 125)

Durch Schriften aus dem 17. und 18. Jahrhundert ist festzustellen, wie positiv sich das Reiten auf den Menschen auswirken kann:

„… denn es fördert die Verdauung und den Schlaf, es stärkt die Geistesmunterkeit und die Arbeitslust, die Lebens- und die Nervenkraft, die Herz- und Kreislauftätigkeit, die Haltung, bessert leiden der inneren Organe“

(Vogel 1987, S. 25)

1768 schreibt André Tissot:

„… es wächst der Muth und das Selbstgefühl… und der Geist erhebt sich gleichsam zu neuer Munterkeit durch das Reiten“

(Vogel 1987, S. 25)

Jedoch waren das eher Schriften die als vorbeugende Maßnahme des Reitens aufmerksam machten. (vgl. Bausenwein 1984, S. 125)

Diese Erkenntnisse gerieten im Zeitalter der Industriezeit in Vergessenheit. Warum kann man nicht genau sagen. Lediglich durch Hufeland wird im 19. Jahrhundert auf den Wert des Reitens und Reisens zu Pferde hingewiesen.

Der deutsche Neuropsychiater und Neurochirurg Ottfried Förster hat (laut Reiter- und Pferdelexikon von J. Nissen) 1904 auf einer Ärzte und Naturforschersammlung, das Therapeutische Reiten der „Öffent­lichkeit“ vorgestellt. W. I. Lenin, sein prominentester Patient, soll nach einer durch Hirnschlag erlittenen Lähmung durch das „therapeutische Reiten“ wieder genesen sein.

(vgl. Bausenwein 1984, S. 126)

Jedoch erst nach dem Zweiten Weltkrieg wurde man auf die thera­peutischen Wirkungen des Reitens wieder aufmerksam und Ärzte in einigen europäischen Ländern haben damit begonnen, geschädigte Personen- wie Kranke, von Geburt an behinderte oder von Krank­heiten bedrohte Menschen - aufs Pferd zu setzen (…) und die heilsame Wirkung des Reitens anzuwenden.

(vgl. Jochheim/ van der Schoot 1981, S. 350)

1961 erschien die erste Veröffentlichung von Dr. med. Druschky über seine Arbeit mit kranken und behinderten Patienten auf dem Pferd in seiner Klinik in Bad Rappenau.

1965 gab Dr. med. Max Reichenbach einen Bericht über seine Arbeit auf dem Gebiet „Reiten als Therapie“ in Form des Buches „Reiten allein tut es nicht?“ bekannt.

1970 war dann das wohl entscheidendste Jahr für das Therapeutische Reiten in Deutschland. Denn am 25.11. 1970 wurde das Kuratorium für Therapeutisches Reiten (KThR) als Dachorganisation für die Bundesrepublik und West Berlin gegründet. Es hatte das Ziel „… auf gemeinnütziger Basis die Bestrebungen für therapeutisches Reiten unter ärztlicher Aufsicht und Anleitung auf Bundesebene zu fördern, zu organisieren und zu unterstützen“

Damals sah man vor allem die Behandlung von Patienten auf dem Pferd und erst Jahre später wurde das Therapeutische Reiten in die drei Fachbereiche Medizin, Pädagogik und Sport unterteilt.

In den folgenden Jahren schlossen sich immer mehr Mitglieder dem KThR an, zum Zeitpunkt des 4. Internationalen Kongress (1982 in Hamburg) waren es bereits um die 800 Mitglieder.

In den folgenden Jahren wurden neue Reit-Therapie-Zentren gegründet und weitere Veröffentlichungen erschienen. Das therapeutische Reiten wurde 1973 auf der Equitana (Weltpferdemesse, die alle 2 Jahre in Essen stattfindet) vorgestellt und 1976 fanden erste gleichberechtigte Turniere (behinderte Menschen gegen nicht- behinderte Menschen) statt.

So wird das Therapeutische Reiten immer öffentlicher, Anerkannter und es gewinnt immer mehr an Bedeutung.

(vgl. Vogel 1984, S. 29 ff.)

2. Therapeutisches Reiten- das Pferd in Medizin, Pädagogik, Psychologie und Sport

Die Therapie (v. griech. „Dienst“) kommt aus der Medizin und bezeichnet Maßnahmen zur Behandlung von Krankheiten und Verletzungen. Ziel einer Therapie ist die Heilung, die Beseitigung oder Linderung der Symptome und die Wiederherstellung der körperlichen oder psychischen Funktion.

