„Ich lebe hier, ich bin zufrieden, hoffentlich bleibt es so.“ Zur Selbstwahrnehmung von Gastarbeitern in der Bundesrepublik 1955-1973


Master's Thesis, 2014

101 Pages, Grade: 2,0


Excerpt


Inhaltsverzeichnis

1. Einleitung

2. Die Anwerbeabkommen der Bundesrepublik
2.1. Soziale und ökonomische Ausgangslage der Bundesrepublik vor den Anwerbeabkommen
2.2. Das Anwerbeabkommen mit Italien - Vorlage für die kommenden Vereinbarungen
2.3. Die Beschäftigung ausländischer Arbeitskräfte als „temporäre Lösung“
2.4. Außenpolitische Aspekte der Anwerbeabkommen
2.5. Der „Anwerbestopp“ von 1973 und seine Folgen

3. Ausgangslage und Entwicklung der „Gastarbeit“ in der Bundesrepublik
3.1. Die sozialökonomische Ausgangslage der Arbeitsmigranten
3.2. Entwicklung der Arbeitsmigration in die Bundesrepublik 1955-1973

4. Analyse der Selbstaussagen von Arbeitsmigranten
4.1. Analysekriterien
4.2. Zur Quellenlage
4.3. Soziale Herkunft und Ausbildung der Befragten
4.3.1. Soziale Herkunft der Befragten
4.3.2. Schulische und berufliche Ausbildung der Befragten vor ihrer Beschäftigung in der Bundesrepublik
4.4. Migrationsmotive der Befragten
4.4.1. Ökonomische Motive
4.4.2. Erfahrungen von Verwandten und Freunden
4.4.3. Wunsch nach größeren persönlichen Freiheiten
4.4.4. Bildungschancen in der Bundesrepublik
4.4.5. Andere Gründe
4.5. Die Lebens- und Arbeitswelt in der Bundesrepublik in der Wahrnehmung der Befragten
4.5.1. Wahrnehmung der Arbeitswelt in der Bundesrepublik
4.5.2. Wahrnehmung von Leben und Kultur in der Bundesrepublik

5. Fazit

Quellenverzeichnis

Online-Quellen

Ungedruckte Quellen

Gedruckte Quellen

Literaturverzeichnis

1. Einleitung

Die Anwerbung und Beschäftigung ausländischer Arbeitskräfte in der Bundesrepublik zwischen 1955 und 1973 war bereits Thema einer Vielzahl geschichtswissenschaftlicher und soziologischer Untersuchungen. Im Mittelpunkt dieser Analysen standen zumeist die Kritik an der lange Zeit vernachlässigten Migrationspolitik und die hierdurch versäumte Integration der Migranten in die Aufnahmegesellschaft[1], die schlechten Arbeits- und Wohnbedingungen der Angeworbenen,[2] sowie volkswirtschaftliche Untersuchungen, welche die Vor- und Nachteile der Beschäftigung von ausländischen Arbeitskräften taxierten und den Blick auf arbeitsmarktpolitische Entscheidungen der zuständigen staatlichen Stellen, bzw. die Interessen der Unternehmen lenkten.[3]

Hierbei wird den ausländischen Arbeitnehmern zumeist nur die Rolle als passive Opfer der wirtschaftlichen Interessen deutscher Unternehmen und außenpolitischer Überlegungen der Bundesregierung zugeschrieben. Erst neuere Publikationen beziehen auch die Perspektive der Arbeitsmigranten mit in ihre Untersuchungen ein und zeichnen ein differenzierteres Bild von den sogenannten „Gastarbeitern“. So wurde das Ergebnis des gesamten Migrationsprozesses bislang zumeist nur an dem Erfolg oder Misserfolg der Integration der Arbeitsmigranten gemessen. Ursachen für die oftmals negative Beurteilung des Arbeitsmigrationsprozesses sind die weitestgehende Ausblendung der Remigranten, sowie der persönlichen Vorteile und sozialen Aufstiegschancen der ausländischen Arbeitnehmer selbst.[4]

Neuere Forschungen beziehen auch mehr und mehr außenpolitische Aspekte in die Beurteilung der Arbeitsmigration mit ein. Dabei spielten nicht nur außenwirtschaftliche Interessen der Bundesrepublik eine Rolle, sondern vor allem auch die Europäische Integration, sowie diplomatische Bemühungen im Hinblick auf die Ost-West-Entspannungspolitik und die Einbeziehung potentieller NATO-Bündnispartner in die westeuropäische Wertegesellschaft.[5]

Die vorliegende Arbeit wird zunächst die bisherigen Forschungsergebnisse zusammenfassen. Hierzu soll ein Blick auf die wirtschaftliche Ausgangssituation der Bundesrepublik in den 50er und 60er Jahren des 20. Jahrhunderts geworfen werden. Weiterhin wird zu erörtern sein, welche sozialen und wirtschaftlichen Faktoren eine Rolle beim Abschluss der bilateralen Anwerbeverträge der Bundesrepublik mit anderen Staaten gespielt haben. Darüber hinaus wird zu untersuchen sein, welche Funktionen die Angeworbenen in der deutschen Wirtschaft während des untersuchten Zeitraumes einnahmen und welche Folgen ihre Beschäftigung für die deutsche Wirtschaft hatte. Schließlich werden noch die Ursachen für den Anwerbestopp 1973 und dessen unmittelbare Folgen für das Wirtschaftsgefüge der Bundesrepublik näher betrachtet.

Ein Blick auf die ökonomischen und sozialen Verhältnisse der Entsendeländer zu jener Zeit, sowie die Vorstellungen der Arbeitsmigranten von ihrem Engagement in der westdeutschen Wirtschaft, sollen aufzeigen, ob und in welcher Weise die Angeworbenen und deren Heimatländer von den Abkommen mit der Bundesrepublik profitieren konnten. Weiterhin wird zu untersuchen sein, welche außenpolitischen Faktoren bei den Vereinbarungen zur Anwerbung ausländischer Arbeitskräfte eine Rolle gespielt haben.

Den Hauptteil der Arbeit bildet eine Analyse verschiedener Interviews und soziologischer Untersuchungen, welche die Selbstwahrnehmung der Arbeitsmigranten, in Hinblick auf ihre Motivation ihr Heimatland zu verlassen und eine Beschäftigung in Deutschland aufzunehmen, aufzeigen soll. Hierbei stellt sich vor allem die Frage, ob ausschließlich ökonomische Gründe eine Rolle bei dieser Entscheidung gespielt haben, oder ob auch andere Faktoren entscheidend gewesen sein könnten. In diesem Zusammenhang sollen auch die persönlichen Hintergründe und die schulischen und beruflichen Qualifikationen der Befragten berücksichtigt und eingeordnet werden. Darüber hinaus wird zu erörtern sein, mit welchen Erwartungen an die Lebens- und Arbeitswelt in der Bundesrepublik die ausländischen Arbeitnehmer ihre Heimat verließen.

Ein weiterer Aspekt der Untersuchungen wird sich mit der Frage auseinandersetzen, wie die „Gastarbeiter“ ihr Ansehen bei den deutschen Kollegen und innerhalb der verschiedenen „Gastarbeiter“-Nationalitäten einschätzten und bewerteten. Nicht weiter thematisiert werden sollen jedoch die Spätfolgen der Arbeitsmigration in die Bundesrepublik und die hieraus resultierenden sozialen Probleme der folgenden Jahrzehnte, da es hierzu bereits eine Fülle an Untersuchungen gibt und dies den Rahmen der vorliegenden Arbeit sprengen würde.[6]

Die verwendeten Quellen berücksichtigen lediglich ausländische Arbeitnehmer, die im Rahmen der offiziellen Anwerbeabkommen zwischen 1955 und 1973 eine Beschäftigung in der Bundesrepublik aufgenommen haben. Bei der Analyse der Befragungen ist sowohl ihr Entstehungskontext als auch der zeitliche Abstand zwischen der Interviewführung und dem Geschilderten zu berücksichtigen.

Die zentralen Fragen der Quellenanalyse zielen darauf ab, die Motivation der Arbeitsmigranten, eine Beschäftigung in der Bundesrepublik aufzunehmen, zu erörtern, sowie deren soziale und ökonomische Ausgangslage in ihrer Heimat in einen Zusammenhang hiermit zu stellen. Darüber hinaus wird zu untersuchen sein, welchen Einfluss Erzählungen und Erlebnisse von Remigranten auf die Vorstellungen von Anwerbewilligen gehabt haben und inwieweit diese mit den tatsächlichen Erfahrungen der Arbeitsmigranten bei ihrer Ankunft in Deutschland übereinstimmten.