(vgl. http://lexikon.freenet.de/Therapie, Stand03/06)

Das Wort “Reiten” kommt aus dem Altertum und meint ursprünglich die Bewegung überhaupt (motus, exercitium).

(vgl. Jochheim/ van der Schoot 1981, S.350)

In der Bundesrepublik Deutschland wird das Therapeutische Reiten als Oberbegriff für die drei Fachbereiche Hippotherapie, Heilpädagogisches Voltigieren/ Reiten und den Behindertensport verwendet.

Diese drei Fachbereiche sind klar abzugrenzen und sie sind definitorisch klar gegliedert. Im Praktischen können sie sich allerdings überschneiden oder ineinander einfließen. Gemeinsamkeiten oder Übergänge kann man auch vom Therapeutischen Reiten zum allgemeinen Reitsport (Dressurreiten, Freizeitreiten, Schulsport etc.) beobachten.

(vgl. Kaune 1993, S. 12)

2.1 Krankengymnastik auf dem Pferd – Hippotherapie

Die Hippotherapie ist eine medizinisch- therapeutische Maßnahme
im Rahmen der Krankengymnastik. Diese Therapie wird vom Arzt ver­ordnet und von einer/einem speziell weitergebildeten Krankengymnast/in praktiziert. Die Behandlung geschieht mit Hilfe des Pferdes als lebendes Sport- bzw. Übungs“gerät“ mit dem Ziel der Besserung oder Heilung von körperlichen Beeinträchtigungen/ physischen Krankheiten. Hierbei geht es also nicht um das Pferd oder um das Reiten an sich. So entstand auch der Begriff Hippotherapie à die Behandlung mit dem Pferd.

Durch die Bewegung des Pferdes mit seinen verschiedenen Gangarten Schritt, Trab und Galopp werden vielfältige, vorwiegend lockernde, durchblutungsfördernde, kräftigende und anregende Effekte im gesamten Stütz- und Bewegungsapparat, den inneren Organen und dem Herz-Kreislauf-System, verursacht.

Der Verlauf der Therapie ist für den Patienten passiv, seine Aufgabe ist es lediglich auf dem Pferderücken zu sitzen und sich den Schwingungen des Pferdes anzupassen. Diese werden auf sein Becken und seinen Rumpf übertragen. Durch die Anpassung an den Bewegungsrhythmus des Pferdes kommt es zu einem dauernden Wechsel zwischen An- und Entspannung, der dem der dynamischen Muskelarbeit vollkommen gleich kommt. Zeitgleich werden motorische Fähigkeiten wie z.B. Gleichgewicht geschult. Auf diese Weise erfahren z.B. gehbehinderte Personen die Vorstellung eines symmetrischen Ganges.

(vgl. Vogel 1987, S. 27; Hibbeler 2001, S. 2-3)

Abbildung in dieser Leseprobe nicht enthalten

(Grafik 1, Heipertz 1977)

2.2 Sportlich aktiv mit dem Pferd- Behindertenreitsport

Der Reitsport mit Behinderten ist vergleichbar mit dem allgemeinen Reitsport (Dressur, Springen, etc.), mit dem Unterschied, dass die Reiter eine körperliche Behinderung, eine geistige Behinderung oder eine Sinnesschädigung haben. So können sogar Menschen, die eigentlich im Rollstuhl sitzen oder blinde Menschen mit einer bestimmten Sicherung in den Reitsport gehen.
Das sportliche Reiten fängt auch hier bei der Grundausbildung an und führt bis zur Turnierreife. So haben die körperlich eingeschränkten Reiter die gleichen Möglichkeiten wie gesunde Menschen auch.

Der Behindertenreitsport unterteilt sich dabei in 3 verschiedene Bereiche:

- Freizeitreiten und Voltigieren

Diese Art und Weise des Behindertenreitsports wird am häufigsten genutzt. Sie findet an der Longe (beim voltigieren), in der Halle oder im Gelände statt. Hier stehen der Spaß am Reiten und der freundschaftliche Umgang mit dem Pferd im Vordergrund.

- Leistungssport

- Hier nehmen die Reiter in Dressur, Springen, Voltigieren oder Vielseitigkeit an Turnieren teil, die gegen andere behinderte oder auch nicht behinderte Menschen stattfinden.