Durch die Berücksichtigung von Befragungen von Angehörigen verschiedener Nationalitäten soll geklärt werden, ob und wenn ja welche eventuellen Gemeinsamkeiten zwischen den einzelnen Gruppen der „Gastarbeiter“ bestanden haben, bzw., wo Unterschiede auszumachen sind. Weiterhin wird die Frage zu klären sein, ob es geschlechterspezifische Unterschiede bei der jeweiligen Selbstwahrnehmung gab.

Eine gewisse Problematik ergibt sich aus dem Begriff „Gastarbeiter“. Tatsächlich wurde dieser Begriff erst nach dem Anwerbestopp von 1973 gebräuchlich, zumeist in einem abwertenden Zusammenhang. Zuvor war man, insbesondere in den offiziellen Schreiben der beteiligten Behörden, stets darauf bedacht den juristisch korrekten Begriff des „ausländischen Arbeitnehmers“, bzw. der „ausländischen Arbeitskräfte“, zu verwenden.[7]

Dies geschah auch aus gutem Grund, befürchtete man doch, die Vertragspartner könnten eine solche Titulierung als Fortführung des nationalsozialistischen „Fremdarbeiter“-Begriffs sehen, der vor allem Zwangsarbeiter betraf. Noch dazu fand dieser Begriff nach der Kapitulation des faschistischen Italiens vermehrt Verwendung für italienische Staatsbürger, die sich auf reichsdeutschem Gebiet aufhielten und nach dem Sturz Mussolinis zur Zwangsarbeit herangezogen wurden. Das vermehrte Aufkommen des „Gastarbeiters“ in der Medienlandschaft der Bundesrepublik der 1970er Jahre weist somit eindeutig darauf hin, dass nach dem Ende der bilateralen Anwerbevertäge ein verstärkt negatives Bild der ausländischen Arbeitnehmer in der öffentlichen Wahrnehmung konstruiert wurde.[8] Darüber hinaus liefert der Begriff „Gast“ obendrein auch noch ein verzerrtes Bild über den tatsächlichen Verlauf der Arbeitsmigration in die Bundesrepublik, zumal sie keine rein männliche war, wie der Terminus „Gastarbeiter“ vermuten lässt.[9]

Schließlich wurden und werden unter dem Sammelbegriff „Gastarbeiter“ nicht nur jene ausländischen Arbeitskräfte zusammengefasst, die im Zuge der bereits erwähnten Anwerbeabkommen für einen befristeten Aufenthalt und zum Zwecke der Arbeit nach Deutschland kamen, sondern eben auch diejenigen, welche auf anderem Wege einreisten um eine Beschäftigung zu finden, oder Arbeitnehmer, die aufgrund der Freizügigkeitsregelungen der EWG eine Anstellung in der BRD fanden.

2. Die Anwerbeabkommen der Bundesrepublik

2.1. Soziale und ökonomische Ausgangslage der Bundesrepublik vor den Anwerbeabkommen

Die Bundesrepublik verzeichnete nach dem Zweiten Weltkrieg vor allem in den Jahren zwischen 1950 und 1970 ein stetiges Wirtschaftswachstum, das nur durch die Rezession von 1966/67 getrübt wurde.[10] Zwischen 1950 und 1960 hatte sich das Bruttosozialprodukt (BSP), als grundlegende Kennziffer einer Volkswirtschaft, sogar mehr als verdoppelt.

Um dieses Wachstum jedoch ab 1960 weiter aufrecht erhalten zu können und somit auch den Wohlstand der deutschen Bevölkerung zu sichern, bedurfte es einer enormen Anzahl an Arbeitskräften aus dem Niedriglohnbereich, die nicht mehr aus dem Pool der Kriegsheimkehrer, Vertriebenen und DDR-Flüchtlinge rekrutiert werden konnten, wie es noch größtenteils in den 1950er Jahren möglich gewesen war.[11]

In den 1960ern lag die Arbeitslosenquote meist unter einem Prozent und die Zahl der offenen Stellen lag durchweg höher als die Zahl der Erwerbslosen. Dies führte zu einem starken Wettbewerb der Unternehmen um Auszubildende und Arbeitskräfte. Es schien, als hätten das Wirtschaftswachstum und auch der wachsende Wohlstand keine Grenzen.[12]

Hatte Ludwig Erhard, in seiner Funktion als Bundesminister für Wirtschaft, in den 1950er Jahren die bundesdeutsche Bevölkerung noch zum Konsumieren angehalten um die Wirtschaft anzukurbeln, rief er ein Jahrzehnt später, nun als Bundeskanzler, zum „Maßhalten“ auf, um die Konjunktur nicht durch zu hohe Lohnforderungen auszubremsen. Schienen diese Forderungen zunächst noch durch den stetigen Zuwachs des BSP´s und den niedrigen Arbeitslosenstand gerechtfertigt zu sein, klafften diese Ansprüche im Laufe der 1960er Jahre immer weiter mit der tatsächlichen Arbeitsleistung auseinander, was schließlich in die Rezession von 1966/67 mündete.[13]

Zudem herrschte die größte Arbeitsnachfrage während der 50er und zu Beginn der 60er Jahre in vergleichsweise wenig attraktiven Berufszweigen, wie z.B. in der Land- und Forstwirtschaft oder im Bergbau. Aus Sicht der deutschen Arbeitnehmer bestand kein Anlass in diesen Bereichen tätig zu werden, da sie in den Städten ausreichend gut bezahlte Arbeit unter besseren Arbeitsbedingungen vorfanden.[14]

So kam bereits zu Beginn der 1950er Jahre die Idee auf, ausländische, vor allem italienische, Arbeiter für die Beschäftigung in der Landwirtschaft in größerem Umfang anzuwerben. Zudem konnte oder wollte man den deutschstämmigen Vertriebenen und DDR-Flüchtlingen das Leben als Landarbeiter nicht zumuten. Das Lohnniveau konnte in diesen Branchen konstant niedrig gehalten werden, da gegenseitige Abwerbungen von Arbeitern ausblieben, wie es in den Industriebetrieben vorkam, und somit keine Lohnzugeständnisse an die Arbeitnehmer gemacht werden mussten.[15]

Die wirtschaftliche Integration von Flüchtlingen aus der DDR, Vertriebenen und Spätheimkehrern war unabdingbar für das stetige Wirtschaftswachstum der Bundesrepublik in den 50er und 60er Jahren des 20. Jahrhunderts. Ohne diesen Zustrom wäre ein erheblicher Mangel an Arbeitskräften entstanden, der das Wachstum der noch jungen Volkswirtschaft schon bald zum Erliegen gebracht hätte.[16]

Doch trotz des kontinuierlichen Zulaufs an Arbeitskräften dachte man in der Bundesrepublik bereits zu Beginn der 1950er über ein Engagement ausländischer Arbeitskräfte nach, da die bisher Zugezogenen meist gut qualifiziert waren und schnell eine Beschäftigung im aufstrebenden Industriesektor finden konnten. Strukturbedingt entstand so jedoch eine Arbeitskräftelücke im landwirtschaftlichen Bereich, sowie im Bergbau. Grund hierfür waren vor allem die vergleichsweise schlechte Bezahlung, aber auch die körperlich anstrengenden Arbeitsbedingungen und langen Arbeitszeiten. Zudem war die Infrastruktur im ländlichen Bereich nach dem Zweiten Weltkrieg noch wenig ausgebaut, bzw. wiederhergestellt, was eine Niederlassung in diesen Gebieten für die Flüchtlinge und Vertriebenen, wenig attraktiv machte.

Die Bundesregierung strebte weiterhin unter allen Umständen ein stetiges und starkes Wirtschaftswachstum an, das vor allem über den Konsum der privaten Haushalte gesteuert werden sollte. Hierzu war es unabdingbar die geringen Erzeugerpreise, und somit auch das niedrige Lohnniveau im primären Sektor, aufrecht zu erhalten.

Verstärkt wurde der Mangel an Arbeitskräften in der Landwirtschaft dadurch, dass die „Landflucht“ weiter anhielt und obendrein auch starke regionale Unterschiede in der Beschäftigungsstruktur der Bundesrepublik auszumachen waren. So lag die Arbeitslosenquote in Baden-Württemberg 1955 bei knapp 2,2%, während sie im selben Jahr in Schleswig-Holstein 11,1% betrug.[17]

Diese strukturbedingte Arbeitslosigkeit ließ sich jedoch nicht einfach beseitigen, indem die vorhandenen Arbeitskräfte dort eingesetzt wurden, wo sie dringend benötigt wurden. Neben mangelnder Qualifikation und unzureichender Mobilität war es vor allem der Mangel an ausreichendem Wohnraum in den betreffenden Regionen, wie z.B. im Ruhrgebiet oder Baden-Württemberg. Auch über eine Mobilisierung des Arbeitskräftepotenzials der Frauen wurde nachgedacht, jedoch, obgleich für „wirtschaftlich möglich“ gehalten, schnell verworfen, da dies „familienpolitisch unerwünscht“ war. Ebenso wenig war eine Erhöhung der Arbeitszeit keine Alternative, da die Gewerkschaften hiergegen protestierten.[18]

Somit schien eine Anwerbung ausländischer Arbeitskräfte für den Einsatz in der Landwirtschaft, aber auch zunehmend im personalintensiven industriellen Sektor, unumgänglich, da sich die Struktur der Arbeitslosen in den Bereichen Mobilität und Qualifikation nicht mit denen der offenen Stellen deckte.[19] Hierbei wird deutlich, dass die deutsche Bevölkerung im Rahmen eines ökonomisch motivierten Standortwechsels als weitestgehend „immobil“ betrachtet und auch in der Praxis so behandelt wurde. Im deutlichen Gegensatz dazu sah man die ausländischen Arbeitskräfte, deren Mobilität sie zu einer verfügbaren Masse an „Reservearbeitskräften“ machte, die beliebig dort eingesetzt werden konnten, wo sie gerade benötigt wurden.[20]

Die Verschärfung auf dem Arbeitsmarkt zu Beginn der 1960er Jahre hatte jedoch noch andere Gründe, die eine massenhafte Anwerbung und Beschäftigung ausländischer Arbeitskräfte notwendig erschienen ließ. Zur Problematik des versiegenden Flüchtlingsstroms kam weiterhin der Eintritt der geburtenschwachen Kriegsjahrgänge in das Erwerbsleben, die das Ausscheiden der Ruheständler aus dem Arbeitsleben nicht mehr ausreichend abfangen konnten. Weiterhin verkürzte sich die durchschnittliche Wochenarbeitszeit zwischen 1960 und 1967 von 44,4 auf 41,4 Stunden und die Ausbildungszeiten der Berufsanfänger verlängerten sich.[21]

All diese Faktoren, zusammen mit der, durch den niedrigen Arbeitslosenstand bedingten, Überbeschäftigung, führten zu einer Verteuerung der Arbeit, die auf Dauer die Konjunktur negativ beeinflusst hätte. Die Bundesregierung erhoffte sich durch die Beschäftigung ausländischer Arbeitskräfte den Anstieg der Lohnkosten zu dämpfen und so eine Überhitzung der Konjunktur zu verhindern, was zwangsläufig zu einer rückläufigen Entwicklung des Wirtschaftswachstums geführt hätte.[22]

Die Alternativen zur Ausländerbeschäftigung erschienen im Hinblick auf das Ziel des ungebrochenen Wirtschaftswachstums auch nicht allzu verlockend. Eine Rationalisierung, bzw. Automatisierung, hätte zunächst hohe Investitionen vorausgesetzt. Zudem hätte eine Umstellung der Produktion auch weitreichende Umschulungen nötig gemacht, die ebenfalls Kosten verursacht, bzw. die Produktivität zunächst gebremst hätte.

Auch ein Kapitalexport kam nicht in Frage, da es einfacher und schlussendlich auch billiger war, die Arbeiter aus den entsprechenden Ländern nach Deutschland zu holen.[23]

Im Vorfeld weiterer Anwerbevereinbarungen wurden Berechnungen angestellt, die den Kosten-Nutzen-Faktor einer umfangreichen Ausländerbeschäftigung aufzeigen sollten. So wurden auf der einen Seite die zusätzlichen Aufwendungen für die Unterbringung der „Gastarbeiter“, die zu zahlenden „Kopfpauschalen“ an die Bundesanstalt für Arbeit, die Kosten für Dolmetscher in den Betrieben, sowie die Produktionseinbußen während der Anlernphase als nicht zu vernachlässigende Kostenfaktoren aufgeführt.[24]

Da die ausländischen Arbeitskräfte jedoch im besten produktiven Alter (zwischen 18 und 30 Jahren) angeworben werden sollten, entstanden auch keine Kosten für die Heranbildung (Kindergarten, Schule, Ausbildung) oder für die Unterbringung im Ruhestand. Dies übernahmen die jeweiligen Entsendeländer ohne weitere Ausgleichszahlungen. Somit verursachten die Angeworbenen keine sozialen Kosten für Ausbildung und Alter und standen der deutschen Wirtschaft ausschließlich mit ihrer vollen Arbeitskraft zur Verfügung.[25]

Obendrein gelangte man zu der Ansicht, dass die Angeworbenen einen Großteil ihres Einkommens sparen würden, um nach einem vorab begrenzten Zeitraum in ihr Heimatland zurückzukehren und sich dort eine eigene Existenz aufbauen zu können. Auf diese Weise hätte die Konsumgüternachfrage in der Bundesrepublik gedämpft werden können, was zu einer Preisstabilisierung geführt hätte, von der vor allem die Bürger der Bundesrepublik profitieren sollten.[26]

2.2. Das Anwerbeabkommen mit Italien - Vorlage für die kommenden Vereinbarungen

Da der Bedarf an Arbeitskräften, angesichts des stetig fortschreitenden Wirtschaftswachstums in der Bundesrepublik, perspektivisch unvermindert anzusteigen schien, nahm Bundeswirtschaftsminister Ludwig Erhard Ende 1954 Verhandlungen mit dem italienischen Außenminister Gaetano Martino auf, um die Rahmenbedingungen für die Anwerbung von 100.000 bis 200.000 italienischen Arbeitern zu erarbeiten. Allerdings betrug die Arbeitslosenquote zu diesem Zeitpunkt in der Bundesrepublik noch rund 7% (ca. 1 Million Arbeitslose), weshalb Stimmen laut wurden, eine Anwerbung ausländischer Arbeitskräfte im großen Stil erst dann anzustreben, wenn eine Vollbeschäftigung der deutschen Arbeiterschaft erreicht wäre.

Allerdings spielten bereits bei dieser ersten „Vereinbarung zwischen der Regierung der Bundesrepublik Deutschland und der Regierung der italienischen Republik über die Anwerbung und Vermittlung von italienischen Arbeitskräften nach der Bundesrepublik Deutschland“, wie das Anwerbeabkommen offiziell bezeichnet wurde, durchaus auch gewichtige außenpolitische Überlegungen eine entscheidende Rolle.

Angesichts des gerade einmal zehn Jahre zurückliegenden Zweiten Weltkrieges und der daraus erfolgten politischen und wirtschaftlichen Isolation Westdeutschlands in den unmittelbaren Nachkriegsjahren, war die Entsendung italienischer Arbeitskräfte in die BRD ein wichtiges Signal im Hinblick auf die europäische Integration.[27]

Darüber hinaus drängte auch die italienische Regierung auf die Unterzeichnung der Vereinbarung, da sie mit einer hohen Arbeitslosigkeit im eigenen Land zu kämpfen hatte und hoffte, auf diesem Wege den befürchteten „kommunistischen Umtrieben“ unter der unruhiger werdenden Arbeiterschaft entgegenwirken zu können.[28] Letztendlich hatte die italienische Regierung auch ungleich größere wirtschaftlich motivierte Interessen an dem Abkommen mit der Bundesrepublik, als diese selbst.

Wie bereits erwähnt, sah man seitens der Bundesregierung durchaus ein stetiges Anwachsen des Bedarfs an Arbeitskräften. Andererseits bestand zunächst aber auch kein verstärkter Druck die Anwerbebemühungen zu intensivieren, da der landwirtschaftliche Sektor durch die zunehmende Mechanisierung an Bedeutung verlor und durch die Flüchtlinge aus der DDR genügend Reserven auf dem bundesdeutschen Arbeitsmarkt vorhanden waren.[29]

Allerdings wäre eine Weigerung den italienischen Arbeitsmarkt durch die bilateralen Vereinbarungen zu entlasten, wenig zuträglich für das Ansehen der Bundesrepublik gewesen, die gerade erst wieder in die internationale Gemeinschaft aufgenommen worden war. Somit ist der außenpolitische Aspekt in der Bewertung dieses ersten Anwerbeabkommens durchaus stärker zu gewichten, als dies bislang in vielen Publikationen der Fall war.[30]

Das Anwerbeabkommen der Bundesrepublik mit der italienischen Regierung wurde am 22. Dezember 1955 in Rom vertraglich vereinbart. Die darin enthaltenen Modalitäten fanden in der Regel, bis auf einige noch später zu betrachtende Ausnahmen, auch Anwendung auf die übrigen Abkommen, die die Bundesregierung in den 1960er Jahren mit anderen europäischen und nordafrikanischen Ländern traf.