- Fahrsport

Mit umgebauten und speziell behindertengerechten Kutschen üben sich die Pferdesportbegeisterten Wettkämpfe gegen andere Kutschfahrer aus.

Die Betreffenden werden von Reitlehrern mit einer speziellen Weiterbildung angeleitet und unterstützt.

(vgl. Hibbeler 2001, S.4-5; Deutsches Kuratorium für therapeutisches Reiten 2005, VHS)

2.3 Das Pferd in Psychologie und Pädagogik – Heilpädagogisches Reiten und – Voltigieren

Unter dem Begriff „Heilpädagogisches Reiten/ -Voltigieren“ versteht man pädagogische, psychologische, psychotherapeutische, rehabilitative und sozio-integrative Maßnahmen für Kinder, Jugendliche oder Erwachsene mit verschiedenen Problemen, Störungen oder Behinderungen, die mit Hilfe des Pferdes umgesetzt werden. Beim heilpädagogischen Reiten steht nicht die Ausbildung reiterlicher Fähigkeiten im Vordergrund, sondern die individuelle Förderung über das Medium Pferd. Der Umgang mit dem Pferd- darunter fallen die Pflege, Führübungen, mitunter auch Stallarbeit und das Reiten/ Voltigieren - fördert die Betreffenden ganzheitlich. Sie werden sowohl auf der körperlichen und geistigen Ebene als auch emotional und sozial angesprochen. Außerdem werden alle Sinne angeregt, davon besonders das Fühlen. Besonders bewährt hat sich das heilpädago­gische Reiten/- Voltigieren bei Personen mit

- Geistiger Behinderung
- Lernbehinderung
- Verhaltensauffälligkeiten (auch ADS/ ADHS)
- Störungen in der emotionalen Entwicklung
- Sprachbehinderung
- Autistischen Verhaltensweisen
- Psychischen Störungen
- Psychischen und psychosomatischen Erkrankungen

(vgl. Kaune 1993, S. 13- 14)

Wichtig beim heilpädagogischen Reiten sind der Kontakt zum Tier, sowie der Abbau bestehender Ängste gegenüber dem großen Tier. Dabei können Aktivitäten wie Putzen und Streicheln des Pferdes helfen. Bei Kindern gelingt dies häufig schneller, denn sie haben aus einem grundlegenden menschlichen Bedürfnis heraus eine natürliche Zuneigung zu Tieren. Sie suchen den Kontakt mit dem Tier, wollen es lieben und geliebt werden.

(Gäng 2004, S. 27)

Auf speziell ausgebildeten und geführten Therapiepferden werden unter Anleitung gymnastische Übungen durchgeführt. Die Bewegung des Pferdes wirkend lockernd, oftmals beruhigend und ausgleichend und lösen in vielen Fällen Ängste.

„Mensch und Tier verschmelzen hier dergestalt, daß man nicht zu sagen wüsste, wer denn eigentlich den anderen erzieht.“

(Johann Wolfgang von Goethe)

Der Rhythmus des Pferdes im Schritt- wenn es die Behinderung zulässt auch im Trab oder Galopp – spricht auf eine vielfältige Art und Weise die Wahrnehmung des Reiters an.

Heilpädagogisches Reiten- oder Voltigieren kann von Pädagogen, wie auch von Erzieherinnen, Sozialarbeiter oder -pädagogen und von Psychologen mit einer entsprechenden Zusatzausbildung durchge­führt werden.

[...]

Ende der Leseprobe aus 16 Seiten

Details

Titel
Die Rolle des Pferdes in Medizin, Pädagogik, Psychologie und Sport
Hochschule
Evangelische Hochschule Rheinland-Westfalen-Lippe
Note
1,7
Autor
Jahr
2006
Seiten
16
Katalognummer
V277682
ISBN (eBook)
9783656703129
ISBN (Buch)
9783668136656
Dateigröße
423 KB
Sprache
Deutsch
Schlagworte
rolle, pferdes, medizin, pädagogik, psychologie, sport
Arbeit zitieren
Diana Kirstein (Autor:in), 2006, Die Rolle des Pferdes in Medizin, Pädagogik, Psychologie und Sport, München, GRIN Verlag, https://www.grin.com/document/277682

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