So wurde unter anderem geregelt, dass für die Anwerbung der Arbeitskräfte in Italien eine „Anwerbekommission“ der Bundesanstalt für Arbeit, in Zusammenarbeit mit der italienischen Arbeitsverwaltung, tätig werden sollte. Diese sollte, unter Berücksichtigung der von deutschen Betrieben gestellten Anforderungsprofile, die italienischen Bewerber je nach ihrer Eignung den jeweiligen Betrieben zuweisen, sofern sie diese Anforderungen erfüllten.

Darüber hinaus hatten die deutschen Gewerkschaften, zumindest in der Theorie, durchgesetzt, dass die angeworbenen ausländischen Arbeitskräfte den gleichen tariflich festgelegten Lohn wie deutsche Arbeitnehmer erhalten sollten.

Weitere Bestimmungen des Abkommens beinhalteten eine von vornherein festgelegte Befristung des Arbeitsverhältnisses auf zunächst sechs oder zwölf Monate, nach deren Ablauf die Rückkehr der Angeworbenen in ihr Heimatland erfolgen sollte. Weiterhin wurde das Recht der Arbeiter auf einen Lohntransfer in die Heimat, sowie die Zusicherung einer „angemessenen Unterkunft“ vertraglich fixiert. Der Nachzug von Familien sollte laut Vertragstext bei dem Nachweis angemessenen Wohnraums „wohlwollend geprüft werden.“[31]

Die bereits geschilderten außenpolitischen Erwägungen ließen sich angesichts der noch immer recht hohen Anzahl an Arbeitslosen im Inland nur schwer vermitteln, so dass die Bundesregierung das Abkommen offiziell damit begründete, den „momentanen Spitzenbedarf“ an Arbeitskräften decken zu wollen, da man auf die hohen Zuwachsraten in der Wirtschaft nicht verzichten wollte.[32] In diesem Zusammenhang legte die Bundesregierung auch nach außen hin stets Wert darauf, dass die Initiative für dieses und auch die noch folgenden Abkommen von den Entsendeländern ausging, um nicht den Anschein zu erwecken, von sich aus verstärktes Interesse an der Anwerbung ausländischer Arbeitnehmer zu haben.[33]

2.3. Die Beschäftigung ausländischer Arbeitskräfte als „temporäre Lösung“

Als abzusehen war, dass die deutsche Wirtschaft weiter so stark wie in den vergangenen Jahren wachsen würde und weiterhin zahlreiche Arbeitskräfte im Niedriglohnsektor gebraucht werden würden, schloss die Bundesregierung 1960 weitere Anwerbeabkommen mit Spanien und Griechenland. Daraufhin folgte bereits 1961 ein Abkommen mit der Türkei, 1963 mit dem Königreich Marokko, 1964 mit Portugal, 1965 mit Tunesien und schließlich 1968 mit Jugoslawien.[34]

Auffällig ist hierbei, dass die Abkommen mit der Türkei, Marokko und Tunesien einige signifikante Abweichungen von denen mit anderen, europäischen, Ländern enthielten. So war diesen drei Abkommen in ihrer ersten Fassung gemein, dass sie Bestimmungen enthielten, die eine Anwerbung ausschließlich für Unverheiratete vorsah und einen Familiennachzug explizit ausschlossen.

Weiterhin war der Aufenthalt für ausländische Arbeitskräfte aus diesen Ländern auf insgesamt zwei Jahre begrenzt und konnte auch nicht verlängert werden. Eine Bestimmung in den Abkommen mit den übrigen Ländern erlaubte dies jedoch ausdrücklich.

Darüber hinaus mussten sich Bewerber aus den drei genannten Ländern einer, von den Betroffenen oftmals als erniedrigend empfundenen, „seuchenhygienischen Untersuchung“ unterziehen, die von deutschen Ärzten der jeweiligen Anwerbekommissionen vorgenommen wurden.[35]

Es bestanden also offensichtlich starke Unterschiede bei der Behandlung ausländischer Arbeitskräfte aus dem europäischen Ausland und den nördlichen Gebieten Afrikas, bzw. der Türkei.

Bereits das erste Abkommen der Bundesrepublik mit Italien sah von vornherein lediglich einen befristeten Aufenthalt der Angeworbenen vor. Dies war durchaus auch von beiden Vertragspartnern so gewünscht. Bis in die 1970er Jahre hinein argumentierte die Bundesregierung stets, dass „Deutschland kein Einwanderungsland“[36] sei, weshalb man sich bis weit in die 1960er Jahre hinein keinerlei Gedanken über die langfristigen Folgen einer Arbeitsmigration machte, da diese von vornherein auch nicht vorgesehen war. Vielmehr sahen alle Beteiligten die Deckung der Arbeitskräftelücke durch ausländische Arbeiter in der Bundesrepublik als ein vorübergehendes Phänomen. Niemand machte sich Gedanken darüber, dass die Angeworbenen auch dauerhaft bleiben könnten.

Doch nicht nur die Bundesregierung hatte berechtigtes Interesse daran, den Aufenthalt der ausländischen Arbeitskräfte zu reglementieren. Wie bereits erwähnt, diente das Abkommen mit Italien als Vorlage für alle weiteren Vereinbarungen bezüglich der Anwerbung ausländischer Arbeitskräfte. So wurden die Bestimmungen über die Dauer des Aufenthaltes der Angeworbenen auch unverändert in die Verträge mit Spanien und Griechenland von 1960 übernommen. Griechenland versuchte damals gerade das größtenteils noch agrarisch ausgerichtete Land zu industrialisieren, verfügte jedoch nicht über die Möglichkeiten, ausreichend Fachkräfte auszubilden und kämpfte zudem, ähnlich wie Italien, mit einen hohen Arbeitslosenstand. Die Entsendung griechischer Arbeiter nach Deutschland wurde seitens der griechischen Regierung bereits 1955 angedacht, um den eigenen Arbeitsmarkt zu entlasten und Fachkräfte für die eigene Wirtschaft ausbilden zu lassen.[37] Ähnliche Entwicklungen fanden zur gleichen Zeit auch in Spanien, Portugal, Jugoslawien und der Türkei statt, so dass auch dort entsprechende Interessen an einem Anwerbeabkommen mit der Bundesrepublik entstanden.

Somit war nicht nur von deutscher Seite ein ständiger Austausch der angeworbenen Arbeitskräfte erwünscht, sondern durchaus auch durch die Regierungen der Partnerländer. Dieses „Rotationsprinzip“ funktionierte bis zum Ende der 1960er Jahre auch noch weitestgehend. So kamen im Zeitraum von 1955 bis 1973 rund 14 Millionen ausländische Arbeitskräfte um eine Beschäftigung in der Bundesrepublik aufzunehmen nach Deutschland, während im selben Zeitraum auch wieder ca. 12 Millionen von ihnen in ihre Heimat zurückkehrten.[38] Insbesondere während der Rezession 1966/67 lag die Rückwanderungsquote ausländischer Arbeitskräfte bei rund 30%. Somit konnten die angeworbenen Arbeitskräfte ihre konjunkturelle Pufferfunktion in den Rezessionsjahren auch erwartungsgemäß erfüllen. Die Rückwanderungsquote nahm jedoch in den folgenden Jahren bis zum Ende der Anwerbeabkommen kontinuierlich ab. Grund hierfür war vor allem der Familiennachzug und die immer stärker werdenden Niederlassungstendenzen der ausländischen Arbeitnehmer.[39]

Der Familiennachzug widersprach eigentlich dem Rotationsprinzip, wurde jedoch sowohl aus politischen wie auch ökonomischen Erwägungen heraus als Bestandteil der bilateralen Verträge in diese aufgenommen. Einerseits sollte er die betrieblichen Fluktuationen verhindern, die durch die ständige „Auswechslung“ der ausländischen Arbeitskräfte bedingt waren, und die allgemeine gesellschaftliche Stabilität sichern. Weiterhin war der hohe ideologische und politische Stellenwert der Familie ein Kriterium, das für den Nachzug von Familienmitgliedern in die Bundesrepublik sprachen.

Von Seiten der Unternehmen stieß die Aufenthaltsbegrenzung der angeworbenen ausländischen Arbeitnehmer von Anfang an auf wenig Gegenliebe, da deren Einarbeitung zunächst einmal Kosten verursachte, die sich oftmals erst im Laufe mehrerer Monate rechneten. Zudem brachte der ständige Wechsel der Beschäftigten Unruhe in den betrieblichen Ablauf.[40]

Dies zeigt, wie inkonsequent das Rotationsprinzip umgesetzt wurde. Auf der einen Seite sollte durch die Begrenzung des Aufenthaltes eine dauerhafte Niederlassung vermieden werden, um weiterhin die offizielle Position nach außen hin vertreten zu können, dass Deutschland „kein Einwanderungsland“ sei. Zudem wurde argumentiert, durch die praktisch nicht vorhandenen beruflichen Aufstiegsmöglichkeiten der ausländischen Arbeitnehmer (paradoxerweise auch bedingt durch die von vornherein begrenzten Arbeitsverträge), stelle sich bei diesen irgendwann Unzufriedenheit mit ihrer beruflichen Situation ein, was wiederum ihre Arbeitsleistung mindern würde.[41] Somit hatten die Kritiker der Ausländerbeschäftigung auch ein „logisches“ Argument für das Festhalten an den restriktiven Aufenthaltsbestimmungen in der Hand. Andererseits wurde durch das Anwerben von Familienangehörigen, Vermittlungen von Ehepaaren und Verlängerungen von Aufenthaltsgenehmigungen als Zugeständnisse an die beteiligten Unternehmen, die dauerhafte Niederlassung der „Gastarbeiter“ gefördert.[42]

Aus Sicht der Arbeitsmigranten bestand oftmals auch keinerlei Bedarf längerfristige Engagements in der Bundesrepublik anzunehmen. Viele lockte die Aussicht, in kürzester Zeit möglichst viel Geld verdienen zu können, um danach in ihr Heimatland zurückzukehren und sich von dem erarbeiteten Lohn eine eigene Existenz aufbauen zu können, oder doch zumindest wirtschaftlich deutlich besser da zustehen, als es ihnen eine Beschäftigung im eigenen Land gestattet hätte. Hierfür nahmen sie auch schwierige Arbeitsbedingungen und Akkordarbeit in Kauf und verzichteten während ihres Aufenthaltes in Deutschland oftmals auf einen ihrem Einkommen entsprechenden Lebensstandard, um so für ihre Rückkehr sparen zu können. Politische und gewerkschaftliche Aktivitäten interessierten sie zumeist wenig, da sie davon ausgingen von langfristigen Veränderungen in der Bundesrepublik durch ihren kurzen Aufenthalt nicht betroffen zu sein.[43]

Bedingt durch diesen Pragmatismus, der den Entscheidungen vieler angeworbener ausländischer Arbeitskräfte zugrunde lag, betrachtete man eine Integration der Eingereisten beiderseitig auch nicht als notwendig.[44] Somit blieb eine Assimilierung der „Gastarbeiter“ durch die Aufnahmegesellschaft weitestgehend aus.

Nur die wenigsten Arbeitsmigranten verspürten von sich aus den Wunsch außerhalb der Arbeit Kontakt zu Deutschen zu suchen, da sie vordergründig der Arbeit wegen gekommen waren und nähere Bekanntschaften nur wenig Perspektive hatten, da sie planten möglichst bald wieder in ihre Heimat zurückzukehren. Hinzu kam die stets präsente Heimatverbundenheit, die durch häufiges Briefeschreiben, Besuche der Familie und den Lohntransfer zur Unterstützung der zurückgebliebenen Familienmitglieder aufrecht erhalten wurde.[45]

Zwar versuchte man durch das „Ausländergesetz“ vom 28.4.1965 noch einmal die Dauer des Aufenthaltes ausländischer Arbeitskräfte, auch auf juristischem Wege, auf ein Jahr zu limitieren, musste aufgrund der Freizügigkeitsbestimmungen der EWG dieses Gesetz jedoch auf Nicht-EWG-Bürger begrenzen. Somit galt diese Regelung im gesetzlichen Rahmen nicht für die italienischen Arbeitsmigranten. In der Praxis spielte das Gesetz auch eher eine untergeordnete Rolle, da es festlegte, nach Ablauf eines Jahres die Behörden über einen verlängerten Aufenthalt der Arbeiter entscheiden zu lassen. Diese winkten auf Bestreben der Unternehmen die Verfahren um die Aufenthaltsverlängerung oftmals ohne weitere Beanstandungen durch, so dass die Bestimmungen des Gesetzes in vielen Fällen ins Leere liefen.[46]

Hinzu kam, dass die Migranten nach fünf Jahren ununterbrochener legaler Arbeit in der Bundesrepublik den Anspruch auf eine drei-, später fünfjährige, Arbeitserlaubnis erwarben, die selbst bei einer schlechten Lage des Arbeitsmarktes nicht erlosch. 1972, also ein Jahr vor der einseitigen Beendigung der Anwerbevereinbarungen durch die Bundesrepublik, galt dies für ca. 400.000 ausländische Arbeitskräfte in Deutschland.[47]

2.4. Außenpolitische Aspekte der Anwerbeabkommen

Wie bereits erwähnt, spielte bei den Verhandlungen über das Anwerbebkommen mit Italien vor allem die wirtschaftliche und gesellschaftliche Westintegration der noch jungen Bundesrepublik eine entscheidende Rolle. Ein wirklicher Bedarf an zusätzlichen ausländischen Arbeitskräften bestand bis Anfang der 1960er Jahre in der Bundesrepublik nicht. Erst 1961, als die Vollbeschäftigung praktisch erreicht war und durch den Mauerbau der Flüchtlingsstrom aus der DDR versiegte, sah man die Notwendigkeit, externe Arbeitskräfte für die bundesdeutsche Wirtschaft im Ausland anzuwerben.[48]

Doch bereits 1960 schloss die Bundesregierung zwei weitere Abkommen zur Anwerbung ausländischer Arbeitskräfte mit Spanien und Griechenland. Beide Staaten erfuhren bereits seit Ende der 1950er Jahre größere wirtschaftliche und auch politische Unterstützung seitens der Bundesregierung. Dies stieß zuweilen auf recht offene Kritik, da in beiden Ländern autoritäre, rechtsgerichtete Regime herrschten. Allerdings sah man in ihnen wertvolle Verbündete im Kampf gegen den Kommunismus und unternahm infolgedessen vermehrt Anstrengungen, diese Staaten in das westeuropäische Wertesystem einzugliedern.[49] Zu diesen Maßnahmen zählten auch die beiden schon erwähnten Anwerbeabkommen mit der Bundesrepublik.

Auch der damalige Arbeitsminister Theodor Blank stellte 1964 fest, dass die Anwerbung ausländischer Arbeitskräfte einen nicht unerheblichen Beitrag zur Europäischen Einigung leisten würde. So sprach er vor dem Hintergrund der bestehenden Anwerbeverträge von der „Verschmelzung Europas“ und der „Annäherung von Menschen verschiedenster Herkunft und Gesinnung in Freundschaft und Realität.“[50]

Dass nicht, wie oftmals dargestellt, wirtschaftliche Interessen ausschlaggebend für die Unterzeichnung der beidseitigen Vereinbarungen zur Anwerbung ausländischer Arbeitskräfte waren, zeigt insbesondere das Beispiel Jugoslawiens. Das Abkommen zwischen der Bundesrepublik und Jugoslawien wurde 1968 unterzeichnet, also in einem Zeitraum, in dem noch die unmittelbaren Nachwirkungen der ersten bundesdeutschen Nachkriegsrezession allgegenwärtig waren und aus ökonomischer Sicht eine weitere Anwerbung ausländischer Arbeitskräfte höchst umstritten war. Hinzu kam, dass die übrigen Partnerstaaten große Bedenken gegen ein weiteres Abkommen der Bundesrepublik äußerten, da für sie nicht ersichtlich war, warum ein solches geschlossen werden sollte, wenn bei ihnen doch genügend freie Arbeitskräfte vorhanden waren.[51]

Das Anwerbeabkommen mit Jugoslawien stand vielmehr im Zeichen der Ost-West-Entspannungspolitik und der gegenseitigen Annäherung. Die Bundesrepublik hatte 1957 die diplomatischen Beziehungen zu Jugoslawien abgebrochen, da dieses die Deutsche Demokratische Republik als souveränen Staat anerkannt hatte.[52] Der Impuls ging hierbei wiederum nicht von der Bundesregierung aus, sondern von Seiten der jugoslawischen Regierung. Jugoslawien litt bereits seit einigen Jahren unter der unkontrollierten Abwanderung von Facharbeitern, vor allem nach Deutschland, da dort mehr zu verdienen war. Durch das Abkommen hoffte man dieses in geregelte Bahnen lenken zu können, da nun sowohl bislang ungeklärte Fragen bezüglich des Sozialversicherungsschutzes jugoslawischer Arbeiter in Deutschland, als auch die Begrenzung des Aufenthaltes jugoslawischer Arbeitsmigranten vertraglich geregelt wurden.[53]

Ebenso wie Jugoslawien litt auch die Türkei zu Beginn der 1960er Jahre unter hohen Abwanderungswellen bei qualifizierten Arbeitskräften, die man stärker regulieren, bzw. kontrollieren wollte. Zudem wies man von türkischer Seite auf die hohe Bedeutung der Türkei als NATO-Partner hin und forderte eine gleichrangige Behandlung mit den bisherigen Vertragsstaaten Italien, Spanien und Griechenland. Die Bundesregierung gab dieser Forderung schließlich nach, so dass im Oktober 1961 eine Vereinbarung zur Anwerbung türkischer Arbeitnehmer zwischen beiden Staaten unterzeichnet wurde, obwohl seitens der Bundesrepublik gar kein zusätzlicher Bedarf an Arbeitskräften bestand, da dieser bereits durch die bestehenden Abkommen gedeckt werden konnte.[54]

Gleichzeitig fürchtete man auf deutscher Seite, auch andere Länder könnten künftig ähnlich argumentieren und ebenfalls auf den Abschluss eines Anwerbeabkommens mit der Bundesrepublik bestehen. In einem solchen Fall hätte man nur schwer begründen können, warum eine solche Vereinbarung nicht auch mit diesen Ländern zustande kommen sollte, ohne dass jene sich diskriminiert gefühlt hätten.[55] Dies mag ein Grund gewesen sein, warum im Vertragstext des Abkommens mit der Türkei nicht mehr von einer „Anwerbung“ der Arbeitskräfte gesprochen wurde, sondern von der „Vermittlung“ türkischer Arbeitnehmer. Konkret bedeutete dies, dass nicht mehr die deutschen Behörden eine Bedarfsmeldung herausgaben, auf die hin sich die Interessenten bewarben, sondern dass nunmehr konkrete Arbeitsangebote deutscher Unternehmen vorliegen mussten.[56] Die Initiative bei der Vermittlung der türkischen Arbeitskräfte ging somit von den Behörden auf die deutschen Betriebe über, so dass weiterhin nach außen kommuniziert werden konnte, ausländische Arbeitskräfte nur zu konjunkturellen Spitzenzeiten und nur dort wo sie gerade benötigt würden, vermitteln zu wollen.

Hinzu kam, dass die Dauer des Aufenthaltes für türkische Arbeitskräfte, im Gegensatz zu den vorangegangenen Abkommen, von vorneherein auf zwei Jahre und ohne die Möglichkeit einer Verlängerung, begrenzt wurde. Diese Regelung wurde jedoch vor allem auf Bestreben der türkischen Militärregierung getroffen, da sie den Aufenthalt ihrer Bürger in der Bundesrepublik als Bildungs- und Qualifikationsmöglichkeit sah, um westliche Standards in die Heimat zu importieren.[57] Diese Bestimmung wurde jedoch bereits 1964 auf vier Jahre ausgedehnt, da zahlreiche deutsche Betriebe ihre angelernten Arbeiter länger im Betrieb halten wollten.[58]

Sowohl die Türkei als auch die übrigen Entsendeländer waren zum Zeitpunkt der jeweiligen Vertragsabschlüsse wichtige Handelspartner für die Bundesrepublik. Um auch weiterhin vom starken Exportgeschäft profitieren zu können, war den beteiligten Regierungen stets daran gelegen das Außenhandelsgleichgewicht zu wahren. Dieses konnte durch die Lohntransfers der in Deutschland beschäftigten Arbeiter gewährleistet werden, so dass die Absatzmärkte für den deutschen Export gesichert und ausgebaut werden konnten.[59] Oftmals überstiegen die Gesamtsummen der Überweisungen ins Heimatland sogar die Einnahmen durch den Tourismus. So berichtete Der Spiegel in einem Artikel von 1971, dass im Vorjahr rund 14,3 Milliarden Escudos von portugiesischen Arbeitern in ihr Heimatland überwiesen wurden, während die Tourismusbranche gerade einmal 7 Milliarden erwirtschaften konnte. Im gleichen Jahr konnte die Türkei ihre ca. 700 Millionen DM Zahlungsverpflichtungen im Ausland mit den Überweisungen ihrer Bürger (900 Millionen DM), die in der Bundesrepublik beschäftigt waren, decken.[60]

Die vertraglich geregelten Anwerbevereinbarungen waren für die Vertragspartner der Bundesrepublik nicht zuletzt auch deshalb von Bedeutung, da sie auf diese Weise hofften, die unkontrollierte Anwerbung von Fachkräften durch deutsche Unternehmen zu verhindern, bzw. deren Abwanderung durch die Beschränkung der Arbeitsvertragslaufzeiten besser kontrollieren zu können.

2.5. Der „Anwerbestopp“ von 1973 und seine Folgen

Mit dem gesetzlich verordneten Ende der Anwerbe-, bzw. Vermittlungsverträge, zum 23. November 1973, versuchte die Bundesregierung den Zustrom weiterer Arbeitsmigranten aus Nicht-EG-Ländern zu unterbinden. Diese Maßnahme erzielte, angesichts der sich ständig erweiternden Europäischen Gemeinschaft und dem Nachzug von Familienangehörigen, jedoch nicht die Wirkung, die man sich seitens der Politik erwünscht hatte.[61]

Als Grund für diesen drastischen und plötzlichen Schritt gab die Bundesregierung das nunmehr erreichte „Ende des Wirtschaftswunders“, aufgrund der anhaltenden Rezession infolge der Ölkrise, an. Im Gegensatz zur Rezession von 1966/67 waren die Folgen des Konjunkturrückgangs nun auch längerfristig absehbar. Die Beschäftigungszahlen und Investitionen gingen spürbar zurück. Durch die fortschreitende Rationalisierung in deutschen Unternehmen entstand strukturell bedingte Arbeitslosigkeit und die Produktionsverlagerung in sogenannte „Billiglohnländer“ ließ viele Betriebe für immer ihre Pforten schließen.[62]

In Wirklichkeit war der „Ölpreisschock“ von 1973 eher ein willkommener Anlass die bilateralen Anwerbeverträge mit den jeweiligen Partnerländern aufzukündigen, denn eine tatsächliche Notwendigkeit. Intern wurde bereits seit einigen Jahren in den beteiligten Ministerien über die zunehmenden Probleme der „Gastarbeiterbeschäftigung“ diskutiert.[63] Die Erfahrung hatte gezeigt, dass die Arbeitsmigranten nicht mehr länger die Rolle einer „Reservearmee“ an Arbeitskräften erfüllte, die je nach konjunktureller Lage geheuert oder gefeuert werden konnten und in keinerlei Konkurrenz mit deutschen Beschäftigten standen.[64]

Vielmehr begann man sich zu Beginn der 1970er Jahre zu vergegenwärtigen, dass das „Rotationsprinzip“ nicht mehr so gut wie bisher funktionierte. Immer mehr ausländische Arbeitnehmer machten von dem Recht auf Familiennachzug gebrauch, wodurch ein zentraler Vorteil ihrer Beschäftigung wegfiel: Ihre Mobilität.

Zudem entstanden immer mehr infrastrukturelle Kosten, da die Arbeitsmigranten und ihre Familien u.a. auch Wohnungen, Schulen und Krankenhäuser beanspruchten. Ebenso wurde erkannt, dass durch die Beschäftigung ausländischer Arbeitnehmer im Niedriglohnsektor überholte Produktionsverfahren aufrecht erhalten wurden und somit der gesamtwirtschaftliche Wandel hinausgezögert wurde, was letztendlich den pro Kopf zur Verfügung stehenden Wohlstand der gesamten Bevölkerung zu mindern drohte.[65]

Hinzu kam eine stetig steigende Zahl an arbeitslosen Ausländern, die nur geringe Chancen hatten wieder eine Beschäftigung zu finden, da sie zumeist nur schlecht qualifiziert waren. Ihr Aufenthalt in der Bundesrepublik war jedoch durch die bereits erwähnten gesetzlichen Bestimmungen abgesichert, die ihnen nach mehreren Jahren ununterbrochener Beschäftigung in Deutschland ein Bleiberecht zubilligten. Betrug die Anzahl arbeitsloser Staatsangehöriger anderer Nationen, die sich im bundesdeutsche Gebiet aufhielten, 1961 knapp 137.000, waren es 1973 bereits zehnmal so viele.[66]

Der Entschluss der Bundesregierung, die Anwerbung ausländischer Arbeitskräfte zu beenden, war jedoch nur vordergründig eine Reaktion auf die drohende Massenarbeitslosigkeit. Vielmehr drückte sich in dieser Entscheidung eine Abkehr von der Wachstumseuphorie aus, die seit zwei Jahrzehnten nahezu ungebrochen Bestand hatte, hin zu einer auf die Eindämmung der Inflation ausgerichteten Politik.[67]

[...]


[1] Siehe hierzu ausführlich Pagenstecher, Cord, Ausländerpolitik und Immigrantenidentität. Zur Geschichte der "Gastarbeit" in der Bundesrepublik, Berlin 1994, Mehrländer, Ursula; Schultze, Günther (Hrsg.), Einwanderungsland Deutschland. Neue Wege nachhaltiger Integration, Bonn 2001, Schönwälder, Karen, Einwanderung und ethnische Pluralität. Politische Entscheidungen und öffentliche Debatten in Großbritannien und der Bundesrepublik von den 1950er bis zu den 1970er Jahren, Essen 2001, sowie Kühn, Günter, Fremde in der Fremde. Berufliche und soziale Integration von Zuwanderern im historischen Rückblick, Bielefeld 2009.

[2] Sehr ausführlich in Zieris, Ernst, Betriebsunterkünfte für ausländische Mitbürger in Nordrhein-Westfalen. Eine empirische Untersuchung am Institut für Arbeitssoziologie und Arbeitspolitik der Ruhr-Universität Bochum in Zusammenarbeit mit dem Minister für Arbeit, Gesundheit und Soziales des Landes Nordrhein-Westfalen und dem Landesarbeitsamt Nordrhein-Westfalen, Opladen 1974, aber auch Herbert, Ulrich, Geschichte der Ausländerbeschäftigung in Deutschland 1880 bis 1980. Saisonarbeiter, Zwangsarbeiter, Gastarbeiter, Berlin 1986, sowie Treibel, Annette, Migration in modernen Gesellschaften. Soziale Folgen von Einwanderung, Gastarbeit und Flucht, Weinheim 1999.

[3] Siehe hierzu exemplarisch Fijalkowski, Jürgen, Gastarbeiter als industrielle Reservearmee? Zur Bedeutung der Arbeitsmigration für die wirtschaftliche und gesellschaftliche Entwicklung der Bundesrepublik Deutschland, in: Archiv für Sozialgeschichte 24 (1984), S. 399-456; Herbert, Geschichte der Ausländerbeschäftigung, Berlin 1986; Pagenstecher, Ausländerpolitik und Immigrantenidentität, Berlin 1994; sowie insbesondere Schiller, Günter, Die Bedeutung der Ausländerbeschäftigung für die Volkswirtschaft, in: Bade, Klaus J. (Hrsg.), Auswanderer - Wanderarbeiter – Gastarbeiter. Bevölkerung, Arbeitsmarkt und Wanderung in Deutschland seit der Mitte des 19. Jahrhunderts, Ostfildern 1984, S. 625-643.

[4] Dieser Ansicht sind auch Hedwig und Ralf Richter, in: Richter, Hedwig; Richter, Ralf, Die Gastarbeiter-Welt. Leben zwischen Palermo und Wolfsburg, Paderborn 2012, hier S. 9-10.

[5] So auch in: Knortz, Heike, Die außenpolitisch motivierte Anwerbung von Gastarbeitern. Zur verfehlten Beschäftigungspolitik des westdeutschen Industriestaates bis 1973, in: Dahlmann, Dittmar; Schulte-Beerbühl, Margrit (Hrsg.), Perspektiven in der Fremde? Arbeitsmarkt und Migration von der Frühen Neuzeit bis in die Gegenwart, Essen 2011, S. 359-382, sowie Sala, Roberto, Fremde Worte. Medien für "Gastarbeiter" in der Bundesrepublik im Spannungsfeld von Außen- und Sozialpolitik, Paderborn 2011, hier insbesondere S. 91-97.

[6] Zu diesem Thema siehe unter anderem Oltmer, Jochen; Kreienbrink, Axel; Sanz Díaz, Carlos (Hrsg.), Das "Gastarbeiter"-System. Arbeitsmigration und ihre Folgen in der Bundesrepublik Deutschland und Westeuropa, München 2012, Treibel, Migration in modernen Gesellschaften, Weinheim 1999, sowie Kühn, Günter, Fremde in der Fremde. Berufliche und soziale Integration von Zuwanderern im historischen Rückblick, Bielefeld 2009.

[7] Siehe Knortz, Heike, Diplomatische Tauschgeschäfte. "Gastarbeiter" in der westdeutschen Diplomatie und Beschäftigungspolitik 1953-1973, Köln 2008, S. 20.

[8] Als Beispiele seien hier der Spiegel-Artikel „Die Türken kommen -Rette sich wer kann“, in: Der Spiegel 31 (1973), S. 24-34, oder „Brauchen wir die Gastarbeiter?“, in: Wirtschaftswoche 15 (1976), S. 14-19, genannt.

[9] Zur Kontinuität von der Beschäftigung ausländischer Arbeitskräfte in Deutschland seit dem späten 19. Jahrhundert und den hieraus folgenden, oftmals problematischen Grundkonstellationen siehe ausführlich Herbert, Geschichte der Ausländerbeschäftigung, Berlin 1986.

[10] So schrumpfte die Wirtschaftsleistung der BRD 1966 um 0,2%, stieg jedoch bereits im nächsten Jahr wieder um 7,3% und entwickelte sich bis einschließlich 1973 durchweg positiv. Siehe hierzu Herbert, Geschichte der Ausländerpolitik in Deutschland, Berlin 1986, S. 211.

[11] Vgl. hierzu auch Schildt, Axel, Die Sozialgeschichte der Bundesrepublik Deutschland bis 1989/90, München 2007, S. 30.

[12] Siehe Großkopff, Rudolf, Unsere 60er Jahre. Wie wir wurden, was wir sind, Frankfurt am Main 2007, S. 71.

[13] Siehe Großkopff, Unsere 60er Jahre, Frankfurt am Main 2007, S. 76-77. Großkopff unterstreicht sein Argument durch ein Beispiel aus dem Jahr 1962, wonach die Forderungen nach Lohnsteigerungen bei den Eisenbahnern bei 9%, im Baugewerbe 5,2% und bei den Chemiearbeitern sogar bei 17% lagen. Bereits im Vorjahr betrug die durchschnittliche Lohnsteigerung 10%, während die Produktionsleistung im gleichen Zeitraum jedoch nur um 4% stieg.

[14] Siehe Fijalkowski, Gastarbeiter als industrielle Reservearmee?, in: Archiv für Sozialgeschichte 24 (1984), S. 399–456, hier: S. 416-417.

[15] Vgl. Herbert, Geschichte der Ausländerpolitik, Berlin 1986, S. 193.

[16] Ebd., S. 182.

[17] Siehe Herbert, Geschichte der Ausländerpolitik, Berlin 1986, S. 190-191.

[18] Ebd., S. 192.

[19] Vgl. Heckmann, Friedrich, Die Bundesrepublik, ein Einwanderungsland? Zur Soziologie der Gastarbeiterbevölkerung als Einwandererminorität, Stuttgart 1981, S. 177.

[20] Zu dieser Ansicht gelangt auch Marcel Berlinghoff in: ders., Das Ende der „Gastarbeit“. Europäische Anwerbestopps 1970-1974, Paderborn 2013, S. 147.

[21] Siehe Herbert, Geschichte der Ausländerpolitik, Berlin 1986, S. 195.

[22] Vgl. Großkopff, Unsere 60er Jahre, Frankfurt am Main 2007, S. 72.

[23] Vgl. Akpinar, Ünal, Angleichungsprobleme türkischer Arbeiterfamilien, Berlin 1974, S. 5.

[24] Siehe Herbert, Geschichte der Ausländerpolitik, Berlin 1986, S. 196-197.

[25] Ebd., S. 212.

[26] Ebd., S. 197.

[27] Siehe Knortz, Diplomatische Tauschgeschäfte, Köln 2008, S. 74.

[28] Ebd., S. 72

[29] Ebd., S. 194.

[30] Erst die neuere Forschungsliteratur berücksichtigt diesen Aspekt ausreichend und beharrt nicht mehr auf den wirtschaftlichen Interessen der bundesrepublikanischen Wirtschaft als alleiniger Triebfeder bei der massenhaften Anwerbung ausländischer Arbeitskräfte im Rahmen bilateraler Verträge. Die Anwerbung war zwar nicht originär Arbeitsmarkt- und Wirtschaftspolitisch motiviert, stieß aber angesichts der nicht von der Hand zu weisenden Vorteile für die Bundesrepublik sowohl bei den verantwortlichen politischen Entscheidungsträgern, als auch den Unternehmen schnell auf Gegenliebe. Siehe hierzu vor allem die Arbeiten von Heike Knortz in: dies., Diplomatische Tauschgeschäfte, Köln 2008, sowie dies., Die außenpolitisch motivierte Anwerbung von Gastarbeitern, in: Dahlmann, Dittmar; Schulte-Beerbühl, Margrit (Hrsg.), Perspektiven in der Fremde? Essen 2011, S. 359-382, aber auch Sala, Roberto, Fremde Worte, Paderborn, 2011.

[31] Das Dokument ist einzusehen unter: http://www.angekommen.com/italiener/Dokumente/Abkommen.html, zuletzt aufgerufen am 15.03.2014.

[32] Siehe Herbert, Geschichte der Ausländerpolitik, Berlin 1986, S. 191-192.

[33] Vgl. Knortz, Diplomatische Tauschgeschäfte, Köln 2008, S. 154.

[34] Ebd., S. 195.

[35] Siehe Jamin, Mathilde, Fremde Heimat. Zur Geschichte der Arbeitsmigration aus der Türkei, in: Motte, Jan; Ohliger, Rainer; Oswald, Anne von (Hrsg.), 50 Jahre Bundesrepublik - 50 Jahre Einwanderung. Nachkriegsgeschichte als Migrationsgeschichte, Frankfurt am Main 1999, S. 145-164, hier: S. 149.

[36] Siehe Pagenstecher, Ausländerpolitik und Immigrantenidentität, Berlin 1994, S. 42.

[37] Vgl. Knortz, Diplomatische Tauschgeschäfte, Köln 2008, S. 94.

[38] Die Angaben hierzu variieren sowohl in der Forschungsliteratur, als auch in den publizierten Quellen, da oftmals nicht zwischen Arbeitnehmern, die über die offiziellen Anwerbeabkommen eine Beschäftigung in der Bundesrepublik aufgenommen hatten und ausländischen Arbeitskräften, die auf private Initiativen hin in Westdeutschland beschäftigt waren, differenziert wird. Darüber hinaus wird eine noch größere Wanderungswelle, als aus den vorliegenden Zahlen hervorgeht, im untersuchten Zeitraum, durch einen Geburtenüberschuss von Eltern mit ausländischer Staatsangehörigkeit, verschleiert. Die genannten Zahlen beziehen sich auf die Angaben in: Richter; Richter, Die Gastarbeiter-Welt, Paderborn 2012, S. 9. Ähnliche Angaben (13 Millionen Zuwanderer, bei 9 Millionen Abwanderern) finden sich auch bei Fijalkowski, Gastarbeiter als industrielle Reservearmee?, in: Archiv für Sozialgeschichte 24 (1984), S. 399-456, hier: S. 404.

[39] Siehe Pagenstecher, Ausländerpolitik und Immigrantenidentität, Berlin 1994, S. 90.

[40] Ebd., S. 41-43.

[41] Siehe Per Moneta, in: Der Spiegel 41 (1964), S. 44-58, hier S. 58.

[42] Vgl. Pagenstecher, Ausländerpolitik und Immigrantenidentität, Berlin 1994, S. 40.

[43] Vgl. Herbert, Geschichte der Ausländerpolitik, Berlin 1986, S. 200.

[44] Ebd., S. 198, Pagenstecher, Ausländerpolitik und Immigrantenidentität, Berlin 1994, S. 37, oder Mehrländer, Ursula; Schultze, Günther, „... und es bewegt sich doch...“ Von der Ausländer- zur Einwanderungspolitik, in: dies. (Hrsg.), Einwanderungsland Deutschland. Neue Wege nachhaltiger Integration, Bonn 2001, S. 9-22, hier: S. 10.

[45] Vgl. Treibel, Migration in modernen Gesellschaften, 1999, S. 132.

[46] Vgl. Herbert, Geschichte der Ausländerpolitik, Berlin 1986, S. 199, sowie Pagenstecher, Ausländerpolitik und Immigrantenidentität, Berlin 1994, S. 43-44.

[47] Siehe Pagenstecher, Ausländerpolitik und Immigrantenidentität, Berlin 1994, S. 41-42.

[48] Siehe Knortz, Diplomatische Tauschgeschäfte, Köln 2008, S. 152-153.

49 Siehe Sala, Fremde Worte, Paderborn 2011, S. 96-97.

50 Siehe Herbert, Geschichte der Ausländerpolitik in Deutschland, Berlin 1986, S. 198.

[51] Vgl. Knortz, Diplomatische Tauschgeschäfte, Köln 2008, S. 144.

[52] Ebd., S. 140.

[53] Ebd., S. 142-143.

[54] Ebd., S. 112, sowie Jamin, Fremde Heimat, in: Motte; Ohliger; von Oswald (Hrsg.), 50 Jahre Bundesrepublik - 50 Jahre Einwanderung, Frankfurt am Main 1999, S. 145-164, hier: S. 147.

[55] Siehe Jamin, Fremde Heimat, in: Motte; Ohliger; von Oswald (Hrsg.), 50 Jahre Bundesrepublik - 50 Jahre Einwanderung, Frankfurt am Main 1999, S. 145-164, hier: S. 113.

[56] Siehe Jamin, Fremde Heimat, in: Motte; Ohliger; von Oswald (Hrsg.), 50 Jahre Bundesrepublik - 50 Jahre Einwanderung, Frankfurt am Main 1999, S. 145-164, hier: S. 126.

[57] Vgl. Hunn, Karin, Asymmetrische Beziehungen: Türkische "Gastarbeiter" zwischen Heimat und Fremde. Vom deutsch-türkischen Anwerbeabkommen bis zum Anwerbestopp (1961-1973), in: Archiv für Sozialgeschichte 42 (2002), S. 145-172, hier: S. 150.

[58] Siehe Pagenstecher, Cord, Ausländerpolitik und Immigrantenidentität, Berlin 1994, S. 41.

[59] Siehe „Brauchen wir die Gastarbeiter?“, in: Wirtschaftswoche 15 (1976), S. 14-19, hier: S. 18.

[60] Siehe „Gastarbeiter: Entwicklungshilfe für Reiche? Spiegel-Report über die Abwanderung aus Südeuropa und Kleinasien.“, in: Der Spiegel 48 (1971), S. 138-151, hier: S. 140.

[61] Vgl. Schildt, Die Sozialgeschichte der Bundesrepublik, München 2007, S. 35.

[62] Siehe Pagenstecher, Ausländerpolitik und Immigrantenidentität, Berlin 1994, S. 46-47.

[63] Vgl. Herbert, Geschichte der Ausländerbeschäftigung, Berlin 1986, S. 219, sowie Berlinghoff, Das Ende der „Gastarbeit“, Paderborn 2013, S. 252-257.

[64] Siehe Herbert, Geschichte der Ausländerbeschäftigung, Berlin 1986, S. 211.

[65] Siehe Schönwälder, Einwanderung, Essen 2001, S. 536-537.

[66] Siehe Herbert, Geschichte der Ausländerbeschäftigung, Berlin 1986, S. 216.

[67] Dieser Meinung ist auch Karen Schönwälder, in: dies., Einwanderung und ethnische Pluralität, Essen 2001, S. 635.

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Details

Title
„Ich lebe hier, ich bin zufrieden, hoffentlich bleibt es so.“ Zur Selbstwahrnehmung von Gastarbeitern in der Bundesrepublik 1955-1973
College
University of Hamburg
Grade
2,0
Author
Year
2014
Pages
101
Catalog Number
V277844
ISBN (eBook)
9783656704157
ISBN (Book)
9783656706908
File size
920 KB
Language
German
Keywords
selbstwahrnehmung, gastarbeitern, bundesrepublik
Quote paper
René Feldvoß (Author), 2014, „Ich lebe hier, ich bin zufrieden, hoffentlich bleibt es so.“ Zur Selbstwahrnehmung von Gastarbeitern in der Bundesrepublik 1955-1973, Munich, GRIN Verlag, https://www.grin.com/document/277844

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